𝐈𝐈𝐈 𝐃𝐞𝐫 𝐈𝐭𝐚𝐥𝐢𝐞𝐧𝐞𝐫
...𝐦𝐢𝐭 𝐝𝐞𝐦 𝐒𝐩𝐢𝐞𝐠𝐞𝐥
𝟎𝟓.𝟎𝟔.𝟐𝟎𝟏𝟓
Keiner konnte mir sagen, dass es etwas besseres gab als in der prallen Sonne zu liegen und nur alle paar Minuten die Augen zu öffnen, um das türkis-blaue Wasser vor sich zu sehen.
Es war von nun an mein zweites Zuhause. Den Kaufvertrag hatte ich nach einer Woche fast durch und die Anzahlung schon getätigt.
Ich verschob die Strings meines Bikinis ein wenig, damit die UV-Strahlen auch ja jeden Zentimeter erwischten. Dabei entfuhr mir ein Aufschrei als plötzlich etwas kaltes auf meinem nackten Bauch landete.
"Du bekommst Hautkrebs", belehrte mich Frieda, während sie über mein Verhalten den Kopf schüttelte. Ich musterte zuerst die Sonnencreme mit der sie mich eben abgeworfen hatte und dann meine Freunde. Sie saßen in einer Strandmuschel, vollkommen im Schatten. Deren Haut leuchtete wie Feta-Käse.
Ich warf die Lichtschutzfaktor 100 Creme mit dem Kommentar "Vitamin D macht glücklich", wieder zurück. Es mochte ungesund sein, ganz bestimmt sogar, aber als Psychologin war mir das seelische Glück tatsächlich wichtiger als das körperliche.
"Ey Stiefschwester, dein Handy vibriert." Theo ließ das Stalken der knapp bekleideten Frauen, die im Wasser mit einem Ball spielten und suchte stattdessen mein iPhone.
"Uhhh es ist der Psycho-Professor. Frieda, richte schnell deine Haare."
Ich wusste sofort, dass Dino dran sein muss, denn meine beste Freundin bewunderte meinen Professor seitdem ich sie das erste Mal zu einer meiner Vorlesungen mitgenommen hatte.
Die Wangen der Armen verfärbten sich binnen Sekunden rot.
"Jetzt gib schon her, du Idiot", tadelte ich Theo und kroch über den weißen Kieß Richtung Strandmuschel.
Dino startete einen Videoanruf, den ich freudig entgegen nahm. Es hatte sich in den Jahren des Studiums etwas zwischen uns entwickelt, dass wir nicht benennen konnten. Ich würde es als tiefe Verbundenheit, die niemals in einer Romanze enden würde beschreiben.
Er salutierte zum Gruß wie ein Soldat. Ein breites Lächeln erschien als er seine Hand wieder senkte. "Was läuft Emi? Hab gehört, du willst das Boot verlassen?" Oh nein. Frieda musste ihm die Sache mit dem Haus erzählt haben. Ich schenkte ihr einen bösen Blick, bevor ich mich wieder Dino widmete.
"Willst du mich nicht mehr in deiner Praxis haben? Denn das, ist nur mein Urlaubszuhause." Ich zog erst einen Schmollmund und wechselte dann die Kamera. Er sollte die weißen Steine, das klare Wasser, die angrenzende Stadtmauer und natürlich meine winkende Bande sehen.
Als ich wieder mein eigenes Gesicht neben seinem sah, lächelte er. "Es ist traumhaft", gab er zu. "Meinst du Frieda, oder den Ort?" Ich wippte mit den Augenbrauen, um mich an Frieda zu rächen. Immerhin hatte sie mich an meinen eigenen Chef verpfiffen. Und andererseits versuchte ich die beiden schon seit Längerem zu verkuppeln. Zwei gute Menschen verdienten eine gemeinsame Chance.
Frieda ließ sich ihre schwarzen Strähnen ins Gesicht fallen. Theo klopfte ihr tröstend auf den Rücken.
