Kapitel 12 - Ein übler Tag

Meine Welt bestand aus Farben und Formen, soweit ich zurückdenken konnte.

Manche Menschen bevorzugten nur das, was offensichtlich hübsch war. Sie mochten alle Farben des Regenbogens, nicht aber das Braun einer rostigen Brücke. Ich hingegen liebte die ganze Palette, denn so war das Leben nunmal: verschwenderisch schön und unverfroren hässlich.

Aussuchen konnte man sich da gar nichts.

Es war besser sich mit der Wirklichkeit anzufreunden, als die Augen davor zu verschliessen. Ausserdem war es doch der Kontrast, der uns beide Seiten des Lebens schätzen liess.

Früher hatte ich meinen Zeichenblock überall hin mitgeschleppt, um meine Eindrücke darin festzuhalten, doch dieser verstaubte seit Monaten in einer Ecke meines Zimmers.

Er war voll mit den Gegensätzlichkeiten das Lebens: Die satten Herbsttöne in Brand gesteckter Eichenblätter neben dem spiegelglatten Dunkelblau scharf hingekratzter Hochhäuser. Flaumige Wolkenberge über einer vermüllten Strasse, oder die violetten Blüten einer Winde, die sich um einen Zaun mit bröckelnder Farbe rankten.

Die Bilder waren meine Art gewesen, mich auszudrücken, wenn das Leben mir keine Zeit dafür liess, es mit Worten zu sagen.

Doch die Zeichnungen waren über die Jahre immer düsterer geworden und ich hatte es vorgezogen, meine Gedanken nach innen zu richten.

Oder wegzuschieben.

Gewöhnlich setzte ich mich stattdessen an meine Baupläne und berechnete Massstäbe.

Ich hatte irgendwann angefangen, mich an den geraden Linien festzuklammern und manchmal wusste ich nicht, ob ich eines Tages wieder loslassen konnte.

Loslassen wollte.

Es beruhigte meine Nerven und auch gestern Abend hatte es mir dabei geholfen, nicht in meinen Gefühlen unterzugehen.

Ich weinte nicht. Niemals.

Wozu auch?

Tränen waren vielleicht nützlich, wenn man Freunde hatte, die versuchten einen wieder aufzumuntern.

Aber wenn man alleine war, konnte man sich sowas sparen.

Und so zog ich eine Gerade nach der nächsten, zeichnete Treppen ein und schuf rechte Winkel.

Das vertraute Geräusch des Bleistiftes erfüllte mein Zimmer bis tief in die Nacht hinein, aber das Brennen hinter meinen Lidern wollte diesmal nicht so schnell nachlassen.

***

Als ich am nächsten Morgen das Schulzimmer betrat, war ich fest entschlossen, dem Unterricht heute bis ins kleinste Detail zu folgen. Ich war mir ziemlich sicher, dass die Hälfte meiner Lösungswege das Potenzial dazu hatte, meinen Lehrer in eine existentielle Lebenskrise zu stürzen und ich wollte den Anschluss nicht komplett verpassen.

Es frustrierte mich, dass ich so schlecht mitkam, denn eigentlich war ich gar keine so schlechte Schülerin und deshalb hatte ich mir vorgenommen in Zukunft so zu tun, als hätte sich in meinem Leben gar nie etwas geändert.

Als wäre alles immer noch so, wie vor den letzten Ferien und als gäbe es da niemanden, der mir im Kopf herumgeisterte.

Der Stuhl neben mir wurde zurückgezogen. Ich liess mir nichts anmerken, sondern schaute stur gerade nach vorne an die Tafel.

Niemanden hier ging es etwas an, was in meinem Inneren vor sich ging und schon gar nicht einen dahergelaufenen Typen, der sich für etwas Besonderes hielt.

Ich zuckte zusammen, als Nia mich anstupste.

Oh nein. Ich würde mich nicht umdrehen.

„Nia?"

Ich gab einen genervten Laut von mir und drehte mich um.

Die bösen Worte blieben mir allerdings im Hals stecken, als ich ihn musterte. Nias Augen waren blutunterlaufen und er blinzelte gegen den hellen Morgen an, als hätte er stechende Kopfschmerzen.

Im ersten Moment glaubte ich schon, er wäre erkältet und malte mir bereits aus, was übers Wochenende alles passiert sein könnte. War das der Grund dafür, dass er nicht gekommen war?

Aber dann hob er die Hand und schirmte sein Gesicht gegen die Sonne ab. „Scheisse", murmelte er und mein Mund formte sich zu einer harten Linie.

Nein, das hier war keine Erkältung, das hätte sogar ein Blinder sehen können. Das waren einfach nur zu viele durchgemachte Nächte.

Er versuchte sich an einem Lächeln, aber ich bedachte ihn nur mit einem grimmigen Blick.

Er glaubte doch hoffentlich nicht, dass ich ihm einfach so vergeben würde, obwohl man ihm von weitem ansehen konnte, was er übers Wochenende so getrieben hatte. Das konnte er sich gefälligst sonst wo hinstecken.

