Kapitel 17
"Stefan?", flüstere ich beinahe ehrfürchtig. Ich habe keine Ahnung, was gerade passiert ist, aber sein Gesichtsausdruck hat sich vom einen auf den anderen Moment vollständig verändert. Er sieht nicht mehr aus wie mein bester Freund, sondern eher wie jemand, dem man nicht allzu viel Vertrauen schenken würde, und das macht mir irgendwie Angst.
Weil er mir nicht antwortet, sich stattdessen von mir abwendet und Anstalten macht, nach draußen zu gehen, mache ich ein paar Schritte auf ihn zu und packe ihn an der Schulter. "Rede verdammt nochmal mit mir! Wo willst du hin?"
Doch er stößt mich nur gewaltsam von sich weg und grummelt vor sich hin: "Ich wüsste nicht, was das dich angeht." Dann verlässt er das Haus und lässt die Tür mit einem lauten Lärm zukrachen.
Als ich mir meinen Arm halte, der aufgrund von Stefan's Stoß nun schmerzt, kann ich nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen steigen. Was war das denn bitteschön? Warum war er plötzlich so gemein? So kenne ich ihn gar nicht...
Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich auf die Suche nach ihm begeben sollte. Vielleicht braucht er auch nur Zeit alleine, um seine Gedanken zu ordnen und wieder klar zu werden. Er war die ganzen letzten Wochen enormer seelischer Belastung ausgesetzt - da ist es gar nicht so unwahrscheinlich, irgendwann einmal die Kontrolle zu verlieren.
In jedem Fall denke ich, ist es keine schlechte Idee, einen der anderen darüber zu informieren. Deshalb hole ich mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche und suche die Nummer von Caroline. Ich habe den Eindruck, dass sie und Stefan einen sehr guten Draht zueinander haben und einander so gut verstehen wie kein anderer. Das ist vermutlich ein Grund, warum Tyler gerne eifersüchtig wird. Aber zurück zu Caroline: Möglicherweise weiß sie ja, was jetzt am besten zu tun ist.
"Hey, Care", begrüße ich sie, nachdem sie den Anruf angenommen hat. "Ich wollte dich nur kurz um deinen Rat fragen."
"Du kannst mich immer fragen, wenn du Hilfe egal welcher Art brauchst", entgegnet die Blondine mir freundlich, worüber ich echt froh und dankbar bin. "Schieß los!"
"Es geht um Stefan", beginne ich sofort. "Er ist... Na ja, er ist etwas grob geworden und dann abgehauen. Ich glaube, es ist wegen Damon und Elena. Er meinte heute Morgen auch schon zu mir, dass er die Suche aufgeben möchte. Wahrscheinlich weiß er gerade nicht, wo ihm der Kopf steht. Am besten lassen wir ihm seine Privatsphäre, oder?"
Entgegen meiner Erwartung folgt daraufhin keine Zustimmung. Caroline wird nämlich ernster und meint: "Kommt ganz darauf an. Kiara, besitzt er noch seine Menschlichkeit oder hat er den Schalter umgelegt?"
"Welchen Schalter?", möchte ich wissen, da mir in all der Zeit, in der ich mittlerweile schon ein Vampir bin, noch niemand etwas Derartiges erzählt hat.
An meinem Ohr nehme ich zunächst ein Seufzen wahr, das nicht gerade positiv klingt. Was auch immer dieser Schalter ist, er scheint ein eher heikles Thema zu sein. Danach erklärt sie mir: "Ein Vampir kann seinen Menschlichkeitsschalter umlegen und damit all seine Emotionen ausschalten. Meistens entgeht so seinem Schuldbewusstsein, seinem schlechten Gewissen oder aber seinem Schmerz. Wenn er den Schalter umgelegt hat, ist ihm so gut wie alles egal und..."
"Moment, sagtest du Schmerz?", unterbreche ich sie, wobei sich mein Griff um das Telefon verstärkt. Als Care dies bestätigt, hebe ich meine andere Hand und lasse sie beinahe verzweifelt duch meine Haare fahren. "Caroline, ich glaube, er hat seinen Schalter umgelegt. Kurz bevor er sich so gemein verhalten hat, meinte er, dass er diesen Schmerz nicht mehr spüren will und keine andere Möglichkeit sieht."
