Kapitel 16 [Marcus]
Frustriert schaute ich auf das Armband, welches mir Dele zum Geburtstag geschenkt hatte. So viel zum Thema ‚für immer'. Wie schnell sich solche Sachen ändern konnten...
Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und warf es mit voller Kraft in die Büsche. Ich brauchte Dele nicht, um glücklich zu werden. Es tat zwar weh hintergangen zu werden, aber ich würde es überleben. Wieder liefen mir Tränen über die Wangen.
„Fuck!", rief ich genervt aus. Ich hatte keine Lust mehr zu weinen. Mein Körper fühlte sich ausgelaugt und kraftlos an. Ich sollte wirklich langsam versuchen zu schlafen.
Ich legte mich auf die Bank und zog meine Beine an, starrte dabei auf den Boden. Plötzlich näherten sich Schritte und ein Paar Schuhe kam in mein Sichtfeld. Müde hob ich meinen Blick.
„Marcus? Was machst du hier?" Jesse...
„Das könnte ich dich auch fragen", murmelte ich und setzte mich langsam auf.
„Ich wohne hier, das weißt du. Ich war bei Freunden nach dem Fußballtraining und bin auf dem Weg nach Hause." Er klang besorgt. Ich war nicht bereit für dieses Gespräch, ich wollte noch warten.
„Geh bitte", flüsterte ich schwach und schaute wieder nach unten. Er schien zu zögern, dann seufzte er.
„Was ist los?", wollte der Ältere wissen.
„Plötzlich interessiert es dich, wie es mir geht?" Mein Blick lag erneut auf ihm. Es schwirrten so viele Gedanken in meinem Kopf herum und ich wusste nicht, was ich genau tun sollte. Einerseits wollte ich mich entschuldigen und andererseits einfach nur alleine sein, ihn also von mir stoßen.
Jesse schwieg für eine Weile und ich erwartete, dass er sich umdrehte und ging. Stattdessen starrte er mich nachdenklich an.
„Mich hat es immer interessiert", meinte er dann. Vermutlich hatte ihn das eine Menge Überwindung gekostet oder er hatte so viel Mitleid mit mir, dass er es sagte, obwohl er es nicht so meinte. Mir stiegen wieder Tränen in die Augen und ich schniefte.
„Willst du darüber reden?", fragte er weiter. Ich zuckte mit den Schultern.
„Hat es was mit deinem Freund zu tun?" Auch wenn er sich sicherlich bemühte, neutral zu bleiben, gelang es ihm nicht wirklich. Ich merkte, dass er auf das Thema keine wirkliche Lust hatte. Verständlich, ich auch nicht.
„Ex-Freund", verbesserte ich ihn kleinlaut.
„Also hat es was mit ihm zu tun", stellte Jesse fest und setzte sich neben mich.
„Mehr oder weniger."
„Du musst mit mir reden, Beans. Sonst kann ich dir nicht helfen."
Als er mich mit meinem Spitznamen ansprach, klopfte mein Herz sofort schneller.
„Er hat mich betrogen", packte ich also aus.
„Was ein Arsch. Wenigstens bist du ihn jetzt los, ich mochte ihn nie wirklich."
„Ach was." Ich musste leicht lachen und strich mir ein paar Tränen weg, während ich ihn anschaute. Er grinste.
„Ist das alles?", fragte er, als wir uns wieder gefangen hatten.
„Nein...ich habe dich verloren." Ich warf einen prüfenden Blich auf ihn, um seine Reaktion beobachten zu können. Er starrte auf seine Hände, welche er ineinander gehakt hatte.
„Ich habe dich scheiße behandelt. Ich hätte dir von Dele erzählen sollen und ich hätte nicht so verletzende Dinge sagen sollen. Du hast Recht, wenn du sagst, dass ich nicht besser bin als du - ich bin noch viel schlimmer. Und ich kann es verstehen, wenn du mir nicht verzeihen kannst, aber es tut mir so Leid, Jesse. I-Ich weiß nicht, warum ich dir das angetan habe. Bitte verzeih mir", flehte ich ihn an und er seufzte.
„Wir haben beide scheiße gebaut. Wenn du mir verzeihst, dass ich dich geschlagen und generell terrorisiert habe, verzeihe ich dir auch."
„Natürlich verzeihe ich dir! Ich kann es doch verstehen."
Er lächelte schwach. „Danke übrigens, dass du es niemandem erzählt hast. Meine Eltern hätten mich getötet, wenn sie es erfahren hätten."
Auch wenn er dabei leicht lachte, wusste ich, dass ein Funken Wahrheit in der Aussage steckte.
„Ich weiß und das wollte ich verhindern."
Es war wieder einen Moment still, dann erhob er sich und hielt mir seine Hand hin, welche ich zögerlich ergriff. Er zog mich auf die Beine.
„Was wird das?"
„Ich bringe dich nach Hause, du brauchst dringend Schlaf und zwar in einem Bett und nicht auf einer Bank", meinte er.
„Nein...dann fragt mich meine Familie, warum ich nicht bei Dele bin und ich will es ihnen noch nicht erklären. Ich habe keine Lust auf Mitleid."
„Du kannst dich so glücklich schätzen, dass sie sich um dich sorgen, Marcus. Zu mir kann ich dich nicht mitnehmen, du solltest dort nicht übernachten. Also bringe ich dich zu dir. Wenn du ihnen sagst, dass du heute nicht reden willst, dann werden sie das sicherlich akzeptieren." Er verschränkte unsere Hände und ich schaute darauf. Wie sehr ich diese Seite von Jesse vermisst hatte.