Erinnerte er sich überhaupt noch daran, dass wir abgemacht hatten? Ich drehte ihm den Rücken zu und beugte mich über mein Aufgabenblatt.

Als er mich erneut stupste, krampfte sich meine Hand um den Stift, aber ich liess mich nicht beirren und schnappte mir stattdessen meinen Radiergummi, den ich gestern bei meinen anderen Sachen gefunden hatte.

Demonstrativ radierte ich das eben Geschriebene wieder aus und als die Sekunden sich in die Länge zogen, da schien Nia es endlich zu schnallen.

Er verzog sich auf seine Seite und ich tat den Rest der Stunde über so, als gäbe es auf der ganzen Welt nicht Interessanteres als diesen Unterricht.

Dass ich dabei dennoch kaum mitkam, war mir Bestätigung genug: Ich musste mich wieder auf die Dinge besinnen, die wirklich wichtig waren.

Als schliesslich die Glocke erklang, schlug ich mein Buch zu und war zur Tür hinaus, noch ehe ich alles in die Tasche gestopft hatte.

Doch kaum war ich ein paar Schritte weit gekommen, hörte ich eine vertraute Stimme hinter mir. Ich schaute über meine Schulter und sah Nia, der sich durch die Schüler drängte, den Blick auf mich geheftet.

Oh nein! Ich beschleunigte meine Schritte, aber er holte immer weiter auf und schliesslich rannte ich fast schon, um ihn abzuschütteln.

Es fühlte sich beinahe wie ein Déjà-vu an, als ich die Seitentür aufstemmte und Nia schien es ähnlich zu gehen, denn kaum waren wir draussen, brüllte er: „Wieso läufst du ständig vor mir weg?!"

„Gute Frage!" schrie ich zurück, rannte über den Rasen und stoppte schliesslich bei einer Baumgruppe. Keuchend fuhr ich zu ihm herum. „Wieso läufst du mir immer nach!?"

Ich schaute in sein überraschtes Gesicht und da konnte ich nicht länger an mich halten und alles, was ich in den letzten Tagen zurückgehalten hatte, kam in einem Schwall heraus: „Was?! Glaubst du mir ist n-nicht aufgefallen, dass du irgendwie immer genau da bist, wo ich auch gerade bin? Ich habe k-k-k-keine Ahnung, was du damit erreichen willst, a-aber ich mache das nicht mehr mit. Also lass es, denn du bringst mich damit ganz d-d-d-d-d-durcheinander!"

Ich hielt inne, weil ich nicht mehr wusste, was ich sonst noch hatte sagen wollen. Sämtliche Worte schienen aus meinem Gehirn gefegt, als ich die Unsicherheit in Nias Augen sah. Es war wie am Freitag, als er mich gefragt hatte, ob ich ihn treffen wollte und ein ungutes Gefühl stieg in mir hoch.

Was, wenn ich mich irrte? Wenn er es gar nicht bewusst getan hatte und ich mich gerade bis auf die Knochen blamierte?

Aber dann trat er näher und sagte zögerlich: „Ich bringe dich durcheinander?"

Heftige Verlegenheit packte mich und plötzlich konnte ich ihm kaum noch in die Augen schauen. Ich befürchtete, dass er sehen könnte, was seine Nähe mit mir machte. Dass ich eigentlich gar nicht so tun wollte, als wäre alles wieder wie vor seiner Zeit hier an der Schule, sondern so wie ... wie Freitagnachmittag.

So, wie es hätte sein können, wenn wir miteinander ausgekommen wären, denn eigentlich hatte ich gar nicht so viel dagegen, dass er mich so verwirrte, wie das bei der Probe der Fall gewesen war.

Ich hatte erstaunlich wenig dagegen und das machte mir Angst und brachte mich dazu, abwehrend die Arme zu verschränken.

„Du weisst genau, was ich damit meine", brachte ich heraus. „Und du gehst mir damit g-g-g-gewaltig auf die Nerven, also h-hör einfach auf!"

Hier ging es nicht um meine Gefühle oder dergleichen. Hier ging es darum, dass er mich gestern sitzengelassen hatte und um alles andere. Auch wenn ich unter seinem fragenden Blick gerade Schwierigkeiten hatte, mich an alles andere zu erinnern.

Ich hätte ihn nun damit konfrontieren sollen, dass ich eine Ewigkeit auf ihn gewartet hatte und er gefälligst etwas dazu sagen sollte, wenn er schon die Frechheit besass, mich zur Rede zu stellen, obwohl er den Fehler gemacht hatte und nicht ich.

Aber noch mehr Peinlichkeiten ertrug ich gerade nicht. Streng genommen konnte er nämlich gar nicht wissen, ob ich überhaupt hier gewesen war. Mir hätte immerhin auch etwas dazwischen gekommen sein können, oder nicht?

Und als er mich so anschaute, als wäre er sich keinerlei Schuld bewusst, da kam mir eine Idee und auf einmal hörte ich mich sagen: „D-das ist auch der Grund, weshalb ich gar nicht erst zum Treffen gekommen bin."

