32. Urlaub
Louis
Ein paar Stunden später - es war dunkel draußen - verließen die Jungs unser Haus. Harry und ich blieben alleine zurück. Es war bereits den ganzen Abend schweigsam zwischen uns.
Wir hatten ihn gefeiert. Leise und ohne großes Feuerwerk, wie ich es mir für seine Outingparty gewünscht hätte, denn sein Kater hat es unmöglich gemacht Geräusche, die lauter als das Piepsen einer Maus waren, zu erzeugen. Aber das war okay. Wir redeten miteinander und überquerten eine Distanz, von der nur Harry so richtig gewusst hatte, dass sie da war. Geheimnisse.
Die Jungs wurden eingeweiht. In alle Abartigkeiten des Management. In Harrys Qualen des letzten Jahres. Er war ehrlich. Erzählte ihnen alles. Fast alles. Etwas verschwieg er. Uns.
Es gab kein Uns.
Ich seufzte, als mir die Bedeutung des kleinen Wortes bewusst wurde. Ich stand alleine im Flur. Harry war schon ins Wohnzimmer gegangen. Mein Blick lag auf unseren Schuhen. Auf dem Schrank, der mindestens so groß war, wie ich und gefüllt mit Harrys Sneaker. Und mit meinen zwei Vanspaaren. Harrys waren ordentlich aufgereiht, in den Regalen. Meine hatte er scheinbar im Laufe des Tages dazugestellt. Wie er es immer machte. Vorher lagen sie quer im Flur herum. Das war Harry. Passte auf mich und meine sieben Sachen auf. Zerstörte brutal mein Chaos. Bei ihm war es okay. Weil es so gehörte. Hatte meine Mutter mich damals angeschimpft, ich solle doch Ordnung in meinem Zimmer halten, war das anders gewesen. Nicht okay. Harry machte es okay. Harry machte alles okay. Selbst aufräumen.
Ich kniete mich hin und verschob den perfektionistisch, gerade hingestellten Van ein Stück. Damit niemand vergaß, dass ich hier auch lebte.
„Kommst du Boo?" Komisch, ungewohnt. Ich sah Harry nicht und fühlte doch seine Befreiung. Und Stolz. Mein Stolz auf ihn. Komisch. Ich war nicht nur stolz. Etwas bedrückte mich. Ich setzte ein Lächeln auf und eilte zu meinem besten Freund. Er stand in unserem Wohnzimmer am Fenster und schaute nach draußen auf unseren Garten. Er war nicht schön. Harry kümmerte sich um ihn, wenn er Zeit hatte, was nicht oft war. Doch heute sah er anders aus. Weil Harry in der letzten Woche eben doch Zeit gehabt hatte. Ich war nicht hier, um sie zu beschlagnahmen. Ich hatte ihn allein gelassen.
Eleanor und ich waren zusammen. Ich mochte sie. Aber ich liebte sie nicht. Vielleicht, aber nur ganz vielleicht, wurde es Zeit ehrlich zu sein. Mit mir und mit ihr. So wie Harry heute ehrlich zu unseren Freunden war. Ich müsste Schluss machen. Weil mit jemanden zusammen zu sein, den man nicht liebte, falsch war. Sehr falsch. Überaus falsch.
„Hazzie?"
„Ja Boo?" Ich umarmte Harry von hinten.
Weil ich Nähe wollte und brauchte. „Ich bin stolz auf dich. Du hast es geschafft. Du verdienst es so sehr."
Harry legte seine großen Hände über meine Kleinen. „Danke."
Xx
Am nächsten Tag musste Harry zu Lena. Nicht zu ihr nach Hause. Sondern in einen der offiziellen Sitze von Modest!. Das hieß, auch die großen Tiere würden heute persönlich anwesend sein. Ich wollte mit rein, doch Wachmänner hielten mich vor dem Gebäude auf.
Also saß ich jetzt in einer schattigen Ecke einer Eisdiele, ein Cap tief ins Gesicht gezogen, während ich auf Eleanor wartete. Ich hatte hier geschrieben, nachdem Harry hinter der Tür verschwunden war. Noch immer haderte ich mit mir. Irgendwas an dem gestrigen Tag hatte mir gezeigt, dass ich diese Beziehung nicht weiterführen konnte.
Gestern hatte ich das erste Mal gefühlt, was Harry wohl immer meinte, wenn er sagte er wäre zufrieden. Es schien alles perfekt zu sein. Oberflächig. Aber eben nicht innerlich. Harry mit diesen Typen auf den Bildern zu sehen (Twitter und Instagram Benachrichtigungen hatte ich inzwischen ausgeschaltet, weil mich die ganzen Markierungen unter den Bildern nervten), hatte mir einen Schlag verpasst. Einen heftigen. Und er hatte mit etwas bewusst gemacht. Doch ich brauchte Zeit. Zeit um darüber nachzudenken.
„Hey." Eleanor lächelte schwach, als sie sich vor mich setzte. Auch sie trug ein Cap. Und einen Pullover, der ihr zu groß war. Oh, das war ja meiner.
„Hey." Ich schluckte hart. Sie war toll. Ich mochte El. Aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich konnte sie nicht im Arm halten, wenn sie es wollte. Ich konnte keinen Arm um sie legen, ohne mich unwohl zu fühlen.
„Wie geht's Harry?"
