40. Modenschau mit Überraschungsmodel
Harry
Mein Handy vibrierte ohne Pause in meiner Hosentasche. Louis textete mich zu. Über Memes, zu Kurzgeschichten, zu schlichtweg sinnfreien Spam war alles dabei.
Zuerst hatte ich überlegt, mein Handy stumm zu schalten. Aber das ständige Wissen, dass Louis an mich dachte, war erleichternd.
Es missfiel ihm, dass ich hier war. Es missfiel ihm, dass die ganze Welt mich mit Taylor sehen würde. Und es missfiel ihm, dass ich nicht bei ihm war.
„Fühlst du dich unwohl?", flüsterte Taylor mir in Ohr. Wir saßen im Zuschauerbereich, um uns herum Bekannte und Menschen der gleichen Gehaltsklasse.
Vorhin hatte ich Jonny Depp gesehen, aber auch Leonardo de Cabrio und Katy Perry. Ob einer von denen überhaupt im Ansatz Ahnung von dem hatte, was sie hier machten? Wenn nicht, dann würde es ihnen wie mir gehen.
„Ja, es fühlt sich so gestellt an. Ich bin nicht aufgeregt oder so, es ist lediglich... beklemmend."
„Du fühlst dich so, weil es gestellt ist. Mehr als die Hälfte jener, die du hier gesehen hast, sind aus PR Gründen hier Harry." Taylor lächelte mich an und strich meinen Oberarm trösten auf und ab.
„Sie sehen trotzdem aus, als hätten sie Spaß", murmelte ich mit einem umschauenden Blick.
„Haben Sie auch. Es war nicht ihre Idee, hier her zu kommen. Mit der Zeit lernt man, die Zeit trotzdem zu nutzen. Ich freue mich zum Beispiel, weil ich weiß, dass Selena in wenigen Minuten auftauchen und sich zu mir setzen wird." Sie deutete auf den freien Platz neben sich.
„Worauf kann ich mich freuen?" Missmutig starte ich auf den Laufsteg. Wir saßen in der ersten Reihe. Die Liveübertragung der Modenschau schien schon begonnen zu haben. Ein Kamerateam und ein Reporter hatten schon angefangen, den Saal und seine Besucher unter Augenschein zu nehmen. Jedes Mal, wenn ich das Gefühl hatte, die Kameras würden sich auf Taylor und mich richten, spannte ich mich automatisch an.
„Darauf von der Person begrüßt zu werden, die dich die ganze Zeit zutextet. Ich hab das Gefühl, die freut sich auch nicht über dieses PR Ding hier."
Und ohne es verhindern zu können, lächelte ich. Weil Louis auf mich wartete und darauf, dass ich nach Hause kommen würde. Mein Louis. Er wartete.
„Louis." Ich blickte Taylor zaghaft an.
„Überrascht mich nicht." Sie grinste breit.
„Plötzlich war es einfach Louis."
„So ist das meistens mit der Liebe... Ich sinke jetzt nicht auf seiner Ansehenskala oder?"
„Da wäre ich mir nichts so sicher." Ich zog mein Handy aus der Hosentasche. Es hatte vor knapp einer Minute mit Vibrieren aufgehört. Nicht, dass Louis einen Fingerkrampf vom vielen Tippen bekommen hat.
Können wir Sex haben, wenn du zuhause bist?
Mit aufgerissenen Augen, starte ich auf die Nachricht. Heilige Scheiße.
„Bitte nicht erregt sein Harry. Ich kann nicht gebrauchen, dass die Medien mich als Luder darstellen, dass ihren möglichen Freund in der Öffentlichkeit verführt. Nicht, dass es auch nur irgendeiner Kamera was anginge."
Schnell tippte ich ein Bin dabei an Louis zurück, ehe ich das Handy zurücksteckte. Als ich aufsah, fiel mein Blick auf... Eleanor. Sie stand in einer Ecke des Saales, direkt neben einer Tür und winkte mich zu sich.
„Ich bin gleich wieder da Tay." Die junge Künstlerin bekam einen Kuss auf die Wange, ehe ich zu Louis' inoffizieller Ex ging.
Mein Herzschlag wurde schneller, je weniger Platz zwischen ihr und mir war.
„Hey Harry." Ihre Stimme klang rau, ihr Haar war merkwürdig an ihr Kopf gegelt. Mit Schnörkel und Ecken. Da hat sich aber wer große Mühe gegeben.
„Hey Eleanor, was machst du hier?" Ich bemühte mich, ihr mein Unmut nicht zu zeigen. Eleanor war kein schlechter Mensch, sogar genug das Gegenteil, doch wenn ich sie ansah, sah ich den weinenden Louis. Die Trennung der beiden war gut. Für El, für Lou, für mich und wahrscheinlich auch für jeden anderen, der etwas mit den beiden zutun gehabt hatte. Aber Louis hatte wegen El geweint. Wegen der Trennung. Hin oder Her, ob es nur kurz war. Sah ich Eleanor, sah ich den verletzten Louis. Das war nicht logisch, aber Gefühle waren nun mal nicht rational.
„Ich trete hier heute auf. Mein erster Modeljob." Innerlich ging mir ein Licht auf. Das erklärte die merkwürdige Frisur und jetzt wo ich darauf achtete ergab auch ihr langer Mantel, der den Körper verdeckte, auf einmal Sinn.
„Herzlichen Glückwunsch." Ich gab mir Mühe meiner Stimme Wärme zu geben, klappte nur halb.
„Danke."
Einen Moment schwiegen wir. Ich starrte auf ihre Schuhe. Schwarzes Leder war noch nie so interessant.
„Du musst um Louis kämpfen. Er liebt dich so sehr. Ihr seid Seelenverwandte, das denke ich wirklich. Louis hat Angst und ist verwirrt- er ist eben Lou. Bei ihm muss immer alles kompliziert sein, stimmt doch? Also kämpf einfach um ihn."
Nachdenklich musterte ich Eleanor. Ihr standen Tränen in den Augen und ihre Stimme zitterte. Durfte sie überhaupt weinen, wenn sie Maskara drauf hatte?
Ein schlechtes Gewissen breitete sich in mir aus. Louis machte nichts kompliziert. Er schien total darin aufzugehen, was auch immer wir waren. War es so schwer gewesen für Eleanor, Zugang zu Louis zu finden?
„Ich schätze dich sehr Eleanor. Danke." Ich musste die Gefühle nicht mehr in meine Worte zwingen. Sie waren von ganz alleine da. Eine merkwürdige Form von Zuneigung.
„Ich-" sie räusperte sich. „Also gerne. Wie sagt man so schön? Eine Seele trennt man nicht in zwei? Ich muss los." Sie verdeckte ihr Gesicht hinter ihrer Hand, während sie mit der anderen die Tür öffnete.
„Viel Glück Eleanor."
„Danke Harry."
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