Kapitel 21 [Marcus]
„Marcus! Tisch 7 gehört ganz allein dir", grinste mir meine Mitarbeiterin zu, während sie die Kaffeemaschine anschaltete. Sofort lief ich zu dem Tisch und schmunzelte, als ich Paul, Andreas und Lucy dort sitzen saß. Sie kamen oft in das Café, in welchem ich arbeitete.
Ich begrüßte alle mit einem Handschlag, dann holte ich meinen Notizblock heraus.
„Was darf's für euch sein?", lächelte ich.
„Wir nehmen alle einen Latte Macchiato und teilen uns ein Stück Schokokuchen und ein Stück von diesem tollen Streuselkuchen, den ihr immer habt", grinste Paul. „Und dazu hätten wir gerne fünf Minuten deiner kostbaren Zeit."
Kurz schaute ich mich umher. Es war ziemlich leer, weswegen ich nickte. „Kommt sofort."
Ich begab mich zurück zur Theke, machte den Kaffee und nahm die Kuchen, dann brachte ich alles und setzte mich dazu.
Wir hatten mittlerweile alle unsere Prüfungen durch- und bestanden, Jesse ebenfalls knapp. Nun arbeitete ich in einem netten Café, um mir zusätzlich Geld zu verdienen, unter anderem für meinen Anzug für den Abschlussball, welcher heute stattfinden würde. Ich hatte schon einen Anzug gekauft und fand ihn toll, Jesse hatte ihn selbstverständlich noch nicht gesehen.
„Was gibt's?", wollte ich wissen.
„Jesse gibt's." Andreas schaute mich an und kurz wurde ich etwas panisch. Hatten sie ihn irgendwo gesehen, wie er mich betrogen hatte?
Es fiel mir schwer, Jesse voll und ganz zu vertrauen, was nicht an ihm lag, sondern an Dele. Es war fast unmöglich nicht daran zu denken, auch wenn ich wusste, dass Jesse mich über alles liebte. Er zeigte es mir oft genug.
„Aha?" Ich trank einen Schluck von Pauls Latte Macchiato, was er mit einem missbilligenden Blick kommentierte.
„Er hat uns gebeten, dir zu sagen, dass er dich heute um 7 abholt und mit dir zum Abschlussball fährt."
„Um 7? Aber das ist doch viel zu früh. Er fängt doch erst um 8 an?", meinte ich verwirrt. „Und hätte er mir das nicht selber gleich sagen können? Außerdem: Er holt mich ab? Er wohnt bei mir!"
„Er ist zu einem Freund gegangen", erklärte Lucy. „Er wollte noch irgendwas mit dir machen und dass wir es dir sagen, anscheinend fand er es so romantischer."
„Sehr romantisch." Ich schmunzelte, da es etwas war, was nur Jesse sich ausdenken können. Sein schiefes Grinsen, während er es meinen Freunden erklärte, hatte ich quasi vor Augen.
„Gut, dann wäre das ja geklärt, ich gehe mal weiter bedienen, wir sehen uns später." Erneut schlug ich mit ihnen ein, bevor ich mich daran machte, die restlichen Gäste zu bedienen.
- -
Um Punkt 7 klingelte es an der Tür. Nervös fuhr ich mir durch die gemachten Haare und warf noch einen Blick in den Spiegel. Unten wurde die Tür von meiner Mutter geöffnet, welche sogleich freudig Jesses Namen sagte. Ich nahm mein Handy und lief dann die Treppen runter. Sobald Jesse die Schritte gehört hatte, blickte er auf.
Wie immer lag so unglaublich viel Liebe und Glück in seinem Blick, diesmal konnte ich aber auch noch etwas anderes erkennen - Stolz?
Mein Freund sah wahrhaftig umwerfend aus. Sein Anzug saß perfekt und betonte seinen muskulösen Körperbau. Nun leckte er sich kurz über die Lippen und streckte eine Hand nach mir aus, welche ich ergriff.
