Chapter 87
Das Gewitter wurde immer schlimmer, während wir auf den Friedhof gingen. Marcel trug Davina auf den Armen und ich hielt Kats Hand fest umklammert. Auch meine Geschwister und Hayley waren da und blickten unwohl dabei zu, wie Marcel Davina zu Sophie trug.
Vor ihr lagen die drei toten Körper der anderen Erntemädchen, alle mit einer aufgeschnittenen Kehle und sie hielt bereits ihren Dolch ins Feuer. Als Marcel Davina in die Mitte ihrer toten Freundinnen stellte und dann unter großer Anstrengung einige Schritte zurücktrat, hielt ich Kats Hand noch ein wenig fester. Teilweise, um sie davon abzuhalten, auf Sophie zuzurennen, und teilweise, weil ich mich selbst davon abhalten musste, das Ritual zu unterbrechen.
"Hast du Vertrauen in die Ernte?", ertönte Sophies Stimme über den Friedhof.
Ihre Stimme zitterte, doch Davinas Antwort klang ganz klar. "Das habe ich."
Das waren ihre letzten Worte, bevor Sophie in einer Bewegung ihren Dolch hob und Davinas Kehle aufschlitzte. Unwillkürlich legte ich meinen Arm um Kat, als Davina leblos zu Boden fiel und zeitgleich der Regen und der Sturm schlagartig aufhörten. Man konnte förmlich dabei zusehen, wie die Magie aus Davinas Körper zurück in die Erde floss.
Zitternd standen Kat und ich eng beieinander und das lag nicht daran, dass wir bis auf die Knochen durchnässt waren. Mit fester Stimme sprach Sophie die Worte des Rituals, bis sie zu der Stelle kam, an der sie die vier Mädchen zurückholen sollte.
Ihre Worte verklangen auf dem Friedhof und ich blickte wie alle anderen gebannt auf die vier Mädchen. Aber keines von ihnen regte sich. Wieder sprach Sophie die Worte, die die Mädchen zurückholen sollten, flehte ihre Ahnen an, die Kinder zurückzubringen, aber noch bevor sie in Schluchzen ausbrach, wurde mir klar, dass es keine Wiederauferstehung geben würde. Das Ritual hatte nicht funktioniert. Davina war tot.
Lautlos flossen Tränen über meine Wangen, während ich am Rande spürte, wie meine Geschwister näher zu mir traten. Marcel war bereits verschwunden, voller Wut, und kurzzeitig dachte ich darüber nach, ihm zu folgen. Einfach nur, um einen Streit mit ihm anzufangen und meine Gefühle irgendwo rauslassen zu können. Das einzige, das mich davon abhielt, war Kat neben mir und Elijahs warme Hand an meiner Schulter.
"Es tut mir leid, Malina", meinte er sanft, seine Stimme voller Bedauern. "Ich habe wirklich geglaubt, dass es funktionieren würde."
"Ich wollte es auch glauben", brachte ich leise hervor und versuchte, mein Schluchzen irgendwie zu unterdrücken.
"Wieso hat es nicht funktioniert?", fragte Katherine neben mir kaum hörbar. "Lag es daran, dass Sophie keine Älteste war? Hätten wir es verhindern können, wenn Agnes nicht gestorben wäre?"
"Nein, Sophie war Älteste", antwortete Elijah ruhig. "Wir haben dafür gesorgt, mit einem Ritual, bei dem sie die Knochen unserer Mutter geweiht hat. Es hat funktioniert. Ich weiß nicht, warum das Ernteritual trotzdem nicht funktioniert hat. Vielleicht war das Ritual einfach nicht dazu gedacht, so lange Zeit unterbrochen zu werden."
Bei diesen Worten drehte ich mich schwungvoll zu meinen Geschwistern um. Ich konnte nicht glauben, dass er das gerade wirklich gesagt hatte. "Sophie hat die Knochen unserer Mutter? Wer zur Hölle hat das denn beschlossen?"
"Wir alle", antwortete Rebekah mir, hatte aber zumindest den Anstand, mich schuldbewusst anzusehen. "Sophie brauchte die Überreste einer mächtigen Hexe, die noch nie vergraben wurde. Also haben wir sie auf einem Grundstück beerdigt, dass offiziell Niks und Hayleys Baby gehört. Tut mir leid, dass du nicht dabei sein konntest, aber du warst gerade bei... du warst gerade beschäftigt."
So sehr ich meiner Schwester auch dankbar war, dass sie Davinas Namen nicht aussprach, starrte ich sie doch nur ungläubig an. "Es könnte mir nicht egaler sein, wo unsere Mutter begraben liegt oder wann ihr sie beerdigt habt. Ich habe kein großes Bedürfnis, an ihrem Grab um sie zu trauern. Aber wie konntet ihr auf die dämliche Idee kommen, sie ausgerechnet den Hexen zu geben?"
"Was hätten wir denn sonst tun sollen? Das war unsere einzige Möglichkeit, dieses Ritual überhaupt durchzuführen", erwiderte Elijah.
"Ich war auch zuerst dagegen, Malina", fügte Rebekah leise hinzu. "Aber Elijah hat recht. Wir hatten keine Wahl."
Leise seufzte ich auf und fuhr mit einer Hand durch meine nassen Haare. "Von mir aus... Ich wäre trotzdem gerne gefragt worden, bevor ihr riskiert, dass ausgerechnet unsere Mutter bei diesen psychopathischen Hexen landet. Aber darum können wir uns wohl auch immer noch kümmern, falls sie es irgendwann schaffen wird, wieder zurück ins Leben zu kommen. Wenn das passiert, kann ich ja immer noch wütend auf euch sein, dass ihr das riskiert habt."
"Ich glaube nicht, dass es so weit kommen wird", antwortete Elijah diplomatisch.
"Und wenn unsere Mutter doch wieder aufersteht, habe ich kein Problem damit, sie auch noch ein zweites Mal zu töten", fügte Niklaus hinzu.
Seine Worte beruhigten mich tatsächlich ein wenig, aber dann seufzte ich leise auf. "Wir können uns ja sprechen, falls es soweit kommt", meinte ich. "Und bis dahin wisst ihr ja, wo ihr Kat und mich finden könnt. Wir werden die nächste Zeit wohl eh damit verbringen, zu trauern und herauszufinden, was zur Hölle bei diesem Ritual schief gelaufen ist. Und wen auch immer dafür verantwortlich ist umzubringen."
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