„Okay, okay...dann machen wir das halt so", murmelte ich. Ich war wirklich nicht in der Lage mit ihm zu diskutieren. Vor allem, weil er ja Recht hatte.
Wir liefen schweigend zu mir nach Hause, bis wir vor meiner Haustür standen.
„Danke, Jesse. Für alles, aber vor allem dafür, dass du nicht einfach weitergegangen, sondern stehen geblieben bist", flüsterte ich und schaute ihn an.
„Ich hätte es mir niemals verziehen, wenn ich dich jetzt alleine gelassen hätte." Er ließ langsam meine Hand los und lächelte kurz sanft. Wir blickten uns eine lange Zeit an, während ich mir auf die Lippe biss. Ich wollte nicht, dass er ging. Sollte ich ihn darum bitten zu bleiben?
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich merkte, wie er sich mir langsam näherte. Sein Atem traf auf meine Lippen und ich bekam Gänsehaut. Automatisch atmete ich schneller, meine Augenlider zuckten, bis sie sich schließlich schlossen. Wie ferngesteuert legte ich meine Arme um ihn und küsste ihn sehnsüchtig. Sofort erwiderte er.
Ein unschuldiger Kuss sah definitiv anders aus, wir machten regelrecht vor meiner Haustür rum. Mein Herz klopfte schneller als es jemals bei einen Kuss mit Dele geklopft hatte. Ich fühlte mich unfassbar wohl. Wie konnte ich bloß vergessen, wie gut es sich anfühlte, Jesse zu küssen? Mal abgesehen davon, dass er sowieso ein unfassbar guter Küsser war.
Atemlos löste ich mich von ihm.
„Bitte bleib über Nacht. Ich will jetzt nicht alleine sein", hauchte ich an seine Lippen. Jesse schien sich unsicher zu sein, ob das eine gute Idee war, aber dann nickte er.
„Okay." Ein weiteres Mal küssten wir uns, diesmal jedoch nur kurz. Lächelnd ließ ich von ihm ab und schloss die Tür auf. Leise betraten wir das Haus. Aus dem Wohnzimmer drangen Geräusche.
„Ich sage ihnen kurz Bescheid, dass ich da bin", meinte ich zu Jesse und ging dann ins Wohnzimmer.
„Marcus. Was machst du denn schon wieder hier?", meinte meine Mutter überrascht und stand auf.
„Dele hat mich betrogen und wir haben Schluss gemacht", erklärte ich ihr langsam. „Ich will jetzt nicht darüber reden. Jesse schläft hier, ist das in Ordnung?"
„Ja...Ja klar." Sie umarmte mich fest und ich ließ mich gegen sie fallen. Dann lösten wir uns und ich ging zurück zu Jesse.
„Komm mit." Ich zog ihn an der Hand mit in mein Zimmer, wo ich die Tür hinter uns abschloss. Sein Blick fiel auf meinen Schreibtischstuhl, auf welchem immer noch sein Pulli lag. Ich hatte mich nicht dazu überreden können, ihn zu waschen geschweige denn ihn Jesse zurückzugeben. Ich wurde etwas rot, während er schmunzelte.
„Aha. Du hast ihn immer noch", zog er mich auf.
„Ach, halt doch die Klappe."
„Bring mich doch dazu." Auffordernd grinste er. Natürlich ließ ich mir das nicht zweimal sagen, sondern küsste ihn direkt fordernd. Wir stolperten zu meinem Bett, auf welches ich ihn sanft stieß. Er zog mich mit sich mit, sodass ich auf ihm landete.
Ich fing gar nicht erst an darüber nachzudenken, dass ich mich erst vor ein paar Stunden von Dele getrennt hatte. Ich war endlich dem Mann nah, den ich wirklich liebte. Irgendwie war es doch klar, dass es so enden würde. Ich hätte doch niemals glücklich werden können ohne Jesse, seien wir mal ehrlich. Egal, wen ich an meiner Seite gehabt hätte, wenn es nicht Jesse war, würde ich immer an ihn denken müssen. Da konnte ich mir einreden, was ich wollte. Ich hatte Dele geliebt, das hatte ich wirklich, aber Jesse war derjenige, der mich nachts wach gehalten und mich so verrückt gemacht hatte. Meine Welt drehte sich nur um ihn.
Apropos Jesse...er küsste jetzt Sanft meinen Hals, stellte sicher, dass ein Knutschfleck zurückbleiben würde. Gleichzeitig fuhren seine Hände unter meinen Pulli. Ich ließ es zu, dass er ihn auszog. In seinem Blick lag so viel Begehren, dass ich erschauderte. Noch nie hatte ich diesen Ausdruck bei ihm gesehen. Nicht einmal, als wir gedatet hatten.
Sanft fuhr er meinen Körper entlang und ich bekam eine Gänsehaut. Dann lehnte er sich zu mir, um mich zu küssen.
Wie man es sicher erwarten konnte, führte das eine zum anderen und wir schliefen miteinander. Dabei war er so unfassbar liebevoll und vorsichtig, sodass ich mich geliebter fühlte als je zuvor. Nie wieder würde ich ihn gehen lassen. Ab sofort passte ich auf, dass er bei mir blieb.
Gott Jesse...du stellst mein ganzes Leben auf den Kopf.
Ich glaube, das ist mein Lieblingskapitel der Fanfiction...
das war's mit der Lesenacht, danke für's dabei sein :)
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