1. Zufrieden

Harry

„Sorry Mom. Ich habe nächste Woche keine Zeit." Niall gab sich Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn diese Tatsache mitnahm. Nicht einmal vor uns, zeigte er es.

Louis und ich saßen schon am Esstisch. Er spielte mit meinen Haare und schaute verträumt aus dem Fenster. Die meiste Zeit des Tages taten wir so, als wäre nichts. Als hätte ich ihm vor einem Jahr nicht gesagt, dass meine Gedanken sich nur um ihn drehten. Als hätte er mich darauf hin nicht angelächelt und hätte gesagt: „Ach Harry, du bist so knuffig. Ich habe dich auch gaanz dolle lieb." Als hätte er mir in diesem Moment nicht die größten Hoffnungen gemacht, die ein siebzehnjähriger Junge haben konnte. Und als wäre er nicht am nächsten Tag zu mir gekommen mit den Worten: „Ich glaube ich verstehe jetzt erst, was du mir gestern sagen wolltest. Tut mir leid Harry, aber ich- also ich bin nicht- nicht in dich verliebt." Er hatte mich in den Arm genommen, während ich weinte. Er tröstete mich, während ich weinte. Er war einfach da und begleitete mich durch meinen Liebeskummer, während er der Grund dafür war.

Er hatte es geschafft, dachte ich. Da war kein Liebeskummer mehr. