(43) i am the storm
The devil whispered in my ear
"You're not strong enough to withstand the storm."
Today, I whispered in the devil's ear
"I am the storm"
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- Virago, vor anderthalb Stunden -
"Aber-", setzte ich an, vollkommen perplex.
"Sie sind aus dem Gefängnis ausgebrochen. Ich habe keine Ahnung, wo sie sein könnten. Aber sie sind die einzigen, die diese Wesen nach dir schicken konnten."
Oh mein Gott. Die Wesen wollten mich nicht verletzen. Sie sollten mich finden. Meine Eltern hatten sie geschickt. Ich war vor den Gesandten meiner Eltern davon gelaufen.
Der Fehler im System kam nicht von den magischen Wesen. Er kam von den Engeln selbst. Von den verräterischen Engeln.
Ich ließ einen tiefen Atemzug hinaus. Meine Eltern waren geflohen. Also musste es ihnen gut gehen. Der Drang, sie sofort zu suchen war übermächtig groß. Ich vermisste meine Eltern. Bei uns war es immer anders gewesen. Die meisten Engel, auch Lano, hatten überhaupt keinen Kontakt zu ihren Eltern. Aber meine Mutter und mein Vater, sie hatten mich geliebt und ich sie. Sie fanden es unzumutbar, mich irgendwo auf eine Akademie zu schicken und nur einmal im Jahr zu sehen.
Sie wollten gegen all das Unrecht protestieren und dafür hatten sie ihre Tochter verloren. Ich wollte mir ihren Zorn garnicht ausmalen.
Und sie wollten sich meinen Zorn nicht ausmalen.
Ich spürte das Feuer in mir wüten. Ganz automatisch stand ich auf und lief im Raum herum. Mir wurde brennend heiß, ich spürte den Drang, irgendwas kaputt zu schlagen. Gleichzeitig spürte ich meine Augen nass werden. Meine Gefühle drohten, mich zu überwältigen. Wie viel kann ein Mensch eigentlich aushalten? Nein, wie viel kann ein Engel aushalten?
"Vira?"
Ich drehte mich um. Im Eingang der Haustür stand Tahariel. Die schwarzen Haare standen zu allen Seiten ab, als wäre er im Sturzflug geflogen. Die dunklen Augen fixierten mich. Er sah aus, als könnte er nicht glauben, dass ich wirklich vor ihm stand.
Dann rannte er auf mich zu und schlang die Arme um mich. Er hielt mich, als hätte er Angst, dass ich im nächsten Moment wieder verschwinden könnte.
Ich erinnerte mich daran, wie wir bei den geheimen Treffen unserer Eltern immer in den Wald gegangen waren. Wir hatten Schmetterlingsfeen gesucht. Meine Gedanken schossen zu Florence in der Hütte, wo sie wohl noch immer auf ihren besten Freund wartete. Tahariel war wie Florence. Er hatte all die Jahre auf mich gewartet.
Zu überrascht um mich zu bewegen, erwiderte ich die Umarmung nicht. Er löste sich von mir und sah mich an. Tahariel sah anders aus. Nicht nur älter, sondern irgendwie auch ernster. Früher hatte er immer dieses verschmitzte Grinsen gehabt. Heute waren seine Gesichtszüge markant und hart. Was er wohl alles hatte durchmachen müssen?
"Sag doch was", bat der schließlich. Ich wusste nicht, was. Also stieß ich hervor, was mir zuerst einfiel. "Tahariel."
Der Engel verzog sein Gesicht, ließ die schwarzen Flügel etwas sinken. "Früher hast du mich Taha genannt." Dann lächelte er. "Aber ich bin verdammt froh, dich zu sehen."
Ich sah mich um. Rochel war verschwunden, wahrscheinlich um uns etwas Privatsphäre zu geben. "Wie geht es dir?", fragte ich zögerlich.
"Ganz gut. Meine Familie und ich sind damals entkommen können", berichtete er, während ich mich an den Tisch setzte und noch etwas Wasser trank.
"Was ist mit meinen Eltern?", fragte ich direkt, woraufhin sich Tahariel zu mir an den Tisch setzte.
"Vira, es sind ein paar Jahre vergangen. Es ist viel passiert bei uns. Wir haben.. Pläne. Leider darf ich dir nichts davon erzählen. Aber ich weiß, wo deine Eltern sind. Sie werden entscheiden, was zu tun ist."
Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Ich wollte sie wiedersehen, meine Familie. Aber aus irgendeinem Grund vertraute ich Tahariel nicht so ganz. Wahrscheinlich war das Schwachsinn und ich war nur misstrauisch wegen allem, was passiert war. Ich musste vorsichtig sein ab jetzt.
