Kapitel 22
"Was machst du hier?", entgegnet mir Alaric, nachdem er mir die Tür geöffnet hat. Nach der Schule habe ich mich auf den Weg zum Salvatore Anwesen gemacht, um mit Stefan zu sprechen. Vielleicht erfahre ich dann mehr über seine Absichten, auch wenn ich keine allzu große Hoffnungen habe.
"Wonach sieht's denn aus? Ich besuche unseren Ripper", gebe ich ziemlich monoton zurück. Daraufhin tritt mein Gegenüber zur Seite, sodass ich eintreten kann. Ich nicke ihm freundlich zu. "Danke übrigens, dass du dich in der Schule krankgemeldet hast und aufpasst, dass er keine Scheiße baut."
"Na ja, in letzter Zeit war ich mehr Lehrer als Vampirjäger. Die Abwechslung tut auch mal ganz gut", erzählt er leicht grinsend, weshalb ich ebenfalls lächeln muss. Als ich mich in Bewegung setze, macht er auch einen Schritt nach vorne. "Willst du, dass ich dich begleite?"
"Nein, ich mache das alleine mit ihm aus. Ich habe das Gefühl, das ist eine Sache zwischen ihm und mir", antworte ich, warte kurz einen Moment und gehe weiter.
Unten im Kerker angekommen, stelle ich mich vor die Zelle, bin mir allerdings nicht sicher, ob Stefan mich bemerkt hat. Ich kann nicht einmal sagen, ob er bei Bewusstsein ist, da er auf dem Boden sitzt, den Rücken an der ungemütlich wirkenden Wand gelehnt, und sein Kopf nach unten geneigt ist. Seitdem er hier drin ist, hat er kein Blut mehr bekommen. Vielleicht macht ihm das ganz schön zu schaffen.
Ich überlege, ob ich auf mich aufmerksam machen soll, indem ich gegen die Gitterstäbe schlage, als er plötzlich direkt vor mir steht und ich erschrocken so schnell wie möglich zurückweiche. Damit, dass er in einem unachtsamen Moment seine Vampirgeschwindigkeit nutzt, habe ich nicht gerechnet. Wie dumm von mir.
"Und du willst ein Vampir sein?", gibt Stefan mit einem spöttischen Lachen von sich. "Wohl kaum. Hätte ich gewusst, dass du so ein Angsthase bist, hätte ich dich nicht verwandelt. Wäre besser für uns alle gewesen."
Jetzt bloß nicht emotional werden, sage ich in Gedanken zu mir selbst. Wenn du jetzt schwach wirst, hat er genau das, was er wollte.
Folglich reiße ich mich zusammen und gehe nicht auf seine Worte ein. "Warum gerade Olivia?", frage ich stattdessen. "Hast du ihr weh getan, um mir eins auszuwischen, oder was? Wofür?"
"Egal, wie ängstlich du auch bist. Du bist nicht dumm, das muss man dir lassen", lacht er, wobei ich mir denke, dass man für diese Erkenntnis nicht besonders schlau sein muss. Schließlich hätte er jede x-beliebige Person nehmen können, um seinen Hunger zu stillen, aber er hat sich für meine beste Freundin entschieden. "Das sollte eine Lektion für dich sein, damit du kapierst, dass du mich nicht kontrollieren kannst. Damit du kapierst, dass du nicht einmal versuchen sollst, mir etwas vorzuschreiben."
"Wann habe ich dir bitteschön irgendetwas vorgeschrieben?", frage ich ihn nun wutentbrannt. Wenn ich nicht gerade wüsste, dass der jüngere Salvatore-Bruder viel älter als ich ist und es locker mit mir aufnehmen kann, würde ich ihm gerne eine reinhauen.
Stefan lässt sich Zeit mit seiner Antwort, vermutlich will er, dass ich selbst darauf komme. Ich kann mich allerdings echt nicht daran erinnern, weswegen ich mit meinen Schultern zucke. Dann klärt er es endlich auf: "Gestern, direkt nachdem ich diese verdammten Gefühle abgestellt habe. Du wolltest mich aufhalten, aber weißt du was? So etwas lasse ich mir nicht gefallen."
Mit entweicht beinahe ein Lachen. Das kann er doch nicht ernst meinen. In jenem Moment hatte ich keine Ahnung, was überhaupt abgeht, und habe ihm lediglich an die Schulter gefasst, um vielleicht schlauer zu werden. Es war ganz und gar nicht meine Absicht, ihm etwas vorzuschreiben. Für einen Moment frage ich mich, ob nicht nur seine Gefühle verschwunden sind, sondern auch seine Intelligenz.
Ich komme jedoch nicht dazu, mich zu äußern, da er sofort fortfährt: "Und dass ihr mich hier festhaltet, ist übrigens auch keine gute Idee. Je länger ich hier gefangen bin, desto schlimmer werden die Auswirkungen, wenn ich in Freiheit bin. Aber so großzügig, wie ich bin, biete ich dir einen Deal an."
