(15) her smile
She was trouble
chaos really
but her smile
her smile
dared me to fall in love with her.
- Atticus
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-Lanohiah, jetzt-
Ein paar Tage nach dem Vorfall war alles wieder beim Alten. Es gab noch immer Patrouillen und Missionen, aber die Gespräche drehten sich nicht mehr oft um das, was passiert war. Den Verwundeten ging es wieder besser. Meine Hände, Rippen und Flügel heilten langsam. Äußerlich schien bei uns Engeln wieder alles normal zu sein.
War es aber nicht.
Ich hatte das Gefühl, dass nicht nur Caracasa und ich alle komischen Vorkommnisse verknüpft hatten. Die Leiter dieser Akademie verhielten sich wie immer. Zu sehr wie immer. Gaben nicht viele Informationen. Vertrauten auf das System. Wir sollten nicht zu viel nachdenken. Zufälle hätte es immer schon gegeben.
Und wenn sich Zufall an Zufall an Zufall reiht? Wenn ein Zufall zu oft passiert, um als zufällig zu gelten?
Nachdem ich einmal versucht hatte, mit Kev und Kaliel darüber zu sprechen, hörten sie mir geduldig zu, glaubten aber nicht, dass wir versuchen sollten, irgendwas über das Geschehene herauszufinden. Wahrscheinlich hatten sie sogar Recht. Das Gericht würde wieder Ordnung schaffen.
Außerdem hatte ich neuerdings wirklich ganz andere Probleme.
*
-Lanohiah, vor zwei Tagen-
Ich teleportierte mich zu Hira und spürte das bekannte Gefühl von leichtem Schwindel, welches mir allerdings mittlerweile nichts mehr ausmachte.
Meine Füße trafen standfest auf gefließtem Boden auf. Ich hörte das Geräusch von prasselndem Wasser und blickte auf einen von Wasserdampf beschlagenen Spiegel. Bevor ich mich versah, verstummte das Geräusch.
Dann öffnete sich rechts von mir die Duschtür und ein nackter Körper trat in mein Sichtfeld.
Und dann passierte etwas, wovon ich niemals, niemals geglaubt hätte, dass es jemals irgendwann passieren würde. Ich hatte nichtmal darüber nachgedacht, dass es jemals passieren könnte. Keine einzige Sekunde.
Mir stockte der Atem beim Anblick eines nackten Menschenkörpers. Bei Hiras Körper.
Erschrocken taumelte ich zurück, teleportierte mich in sekundenschnelle fort, strauchelte und wäre beinahe auf dem Boden in meinem Zimmer der Akademie ausgerutscht.
Entsetzt, blinzelnd, mit stark klopfendem Herzen und Adern voller Adrenalin setzte ich mich auf mein Bett und atmete durch. Sämtliche Flüche und Schimpfwörter rasten durch meinen Kopf, doch es nützte nichts. Ich hatte keine Ahnung, was soeben passiert war.
*
-Lanohiah, jetzt-
Ich hatte mich nur wenige Male seit diesem Ereignis zu Hira getraut. Stattdessen hatte ich nachgedacht und beschlossen, dass ich mich einfach nur zu viel auf meinen Schützlingsfall und zu wenig auf mein intimes Privatleben konzentriert hatte.
Was passiert war, würde sich nie wieder wiederholen. Die letzten Nächte hatte ich so gut verbracht und genossen, wie es nur ging.
Erleichtert, den Grund für mein komisches Benehmen gefunden zu haben, teleportierte ich mich zu Hira. Nicht nur aus Routine. Sondern weil ich ein sehr seltenes, warmes Gefühl in mir spürte. So selten, dass ich keine Sekunde gezögert hatte.
Ich fühlte den Schwindel, erblickte den Himmel und Bäume und Wasser, breitete instinktiv die Flügel aus, weil ich keinen gewohnten Boden unter meinen Füßen hatte.
Vielleicht sollte ich mich darüber wundern, was Hira auf einem alten, hölzernden Bahngleis über einem Fluss in einem Wald machte. Mich wundern, weshalb sie so nah am Rand stand und furchtlos nach unten starrte.
Das einzige, was meinen Kopf und meine Gedanken erfüllte war, dass Hira lächelte.
Wirklich lächelte. Ihre Mundwinkel zogen nach oben und bildeten Grübchen. Ihr Lächeln reichte bis zu den ganz leicht zusammengekniffenen Augen und ließ sie strahlen, während sich Lachfältchen um die Augenränder bildeten. Ihr Blick war so sanft, dass er mein Herz erwärmte und ich nicht anders konnte, als ebenfalls zu lächeln.
Ihre Zehenspitzen berührten den Rand des Holzes und Hira schloss die Augen. Ich trat näher an sie heran und konnte sie tief durchatmen hören, bis sie die Augen wieder öffnete.
Ich wünschte, ich könnte sie tragen und mit ihr fortfliegen. Meine Flügel könnten sie mitnehmen, hoch in die Luft und ihr das Gefühl von einmaliger Freiheit und Sorglosigkeit schenken. Es kostete mich eine Menge Kraft an Beherrschung, es nicht zu tun.
Stattdessen legte ich eine Hand auf ihren Arm.
Mir stockte der Atem, als ihr Lächeln verschwand und ich konnte sehen, spüren, wie sich Gänsehaut auf ihrer Haut bildete. Als überkäme sie ein Schauder, rieb sie sich mit den Händen über die Oberarme, während ich mich nicht zu atmen traute.
Verunsichert zog ich meine Hand zurück. Es konnte nicht sein, dass sie das bemerkt hatte.
Hira drehte sich um und lief über das Holz entlang. Ich betrachtete sie, während sie sich von mir entfernte.
Hatte noch immer ihr Lächeln vor meinen Augen.
Konfus starrte ich ihr nach. Verwirrt. Verzweifelt. Ungläubig. Ich wusste nicht, was das alles bedeutete. Doch ich war richtig, absolut, endgültig am Arsch, wenn ich sie zu mögen beginnen würde.
*
"Okay. Ich hör dir zu."
"Kev, bitte bleib ernst. Wahrscheinlich habe ich ein riesiges Problem."
Seufzend stellte Kev den Alkohol weg und das Grinsen erlosch aus seinem Gesicht. Anscheinend hatte er eine lustige oder amüsante Geschichte erwartet.
Ich war mir noch immer nicht sicher, ob ich ihm davon erzählen sollte. Doch er war der einzige, der mich hier wirklich kannte und ausstehen konnte. Mit dem ich so viel erlebt hatte. Der mir wirklich viel schuldete. Der verdammt nochmal wusste, was ihn erwarten würde, wenn er jemals mit Anderen hierüber reden würde.
Genervt seufzte ich. Das konnte doch nicht sein. Ich war ein Engel und sie ein Mensch. Eine ganz andere Rasse. Eine andere Art. Klar, körperlich unterschieden uns nur die Flügel voneinander. Aber trotzdem. Außerdem war sie mein Schützling.
Ich fühlte mich schon widerlich, wenn ich daran dachte.
"Also, Kev. Ich bringe dich um, wenn du darüber auch nur ein Wort verlierst. Ich bringe dich um."
Stirnrunzelnd nickte Kev. "Okay.. klar."
"Also", begann ich stockend. "Irgendwie, glaube ich.. Irgendwie mag ich Hira."
"Ja und? Ist doch normal."
Genervt atmete ich aus. "Ich mag sie so, wie ich sie nicht mögen sollte."
Verständnislos starrte er mich an. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Das war gerade so, als würde mir ein Mensch erzählen, dass er sich vielleicht in einen Troll oder sein Pferd oder seinen Hund verliebt hat. Okay, ein bisschen übertrieben, aber vergleichbar...
"Ich hab sie nackt gesehen, okay? Und ich weiß es ist ekelhaft, widerwärtig, aber.."
Kevs Gesichtsausdruck verzog sich und pures Entsetzen sah mir entgegen. "Du fandest es gut."
Ein erschrockener Stich durchfuhr mich, alles in mir schrie nein und wehrte sich gegen seine Worte. "Nein."
"Lüg mich nicht an."
Zornig stand ich auf und stampfte im Zimmer hin und her.
"Okay. Lano, ich bin dein bester Freund und deshalb muss ich absolut ehrlich mit dir sein. Du bist krank. Nicht normal. Du solltest dich in Therapie begeben", entschied Kev mit ernstem Ton und betrachtete mich wie ein Psychologe.
"Bist du verrückt? Niemand darf davon erfahren!", zischte ich.
"Du bist verrückt! Ehrlich! Engel verlieben sich nicht in Menschen. Geschweige denn, wollen mit ihnen schlafen!"
"Ich bin ja auch nicht verliebt. Und ich will auch nicht mit ihr schlafen!"
"Ach und deswegen beobachtest du sie während sie nackt ist? Deswegen rufst du ihren Namen in feucht-fröhlichen Träumen?"
"Kev, was redest du da eigentlich?", rief ich verwundert zurück. "Ich hab sie einmal gesehen und bin sofort weggegangen. Und mein Traum hatte absolut nichts mit Sex zutun!"
Kevs ungläubiger Blick brachte mich beinahe dazu, ihm an die Kehle zu springen. Er zog zusätzlich noch eine Augenbraue hoch, was mich noch mehr provozierte.
"Okay, stellen wir ein paar Dinge klar. Du magst sie?", fragte er dann, während er mich ein kleines bisschen weniger vorwurfsvoll ansah.
"Irgendwie schon, glaube ich. Keine Ahnung, Kev!", verzweifelte ich. "Eigentlich dachte ich mein ganzes Interesse für sie käme nur daher, dass sie mein Schützling sei. Aber sie interessiert mich als Person, nicht als Fall. Ich würde sie gerne kennenlernen. Gerne mit ihr reden. Ich mag es, in ihrer Nähe zu sein. Und ja, wahrscheindlich würde ich ihr auch gerne noch näher kommen!" Meine Stimme wurde immer zorniger, meine Hände ballten sich zu Fäusten.
"Gut. Klingt für mich danach, als hättest du dich nur ein bisschen in sie verguckt. Trotzdem widerwärtig, aber was solls. Gib sie einfach ab. Sag: Fall gelöst. Fertig."
Ich fragte mich, ob das funktionieren würde. Ob ich Hira abgeben könnte, selbst wenn ich es gewollt hätte.
Mir schossen Rochels Worte in den Kopf, kurz nachdem ich zum ersten Mal von Hira wiedergekehrt war.
Sei dir deiner Verantwortung bewusst, Lanohiah.
Wenn es funktionieren sollte, dann war es wohl meine einzige Möglichkeit.
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