Chapter 96

Mein erstes Bonfire im Kreise meiner Familie fühlte sich absolut magisch an, doch noch bevor ich dieses glückliche Gefühl von Zusammenhalt ganz in mir aufnehmen konnte, war es schon wieder vorbei. Nik und Hayley konnten nicht hier bleiben und damit die Aufmerksamkeit aus New Orleans auf uns lenken, und Rebekah hatte beschlossen, mit ihnen zu gehen, um den Deal unserer Mutter anzunehmen. Esther würde ihr einen menschlichen Körper geben und wir würden sie während dieses Zaubers mit Kols Hilfe töten. Ich hielt diesen Plan für viel zu riskant, aber auf mich hörte natürlich mal wieder niemand.

Und so war ich nicht wirklich überrascht, als der Plan nur zur Hälfte funktionierte. Unsere Geschwister schafften es tatsächlich, Esther in einen Vampir zu verwandeln, um sie für immer von ihrer Magie abzuschneiden, was ich persönlich für einen großen Erfolg hielt, aber Rebekahs Schicksal sah weniger rosig aus. Kol hatte versucht, ihre Seele in den Körper einer alleinstehenden Hexe zu schicken, aber das hatte nicht funktioniert und seitdem wurde unsere Schwester vermisst. Zwei Tage lang versuchte ich, irgendwie Rebekah mit einem Lokalisierungszauber aufzuspüren, aber entweder ich fand nur ihren leblosen Körper oder gar nichts. Es war zum verrückt werden. Bis mich eines Nachts eine Nummer anrief, die ich noch nie zuvor gesehen hatte.

"Malina, bist du das?", fragte eine Stimme am anderen Ende aufgeregt, die ich jedoch nicht zuordnen konnte.

"Wer will das wissen?", fragte ich misstrauisch.

"Ich bin's, Rebekah", antwortete sie und ich atmete erleichtert auf. Also war ihre Seele doch nicht irgendwo verloren gegangen, sondern nur im falschen Körper gelandet.

"Wo bist du? Was ist passiert?"

"Dieser miese Lügner Kol hat mich in den Körper einer Hexe gesteckt, die in einem Irrenhaus für magisch Verrückte gefangen war. Wenn ich unseren Bruder in die Finger kriege...", beschwerte sie sich und räumte so jeden Zweifel aus dem Weg, dass es sich bei ihr nicht um meine Schwester handeln könnte. Dann atmete sie aber einmal tief durch, um sich zu beruhigen. "Aber deshalb rufe ich nicht an. Es ist etwas passiert, Mal. Du solltest nach New Orleans kommen, sofort."

"Was? Wieso?"

"Ich bin aus diesem Irrenhaus nur gerade eben so rausgekommen. Mit der Hilfe einer anderen Hexe. Sie war in einen Sarg eingesperrt, als ich angekommen bin, und hat darin geschlafen. Als sie aufgewacht ist, hat sie mich ein paar Tage beobachtet und dann offenbar beschlossen, dass ich es wert bin, gerettet zu werden. Sie war unfassbar mächtig, stärker als ich je zuvor eine Hexe gesehen habe. Sie hat sich mir vorgestellt, als wir draußen waren, und ist dann verschwunden."

Meine Hände zitterten, während ich eine Vermutung bekam, was Rebekah mir sagen wollte. Aber nein, das war absolut unmöglich. Das konnte nicht sein, diese Hoffnung durfte ich gar nicht erst zulassen, nicht für einen einzigen Moment. Doch Rebekahs nächste Worte erreichten mich dennoch und berührten etwas tief in meinem Inneren, das ich seit Jahrhunderten in mir verborgen gehalten hatte.

"Sie hat gesagt, ihr Name sei Freya. Es war unsere Schwester, Malina. Ich weiß nicht, wie das sein kann, aber Freya lebt."

Die nächsten Minuten und Stunden zogen an mir vorbei wie in einem Traum. Ich weckte Kat und erzählte ihr in zusammenhanglosen Sätzen, was passiert war, bis sie verstand, und wir brachen noch in der Nacht auf. Wir erreichten New Orleans am frühen Morgen und ich versuchte mich an einem Lokalisierungszauber, der mir jedoch keine Ergebnisse brachte. Das überraschte mich jedoch eher weniger, denn wenn es wirklich Freya war, wäre sie deutlich mächtiger als ich und sie würde sich bestimmt nicht einfach so finden lassen. Den ganzen Tag fuhren Kat und ich durch New Orleans, bis ich irgendwann eine Nachricht von Elijah bekam.

Er war von Finn angegriffen worden und hatte ihn umgebracht. Hope war zum Glück nichts geschehen, und sie würde morgen schon pünktlich zur Hochzeit ihrer Mutter zurück nach New Orleans kommen. Jetzt, wo unser schlimmster Feind von ihr Bescheid wusste, hatte es keinen Sinn mehr, sie verstecken zu wollen, und sie war hier am sichersten.

"Du siehst unglücklich aus", bemerkte Kat plötzlich leise und blickte mir in die Augen. "Was ist los?"

Ich legte mein Handy weg und seufzte leise auf, bevor ich ihr von Elijahs Nachricht erzählte. "Dass Finn Elijah überhaupt gefunden hat, kann nur eines bedeuten", endete ich. "Er hatte Hilfe einer anderen Hexe. Er selbst ist nicht stark genug, um meinen Verhüllungszauber zu durchbrechen. Es gibt nur eine einzige Hexe, die das kann, und die bereit dazu wäre, ausgerechnet Finn zu helfen."

"Freya", antwortete Kat und ich nickte bestätigend.

"Ja. Sie ist tatsächlich noch am Leben. Oder wieder am Leben, wer weiß das schon so genau."

"Aber das ist doch etwas Gutes... oder nicht?"

"Ja, natürlich ist das gut, das ist fantastisch. Ich liebe sie mit meinem ganzen Herzen, ich habe ihren Tod nie überwinden können... Aber wenn sie Finn geholfen hat, dann heißt das, dass auch ihr klar ist, dass Dahlia Hope suchen und finden wird. Auch sie kann spüren, dass Hope noch lebt. Was bedeutet, dass sie höchstwahrscheinlich auch mich spürt. Sie weiß, dass ich am Leben bin, Kat. Und dennoch ist sie nicht hier, um nach mir zu suchen. Was ist, wenn sie nichts mit mir zu tun haben will?"

"Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Wieso sollte sie? Du hast Jahrhunderte deines Lebens geopfert, um an ihrer Seite bleiben zu können. Nach allem, was du mir von ihr erzählt hast, standet ihr euch unglaublich nahe. Sie wird dich ebenso geliebt haben wie du sie liebst. Wenn sie sich jetzt also wirklich bewusst dafür entschieden hat, sich nicht von dir finden zu lassen, dann wird das mit Sicherheit einen Grund haben."

"Und was machen wir jetzt?", fragte ich seufzend. "Ich weiß nicht, wo ich sie noch suchen soll, wenn sie nicht gefunden werden will. Meine Schwester ist am Leben, aber ich habe dennoch keine Idee, wie ich mit ihr reden kann."

"Mach dir keine Sorgen, Mal. Wenn Freya hier wirklich irgendwo ist und spürt, dass du da bist, wird sie mit Sicherheit früher oder später bei dir auftauchen, davon bin ich überzeugt. Das einzige, das wir jetzt machen können, ist, unser Leben hier so normal wie möglich weiterzuleben. Wir gehen zu Hayleys Hochzeit morgen, und dann warten wir ab, bis sich deine Schwester bei dir meldet, in Ordnung? Wir werden bestimmt nicht lange warten müssen."

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