Kapitel 28

Mein Schädel brummt. Während ich in der einen Sekunde noch aufrecht gestanden bin, liege ich in der nächsten bereits mit Schmerzen auf dem Boden. Ich bin mir nicht sicher, wer oder was dahintersteckt, weil ich absolut nichts gesehen habe - nicht einmal im Augenwinkel -, aber ich weiß, dass es ganz schnell passiert sein muss. Von daher kann es eigentlich nur das sein, was ich denke.

Und als ich wieder scharf sehe und meine Orientierung wiedererlangt habe, erkenne ich die Blondine, die sich an meinen Bruder herangemacht hat. Sofort durchrauscht mich ein Schwall an Adrenalin und ich schlage um mich, versuche mich irgendwie aus ihren Fängen zu befreien, aber ich kann mich einfach nicht gegen sie wehren.

"Da hätte wohl jemand besser trainieren sollen", macht Rebekah sich teuflisch grinsend über mich lustig, während sie mich weiterhin an den Boden drückt. Es hat den Anschein, als würde es sie nicht einmal einen Hauch von Kraft kosten.

Ich frage sie nicht, was sie mit mir vorhat. Stattdessen benutze ich eine andere Methode, mit der ich vielleicht freikomme, und zwar rufe ich um Hilfe. Natürlich ist mir bewusst, dass ein Mensch nicht die geringste Chance gegen sie haben wird, aber mehr kann ich nicht ausrichten. Ich setze alles daran, damit irgendwer mich hört, und schreie mir, wenn es sein muss, meine ganze Seele aus dem Leib.

Allerdings wird mein Plan sehr schnell durchquert, weil Rebekah mir in die Augen sieht und die Worte "Sei still und folge mir!" an mich richtet. Auf einmal verstumme ich und kann nichts dagegen tun. Warum kann ich meinen eigenen Willen nicht mehr durchsetzen?

"Nein, oder? Sie haben dir nicht einmal Eisenkraut gegeben", stellt sie leicht fassungslos fest. Von was für einem Zeug redet sie da? "Sieht so aus, als würdest du für deine sogenannten Freunde nicht besonders wichtig sein. Aber gut, dann muss ich dich wenigstens nicht ganz ausbluten lassen."

In meinem Kopf schwirren nun so viele Fragen, doch ich kann sie alle nicht aussprechen. Stattdessen laufe ich Rebekah hinterher und aus meinem Haus hinaus. Am Straßenrand steht ein großer, schwarzer Wagen mit getönten Scheiben, der genau so aus einem Agentenfilm stammen könnte.

Zusammen mit der Vampirin steige ich hinten ein. Vorne am Steuer muss also eine weitere Person sein, die ich aber nicht erkennen kann, weil einen Augenblick später plötzlich alle Licht bei mir ausgehen und alles dunkel wird.

***

Als ich wieder zu mir komme, nehme ich ein starkes Brennen an meinen Handgelenken wahr. Mit einem Blick nach oben sehe ich, dass Ketten um meine Hände gelegt sind und ich an einer Art Foltergerät aus dem Mittelalter hänge. Den Boden berühre ich nur mit meinen Zehenspitzen. Die Ketten allein können jedoch nicht der Grund für diesen Schmerz sein.

Obwohl es damit nur schlimmer wird, rüttele ich an den Ketten in der Hoffnung, sie geben irgendwann nach, doch leider bin ich diejenige, die nachgeben muss. Viel schneller als sonst fühle ich mich ausgelaugt und kann nicht mehr.

In einer Ecke des ohnehin schon sehr dunklen Raumes erkenne ich einen noch schwärzeren Schatten, der die Umrisse eines menschlichen Körpers hat. Wobei menschlich bestimmt das falsche Wort ist. Der Schatten bewegt sich auf mich zu und ich weiß nicht ganz recht, wie ich mich verhalten soll. Viele Möglichkeiten habe ich zumindest nicht.

Nach wenigen Schritten steht die Person vor mir und ich kann ihre Gesichtszüge ausmachen. Auch wenn ich ihn mit meinen eigenen Augen zuvor nie gesehen habe, bin ich mir ganz sicher, wer dieser Mann mit dunkelblonden Haaren und leichtem Bart ist.

Klaus Mikaelson. Eigentlich hätten wir es wissen müssen. Wo Rebekah ist, ist ihr unberechenbarer Bruder auch nicht weit.

