12. Falsch

Ein paar Stunden, bevor Harry nach Hause kam - Louis

Alles scheiße! Alles richtig scheiße!
Ich wurde seine Hände nicht los. Harrys Hände, die hungrig meinen Körper erkundeten. Das durfte nicht wahr sein. Woher kamen diese Gedanken? Woher kam Harry? Was tat ich hier. Ich kam mir komisch vor. Als würde mein Kopf versuchen mir etwas mitzuteilen. Und währenddessen das Kopfkino in meinem Kopf keine Pause einlegte, was da ein anderer Gedanke. Eine Braunhaarige, die den Kopf eben jenes Kino bat und hoffte, dass sie auch auf die Leinwand durfte. Eleanor.

Welcher gute Freund stellte sich bitte einen anderen im Bett vor, geschweige denn seinen besten Freund?

Vielleicht sollte ich mal recherchieren, wie man sich als Partner richtig benahm. Sozusagen als Strafe, für diese Gedanken. Ein bisschen unter die Nase gerieben bekommen, wie falsch man doch ist, hat schon jeden geholfen zu Sinnen zu kommen. Vielleicht half es auch mir.

Paul schmiss mich zuhause aus dem Van. Ich hatte vorne neben ihm gesessen. Wir haben nicht gesprochen, aber er war da. „Danke", verabschiedete ich mich mit einem Nicken.
„Immer Louis. Gute Besserung." Paul war cool. Auch wenn er nur selten richtig mit uns sprach, achtete er auf uns. Dieses Jahr war er auch auf der Tour dabei.

Mit schweren Schritten lief ich zur Tür. Weit weg hörte ich, wie sich das große Gartentor wieder für den Bandvan öffnete und kurz darauf wieder schloss. Ich kramte die Schlüssel aus meiner Hosentasche, trat ein und warf alles von mir. Schuhe und Jacke, Hose und Shirt. Ich fühlte mich eingeengt und zugeschnürte. Nicht wohl in meiner Haut. Mir war warm. So warm.

Als Harry mich küsste, war mir auch warm. Als wir ins Haus stolperten. Lachend, die Hände am Körper des anderen. Das erste Mal, achtete auch Harry nicht darauf, wo seine Kleidung landete, als ich sie ihm vom Leibe riss. Alles in mir kribbelte, seine Lippen verteilten Küsse an meinem Hals. Ich glaube ich stöhnte, wünschte mir mehr und streckte mich ihm entgegen. Mein Körper stand in Flammen. Mir war so warm.
„Mach das nochmal", raunte mein bester Freund. Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus. So rau, so bestimmend, so aufregend.
„Was?"
„Dieses Geräusch. Ich will es noch tausend Male hören. Mach es nochmal."
„Bring mich dazu", hatte ich grinsend geflüstert. Mein Herz klopfte wild in meiner Brust.
„Ich werde dich zum Stöhnen bringen Baby. Keine Angst. Ich achte auf dich. Nur auf dich Baby. Meine Welt."
Er küsste sich von meinem Ohr zu meinem Mund, und verband unsere Lippen. Doch nicht nur unsere Körper hingen aneinander, wie ein Ertrinkender an einer Boje. Auch unsere Seelen. Sie schienen sich zu einem untrennbaren Gewebe aus Liebe, Freundschaft und Zuneigung zu binden.
„Es fühlt sich gut an Harry."
„Ich werde dich noch so viel besser fühlen lassen." Seine Hände glitten über meine Brust. Als wäre sie das wertvollste, das er jemals berührte, tanzten seine Finger auf meiner Haut. „Sag mir, was du willst. Sag mir, was du magst und ich gebe es dir. Ich gebe dir alles Louis."
Seine Worte heizten meinen Körper weiter an. Ich drückte mich an ihn. Er spürte meine Erregung und ich seine. Wieso haben wir das nicht schon viel früher gemacht?
„Ich weiß es nicht", schnaufte ich, zwischen zwei Küssen. Wir standen noch immer in Flur. Noch immer direkt vor der Tür. Weil es egal war, wo wir uns küssten. Es musste nur unser wir sein, dann war jeder Ort perfekt.
„Dann finden wir es heraus." Harry knabberte an meiner Unterlippe und ich stöhnte.

Mit einem Kopfschütteln verscheuchte ich die Erinnerung aus meinem Kopf. Mies gelaunt wollte ich ins Schlafzimmer, doch als ich losging, lief es mir eiskalt den Rücken herrunter. Beinahe ängstlich sah ich an mir herab, nur um dann erschrocken aufzukeuchen. Ich hatte einen Ständer. Sobald diese Information vollständig von meinem Gehirn geladen wurde, befand ich mich rasch humpelnd auf den Weg ins Badezimmer, wo ich mich meinem Boxer entledigte und mich unter die Dusche stellte. Das durfte nicht passieren. Ein Ständer? Bei den Gedanken an Harry?