Seine Augen weiteten sich und ich war mehr als nur froh, dass er nicht merkte, wie sehr mir gerade das Herz in die Hosen rutschte. Aber wie sollte er auch? Er konnte nicht wissen, dass ich gerade gelogen hatte und wahrscheinlich schaute er gerade so verdutzt, weil ihm nun wieder eingefallen war, was er übers Wochenende vergessen hatte.

Ich hob eine Augenbraue. „Ich hoffe, du hast nicht zu lange gewartet."

Ja, dachte ich, als sein Gesicht sich verfinsterte. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich den Spiess umdrehen und ihn zu dem machen könnte, den man bemitleiden musste. Aber das geschah ihm nur Recht.

Ausserdem war es mir lieber, er hielt mich für rachsüchtig, als für eine Versagerin und so wie er gerade schaute, dachte er auf keinen Fall etwas Nettes über mich.

Und da der Schaden bereits angerichtet war, hielt ich mich nicht mehr zurück. „Es scheint g-ganz so, als wäre diese Erfahrung einmal nötig gewesen, d-d-d-d-damit du merkst, wie das ist, wenn man es mit unb-b-berechenbaren Menschen zu tun hat und nie weiss, woran man gerade ist."

Ich glaubte, ich hätte mich dagegen gewappnet, aber sein mörderischer Blick zwang mich dennoch beinahe in die Knie und ich musste mich sehr zusammenreissen, als er mir gefährlich nahe kam.

„Du glaubst, ich wüsste nicht wie das ist, Nia? Du glaubst, ausgerechnet ich hätte keine Ahnung, was das mit einem macht, wenn–" Ein schmerzvoller Ausdruck glitt über seine Züge, doch er verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war.

Dann sagte er: „Nach allem, was du mir das letzte Mal vorgeworfen hast, hätte ich nicht gedacht, dass du ein Mensch mit zwei Gesichtern bist."

Meine Kinnlade kippte nach unten.

„Ich soll zwei Gesichter haben? Sag mal, b-bist du verrückt?"

Er lachte, aber da war nichts als dunkler Zorn in seinen Augen. „Du bist genau so wie alle anderen", sagte er und seine Stimme schnitt direkt durch mich hindurch. „Du willst wissen, woran du bei mir bist? Ist das der Grund, weshalb du mich die ganze Zeit anschaust?"

Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ihm das aufgefallen war und ich wollte mich wehren, aber es gab nichts, das ich hätte sagen können, denn es stimmte ja.

Trotzdem zog sich alles in mir zusammen, als er leise sagte: „Was denn? Du dachtest doch hoffentlich nicht, du wärst die einzige gute Beobachterin hier?"

In unserem Streit waren wir immer näher zusammengetreten. Mein Atem ging schwer und ich spürte wie mir das Herz bis in die Kehle schlug, als wir uns musterten.

„Nichts an mir geht dich irgendetwas an", sagte er leise.

„Glaub mir", quetschte ich zwischen den Zähnen hervor. „Ich w-will nichts mehr, als dass du dich von mir fernhältst. Ich habe das Hin und Her satt und nur damit d-d-d-d-"

Ich verfluchte mein Stottern mit allem, was in mir lag und dass ein kleiner Teil von mir dabei innehielt und Notiz davon nahm, dass Nia meine Sprechpause auch mitten in unserem Streit nicht ausnutzte, brachte mich an den Rand des Erträglichen.

„Nur damit das klar ist", brachte ich schliesslich heraus und es fiel mir schwer diese zweite Lüge über die Lippen zu bringen. „Du bist der l-l-letzte Mensch, mit dem ich irgendetwas zu tun haben will!"

„Ist das so", raunte er.

Ich schluckte. „Ja, das ist so."

Ich wartete darauf, dass er mir mehr Raum geben würde, aber keiner von uns bewegte sich.

Seine Augen wanderten über mein Gesicht und blieben für einen Moment an meinem Mund hängen, was mir die Schamesröte ins Gesicht trieb. Besonders, weil ich mich selbst nicht dazu bringen konnte, meinen Blick abzuwenden.

Die Stille zog sich in die Länge, während wir beide auf etwas zu warten schienen, aber dann sagte er: „Ich verstehe."

In seinen Augen lag eine ungewohnte Kälte, als er zurücktrat. „Entschuldige das Missverständnis. So wie es scheint, habe ich mich daneben benommen und das hier verdient. Ich werde dich nicht noch einmal belästigen."

Und damit ging er davon.

***

Den ganzen Tag über wichen wir einander aus.

Er verbrachte seine Pausen auf dem Hof, ich in meinen Nischen und nach dem Unterricht blieb ich im Schulzimmer sitzen, bis ich sicher sein konnte, dass er verschwunden war.

Am nächsten Tag wirkte er noch immer verschlossen und man hätte meinen können, dass er sich wenigstens ein bisschen abgeregt hätte, aber als ich am Morgen an meinen Spind kam, schlug er seinen zu und verschwand im nächsten Schulzimmer.