Ich weiß nicht, ob ich ihm trauen kann. Noch vor wenigen Tagen hätte ich ihm vermutlich mein Leben anvertraut, aber jetzt ist er nicht mehr die Person, die mich gerettet und mir geholfen hat, mich in meinem neuen Leben zurechtzufinden. Doch es schadet wohl kaum, seinen Vorschlag zumindest mal anzuhören. "Der würde wie aussehen?"
Ein leichtes, unberechenbares Grinsen umspielt Stefan's Lippen. "Ihr lasst mich aus diesem Kerker heraus und ich werde euren Freunden nichts antun. Na, was sagst du?"
"Glaubst du wirklich, darauf falle ich herein?", schüttele ich ungläubig meinen Kopf. "Selbst wenn du die Wahrheit sagen solltest, was ist mit den anderen Bewohnern von Mystic Falls? Ich kann nicht zulassen, dass du sie umbringst!"
"Werde ich nicht, zumindest versuche ich es. Versprechen kann ich das nicht, aber ich gebe mein Bestes." Ist er plötzlich zu Scherzen aufgelegt, oder was? Jedenfalls finde ich es alles andere als witzig, und das scheint er an meinem Gesichtsausdruck zu merken. "Wie auch immer du dich entscheidest, bedenke, dass die Schäden kleiner sind, je früher ihr mich nicht mehr gefangen haltet."
Wäre Alaric bloß doch mit nach unten gekommen, dann müsste ich diese Entscheidung nun nicht alleine treffen. Das ist, wie wenn man sich zwischen Pest und Cholera entscheiden müsste.
Ich weiß nicht, was mich im Endeffekt dazu gebracht hat, aber ich bitte Stefan, kurz zu warten, und verschwinde in einen anderen Raum im Untergeschoss. Um genau zu sein, in den Raum, in dem die Blutkonserven gelagert sind.
"Bitte lass es mich nicht bereuen", murmle ich vor mich hin, während ich den Kühlschrank öffne und nach einem Beutel greife. Als ich den Kühlschrank schon wieder schließen will, hole ich kurzerhand noch einen zweiten Beutel heraus. Er wird sicherlich viel Hunger haben.
Wieder in Stefan's Anwesenheit, gebe ich kein Wort von mir. Unter seinem leicht überraschten, aber zufriedenen Blick werfe ich ihm die Blutkonserven in die Zelle, welche er in Sekundenschnelle austrinkt. "Tierblut. Nicht gerade das, was oben auf meiner Speisekarte stehen würde, aber besser als gar nichts."
"Du solltest lieber nicht herummeckern, sonst überlege ich es mir anders", grummele ich nur und mache ganz langsam ein paar Schritte auf den Schlüsselbund, der an einer Stange an der Wand hängt, zu.
"Schon gut, ich will mich nicht beschweren", lacht der Vampir. "Ich bin froh, dass du zur Besinnung gekommen bist." Er wirkt ganz geduldig, dabei bin ich mir zu hundert Prozent sicher, dass er es kaum erwarten kann herauszukommen.
Sobald ich den Schlüssel im Schloss umgedreht habe und die Tür sich öffnen lässt, ist er auch schon mithilfe seiner übernatürlichen Geschwindigkeit verschwunden. Daraufhin lasse ich den Schlüsselbund fallen und renne ihm nach, ebenfalls mit meiner Vampirgeschwindigkeit. Aber abgesehen von einer geöffneten Haustür und einem perplexen Alaric ist nichts zu sehen.
"Was ist da unten passiert? Warum ist er frei, Kiara?", will er wissen. "Wir müssen nach ihm suchen! Er könnte sonst was anstellen!" Währenddessen läuft er auf der Suche nach einer Waffe im Raum umher.
Im Gegensatz zu ihm bleibe ich relativ ruhig. "Nein, lass ihn gehen. Wir sollten uns lieber da raushalten." Ich kann selber nicht glauben, dass ich das gerade wirklich gesagt habe, obwohl mein Verstand eher Rick zustimmen würde.
"Wie kannst du so etwas sagen? Willst du etwa, dass noch mehr Leuten passiert, was Olivia passiert ist?", fragt er und lässt mir keine Zeit zum Antworten. "Mir egal, was du denkst, ich gehe jetzt." Ohne mich weiterhin zu beachten, setzt er sich in Bewegung.
Dann geht alles superschnell. Ich richte meinen Blick auf seine Hand und erkenne, dass er seinen Gilbert-Ring trägt, der ihn wieder ins Leben zurückholt, wenn er durch ein übernatürliches Wesen stirbt. Also trete ich hinter Alaric, sage "Tut mir leid", lege meine Hand auf seinen Nacken und breche ihm sein Genick.
Das Knacken beschert mir eine Gänsehaut, wahrscheinlich wird es mich für eine Weile verfolgen. Aber im Augenblick gibt es einen Gedanken, der lauter als alle anderen ist. Hoffentlich habe ich das Richtige getan.
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Eigentlich wollte das Kapitel früher beenden, aber ja, hier ist es. Auch wenn ich dafür meinen Zeitplan nicht einhalten konnte. Eigentlich hatte ich noch vor, Latein Vokabeln zu lernen, weil es nächste Woche wieder in die Schule geht, aber egal😂
Die Vokabeln verschiebe ich auf morgen. Jetzt lese ich lieber🙈
Was macht ihr so?❤️
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