Ich dachte an den letzten Monat. Eleanor und ich hatten sicherlich zehn Mal versucht, mit einander intim zu werden. Ich hatte es immer so sehr gewollt. Steif werden, für El. Damit wir miteinander schlafen konnten. Es hatte nie geklappt. Eleanor hatte es verstanden, empfand es nicht als schlimm. Ist okay Louis. Du bist gestresst wegen der Band. Einige Männer haben da Probleme hart zu werden. Jetzt schau nicht so aufgelöst und umarm mich. Wir versuchens einfach nach der Tour. Das steigert doch die Vorfreude. Sie hatte mir zugezwinkert. Sie hatte immer Verständnis. Empfand es nicht mal als schlimm, als ich es danach nicht über mich brachte sie... naja... anderweitig zu befriedigen. Sie war nie sauer. Vielleicht einmal enttäuscht, doch nie sauer. Und sie lächelte mich trotzdem noch an. Wie konnte es also sein, dass ich jetzt steif wurde? Bei den Gedanken an Harry. Zumindest half das kalte Wasser gegen meine körperlichen Probleme. Nur das Chaos in meinem Inneren blieb.

Kurze Zeit später saß ich an meinem Laptop. Ich hatte mir wieder einen frischen Boxer angezogen und mir ein Bier aus dem Kühlschrank geholt. Harry hatte es gekauft. Für mich. Er kaufte es immer mal. Vielleicht einmal aller paar Monate zwei Sixpacks. Er selbst mochte lieber Wein, Sekt oder saure Kirsche. Davon brachte er sich was mit. Er passte so gut auf uns auf. Auf dieses Haus, auf mich und auf ihn.

Schnell schüttelte ich den Gedanken wieder ab und ignorierte mein schnell klopfendes Herz. Habe eine Freundin und bekomme ein Steifen bei den Gedanken an meinen besten Freund. Was tun? Ich fühlte mich verletzlich, als ich diese Worte in die Suchmaschine eintippte. Wie ein Jugendlicher, der sich das erste Mal über sich selbst erkundete. Wie ein Ritter, der auf dem Schlachtfeld seine Rüstung auszog.

Du bist derzeit verwirrt, aber eigentlich hetero? Dann hör auf mit dem Scheiß. Ein echter Mann will nicht gefickt werden, ein echter Mann will ficken. Also stell dir nicht vor, wie du deinen Arsch hinhältst, sondern zwinge dich dazu, die Pussy deiner Freundin zu sehen. Hast du sie einmal genommen, willst du es immer wieder.

Das hier war krank. Dieser Artikel war krank. Ich sollte nicht weiterlesen. Überhaupt nicht mehr lesen. Doch sobald man einmal anfing, sich selbst zu zerstören, war es unmöglich aufzuhören.

Mit enger Brust und zitternden Fingern gab ich echter Mann Merkmale in der Suchleiste ein.
Hätte ich es lieber nicht getan.

Du willst ein echter Mann sein? Ich zeig dir, wie es geht!
Schritt 1: Zeig niemals jemandem, deine Schwäche. Besser noch, hab gar keine.
Schritt 2: Du bist stark. Du bist der Mann! Hör auf zu heulen. Die Frauen flennen, du arbeitest und beschützt. Du bist der Mann!
Schritt 3: Hab Sex. Hol dir Sex, wenn du ihn brauchst. Das macht dich männlich. Zeig deine Dominanz. Frauen wollen gezeigt bekommen, wo es lang geht. Gebe ihnen, was du willst. Sei ein Mann.
Schritt 4: Sei immer du selbst. Verstell dich nicht für deine Frau. Du bist der Mann. Sie will, dass du Mitgefühl zeigst? Tu es nicht. Das bist nicht du! Es ist nicht männlich.

Das war doch unmenschlich. Ich, also... dass konnte ich doch nicht machen. Eleanor wehtun oder unterdrücken. Aber ich will doch ein Mann sein. Ich will sie lieben können, wie sie es verdient. Ich kann doch zumindest versuchen, stark zu sein. Für Eleanor. Ich könnte es. Ich befolge die Regeln. Wenn auch in abgeschwächter Form. Ich musste es schaffen, diese Verwirrung los zu werden. Was auch immer heute los war, es dürfte nie wieder passieren. Ich musste nur... richtig sein. Den Menschen um mich herum gerecht werden. Besser werden, stärker werden.

Ich merkte die Tränen auf meiner Wange erst, als sie bereits auf den Schreibtisch tropften. Ohne die Taps zu schließen schloss ich den Laptop. Ich war falsch, nicht richtig. Ich konnte nicht singen und kein guter Freund für Eleanor sein. Heute war falsch. Heute war ich falsch. So falsch, falsch, falsch.

---

Was denkt ihr? Versteht ihr Louis? Was haltet ihr von der Situation?
Xoxo Joy

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top