Ich packte meine Tasche um, damit beschäftigt gegen meine schlechte Stimmung anzukommen, aber es wollte mir nicht so ganz gelingen.

Ich fühlte mich eigenartig blossgestellt von dem, was er zu mir gesagt hatte, ärgerte mich aber auch über mich selbst, weil ich nicht die Wahrheit gesagt hatte.

Okay, die Wahrheit vielleicht nicht, aber ich hätte die Klappe halten sollen. Ich wollte doch eigentlich nur, dass er mich nicht für erbärmlich hielte.

Und was jetzt? Würden wir nun gar nicht mehr miteinander sprechen? Wie ernst war es ihm damit gewesen, dass er mich nicht mehr belästigen wollte?

Und wieso wühlte mich das so sehr auf?

Ich dachte darüber nach, wie verletzt er für einen Moment ausgesehen hatte und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.

Er hatte etwas gesagt, das mich den ganzen Abend über noch beschäftigt hatte und dazu brachte, mich erneut in meine Pläne zu vertiefen. Etwas dazu, wie ausgerechnet er nicht wissen sollte, wie das war wenn ... ich schüttelte den Kopf.

Ich wollte es nicht wissen.

Ich sollte mich ganz einfach fernhalten.

Aber es hatte mich dennoch den ganzen Abend über nicht losgelassen und dass ich mich deshalb mehrmals dabei erwischte, wie ich nach der Schachtel mit den Farben greifen wollte, machte die Sache ungleich schlimmer.

Was mich aber wirklich mitnahm, war die Tatsache, dass Nia auch heute so aussah, als hätte man ihn durch die Mangel gedreht.

Hatte ich mit meiner Theorie über die durchgemachten Nächte danebengelegen? Hätte ich ein bisschen nachsichtiger sein sollen?

Ich schüttelte den Kopf. Egal, was hier los war, Nia hatte kein Recht mich so anzugiften.

Er war schliesslich nicht das Opfer hier, auch wenn ich so tun musste, als wüsste ich das nicht.

Und so hielt ich ebenfalls an meinem Ärger fest und ging ihm aus dem Weg, wo ich nur konnte. Als ich gegen Mittag in eine meiner Nischen kroch, war meine Laune immer noch im Keller und ich zog gerade meine Kopfhörer hervor, als ich auf einmal angesprochen wurde.

„Hey Antonia."

Erstaunt schaute ich auf und erblickte Oliver, der mit einem schüchternen Lächeln vor mir stand. Er trug ein hellgrünes Shirt, das ein bisschen grell wirkte, bei seiner hellen Haut, mich aber direkt dazu brachte, sein Lächeln zu erwidern, weil es mich an den Schirm erinnerte. Er mochte wohl knallige Farben.

„H-hey."

Er druckte ein wenig herum, aber schliesslich sagte er: „Hättest du vielleicht Lust, naja ... äh, vielleicht nachher in der Mensa zusammen zu essen?"

Oh.

Bisher hatte ich die Mensa immer gemieden, weil ich nicht alleine an einem grossen Tisch sitzen oder mich zu Leuten dazugesellen wollte, die mir dann die ganze Zeit über komische Seitenblicke zuwarfen.

Natürlich wäre das mit Oliver nicht so gewesen, aber ich wusste nicht, ob ich mich damit wohlfühlen würde, mitten im Getümmel ein Gespräch mit ihm zu führen.

Ich hätte gerne eine Minute darüber nachgedacht, aber mein langes Schweigen schien Oliver zu verunsichern und so beeilte ich mich zu nicken.

Er grinste breit.

„Alles klar, dann sehen wir uns nachher unten?"

Ich nickte erneut und schaute ihm nach, wie er zwischen den anderen Schülern verschwand. Ich sass noch eine Minute unschlüssig herum, aber dann straffte ich die Schultern und rutschte von meinem Sitzplatz.

Etwas Gesellschaft würde mir wahrscheinlich guttun und ich hatte mir schliesslich vorgenommen, offener zu werden.

Also schloss ich meine Tasche weg, schnappte mir meine bisher noch unbenutzte, aber geladene Karte für die Mensa und ging nach unten. Der Lärm schlug mir schon von weitem entgegen und als ich die Halle betrat, musste ich so einigen Leuten ausweichen, bevor ich mich in die Schlange bei der Auswahl stellen konnte.

Ich bezahlte mein Brötchen und versuchte mit ruhigen Atemzügen gegen meine Nervosität anzukommen. War das hier eine blöde Idee gewesen? Würde Oliver mich dazu drängen, mit ihm zu reden? Ich wollte schon fast wieder gehen, aber dann entdeckte ich Olivers rote Haare in der Menge und riss mich zusammen.

Mein Lächeln fühlte sich verkrampft an, als ich mich ihm gegenüber niederliess und ich wusste nicht, ob ich froh darüber sein sollte, dass wir alleine am Tisch sassen. Oliver grinste verlegen, als er meinen Blick auf die leeren Stühle bemerkte.

„Meine Freunde sitzen da drüben", sagte er und ein Mädchen winkte mir zu, während die zwei Typen nebendran freundlich nickten. „Ich wusste nicht, ob es dir etwas ausmachen würde, bei ihnen zu sitzen und naja, sie wollten dich auch nicht gleich überfallen", fuhr er fort. „Sie können manchmal ganz schön schräg sein."

Seine Rücksicht berührte mich, auch wenn es wahrscheinlich einfacher für mich gewesen wäre, wenn sie alle sich unterhalten hätten und ich nicht die ganze Zeit über reden müsste. Aber wie sich schon bald herausstellte, war meine Sorge unbegründet, denn Oliver hatte auch so kein Problem damit, die Konversation alleine zu tragen.

Er erzählte mir so viel über sich und seine Interessen, dass mir bald der Kopf schwirrte und ich ziemlich froh war, dass ich nur zu nicken brauchte. Als das Gespräch dann doch noch ins Stocken kam, fasste ich mir allerdings ein Herz und sagte: „I-ich habe g-g-g-g-g-g-gehört, du magst M-M-M-M-Modellflugzeuge?"

Oliver strahlte übers ganze Gesicht und dann verfiel er in einen langen Monolog über die verschiedenen Modelltypen und welche er schon in seiner Sammlung hatte, oder noch hinzufügen wollte.

Ich gab mir Mühe, ihm zuzuhören, aber er schien es nicht gewohnt zu sein, mit Laien über das Thema zu sprechen und so flogen mir bald Worte um die Ohren, wie 6-Achsen-Kreiselsystem und Multi Balancer Board, so dass ich nicht mehr hinterherkam.

Ich hätte vielleicht sogar den Mut gehabt ihn zu fragen, was das alles war, wenn ich eine Gelegenheit dazu bekommen hätte, aber immerhin konnte ich ihm so einfach lauschen und musste mich nicht anstrengen.

Er hob gerade dazu an, von der Flughöhenbegrenzung zu den verschiedenen Gewichtsklassen überzugehen, als plötzlich ein lauter Schrei durch die Halle ging.

„Was soll das?", erklang eine schrille Stimme und sämtliche Gespräche um uns herum erstarben, als sich alle nach den Tischen in der Mitte umdrehten, bei denen sich eben ein Mädchen vor einem Typen aufgebaut hatte, offensichtlich entschlossen dazu, eine Szene zu machen.

Ich rollte mit den Augen, als ich erkannte, wer da vor ihr stand.

Janine aus der 12. war schon seit seinem ersten Tag hier hinter Nia her und wie es schien, gab es wohl Ärger im Paradies, denn nun kreischte sie: „Wieso tust du mir das an? Du hast gesagt, dass du mich magst und jetzt gehst du mit Gina aus?!"

Ich zog eine Grimasse, denn Janines Worte klangen mir ein bisschen zu sehr nach meiner eigenen Situation und obwohl es bei uns nie um ein Date gegangen war, wäre ich lieber nackt über den Schulhof gelaufen, als vor allen Schülern zuzugeben, dass ich eine von den vielen war, die er an der Nase herumführte.

Janine hingegen schien es nicht zu stören, dass mittlerweile die ganze Schule darüber Bescheid wusste.

„Ich kann nicht fassen, dass du so einer bist!", sagte sie mit weinerlicher Stimme. „Und dann hast du nicht mal den Anstand mir das selbst zu sagen! Ich habe dich unzählige Male angerufen und du hebst nicht ein einziges Mal ab, du Arsch!"

Die Umstehenden beäugten Janine mitleidig, doch nicht wenige davon wirkten auch ein bisschen schadenfroh.

Insbesondere die Mädchen aus den höheren Stufen, die sich wahrscheinlich die Hälfte der Zeit das Maul darüber zerrissen, wie sie einem jüngeren Schüler nachstieg.

„Ich weiss nicht wovon du sprichst", sagte Nia und versuchte wohl angemessen zerknirscht auszusehen, aber es verfehlte seine Wirkung.

„Du hast gesagt, du würdest mit mir ausgehen!", erinnerte Janine ihn. „Wieso behauptest du jetzt, dass das nicht stimmt? Rebekka hat es auch gehört!"

Sie klang, als ob sie uns beweisen müsste, dass sie sich das nicht alles ausgedacht hatte und von ihren Freundinnen bei einer Lüge erwischt worden war, die sie nun nicht mehr zurücknehmen konnte.

Sie zerrte eines der Mädchen am Ärmel heran, aber das schüttelte nur überfordert den Kopf.

Nia rieb sich über den Nacken, als hätte er tatsächlich keine Ahnung mehr, wovon sie sprach und das machte alles noch schlimmer.

„Sorry, Anne."

Ein ungläubiges Murmeln ging durch die Umstehenden und ich sog zischend die Luft ein. Ach du Scheisse. Janine starrte ihn mit tellergrossen Augen an.

„Ich heisse Janine!", heulte sie.