"Der Ort ist nicht schlecht und Frieda ist so süß wie ihr Name, aber wirklich traumhaft fand ich den gut gebauten Mann neben ihr", Dino lachte. Mein bester Freund streichelte über seinen Bauchspeck. "Du weißt was gut ist, Psycho-Doktor."
Wir lachten, selbst Friedas Mundwinkel zuckten wieder.
"Hey Emi, jetzt ernsthaft. Komm wieder zurück. Ich will dich in meinem Team haben. Wie verrückt du auch sein magst, du hast eine unglaubliche Wirkung auf Menschen. Neben dir will man einfach wieder leben." Ich unterdrückte ein Schmunzeln, während Dino mit seinen Fingern durch seine vollen braunen Haare fuhr. Er war nicht nur ein toller Psychologe. Er war auch charismatisch und durchaus charmant. Seine paar Jährchen mehr, sah man ihm kaum an, was er vermutlich seinem spitzbübischen Lachen und dem wohlgeformten Sixpack verdankte. Keiner würde ihn jemals über achtundzwanzig schätzen.
Er wirkte immer offen und humorvoll, doch niemand schaffte es ihn zu knacken. Dino ließ andere Menschen genauso wenig wie ich, in sein Inneres blicken. Wir ähnelten uns im Geiste wie Zwillinge. Vermutlich bestand darin unsere Verbindung. Wir würden als Geheimnis ins Grab gehen.
"Wie sieht's mit deinem Stimmungstagebuch aus? Ich hoffe der Urlaub lenkt dich nicht all zu sehr davon ab."
"Es läuft", gab ich lediglich zurück. Ausgerechnet hier, wo ich mich wirklich gut fühlte, entdeckte ich Schattenseiten. Zum Beispiel die Angst vor der Rückkehr nach Deutschland, wo ich mich wieder ruhelos und unvollkommen fühlen könnte.
"Du musst es mit niemandem teilen, aber es ist von unheimlichem Wert sich selbst zu verstehen." Wenn er so gezielt durch seine Brille starrte, nahm ich ihn wieder als Professor wahr. Vor allem ließ er dann immer seine Stimme ruhiger und vollkommen ausgeglichen klingen. So wickelte er jeden Patienten um den Finger. Er hypnotisierte, allein mit seiner Art.
"Ai ai Captain." Nun salutierte ich.
"Naja, ich will euch nicht weiter beim Nichtstun stören. Melde dich ab und zu mal, ja?" Darauf nickte ich, wohlwollend. Dino zwinkerte mir zu und beendete dann das Gespräch.
"Ich schwöre, Frieda hat bis eben deinen Bildschirm angestarrt, ohne zu blinzeln!", schrie Theo sofort auf. Friedas Gesicht verwandelte sich bereits in eine überreife Erdbeere. Schluss mit Lustig, dachte ich mir und riss alle mal eben aus dem Kontext. "Wisst ihr was, ich hole uns jetzt eine Erfrischung!"
"Für mich ein Softeis", orderte Theo.
"Ich will nichts", lehnte Frieda ab. Ohje, ich glaubte, sie war verständlicherweise eingeschnappt.
Ich schlüpfte in meine Adiletten, da ich ohne auf Kroatiens Stränden absolut aufgeschmissen gewesen wäre. Der weiße Kieß zauberte zwar eine atemberaubende Kulisse, bohrte sich dafür aber höllisch in die Füße.
Nur zehn Meter hinter uns trennte ein schmaler Fußgängerweg den Strand von den vielen kleinen Ständchen. Mir stieg sofort der Duft von Süßgebäck in die Nase, doch ich verstand einfach nicht wie sich jemand bei dieser Hitze ein Crepe bestellen konnte.
Ich steuerte auf ein offenes Café zu, welches ihre Kunden auch direkt am mobilen Stand bediente. Die Mokka Beach Bar bestach durch sein natürliches Ambiente. Die hölzernen Klappstühle standen auf hellen Holzdielen, unter beigen Schirmen. Eintönig, aber elegant. Wir könnten auch zum Abendessen herkommen, kam es mir in den Sinn. Denn neben Eis und Softdrinks, boten sie auch Kaffeesorten, Burger und Sandwiches an. Hier im Sonnenuntergang zu sitzen, wäre bestimmt ein Genuss.
