Chapter 50
Die Sonne brach bereits durch die Bäume, als ich es das nächste Mal schaffte, meine Augen zu öffnen. Ich hatte bereits seit einigen Stunden aufgehört zu weinen, als ob in mir einfach keine Tränen mehr übrig waren, aber dennoch schaffte ich es nicht, aufzustehen. Ich lag einfach nur da, auf dem kalten Waldboden und blickte starr in den Himmel. Es schien ein schöner Tag zu werden. Irgendwie machte mich das nur noch unglücklicher. Es wäre passender gewesen, wenn es den ganzen Tag geregnet hätte. Aber die Welt drehte sich einfach weiter, als wäre nichts passiert.
"Malina!", hörte ich plötzlich eine panische Stimme, die ich sofort Katherine zuordnete. Langsam drehte ich meinen Kopf zu ihr um, während sie auf mich zu rannte. "Gott sei dank, du lebst noch", meinte sie erleichtert und kniete sich neben mich. Am Rande bemerkte ich, dass sie noch immer die gleichen Klamotten wie gestern trug. Hatte sie etwa die ganze Nacht nicht geschlafen?
"Natürlich lebe ich noch. Ich habe vielleicht ein paar psychische Probleme, aber Selbstmordgedanken gehören nicht dazu", antwortete ich und überlegte, ob ich mich aufrichten sollte, ließ es dann aber doch sein. Aufstehen hatte ja doch keinen Sinn.
"Das meinte ich nicht", erwiderte Katherine und musterte mich genau. "Hast du deine Gefühle noch an?"
"Ja, habe ich. Ich habe zwischenzeitlich mal darüber nachgedacht, sie auszuschalten, aber das bringt mir Finn auch nicht zurück. Oder Mikael. Oder Freya. Ich bin die einzige, die sie alle noch in positiver Erinnerung hat, da wäre es nicht fair, wenn ich einfach aufgebe."
Ich erwartete einen spöttischen Kommentar von Katherine, aber zu meiner Überraschung legte sie sich stumm neben mich und blickte auch in den Himmel. "Du hast also die ganze Nacht hier gelegen und nur in den Himmel gestarrt?"
"Könnte man so sagen, ja", gab ich zu und seufzte leise. "Wieso bist du hier?"
"Würdest du mir glauben, wenn ich sage, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe?", antwortete Katherine mit einer Gegenfrage.
Einige Sekunden zögerte ich, nickte dann aber. "Wahrscheinlich ist das dumm von mir, aber ja, ich würde dir glauben. Du schienst wirklich besorgt zu sein, als du mich gesehen hast. Ich verstehe nur nicht, warum. Du dachtest, ich wäre tot, oder? Warum dachtest du das?"
"Kurz nachdem... du gegangen bist, habe ich noch eine Nachricht bekommen. Nicht von Troy, sondern jemand anderem. Sage ist gestorben. Sie wurde nicht umgebracht, sondern ist einfach so tot umgefallen. Und Troy genauso. Die gesamte Blutlinie von... deinem Bruder ist heute Nacht auf mysteriöse Weise gestorben. Und ich wusste nicht, von welcher Blutlinie du abstammst, deshalb habe ich dich gesucht."
Mir war klar, dass Katherine sich nicht wirklich Sorgen um mich gemacht hatte, sondern eher darum, dass sie ihren besten Schutz gegen Klaus verliert, aber trotzdem erwärmten ihre Worte mein totes Herz. "Das ist überraschend aufmerksam von dir", bemerkte ich und seufzte leise. "Wie hast du mich überhaupt gefunden?" Nicht einmal ich wusste, wo genau ich gerade war, ich war einfach nur so lange gelaufen, bis ich keinen Menschen mehr in der Umgebung wahrnehmen konnte.
"Nachdem ich ein paar Stunden ziellos durch den Wald gelaufen bin, ist mir eingefallen, dass du noch dein Handy bei dir hattest. Also habe ich einen Gefallen von einem alten Freund bei der Polizei eingefordert und dein Handy orten lassen."
Überrascht drehte ich meinen Kopf zu Katherine um, als sie das sagte. "So etwas kann man machen?"