Und dann holt sie aus und verpasste Nia eine schallende Ohrfeige. 

Sein Kopf flog zur Seite und ich sah, wie er mit aufgerissenen Augen zu Boden starrte, während das Geräusch im Raum nachzuhallen schien.

Totenstille herrschte in den Sekunden danach. Keiner traute sich auch nur zu flüstern und ich starrte auf das Szenario, die Hand vor den Mund gepresst.

Erst als Nia sich wieder zu ihr umdrehte und sie mit ausdruckslosem Gesicht anstarrte, kam wieder Leben in den Raum.

Die Umstehenden begannen zu tuscheln und Janines wütendes Gesicht wich einer schuldbewussten Miene.

„Oh Gott ...", hauchte sie. Ihre Unterlippe zitterte verdächtig, doch bevor sie eine Entschuldigung herausbringen konnte, hob Nia die Hand.

„Schon gut", sagt er mit rauer Stimme.

Dann drehte er sich um und schob sich durch die Menge.

„Das ... das wollte ich nicht", kam es von Janine, aber da wurde sie schon von ihren Freundinnen mitgezogen und aus der Mensa bugsiert, worauf auch die letzten Schüler sich aus ihrer Schockstarre lösten und kaum waren alle Beteiligten weg, gingen lautstarke Gespräche los.

Oliver gab ein abschätziges Geräusch von sich und sagte irgendetwas, aber ich hörte gar nicht richtig zu. Hatte niemand bemerkt, wie weiss Nias Gesicht geworden war?

Es mochte ihm nicht gut gehen, aber der Schlag hatte ziemlich gesessen und es war für mich fast so, als wäre ich mitschuldig daran, weil ich mich direkt danach ein bisschen gerächt gefühlt hatte.

Natürlich hatte es irgendwann soweit kommen müssen, das stand ausser Frage. Aber dass Nia sich an einem Stuhl festgehalten hatte ... war das keinem aufgefallen?

Ehe ich darüber nachdenken konnte, erhob ich mich und ging mit grossen Schritten zum Ausgang.

„Antonia!", hörte ich Oliver nach mir rufen, aber da war ich schon draussen.

Zuerst glaubte ich, Nia wäre bereits fort, aber dann sah ich ihn am Ende des Ganges um die Ecke verschwinden und meine Beine bewegten sich wie von selbst.

Mit etwas Abstand folgte ich ihm in die nächste Etage und durch eine Doppeltür, die in einen abgelegenen Teil der Schule führte.

Alles hier wirkte wie ausgestorben und ich fragte mich, wo er hinwollte und was ich hier überhaupt tat. Aber etwas war komisch, denn Nia ging viel langsamer als sonst. Er hatte eine Hand auf sein Herz gedrückt und schliesslich blieb er untermittelt stehen, um sich an der Wand abzustützen.

Und dann wusste ich auf einmal, weshalb wir hier waren.

Erschrocken zog ich mich in den Eingang eines Schulzimmers zurück, als ich ihn nach Luft ringen hörte.

Mit weiten Augen starrte ich vor mich hin, als das Geräusch den Gang erfüllte. Es klang so furchtbar angestrengt, dass ich richtig Angst bekam.

Hatte er einen Asthmaanfall? Sollte ich rennen und Hilfe holen?

Nein, dachte ich. Nia hatte sich bestimmt nicht umsonst hierher zurückgezogen. Er wollte wahrscheinlich nicht, dass man ihn so sah, sonst wäre er ins Untergeschoss gegangen, wo sich das Krankenzimmer befand.

Aber wusste er überhaupt, wo er da hinmusste?

Ich wäre beinahe doch noch aus meinem Versteck gekommen, um etwas zu tun ... irgendwas, aber gerade als ich es nicht mehr aushielt, wurde es langsam besser und sein Atem ging wieder normal.

Ich spähte vorsichtig um die Ecke und sah, wie Nia sich aufrichtete. Er taumelte den Gang hinunter, stiess die Tür zu einem Waschraum auf und verschwand im Inneren.

Ich wartete ein paar Minuten, doch er kam nicht wieder hinaus und ich haderte mit mir selbst, ob ich nachschauen sollte, wie es ihm ging.

Die Schulglocke nahm mir die Entscheidung allerdings ab und so gab ich nach ein paar weiteren Sekunden schliesslich mit einem tiefen Seufzen auf und machte mich auf den Weg in die nächste Stunde.

Ich kam gerade noch rechtzeitig, obwohl ich ein fieses Seitenstechen verspürte, weil ich vorher noch meine Tasche hatte holen müssen.

Ich redete mir ein, dass Nia ebenfalls in Kürze eintrudeln würde und so stellte ich mich an einen Platz ganz vorne im Chemielabor und versuchte mir nicht zu viele Gedanken zu machen.

Frau Mühlheim teilte bereits die Blätter mit dem heutigen Stoff aus und ich schnappte mir eines und nahm die erst Aufgabe ins Visier. 

Bestimmt hatte sich Nia unterdessen ganz hinten an eine der Stationen gestellt.

