Chapter 78

Nachdem ich mich von Davina verabschiedet hatte, machte ich mich auf den Weg zurück nach Hause. Doch bevor ich auch nur nach unten in die Kirche gehen konnte, schlug mir schon der Geruch von Blut entgegen. Neugierig folgte ich dem Geruch die Treppe nach unten und musterte die Situation vor mir.

Auf dem Boden lagen vier Leichen, darunter eine, die ich zumindest vom Sehen erkannte. Agnes, die letzte Älteste aus Davinas altem Zirkel. Und über diesen Leichen stand - wenig überraschend - mein Bruder Klaus und hinter ihm - etwas überraschender - der Pastor der Kirche. Wobei es mich eigentlich nur überraschte, dass er noch atmete und nicht bei den anderen Menschen am Boden lag.

"Was zur Hölle ist hier denn passiert?", fragte ich, auch wenn es relativ offensichtlich war.

"Unsere liebe Agnes hier hat alles in ihrer Macht Stehende getan, damit Hayley etwas passiert", antwortete mein Bruder mir, als er sich zu mir umdrehte. "Glücklicherweise konnten wir das verhindern, aber ich habe sie dennoch... hergebeten, um ihr ganz freundlich mitzuteilen, dass sie damit zu weit gegangen ist."

Ich atmete erleichtert aus, als Klaus meinte, dass es Hayley und dem Baby gut ging. Davina hatte den Zauber wohl gerade noch zur richtigen Zeit gesprochen. "Ich habe das Gefühl, dass du und ich unter Freundlichkeit etwas anderes verstehen", bemerkte ich schmunzelnd mit einem Blick auf Agnes' toten Körper.

"Oh nein, das war nicht ich. Das war unser geliebter Bruder."

"Elijah war hier?", fragte ich überrascht nach.

"Ja. Er hat mich davon abgehalten, Agnes selbst zu töten. Anscheinend hatte er versprochen, dass ich ihr nichts antun würde. Leider galt das Versprechen wohl nicht für ihn. Und immer halten mich alle für den grausamen Bruder." Sein Blick fiel auf die Leichen und ging dann zu dem Pastor. "Sie sollten hier saubermachen, Pater Kieran", bemerkte er nur und bedeutete mir dann, ihm nach draußen zu folgen.

"Du manipulierst ihn nicht?", fragte ich leise, während wir die Kirche verließen.

"Nein, er wird nichts sagen. Er selbst hatte auch eine Vergangenheit mit Agnes und hatte nicht gerade etwas dagegen, dass sie sterben sollte. Wenigstens darum müssen wir uns keine Gedanken machen", antwortete mein Bruder und musterte mich kurz. "Wir haben uns seit Marcels Party nicht mehr gesehen. Geht es dir gut?"

Unwillkürlich lächelte ich ein wenig bei dieser Frage. "Pass auf, es klingt noch so, als ob du dir Sorgen machst", bemerkte ich grinsend. "Ja, mir geht es gut. Ihr wart ja in den letzten Wochen ziemlich beschäftigt und ich hatte das Gefühl, dass ihr auch ohne meine Hilfe ganz gut zurechtkommt, deshalb habe ich mich etwas zurückgehalten und mich darauf konzentriert, hier eigene Kontakte zu knüpfen. Katherine hat in New Orleans nicht besonders viele Informanten, also sind wir in letzter Zeit hauptsächlich damit beschäftigt, hier ein neues Netzwerk aufzubauen. So wissen wir wenigstens, wenn die Hexen, oder Marcel, oder sonst irgendwer etwas gegen uns plant."

"Das ist gut", antwortete Klaus und ich vermutete, dass das auch alles sein würde, was er an Dankbarkeit ausdrücken würde. Das war mir aber auch egal, ich tat das alles schließlich nicht nur für ihn, sondern hauptsächlich für dieses Kind. "Kommst du noch mit mir ins Anwesen?"

"Danke für die Einladung, aber nein. Ich habe Kat schon lange genug warten lassen."

"In Ordnung, dann sehen wir uns vermutlich das nächste Mal, wenn wieder irgendwelche Hexen abgeschlachtet werden", antwortete mein Bruder und ich musste auch ein wenig grinsen.

"In dieser Stadt werden wir vermutlich nicht lange darauf warten müssen", erwiderte ich und bog dann ab, um zurück nach Hause zu gehen.

Doch auch als ich einige Stunden später in Kats Armen auf unserem Sofa lag und wir uns alte Folgen von Keeping Up with the Kardashians ansahen, dachte ich immer noch über Davina nach und darüber, dass es doch irgendeine Möglichkeit geben musste, ihr ziemlich ätzendes Leben etwas besser zu machen.

"Du bist mit deinen Gedanken ganz woanders", bemerkte Kat irgendwann leise und schaltete den Fernseher aus. "Sag schon, was ist los?"

"Ach, es ist nur Davina", antwortete ich seufzend. "Ich habe Mitleid mit ihr. Sie ist noch so jung und musste schon so viel durchmachen. Und sie hat niemanden, dem sie sich wirklich anvertrauen kann."

"Ich dachte, sie hätte Marcel?"

"Ja, sie hat Marcel. Er tut alles, damit sie in Sicherheit vor den Hexen ist, das ist offensichtlich, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er noch nicht ein einziges Mal wirklich mit ihr darüber geredet hat, was passiert ist. Ich meine, ich kann es verstehen, er weiß wahrscheinlich nicht wirklich, was ein Teenager in so einer Situation braucht, ich selbst wüsste es ja auch nicht, aber trotzdem tut sie mir irgendwie leid."

"Sie erinnert dich an dich selbst", stellte Katherine leise fest und erst als sie das aussprach, bemerkte ich, dass sie damit recht hatte. "Ihr wurdet beide von eurer Familie verraten und hattet danach niemanden mehr."

"Das ist nicht ganz wahr, ich hatte ja noch Freya... Aber ja, wahrscheinlich hast du recht. Sie erinnert mich an mich... Und an dich. Du warst nicht sehr viel älter als sie, als Klaus dich bei seinem dämlichen Ritual opfern wollte und du geflohen bist. Du hast das alles ganz alleine geschafft, und... wahrscheinlich habe ich noch nie wirklich darüber nachgedacht, wie schwer das für dich gewesen sein muss."

"Es war schwer", stimmte Kat leise zu und strich dabei unbewusst über meine Haare. "Ich habe mir oft gewünscht, dass ich irgendjemanden hätte, dem ich vertrauen könnte. Der mir helfen würde, ohne dass ich Angst haben müsste, an Klaus ausgeliefert zu werden. Bei mir hat es über fünfhundert Jahre gedauert, bis ich so jemanden gefunden habe, aber vielleicht können wir beide dafür sorgen, dass Davina nicht so lange warten muss."

Lächelnd küsste ich Kat kurz, als mir klar wurde, dass sie damit mich meinte. Sie hatte recht, wir haben beide lange gebraucht, um jemanden zu finden, dem wir unser Vertrauen schenken konnten, aber letztendlich hatten wir uns gefunden. "Danke."

"Heißt das, dass du mir Davina vorstellen wirst?", fragte Kat leicht lächelnd. "Ich würde sie nur zu gerne einmal kennenlernen."

"Sie wird sicher nicht begeistert sein, aber das war sie bei mir auch nicht, bis sie gemerkt hat, dass ich ihr wirklich helfen will. Beim nächsten Mal gehen wir zusammen zu ihr. Vielleicht können wir ihr ja wirklich helfen."

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