„Hey", flüsterte er sanft.
„Hey", gab ich zurück und er küsste mich sofort.
„Du siehst toll aus." Glücklich musterte er mich, trat dafür einen Schritt zurück.
„Kann ich nur zurückgeben." Ich legte meine Lippen kurz auf seine Wange.
„Sehr schön!" Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Mutter uns die ganze Zeit fotografiert hatte. „Einmal in die Kamera Lächeln bitte!"
Ich legte einen Arm um Jesses Hüfte und er um meine Schulter, dann lächelten wir beide brav.
„Super!", meinte meine Mutter begeistert. „Ich wünsche euch viel Spaß! Wir kommen dann später direkt zur Feier, wir treffen uns dort."
Wusste eigentlich jeder, was Jesse geplant hatte außer ich?
„Okay."
Jesse und ich verließen gemeinsam das Haus.
„Du siehst unfassbar heiß aus", raunte er in mein Ohr, was mir eine Gänsehaut
bescherte. „Lange wirst du das nicht mehr tragen, wenn wir zuhause ankommen."
„Ja, weil ich mir dann meine Schlafsachen anziehen werde", neckte ich ihn.
„Das glaubst auch nur du."
„Was hast du eigentlich geplant?", wollte ich wissen.
„Wirst du sehen."
Wir kamen an seinem Motorrad an, wo ich mich schon draufschwingen wollte, jedoch schüttelte er den Kopf und griff nach meiner Hand.
„Wir laufen."
- -
„Wir sind da", verkündete Jesse stolz und blieb vor einem Haus stehen. Es war ein normales Wohnhaus, nichts besonderes.
„Was wollen wir hier?"
„Das zeige ich dir gerne, wenn du schon so nett fragst." Er trat zur Tür und schloss sie auf. Verwirrt folgte ich ihm rein. Zusammen liefen wir die Treppen bis in den dritten Stock hoch, wo er eine Wohnungstür aufschloss. Langsam bekam ich ein merkwürdiges Gefühl in meinem Bauch.
„Jess, wo sind wir? Wen gehört die Wohnung?"
Der Ältere ignorierte meine Frage komplett und betrat stattdessen einfach die fremde Wohnung, zog mich hinterher. Sie stand leer, komplett leer. Er führte mich durch die einzelnen Räume, bis er im größten Raum stehen blieb.
„Wie findest du die Wohnung?", fragte er dann breit grinsend.
„Schön, wirklich. Gehört sie nem Kumpel von dir?"
„Nein, sie gehört mir...beziehungsweise uns, wenn du das willst." Schüchtern lächelte er mich an und ich riss die Augen auf.
„Was?! Wie meinst du das?"
„Ich habe sie gekauft."
„Mit welchem Geld?", fragte ich verblüfft.
„Ich habe jetzt schon ziemlich lange für so eine Firma gearbeitet neben der Schule und dem Training und relativ viel Geld damit verdient. Immer, als ich gesagt habe, dass ich bei Freunden bin, war ich eigentlich meistens arbeiten."
„Du hast mir verschwiegen, dass du arbeiten gehst?", lachte ich. „Warum?"
„Weil das alles eine Überraschung werden sollte. Deine Eltern sind aber eingeweiht."
„Na danke auch. Ihnen hast du es erzählt?" Ich verschränkte gespielt beleidigt meine Arme.
„Beans", lachte er sanft und zog mich an sich.
„Also gehört die Wohnung dir?", hakte ich nach.
„Ja seit diesem Monat." Jetzt schaute er mich ernst an. „Marcus, ich will, dass du mit mir hier einziehst. Ich will nicht ohne dich umziehen, ich brauche dich bei mir."
„Oh, Jess." Ich legte eine Hand an seine Wange und lächelte. „Natürlich ziehe ich mit dir ein. Ich würde es gar nicht aushalten, dich nicht mehr die ganze Zeit bei mir zu haben."