Eine nette junge Kellnerin mit Pferdeschwanz und Cap nahm meine Bestellung auf. Da sie viel Kundschaft hatten, dauerte es ein wenig. Ich wollte einen alkoholfreien Caipirinha.
Um die Zeit zu überbrücken, setzte ich mich an ein leeres Tischchen abseits. Egal wo ich eine Zigarette zog, hatte ich das Gefühl jemanden damit zu stören. Meine Freunde hassten den Gestank und plädierten jedesmal auf meine Gesundheit. Es nervte.
Voller Genuss inhalierte ich das Nikotin und schloss dabei sogar die Augen.
"Buongiorno Signora." Ich fiel von allen Wolken als die fremde Stimme mich erreichte. Und dann saß da plötzlich der schönste Mann, den ich je gesehen hatte direkt gegenüber von mir. Seine eisblauen Augen, umrandet von diesen dunklen und langen Wimpern bohrten sich direkt in meine Seele. Ich wusste mir nicht anders zu helfen als ihn mit geöffnetem Mund anzustarren. War er eben vom Himmel gefallen, oder wo kam er her?
Erst als der angestaute Rauch in meiner Lunge sich meldete, begriff ich wieder mein menschliches Dasein. Ich hustete los wie ein achtzig jähriger Kettenraucher.
Er reagierte sofort und stellte mir meinen Caipirinha von seinem Tablett auf den Tisch. Ich griff sofort nach dem Glas und löschte das Feuer in mir. "Danke", gab ich kleinlaut von mir und wischte die Tränen weg, die sich nach meinem Fast-Tod bildeten.
"Weißt du was?", fuhr er fort und ich zog meine Augenbrauen zusammen.
"Links von dir sitzt das hübscheste Mädchen der Welt." Dieser seltsame Kellner verwirrte mich. Er sah an mir vorbei, wie zuvor erwähnt nach links. Ganz automatisch folgte ich möglichst unauffällig seinem Blick, entdeckte aber nur leere Plätze.
Naja, bis er mir plötzlich einen Taschenspiegel vor das Gesicht hielt.
Damit hatte er mich letzten Endes geerdet. Als erstes fiel mir auf, dass sich ein leichter Sonnenbrand über meine feinen Sommersprossen legte und dann begriff ich, dass sich der vermeintliche vom Himmel gefallene Engel als einfacher Aufreißer herausstellte. Dabei sah dieser gebräunte Adonis mit den vielen Tattoos und der untypischen Augenfarbe so gut aus, dass ich kurz überlegte sein Spiel mitzuspielen. Aber nichts da! Nicht mit so einem üblen Spruch.
"Weißt du was ich mich frage?" Ich klimperte mit meinen langen dunklen Wimpern, was ihn zum Grinsen brachte. "Hast du deinen Handspiegel immer dabei, weil du das bei jeder Frau hier abziehst, oder bist du so eitel, dass du dich in jeder freien Sekunde darin betrachten musst?" Es interessierte mich wirklich, denn nichtmal ich, besaß einen solchen kleinen Spiegel und schon gar nicht bei der Arbeit.
"Find's raus Signora." Er zwinkerte mir zu, bevor er Theos Softeis zu meinem Getränk stellte und ging dann weiter seiner Tätigkeit nach. Sein breites Kreuz zeichnete sich unter dem engen schwarzen Shirt ab. Ein Mann wie er brauchte doch nicht solche dämlichen Sachen zu sagen. Sein Glück, sonst hätte er wahrscheinlich zu viele Verehrerinnen.
Ich nahm meine schon schmelzende Bestellung an mich und spazierte wieder auf Theo und Frieda zu. Dabei lächelte ich. Ein wenig geschmeichelt fühlte ich mich ja schon...
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