(39) an entire ocean
You watch her walk away
and it hits you
that she is an entire ocean
and you were wrong, so very wrong
because you let her go
thinking she was just a girl.
- Nikita Gill
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- Lanohiah, jetzt -
Ich stand im Wartezimmer des Gerichtgebäudes. In der Region, in welcher ich lebte, gab es zwei Stück davon. Es gab das obere Gericht, in welchem Rochel uns Zuflucht gewährt hatte. Es beschäftigte sich mit Fällen gegen den Verstoß gegen unsere obersten Gesezte. Dort hatte ich auch meine erste Verhandlung gehabt, das Urteil über meine Verbrechen gegenüber des Systems bekommen.
Dieses Gericht hier, mehrere Flugstunden entfernt, behandelte Fälle, die Personen persönlicher und direkter betrafen. Hier wurde beschlossen, wie es für mich in meinem persönlichen Leben weitergehen würde. Welche Aufgabe mir zukommen würde, da ich ja zwei Jahre vom Schutzengeldienst suspendiert war.
Hier würde ich auch erfahren was passieren würde, wenn ich jemals gegen das Urteil des obersten Gerichtes verstoßen wurde. Was mich also erwarten würde, wenn ich Hira unerlaubterweise noch einmal besuchen würde, selbst wenn ich den Unsichtbarkeitszauber dabei aktiviert hätte.
Bisher hatte ich unser System immer als sinnvoll und schützend betrachtet. Nun fühlte ich mich bedroht, indem es meine eigene Freiheit und Entscheidungskraft massiv beschränkte. Ich durfte nicht entscheiden, zu wem ich Beziehungen hatte. Ich durfte nicht entscheiden, was ich beruflich machen wollte.
Ich war eine Figur im System und ich wurde eingesetzt, damit es größtmögliche Vorteile hatte. Egal, wie meine Meinung dazu war.
Aber diesen Gedanken verbannte ich, sobald er aufgekommen war. Ich lebte mit dem System, seit ich geboren war. Ohne es würden Menschen und magische Wesen sich wahrscheinlich bekriegen, wie sie es schon in der Vergangenheit getan hatten.
"Lano, du machst mich nervös. Hör auf damit", forderte Kev neben mir. Wahrscheinlich meinte er mein nervöses, unruhiges Flügelschlagen. Schon seit Minuten ging ich ziellos im Raum hin und her. Ich konnte kaum kontrollieren, was meine Flügel taten. Mein Kopf wollte weg hier, also reagierte mein Körper.
Ich antwortete nicht, sondern sah mich schon wieder im Raum um. An der Tür stand ein Gerichtswächter, auf einem der Stühle saß Kev, ich tigerte hier herum, ansonsten war es leer. Meinen Anwalt brauchte ich hier nicht mehr.
"Ich überlege gerade, wofür du dich eignen würdest", überlegte Kev laut. "Wahrscheinlich als Kontrolle bei den Grenzen oder so, weil du gut kämpfen kannst. Als Farmer kann ich mir dich nicht vorstellen", grinste er.
"Wieso nicht? Bewässern würde ich die Pflanzen gut können. Ich darf nur nicht versehentlich mein Feuer einsetzen", erwiderte ich. Schließlich setzte ich mich neben ihn, wieder in Gedanken versunken.
"Ich frage mich noch immer, wer dieser Engel war", gab ich Kev zu verstehen, welchem ich den ganzen Vorfall genau berichtet hatte.
"Schwarze Flügel sind in der Tat ziemlich selten", meinte Kev. "Aber vielleicht hat er Rochel mit Hira verwechselt oder so."
"Er sagte 'Ich würde ihr niemals wehtun'. Wofür brauchen sie Rochel denn? Alle Wesen wollen sie entführen und jagen sie, aber sie darf nicht verletzt werden?", wunderte ich mich weiter.
"Das ist alles ziemlich seltsam", stimmte Kev mir zu.
In diesem Moment öffnete sich die Tür, die in den Gerichtssaal führte. Wir standen auf und traten in den Raum hinein. Kev setzte sich in eine der hinteren Reihen, neben die Geschworenen. Durch diesen Raum konnte man komplett zu Fuß laufen. Er war auch viel weniger imposant als der Saal im obersten Gericht.
Die Atmosphäre bedeutete mir, dass dies hier keine Gerichtsverhandlung war. Eher ein öffentliches Beratungsgespräch über meine Zukunft. Die Geschworenen waren dazu da, um zu entscheiden, wofür ich mich vielleicht am besten eignen könnte. Es waren alles ältere Engel, wahrscheinlich ehemalige Gerichtsdiener.
Ich setzte mich auf den Stuhl in der Mitte des Raumes. Hier war alles aus Holz, nicht aus Marmor, was meinen Gemütszustand irgendwie ein bisschen beruhigte. Es wirkte einfach etwas wärmer und freundlicher.
Die drei Engel vor mir sahen allerdings nicht so aus. Ihre Gesichter waren streng und angespannt. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich diese Situation hier einschätzen sollte.