- -
Jesse ließ sich neben mir auf die Bank nieder und legte einen Arm um mich. Das Buffet war eröffnet, weswegen wir uns natürlich bereits bedient hatten. Ich schaute auf, während ich aß.
„Ich muss dich wegen später vorwarnen. Ich bin der schlechteste Tänzer, den die Welt je gesehen hat, also werden wir beim Partnertanz verkacken."
„Wie du davon ausgehst, dass ich mit dir tanze, süß", zog ich ihn auf.
„Ich bekomme immer meinen Willen und das weißt du auch", gab er nur zurück und fing auch an zu essen.
„Mimimi." Ich streckte ihm die Zunge raus, weswegen er lachte.
Wir aßen auf, bevor die typischen Reden gehalten und irgendwelche von Schülern ausgewählte Awards vergeben wurden. Jesse bekam den Award für ‚die Lehrer werden hoffen, ihn nie wiederzusehen'.
Ich konnte mir ein Lachanfall nicht verkneifen, als Jesse ziemlich beleidigt auf die Bühne gegangen war. Die Lehrer hatten auch gelacht.
Danach wurde Musik angemacht. Während die ersten schon auf die Tanzfläche gingen, darunter auch meine besten Freunde und meine Familie, blieben Jesse und ich noch eine Weile sitzen. Ich hatte meinen Kopf auf seine Schulter gelegt.
„Ich bin irgendwie nicht bereit dafür, das alles hinter mir zu lassen", meinte ich und starrte auf die vielen tanzenden Leute.
„Hm...ich schon. Aber ich werde es irgendwie auch vermissen, dich jeden Tag in der Schule zu sehen."
„Dafür sehen wir uns jeden Tag in unserer Wohnung." Lächelnd schaute ich nun zu ihm und nahm seine Hand, welche auf meinem Oberschenkel lag. Ich konnte es jetzt schon kaum erwarten, mit ihm in unsere eigene Wohnung zu ziehen.
„Das stimmt. Es wird toll werden", versprach er und erwiderte meinen Blick, bevor er seine freie Hand an meine Wange legte. „Ich werde nie genug von dir bekommen, Beans."
„Ich auch nicht von dir, Babe", hauchte ich, bevor ich unsere Lippen zu einem liebevollen Kuss verband.
Als wir uns lösten, erhob ich mich, woraufhin Jesse sofort schmollte.
„Nein, ich dachte, du vergisst es."
„Ein Abschlussball ohne Tanzen, ist doch total langweilig. Nur ein Lied, versprochen."
Aus dem versprochenen Lied wurden ganze zwei Stunden. Jesse hatte sich immer mal wieder was zu trinken geholt, wodurch er lockerer geworden war, jetzt holte er sich gerade auch etwas.
Es wurde ein langsameres Lied angemacht und nach ein paar Sekunden legten sich starke Arme von hinten im meine Hüfte. Lächelnd lehnte ich meinen Kopf an Jesses Schulter und schloss die Augen.
„Woher wusstest du, dass ich es bin und nicht irgendein Perverser?"
„Jesse, ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn du mich von hinten umarmst", schmunzelte
ich. „Das machst du fast jeden Tag."
„Erwischt. Du liebst es, ich liebe es." Er küsste meine Wange, was mich zum Grinsen brachte. Man merkte, dass er etwas angetrunken war.
„Wo du recht hast." Ich drehte mich in seinen Armen um und legte die Hände an seinen Nacken. Wir schaukelten langsam zum Lied, wobei ich ihn die ganze Zeit betrachtete. Er war wirklich einfach nur unglaublich hübsch und heiß. Dieser Anzug machte es noch besser.
Wie hatte ich es geschafft, dass sich jemand wie er in jemanden wie mich verliebte?
Nun beugte sich Jesse zu mir, stoppte aber vor meinen Lippen.
„Ich liebe dich so sehr, Marcus. Das werde ich immer tun. Gott, ich bin so stolz, dich als meinen Freund zu haben."
Und mit diesen Worten küsste er mich.
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