14. Interviewvorbereitung

Harry

Nicht darüber zu reden, war einfach. Nicht jede Sekunde daran zu denken, schwer. Seit drei Tagen umging ich es, hinter Louis zu stehen, damit mein Blick nicht auf seinen Hintern fiel und mein Kopf sich nicht die Nacht mit ihn ausmalen konnte. Langsam wünschte ich, Louis hätte mir nie vom Sex erzählt. Davon zu wissen, sich aber nicht zu erinnern, quälte mich mit jeder Sekunde mehr.

Ich seufzte, während ich mit geschlossenen Augen auf einem Stuhl in der Garderobe saß. Die anderen Jungs waren hier auch irgendwo und unsere Kosmetikerin - Lou - stand hinter, vor und manchmal neben mir, während sie mein Gesicht für das Interview inszenierte. Gestern wurde das Musikvideo für Live while we're young beendet. Der Dreh war lustig, wie alles mit der Band. Die Patzer waren zum Wegschmeißen. Wir hatten Spaß gehabt und neue Erfahrungen gesammelt. Die letzte Szene, die wir gestern drehten, sprang Louis ins Wasser. Sein blaues Hemd klebte danach an ihm, wie eine zweite Haut und ich wollte es ihm vom Leibe reisen. Diese Gedanken ließen mich noch verrückt werden. Jede Sekunde, die Louis weiter in meinem Kopf war, verlor ich mehr meinen Verstand.

„Kopf gerade Harry", ermahnte mich Lou, während sie meine Locken kämmte. „Wo bist du nur wieder mit deinen Gedanken?"
„Wenn ich das nur wüsste." Ich lächelte die Weißhaarige über den Spiegel schwach an.
„Ist es ein Mensch?"
„Hä?" Verständnislosigkeit machte sich in meinem Gesicht breit. Was war ein Mensch?
„Du Harry, bist ein pubertierender junger Mann. Es kommt vor, dass junge Menschen – nicht alle, aber einige – ihren Kopf voll haben von einer anderen Person. Im fachlichen Sinne nennt man es auch Verliebt sein oder Liminalität."
„Liminawas?"
„Liminalität. Toll oder? Ich liebe es mit Fachbegriffen um mich zu schmeißen."
„Ganz toll Lou- Au!", zischend hob ich meine Hand zu meineem Kopf, wo die Haarstylistin gerade unnötig schmerzhaft an meinen Haaren gezogen hat.
„Lass den ironischen Tonfall junger Mann!"
„Sorry."
„Braves Baby."
Grinsend steckte ich ihr die Zunge raus.

„Also Harry, wer ist in deinem Kopf?"
Sofort wurde ich ernst. „Niemand."
„Ach labre keinen Stuss. Langsam, werde ich ungeduldig. Seit Monaten warte ich darauf, dass du mich endlich einweihst."
„Was?!" Mir entglitten alle Gesichtszüge. Mit offenem Mund und vor Schock weit aufgerissenen Augen sah ich sie durch den Spiegel an.
Sie kicherte belustigt. „Seit es die Band gibt, bin ich für eure Haare und euer Make-up zuständig Harry. Und du und ich sind Freunde. Ich merke es sofort, wenn etwas im Busch ist."
„Ich- Äh. Okay." Meine Wangen färbten sich rot. In mir entwickelte sich das Bedürfnis, den Spiegel einzuschlagen, um mein peinlich berührtes Gesicht nicht mehr sehen zu müssen.
„Erzählst du mir jetzt, um wen es sich handelt."
Ich setzte gerade zu einer Verneinung an, als eben jene Person, gefolgt von dem Rest der Band und unserer Managerin Lena, sowie dem PR-Team, in den Raum spazierten.

„Na ihr", grüßte uns ersterer, kam angehüpft und streckte seine Hand nach meinen Haaren aus. Doch bevor er Lous Werk durcheinander bringen konnte, griff jene ein und verpasste meinem besten Freund einen Klatscher auf seine Hand.
„Beschädigen Sie ihn bitte nicht. Wir benötigen Louis gleich noch kerngesund vor der Kamera", kam es gleich schnippisch von Lena. Sie strich ihr perfekt sitzendes blondes, kurzes Haar zurecht und deutete meinen Bandkollegen dann, sich auf die anderen Stühle im Raum zu setzen.

„Heute ist ein wichtiges Interview. Ihr kündigt offiziell das neue Album Take me home, die bald erscheinende Single und die Tour an. Heute darf nichts schief gehen. Louis und Harry, ihr sitzt getrennt voneinander. Die Ankündigung soll nicht von einem dämlichen Larry Moment zerstört werden. Schaut euch bitte so wenig, wie nur möglich, in die Augen und vergesst am besten gleich, dass der andere auch da ist. Jeglicher Kontakt zwischen euch beiden, könnte das Fandom ins Chaos stürzen." Lena gestikulierte wild mit den Händen, lief hin und her und warf uns zwischendurch immer wieder warnende Blicke zu.
„Wenn sie sich ignorieren, sind die Fans doch auch entsetzt", warf Zayn stirnrunzelnd ein.
„Meine Güte! Dann seid halt einfach normale Freunde. Hauptsache es wird im Nachhinein nicht wieder über mögliche Knutschflecke an Harrys Hals spektakuliert."
Plötzlich ging in meinem Kopf ein Licht auf und mein Blick schoss zu Louis, welcher innerhalb den Moment nach unten auf den Boden starrte. Das Knutschfleckdesaster war ein halbes Jahr her. Lou hatte damals so viel wie möglich versucht abzudecken, doch alles war schlicht unmöglich. An den Macher des Fleckes konnte ich mich damals nicht erinnern. Ich wachte an dem Morgen, nach einer After-Show-Party alleine, nackt in Lous und meinem Bett auf. Mit Kater. Ich erinnerte mich, dass ich mich die ganze Nacht entschuldigte, dass ich es mit einem Fremden in unserem Bett getrieben hatte und Louis scheinbar im Gästezimmer hatte schlafen müssen. Ich entschuldigte mich für mögliche Diebstehle, da der One-Night-Stand offensichtlich schon lange weg gewesen wäre und möglicherweise etwas hatte mitgehen lassen können. Für einen Scheiß hätte ich mich entschuldigen müssen! Ich hatte mich an dem Tag auch noch gewundert, warum mein bester Freund die ganze Zeit humpelte. Und dann präsentierte er den Knutschfleck auch noch rotzfrech der ganzen Welt. Da hatten die Fans wohl doch Recht, als sie meinten Louis wäre stolz auf sein eigenes Werk.

Louis hob seinen Blick und sah zu mir. Ich zog belustigt eine Augenbraue hoch. Plötzlich lag ein freches Grinsen auf seinen Lippen und er wackelte mit den Augenbrauen. Ich brach in Gelächter aus. Das Gespräch, was die anderen bis eben führten verstummte.

„Und genau das macht ihr vor der Kamera bitte nicht", kam es stöhnend von Lena.


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