"Guten Tag, Lanohiah. Ich bin Richter Ahadiel, Engel des Gesetzes. Wir sind hier heute alle zusammengekommen, um über Ihre Zukunft zu entscheiden."
Ahadiel hatte pechschwarzes Haar, dunkle Augen, ein paar Falten im Gesicht und bläuliche Flügel. Seine Miene verriet keinerlei Gefühl, er wirkte total ernst.
"Also, ich werde einmal die mir vorliegenden Daten vorlesen, damit Sie diese bestätigen können", kündigte der Richter an.
"Verstanden", bestätigte ich. Ich warf einen kleinen Blick über die Schulter und sah zu Kev, welcher erst den Richter und dann mich betrachtete. Er warf mir ein aufmunterndes Grinsen zu und hob den Daumen, nach dem Motto 'Bis jetzt lief doch alles gut.' Aber es hatte ja noch nicht einmal angefangen.
"Sie haben gegen die obersten Gesetzte verstoßen, indem Sie sich einem Menschen, genauer gesagt Ihrem Schützling, zeigten und einen Zauber anwendeten, damit sie magische Wesen sehen kann."
"Korrekt", bestätigte ich.
"Das Urteil des obersten Gerichtet sagt vor, dass Sie Stunden für die Gesellschaft leisten müssen. Dafür sind Sie schon im richtigen Gebäude nieder gekommen und werden morgen Ihre Dienste antreten. Außerdem wurden Sie für zwei Jahre von ihrem Dienst als Schutzengel suspendiert. Heute werden wir beschließen, welche Aufgabe Sie für diese Zeit übernehmen werden."
Ich nickte nur. Jetzt ging es los. Irgendwie dachte ich, auch wenn dies hier ein wichtiger Moment war, der meine Konzentration forderte, an Hira. Ich fragte mich, wie es ihr jetzt wohl ging. Wahrscheinlich war sie wegen des Gedächtnisverlustes im Krankenhaus oder so. Gott, wie verloren sie sich nun fühlen musste. Bei dem Gedanken breitete sich ein saurer Geschmack in meinem Mund aus.
"Lanohiah?", fragte Richter Ahadiel, offensichtlich um meine Aufmerksamkeit bittend.
"Ja, entschuldigen Sie, Euer Ehren", brachte ich hervor. Mich überfiel ein ganz seltsames Gefühl, so als ob irgendetwas nicht in Ordnung wäre. Das Gefühl, welches ich schon seit ein paar Stunden hatte, aber immer in den Hintergrund meines Bewusstseins verdrängte.
"Wir haben uns die Ergebnisse Ihrer Prüfungen an Ihrer Ausbildungsakademie angesehen. Sie haben die Fähigkeit, Blitze, Wasser und Feuer in Ihren Händen zu erzeugen. Sie beherrschen die Telekinese ein wenig. Außerdem gelten Sie als ausgezeichneter Kämpfer und Flieger. Ihr Beschützerinstinkt ist groß und ihre wissenschaftlichen Prüfungen fielen auch gut aus", äußerte sich der Richter, zwischendurch auf ein Blatt Papier vor sich blickend.
Ich bemerkte, wie sich die Geschworenen hinter mir Notizen machten. Wahrscheinlich würden sie Vorschläge machen, wofür ich geeignet wäre. Und so war es dann auch.
Zehn Minuten lang machten die Engel hinter mir Vorschläge über das, was den Großteil meines Lebens für zwei Jahre ausmachen würde. Engel, die mich nicht im Geringsten kannten.
Die Vorschläge reichten vom Kontrolleur der Grenzen über Missionshelfer, Farmer -wobei Kev eine Grimasse zog-, Lehrer für Kinder, Ordnungshüter, Dienst bei der Verteilung von Gütern, Flugbote und vieles, vieles mehr. Ich hörte garnicht mehr richtig zu, denn ich konnte mich sowieso nicht äußern.
Was hier entschieden wurde, war wahrscheinlich fest und unwiderruflich.
Ich seufzte, sah mich wieder nach Kev um, der gelangweilt vom einen sprechenden Engel zum nächsten sah.
Mit einem Schlag wurde mir wieder übel. Was war das, wurde ich etwa krank? Irgendwas breitete sich in meiner Brust aus und ich schätzte, dass es Unbehagen war.
Ich wendete mich wieder Richter Ahadiel zu, der sich nun zu den Vorschlägen äußern sollte. Er begann zu sprechen.
Und dann ertönte ein Knall hinter mir.
Ich brauchte einen Moment um zu begreifen, woher dieses Geräusch kam. Es kam von einer gewaltvoll aufgetretenen Tür, die beinahe aus ihren Angeln fiel.
Ich riss meinen Kopf herum.
Und konnte nicht glauben, was hier vor sich ging. Geschweige denn, wer da vor mir stand.
"Na, Motherfucker? Habt ihr mich vermisst?"
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