"Ja, zumindest wenn man die richtigen Leute kennt. Deshalb wechsle ich auch so häufig meine Handynummer und sorge dafür, dass die meisten meine Nummer gar nicht erst kennen. Für den Fall, dass Klaus auch irgendwann einfällt, dass er die moderne Technik auf seiner Jagd nach mir einsetzen könnte."
"Ahh, das macht Sinn. Auch wenn ich nicht glaube, dass Klaus schon einmal auf so eine Idee gekommen ist. Ich glaube, er mag die Jagd."
"Da hast du recht, ansonsten hätte er mich niemals gehen lassen, als Damon von einem Werwolf gebissen wurde."
"Weißt du, von welcher Blutlinie du abstammst?", fragte ich Katherine, um das Thema zu wechseln. Finns war es ja offensichtlich nicht gewesen, ansonsten würden wir dieses Gespräch nicht führen. Aber das war eine ziemlich wichtige Information, vor allem wenn man bedachte, dass die Salvatores wohl weiter versuchen würden, meine Geschwister umzubringen.
"Nein, leider nicht. Ich wurde damals von Rose verwandelt, du hast sie ja noch kennengelernt, und ich weiß, dass Rose von einer Mary Porter verwandelt wurde, aber da hört es bei mir auch auf. Und leider habe ich keine Ahnung, wo die sich aufhält, also werde ich es wohl auch nicht mehr herausfinden." Leise seufzte sie auf und drehte dann ihren Kopf zu mir um. "Was ist mit dir, weißt du es?"
"Nein, ich habe gar keine Ahnung. Ich kenne nicht mal den Namen von dem Vampir, dessen Blut ich damals getrunken habe. Und er hat mich auch nicht wirklich freiwillig verwandelt. Ich habe mir sein Blut genommen und ihn direkt umgebracht, damit er Dahlia nichts erzählen konnte. Da war ich wohl ein wenig vorschnell."
Katherines leises Lachen durchbrach die Stille. "Tja, so etwas passiert. Wahrscheinlich wäre es bei dir eh egal, von welcher Blutlinie du abstammst. Ich schätze mal, dass du eh nicht willst, dass auch nur einer deiner Geschwister stirbt, also ist es egal, welchen von ihnen du besonders schützen solltest."
"Da hast du wohl recht. Ich habe jetzt zwar auch schon ein paar Mal versucht, Klaus umzubringen, aber mittlerweile will ich das nicht mehr." Einige Sekunden schwieg ich, bis mir ein Gedanke kam. "Aber es würde mich trotzdem interessieren, von welcher Linie ich abstamme. Und es gibt auch eine Möglichkeit, genau das herauszufinden. Kennst du zufällig eine Hexe, die bereit wäre, einen kleinen Zauber für uns zu sprechen?"
Überrascht richtete Katherine sich auf und musterte mich. "Du kennst einen Zauber dafür?", fragte sie überrascht nach.
"Ja, ich habe vor ein paar Monaten ein Grimoire von meiner Mutter bekommen und darin habe ich etwas gelesen, was funktionieren sollte. Man müsste den Zauber natürlich noch anpassen, aber das kriege ich ohne Probleme hin. Ich war in meinem Leben lange genug Hexe, um das zu schaffen."
"Das ist beeindruckend", antwortete Katherine und ich war überrascht davon, dass ihre Stimme dabei nicht so ironisch klang, wie ich es erwartet hätte. Langsam stand sie auf und streckte mir ihre Hand entgegen, um mir aufzuhelfen. "Bist du schon wieder bereit, zurück unter die Lebenden zu gehen?"
Einige Sekunden zögerte ich und blickte zu der Doppelgängerin auf. Die Antwort darauf war ein klares Nein. Aber ich wusste, dass ich dazu eh nie mehr bereit sein würde, zumindest nicht mehr in diesem Jahrhundert. Doch es hatte auch keinen Sinn, ewig hier rumzuliegen und auszutrocknen, also griff ich wortlos nach Katherines Hand, ließ mir von ihr aufhelfen, und ging mit ihr zurück nach Hause.
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