„Nicht so gut, nehme ich an. Erleichtert, dass unsere Freunde es endlich wissen. Aber alles drum herum ist einfach nur kompliziert und stressend." Ich seufzte und sank tiefer in den Stuhl. Eine Bedienung kam und nahm unsere Bestellung auf.
Wir saßen gegenüber vom Modest!gebäude. Eine Limousine kam vorgefahren und parkte davor. Bodyguard stiegen aus und öffneten einer blonden, großen Frau die Tür. Sie drehte sich kurz so, dass ich ihre Seite sah. Taylor Swift. Was machte sie denn hier? Kurz darauf öffnete man ihr die Türen, sie trat ein.
„Das ist nicht sonderlich überraschend." El lächelte mich an. Sie wirkte bedrückt und hatte Augenringe.
„El, wir müssen reden-", begann ich. Sie unterbrach mich mit einem Kopfschütteln. Mein Herz fühlte sich schwer an.
„Ich weiß, was du sagen willst. Du willst Schluss machen. Will ich auch. Das zwischen dir und mir tut einfach nur noch weh. Aber wir sind auch Freunde. Und deswegen bin ich ehrlich. Jetzt Schluss zu machen, wäre dumm von dir. Zumindest, wenn du es offiziell machst. Weil die Menschen denken, dass du und Harry zusammen aus ward. Das würde es ihnen nur bestätigen." Ich sah <tränen auf ihren Wangen glänzen. Sie sag auf ihren Schoss und begann in ihrem Beutel zu kramen. Meine Kehle schnürte sich zusammen. „Aber ich will dir auch nicht im Weg stehen und du und Harry... ihr gehört einfach zusammen." Sie legte einen Umschlag auf den Tisch. „Ich", sie schluchzte. Noch immer sah sie nicht auf. Bei ihrem Anblick überschwemmte mich das schlechte Gewissen. „Ich hatte das eigentlich für uns geholt. Vor einer ganzen Weile. Wollte dich damit überraschen. Aber jetzt ist es für dich und ihn. Öffne es nicht jetzt."
„El-"
„Nein, sag einfach nichts. Lass mich reden. Ich werde mich darum kümmern, dass es nicht auffällt. Also, dass wir uns trennen. Überlass es mir und sei nicht zu auffällig mit Harry. Ich werde es einen Monat vielleicht durchziehen. Hab genug Bildmaterial von uns, um dich eine Weile zu schützen. Und in dieser Zeit, will ich dich nicht sehen."
Ich wollte etwas sagen. Wollte sie fragen, warum Harry und mich entschuldigen. Aber ich tat nichts von beiden. Ersteres nicht, weil ich den Grund wusste und Zweiteres, weil es die Wunde noch nicht heilen würde, die ich angerichtet hatte. Irgendwann, wenn die Zeit reif war, würde ich es tun. Sie in Arm nehmen, ihr erzählen, wie leid es mit tat. Irgendwann. Aber nicht jetzt. Jetzt war der falsche Zeitpunkt.
„Danke." Erst jetzt merkte ich die Tränen auf meiner Wange. Ich weinte. Weil es schmerzte. Ich griff nach dem Umschlag auf den Tisch. Eleanor nickte mir zu, gerade als die Kellnerin mit unserer Bestellung kam und ging.
Ich beobachtete sie beim Weggehen. Verlor ich gerade meine Freundin oder eine Freundin? Eleanor war mir schon immer wichtig. Aber ich hatte nie ein Feuerwerk im Bauch und hatte sie nie geliebt. Sie brauchte Dinge, die ich ihr nicht geben konnte und ich brauchte einfach jemanden anderes. Mein Blick schweifte zum großen Gebäude. Harry saß gerade in einem der Hunderten Räume und ließ Qualen über sich ergehen.
Ich löffelte mein Eis und dachte nach. Ich brauchte Zeit, um herauszufinden, was ich wollte. Und es war okay. Ich war nicht allein. Egal wohin mein Weg gehen würde, ich würde ihn nie einsam gehen. Ich griff nach dem Umschlag und öffnete ihn.
Zwei Flugtickets und einen Brief.
Lieber Louis,
Wenn du das hier liest sind wir wahrscheinlich schon getrennt. Ursprünglich wollte ich mit dir zur deutschen Ostsee. Weil du während der Arbeit am neuen Album so gestresst warst, dachte ich Urlaub sein romantisch. Nachdem ich Harry und dich das erste Mal zusammen erlebt hatte, wollte ich die Tickets stornieren. Ich glaube ich wusste ab diesem Zeitpunkt unbewusst bereits, dass wir enden würden. Ich schenke euch die Reise. Dir und Harry. Ich habe die Villa Bella in Ahlbeck gemietet. Ihr habt sie für euch alleine. Die Reise geht schon nächste Woche los. Es ist spontan, ja, aber ich mach es nicht nur für dich, sondern auch für mich.
Bist du nicht auf diesem Kontinent, muss ich dich nicht sehen. Alleine der Gedanke an dich tut weh. Gestern wusste ich, dass es endgültig aus sein würde. Etwas an deiner Besorgnis und deiner Reaktion auf Harry hat mir gezeigt, dass du nicht zu mir gehörst und ich nicht zu dir.
Genießt eure Zeit und komm du bitte langsam zum Zug. Gestern sollte dir gezeigt haben, dass Harry nicht ewig auf dich warten wird. Ob ihr nun Seelenverwandte seid oder nicht.
Alles gute
Eleanor.
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Es würde mich brennend interessieren, was ihr zu diesem Kapitel sagt.
Xoxo Joy
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