Er tuschelte womöglich schon wieder mit seinen Mitschülern, als wäre nichts gewesen. Als hätte er nicht eben noch nach Luft geschnappt ... als wäre er nicht fast zusammengeklappt ... als wäre alles ...

„Wo ist Nia?"

Ein harter Klumpen formte sich in meinem Bauch. Frau Mühlheim blickte fragend in die Runde, aber alle verneinten, dass sie ihn gesehen hatten, so dass sie sich schliesslich einen Eintrag machte und den Unterricht fortsetzte. Ich duckte mich über mein Blatt und sagte mir immer wieder, dass Nia alt genug war, um alleine klarzukommen.

Ausserdem hatte er bestimmt sein Handy mit dabei, also brauchte er meine Hilfe nicht.

Seine Beziehungsprobleme gingen mich nichts an, genauso wenig wie sein sonstiges Leben. Das hatte er gestern deutlich genug gemacht.

Doch als die Minuten verstrichen, nagte das schlechte Gewissen immer stärker an mir, bis ich letztlich nicht mehr konnte.

Ich hob die Hand.

Frau Mühlheim stockte mitten in ihrer Erklärung.

„Nia?", sagte sie.

Ich hatte mich seit Jahren nicht mehr freiwillig gemeldet und ihr ungläubiger Blick sprach Bände.

„Was ist denn?"

„Ich m-m-m-m-müsste mal eben aufs Klo."

„Oh, natürlich." Sie gestikulierte zur Tür. „Natürlich Nia, geh nur."

Unter den Blicken sämtlicher Schüler schlängelte ich mich durch die Reihen und als ich die Tür hinter mir zugezogen hatte, sanken meine Schultern mit einem erleichterten Ausatmen nach unten.

Drinnen hörte ich Frau Mühlheim weiterreden und ich fragte mich für einen Moment, was ich hier eigentlich tat. Aber dann gab ich mir einen Ruck und beeilte mich, die Treppe hinaufzukommen.

Ich ging zu der hellgrauen Tür des Waschraums und streckte vorsichtig den Kopf herein. „Nia? Bist du hier?"

Niemand gab mir Antwort und ich dachte schon, er wäre nach Hause gegangen. Aber dann hörte ich auf einmal Würgegeräusche und meine Augen zuckten zur letzten Kabine.

„Nia?", versuchte ich es nochmal und diesmal klopfte ich. Laut hallte es im Waschraum wider und es wurde augenblicklich still. „Nia? Ich b-b-bin's. Alles okay bei dir? Brauchst du Hilfe?"

Er reagierte nicht auf mich. Erst nach einer weiteren Minute drehte sich der Bolzen und er erschien im Rahmen, blass wie der Tod selbst. Seine Hand war um die Kabinenwand verkrampft, dass die Knöchel weiss hervorstachen und der Schweiss stand ihm auf der Stirn, aber er hielt sich erschreckend gerade.

„Was ist?", sagte er mit heiserer Stimme. „Was tust du hier?"

„Ich ... ich h-hab gehört, dass du dich übergeben musstest", sagte ich und schaute mit grossen Augen zu ihm hoch. Selbst jetzt schlug mein Herz schneller, obwohl der säuerliche Geruch in der Luft mich normalerweise dazu gebracht hätte, mir selbst so schnell wie möglich eine Kloschüssel zu suchen.

Alles wurde davon überlagert, wie sehr ich mir gerade wünschte, er könnte einfach zugeben, wie schlecht es ich ging und sich hinsetzen. Ich hätte ihm zu einem der Bänke im Gang geholfen oder auch nach Hause.

Aber wie es schien, wollte er mich nur loswerden.

„Problem damit?", sagte er und ging an mir vorbei zum Waschbecken. Er schaute mich im Spiegel an, als er sich die Hände wusch.

„D-du siehst grauenvoll aus."

Er schnaubte. „Alles okay."

Er spülte sich den Mund aus und trank ein paar Schlucke Wasser. Es dauerte eine ganze Weile und vielleicht hoffte er, dass ich wieder gehen würde, wenn er nicht mit mir sprach, aber ich blieb genau da, wo ich war.

„Brauchst du was?"

Ich schüttelte den Kopf.

„Dann hau ab."

Ich schüttelte erneut den Kopf. „Es g-g-geht dir offensichtlich Scheisse und ich wollte nur n-n-nachsehen ob du Hilfe brauchst, okay? Hast du Asthma? Oder einen M-Migräneanfall?"

„Nein, wie kommst du auf so einen Müll?"

‚Vielleicht, weil ich dich vorhin fast ersticken gehört habe!', dachte ich, aber ich sagte nichts dergleichen. Es war schon schlimm genug, dass ich ihm hierher nachgelaufen war, nachdem er mir gestern gesagt hatte, dass sein Leben mich nichts anging.

„Hör mal", sagte ich stattdessen „Ich verstehe, dass du sauer bist wegen gestern Morgen, aber–"

„Aber?", sagte er laut. „Es gibt kein Aber! Du hast deutlich genug gemacht, was du von mir denkst. Also hau ab. Ich brauche dich nicht. Ich brauche niemanden und wehe du erzählst das hier herum!"