"So sehr ich mir im Moment auch wünsche, es wäre nicht so, aber anscheinend hast du recht. Okay, hör mir zu. Wir müssen Stefan so schnell wie möglich finden und verhindern, dass etwas Schlimmes passiert."
"Warum? Was hat das alles zu bedeuten?", frage ich, ehe sie ihr letztes Wort gänzlich ausgesprochen hat.
"Erkläre ich dir später. Wir treffen uns am besten am Grill." Und damit legt sie auf.
Ich beschließe, keine Sekunde zu zögern, und mache mich gleich auf den Weg. Wenn Caroline, die eigentlich alles ziemlich gelassen sieht, nun so beunruhigt ist, muss es wohl wirklich sehr wichtig sein, Stefan wieder auf die richtige Spur zu bringen.
Da die Straßen so gut wie ausgestorben sind, nutze ich meine Vampirgeschwindigkeit, mit deren Hilfe ich im Nullkommanichts an unserem Treffpunkt ankomme. Trotzdem ist die Blondine schon vor mir da.
"Neue Haarfarbe", stellt sie fest, als sie mich von ein paar Metern Entfernung kommen sieht. Normale Leute könnten sie unmöglich verstehen, aber ich bin auch nicht normal. "Steht dir."
"Danke", sage ich und mache noch die letzten Schritte auf sie zu. "Stefan scheint es nicht aufgefallen zu sein." Erst im nächsten Augenblick fällt mir auf, dass ich mich fast beleidigt anhöre, und in dem Augenblick darauf frage ich mich, was es eigentlich für eine Rolle spielt, ob Stefan Notiz von meiner neuen Frisur genommen hat oder nicht. Wir haben gerade echt wichtigere Probleme.
Glücklicherweise geht Caroline nicht auf meine Aussage ein, sondern kommt gleich zur Sache: "Im Grill drinnen ist er jedenfalls nicht, da hab ich schon nachgeschaut. Und Matt meinte auch, dass er ihn nicht gesehen hat. Ich würde deshalb vorschlagen, dass wir gleich loslegen."
Ich nicke. So laufen wir folglich die verschiedensten Hotspots in Mystic Falls ab, beispielsweise das Krankenhaus - falls der Vampir auf die Idee kommt, einige der Blutkonserven zu stehlen - oder die Gründerhalle. Allerdings gibt es keine Zeichen, dass er in letzter Zeit an diesen Orten war.
"Was meintest du vorhin damit, dass Stefan womöglich schlimme Dinge tun könnte?", erkundige ich mich bei meiner Partnerin, während wir uns zur High School begeben. Bisher konnte ich meine Zunge zügeln, doch jetzt gewinnt meine Neugier.
Offensichtlich überlegt Care sich, wie sie anfangen soll, und legt sich ihre Worte zurecht. "Es ist so... Du weißt ja, dass er ausschließlich Tierblut trinkt. Sobald er nämlich Menschenblut trinkt, kann er nicht mehr damit aufhören. Und jetzt stell dir mal vor, was geschehen könnte, wenn ihm alles und jeder egal ist."
Mit weit aufgerissenen Augen murmele ich vor mich hin: "Er könnte Massenmord begehen und all denjenigen wehtun, die uns viel bedeuten..."
"Genau. Er könnte wieder zum Ripper werden."
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So, das ist jetzt mein letztes fertig gestelltes Kapitel. Ich habe etwas länger darauf gewartet, es zu veröffentlichen, weil ich immer noch nicht ganz durch die Klausurenphase bin. Die schlimmsten Klausuren sind jetzt vorbei, aber trotzdem stehen noch vier an. Deswegen muss ich immer noch gucken, wie ich zum Schreiben komme.
Aber ich bin zuversichtlich, dass ihr hier spätestens in den Weihnachtsferien ein neues Kapitel lesen könnt😊
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