Ich stand auf und sah mich um. Meine Sehnsucht nach meinen Flügeln wurde immer stärker. Ich wollte diesen Teil von mir zurück. Ich wollte endlich wieder fliegen, endlich wieder meine lang ersehnte Freiheit spüren. Obwohl, schoss es mir da durch den Kopf, wir mit diesem System nie ganz frei sein würden.
Die Narben auf meinem Rücken brannten. "Gehen wir", beschloss ich.
"Wohin? Wozu?"
"Mir zurückholen, was mir gehört."
*
Rochel trug mich in den Armen, als wir unsere Reise antraten. Ich hätte mich auch von Tahariel fliegen lassen können, aber ich vertraute Rochel mehr. Bald würde ich endlich herausfinden müssen, wem ich vertrauen und wem ich misstrauen sollte.
Lano hatte ich immer vertraut, bedingungslos. Ich konnte den Gedanken nicht loswerden, dass er mich einerseits gerettet, andererseits verraten hatte.
Ich fragte mich, wie mein Plan ab jetzt aussah. Natürlich, zuerst würde ich mir meine Flügel wiederholen. Aber danach würde ich mit Tahariel mitgehen müssen, wenn ich meine Eltern jemals wiedersehen wollte. Rochel arbeitete noch immer für das Gericht. Vielleicht konnte ich auch ihr nicht vollständig vertrauen.
Es machte mir keine Angst, Ahadiel wieder gegenüber zu stehen. Alles was ich spürte, war Zorn. Der Zorn trieb mich an und er würde mich treiben, bis ich hatte, was ich wollte.
Ein Sturm zog auf. Ein Hurrikan, der genau auf das Gerichtsgebäude stürzen würde. Ich war der Sturm.
Viele Minuten später erreichten wir ein Gebiet, welches mir nur zu gut bekannt vorkam. Die Felsen, die Bäume, die Farbtöne der Berge. Und das Gebäude, welches sich vor mir auftat. Ich wollte es brennen sehen. Alle Flammen sollten es bis auf die Grundmauern niederbrennen.
Die Person sollte es zum Einsturz bringen, welche sie zum Einsturz gebracht hatten.
Wir kamen vor dem Hintereingang des Gerichtsgebäudes an. Als meine Füße auf den Boden aufschlugen durchfuhr mich ein gedankliches Erdbeben. Ich verbannte die Erinnerung daran, wie ich das letzte Mal hier gewesen war. Das würde mich jetzt nicht mehr aufhalten. Nichts würde mich jetzt mehr aufhalten.
"Vira? Du bist dir sicher mit dem, was du tust?", fragte Tahariel mich, bevor wir das Gebäude betreten konnten.
"Noch nie war ich mir so sicher", bestätigte ich ernst.
"Du hast dich verändert", schmunzelte er traurig. "Früher hast du ständig gestrahlt und gelächelt. Hast du in den letzten paar Jahren lächeln können? Oder grinsen zumindest?"
Nein. Nur bei Lano hatte ich lächeln können.
"Grinsen kann ich, sobald ich Ahadiels angsterfülltes Gesicht sehe", spuckte ich hervor, ein bisschen härter als beabsichtigt.
Rochel öffnete die Tür mit einem Schlüssel. Anscheinend konnten hier nur Engel rein, die im Gericht arbeiteten. Sie drehte sich zu uns um, ein dunkler Schatten lag auf ihrem Gesicht.
Dann gingen wir ihr hinterher und betraten das Gebäude. Wir gingen durch schwach beleuchtete Gänge. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Sei stark, Virago.
Ich spürte Rochel mit stolzer Körperhaltung vor mir gehen. Tahariel hinter mir wirkte angespannt, während er uns folgte.
Bald kamen wir in einem Raum an, den ich nur zu gut kannte. Das Wartezimmer.
Na, Süße? Möchtest du einen Himmelbeerensaft?
Ich bemerkte nur am Rande, dass meine zu Fäusten geballten Hände lichterloh brannten. Ich spürte, dass auch meine Augen Funken auszuspucken schienen.
Rochel blieb vor der Tür zum Gerichtssaal sehen und trat zur Seite.
Bestätigend sah sie mich an.
Ich bin der Sturm.
Mit einem Fuß trat ich die Türen auf, so kraftvoll, dass sie beinahe aus den Angeln brachen.
Alle Blicke ruhten mit einem Mal auf mir.
"Na, Motherfucker? Habt ihr mich vermisst?"
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