Ich starrte ihn mit riesengrossen Augen an. Dieser Nia hier war das komplette Gegenteil dessen, wofür ihn der Rest der ganzen Schule hielt und so ganz anders als der Typ, der mit mir gewitzelt hatte und ich fragte mich, ob das hier sein wahres Gesicht war.

Aber etwas in mir wollte das nicht so ganz glauben. Da war so viel Misstrauen in seinen Augen bei seiner Drohung und das brachte mich dazu, meine Abwehrhaltung aufzugeben.

Er zog die Tür auf und ich machte ihm Platz.

„Rufst du zu Hause an?", fragte ich leise, als er sein Handy hervorzog.

„Geht dich nichts an", sagte er. „Hau ab."

Ich blieb unschlüssig stehen.

„Hau ab!"

Ich presst die Lippen zu einem Strich zusammen und dann sagte ich: „Wie du willst."

Doch gerade als ich gehen wollte, liess er auf einmal die Schultern sinken und ein geschlagener Ausdruck wanderte über sein Gesicht.

„Ich brauche meinen Rucksack", sagte er dann. Er wirkte erschöpft und als wäre ich der letzte Mensch auf diesem Planeten, den er gerade um einen Gefallen bitten wollte, aber dann rang er sich offensichtlich durch und fragte: „Kannst du ihn holen?"

Im ersten Moment wollte ich ihm sagen, dass er mich nicht so hätte anschnauzen sollen, wenn er schon meine Hilfe wollte, aber dann dachte ich daran, wie viel diese Bitte ihn gekostet haben musste. Also schluckte ich meinen Stolz hinunter und liess mir von ihm die Zahlenkombination zu seinem Spind geben.

Es war seltsam zu den Unterrichtszeiten in der Schule herumzulaufen. Bestimmt vermisste man mich im Chemielabor bereits und fragte sich, wieso ich so lange brauchte. Ich öffnete den Spind so schnell wie möglich, weil ich befürchtete von einem Lehrer dabei erwischt zu werden. Aber es kam keiner und so schnappte ich mir den Rucksack und war in wenigen Minuten wieder oben.

Nia nahm ihn mir aus der Hand und murmelte zu meiner Überraschung ein leises Danke.

Dann starrte er mich allerdings an und als sich die Stille in die Länge zog, da liess ich die Schultern hängen.

„B-bin schon weg", grummelte ich und ich konnte seinen Blick auf mir spüren, als ich davonging. Hinter der nächsten Ecke hielt ich allerdings an und lehnte mich gegen die Wand. Was war das bitte gewesen? Was sollte das alles?

„Hey", hörte ich da auf einmal Nias Stimme und zuckte zusammen. Aber er sprach gar nicht mit mir, sondern war offensichtlich am Telefon und wahrscheinlich war ihm gar nicht bewusst, wie laut er dabei war. Ich rollte mit den Augen, doch seine nächsten Worte, liessen mich erstaunt blinzeln.

„Ruf hier an und sag, dass es einen Familiennotfall gab oder so ... ja, krank geht auch ... keine Ahnung, Ada, denk dir was aus."

Er seufzte.

„Eine Ohrfeige."

Er ging davon und ich spitzte die Ohren.

Ob das eine Freundin war? Seine Schwester?

„Ich weiss", sagte er. „Offenbar ein Liebesgeständnis, von dem ich nichts wusste ... hör auf zu lachen ... Ada, ich warne dich ... Ja, ich weiss." Er ging die Treppe hinunter und ich hörte ihn sagen: „Kannst du mich abholen? Alles dreht sich ... mmh, sie werden schlimmer."

Und dann war er zu weit weg, als dass ich ihn noch gehört hätte. Aber als ich meinen Kopf gegen die Wand lehnte und an die Decke hinaufstarrte, während ich über das eben Gehörte nachdachte, da setzten sich in meinem Kopf langsam die Puzzleteile zusammen.

Es war keine Migräne und kein Asthma. Aber es war offenbar ein sie. Mit einem Stirnrunzeln dachte ich daran, wie es Nia gegangen war. Er schämte sich offenbar für das, was passiert war und langsam stieg eine Ahnung in mir hoch. Ich kannte diese Symptome von meinen Recherchen zu allen möglichen psychischen Störungen.

Das Gefühl zu ersticken, das Herzrasen, so dass man sich an die Brust fasste, die Übelkeit und der Schwindel. Konnte es sein, dass er ... nein, oder? Der Gedanke kam so unvermittelt und passte so sehr ins Bild, dass es mir wie Schuppen von den Augen fiel.

Nia hatte Panikattacken.

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Da es letzte Woche kein Kapitel gab und ich dann noch die Hälfte meiner Arbeit gelöscht habe, dachte ich mir, mache ich eines, das doppelt so lange ist :)

Einen schönen Sonntag euch allen und danke für die Votes!

xoxo
Kuralie

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