"Sieh mal einer an, unser Dornröschen ist erwacht", spuckt er die Worte förmlich aus. Um seine Lippen zieht sich jedoch ein kleines Lächeln, als wäre er sichtlich vergnügt.

Ich gehe nicht auf seine Aussage ein, denn das ist sicher das, was er möchte, und diesem Gefallen will ich ihm nicht tun. Also frage ich stattdessen: "Wo bin ich? Was habt ihr mit mir vor?" Trotz meiner Bemühung, mutig und selbstbewusst zu klingen, macht meine Stimme einen ziemlich zittrigen Eindruck.

"Oh, mit dir? Gar nichts." Mit dieser Antwort habe ich nicht gerechnet, weswegen sie mich auch leicht verwirrt. Ich lege mein Kopf schief. "Du dienst meiner Schwester und mir nur als Lockvogel. Eigentlich wollen wir etwas von deinen Freunden. Wir müssen nur warten, bis sie hier aufkreuzen. Wobei ich mir, nachdem Rebekah mir erzählt hat, dass sie dir nicht einmal Eisenkraut gegeben haben, bei dieser Sache nicht mehr sicher bin."

"Was soll das denn sein?", möchte ich wissen. Ist es wirklich so schlimm, dass ich nicht über dieses Zeug aufgeklärt wurde? Schließlich gab es viel zu viele Dinge, die man mir erklären musste. Da kann es doch mal passieren, dass man eine Sache vergisst.

Zuerst denke ich, dass Klaus mich im Unwissen lässt, weil er sich von mir abwendet, aber dann taucht er mit einem Stuhl vor mir auf, der schrecklich knarrt, als er sich daraufsetzt. "Na schön, jetzt kann es dir ohnehin nicht mehr helfen", fängt der Urvampir an. "Eisenkraut ist eine Pflanze, die sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Einerseits macht es uns Vampire schwach und kann uns in großen Mengen teilweise sogar außer Gefecht setzen. Auf unserer Haut fühlt es sich an, als würde Sonnenlicht darauf geraten." Dann ist es also Eisenkraut, was für das Brennen an meinen Handgelenken sorgt. Und deswegen fühle ich mich auch so entkräftet.

Schneller als mir lieb ist, fährt er fort: "Den Menschen macht es nichts aus, aber es kann sie vor der Manipulation eines Vampirs schützen, wenn sie es durch ein Schmuckstück an sich tragen oder durch Lebensmittel oder Getränke aufnehmen. Vampire können es nehmen, um der Manipulation eines Urvampirs zu entweichen. Es ist zwar nicht besonders angenehm, aber es hätte dir geholfen, dich gegen meine Schwester besser durchzusetzen."

Okay, nun muss ich gestehen, dass ich tatsächlich ein wenig enttäuscht von meinen Freunden bin. Vor allem von Caroline. Immerhin habe ich erzählt, dass Rebekah in Mystic Falls ist, und sie hat mir dennoch nichts von dieser Pflanze erzählt. Dabei habe ich gedacht, dass sie jederzeit alles tut, damit es ihren Geliebten gut geht.

Ich möchte nicht daran denken, doch es passiert einfach. Rebekah's Worte von vorhin, als sie mich zuhause überfallen hat, schleichen sich in meine Gedanken. Vielleicht kümmert sich Care um die Personen, die ihr viel bedeuten, aber ich bin keine davon.

In diesem Moment fühle ich mich betrogen. War diese Freundschaft immer nur gespielt? Haben sie mir all diese Dinge über das Vampirsein einzig und allein aus dem Grund beigebracht, dass ich keine Gefahr für andere darstelle? Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll und was nicht.

Um mich abzulenken und nicht vor Klaus in Tränen auszubrechen, erkundige ich mich bei ihm: "Du hast mir gar nicht gesagt, wo wir uns befinden. Darf ich es nicht erfahren, oder was? Und woher sollen die anderen denn wissen, wo ich bin?"

"So viele Fragen, die du da stellst", murmelt der Dunkelblondhaarige vor mir und steht auf. "Das Einzige, was von Belang ist, ist, dass dieser Ort ihre erste Anlaufstelle sein wird. Schließlich waren sie schon einmal hier, nachdem Damon in genau derselben Situation gesteckt hat, in der du gerade selbst bist."

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Okay, das war's leider schon. Ich weiß, es ist auch blöd, an dieser Stelle aufzuhören, aber wenigstens besser als nach dem letzten Kapitel😂

Ich hoffe, euch hat die Lesenacht gefallen❤️

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