36. Feuer
Louis
Mit einem Lächeln nahm ich das kleine Paket an, welches mir der total überforderte Postbote in die Hand drückte. Der war es normaler Weise wohl nicht gewöhnt, an abgelegenen Orten seine Arbeit zu verrichten. Bevor er mich jedoch auf meine Person ansprechen konnte, schloss ich mit einem dankbaren Nicken die Tür.
Der Karton in meiner Hand war nicht groß. Natürlich nicht. Der Inhalt war mickrig, aber schweineteuer. Keine Ahnung, was Harry daran fand.
Ich hüpfte die Treppe in unser Zimmer hoch. Vielleicht war es gar nicht schlecht, dass sein Geschenk ausgerechnet heute kam. Gestern wurden wir vom Management zu Lena gerufen, um Harrys Video aufzunehmen.
Zayn, Niall, Liam und ich äußerten uns ebenfalls und mussten erzählen, wie es Harry mit dem Hass ginge. Und mein bester Freund musste seine Zeilen aufsagen, die er wohl zugleich hasste, wie auch fühlte. Die Tränen in seinen Augen waren echt, selbst wenn sie von Modest! gefordert wurden. Seit dem das Video im Kasten war, wandelte Harry nur noch leblos durch die Gegend. Seit gestern Mittag hatte keine Gefühlsregung sein Gesicht verändert. Wir kamen nach Hause, er hatte sich hingelegt und da war er vierundzwanzig Stunden später noch immer.
„Ich hab was für dich." Bemüht gut gelaunt hüpfte ich zu ihm aufs Bett. Dabei rutschte ich direkt auf seine Hüfte und saß anschließend auf ihn. Aus glasigen Augen sah er zu mir. „Ich habs vorgestern bestellt. Es wird dir gefallen. Willst du es sehen"?"
Er nickte schwach, sagte aber nichts. Langsam richtete er sich auf. Dabei rutschte ich von seinem Bauch weiter runter und plötzlich befand sich mein Arsch erstaunlich nah an seinem Intimbereich. Denk nicht darüber nach Louis. Nicht daran denken... wiederholte ich für mich, bis ich Harrys auffordernden Blick spürte.
Schnell reichte ich ihm das Päckchen.
„Du hast den Nagellack geholt", stellte Harry wenige Sekunden später murmelnd fest.
„Jep." Ich lächelte glücklich, als seine Mundwinkel zuckten.
Er sah ihn sich an, ließ ihn in seiner Hand kreisen und schien dabei ganz weit weg. „Er hat dieselbe Farbe, wie deine Augen."
Mein Herzschlag stoppte. Harry müsse vorsichtig mit seinen Aussagen sein, wenn er nicht wolle, dass sie in naher Zukunft noch der Grund für einen Herzstillstand meinerseits sein würden.
„Was?", krächzte ich und starte ihn mit großen Augen an.
Der Lockenkopf hob das Fläschchen direkt vor mein Gesicht. „Die Farbe des Nagellacks ähnelt der deiner Augen. Als ich ihn an der Interviewerin gesehen habe, war das mein einziger Gedanke. Ich liebe die Farben deiner Augen Boo."
Meine Wangen erhitzen. Mein ganzes Gesicht stand in Flammen.
Wo Harry gerade noch leblos gewirkt hatte, schien seine Stimmung nun besser. Freute er sich über mein Geschenk oder darüber, dass er mich in Verlegenheit brachte? Wahrscheinlich beides ein bisschen.
„Harry...", nörgelte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Gott war das peinlich und... warm. So warm. Mein Innerstes schien zu explodieren und mein Bauch kribbelte. Intensiv und berauschend.
„Ja?" Sein Schmunzeln schwang in seiner Stimme mit. Gott wie ich ihn liebte. Als Freund. Als besten Freund. Und vielleicht auch etwas mehr. Aber nur vielleicht, wenn ich mal drüber nachdenken würde.
Jetzt fehlte mir Eleanor. Und war es nicht unfair direkt jemanden Neues zu haben, wenn doch mit ihr gerade erst Schluss war? Wobei ich sie auf diese Art nicht vermisste. Nicht als feste Freundin. Der erste Tag ohne sie war schwer, aber bereits gestern Nachmittag und heute ging es mir besser. Ich hatte Schuldgefühle, natürlich, aber ich trauerte ihr nicht hinterher. Wäre trotzdem unfair. Total. Und deswegen dachte ich noch nicht darüber nach. Zu kompliziert. Zu viele Konsequenten. Noch war ich nicht bereit. Aber bald. Bestimmt bald. Harry war toll.
„Ich mag deine Augen auch." Weil sie unglaublich schön waren. Intensives Grasgrün oder Smaragdgrün oder einfach Harrygrün. Ich beobachtete ihn durch meine Finger. Harrys intensiver Blick durchbohrte den Meinen.
„Du machst mich verrückt Louis." Er seufzte theatralisch.
Bitte was? Ich ihn? Wer kam denn zuerst mit ‚Deine Augen sind schön' um die Ecke? Ich nicht. Also wenn schon machte er mich verrückt. Doch ich hatte keine Zeit meine Gedanken mitzuteilen, weil ich plötzlich gepackt und aufs Bett geschmissen wurde. Harry beugte sich über mich, seine Hände wanderten zu meiner Seite und kitzelten mich. Wo war denn der Nagellack plötzlich hin?
Mein lautes Lachen erfüllte den Raum. „Hazzie. Stopp." Tränen rollten über meine Wangen. Atemlos schlug ich nach ihm, doch zur Antwort kam nur sein Kichern.
Sein Gesicht war über mir, unsere Blicke fanden sich, seine Hände ruhten an Ort und Stelle. Fünf Zentimeter, wenn überhaupt, trennten uns. Ich wünschte ihn näher und mich doch weg. Weil es gefährlich war und gegen alle Regeln. Und gleichzeitig hatte sich Nähe zu einer anderen Person noch nie so richtig angefühlt. Mich nach Lippen zu sehnen, noch nie so schön.
„Hazzie." Meine Hände fanden wie von selbst den Platz in seine Haare. „Mein Hazzie." Seine Locken waren so sanft und weich.
„Nur deiner." Er lächelte nicht, sondern war ernst. Etwas an seiner Art wirkte intim und besonders. Sein Körper umhüllte meinen. Ich fühlte mich klein. Klein und sicher.
Fook, er war so nah. Ein Feuer entbrannte in mir, während mein hektisches Atem nicht mehr dem Kitzeln zuschulden war. Verlangen nach seinen Berührungen und Erinnerungen an die Nacht nach der Aftershowparty blitzten durch meinen Körper. Ich spürte seine Beine an meiner Seite und die Präsens seines Oberkörpers über meinem.
„Wir dürfen das nicht", murmelte ich und zog ihn gleichzeitig näher.
„Wieso?" Er küsste mich sanft auf meine Wange. So nah, so warm und schön.
„Weil-", begann ich. Einen weiteren Kuss bekam ich etwas höher. Sein Atem kitzelte mich. „Eleanor-" Noch einer neben meine Nase. Ich reckte mich ihm entgegen, konnte keinen Gedanken mehr zu ende denken. „Modest-"
Und plötzlich lagen seine Lippen auf meinen.
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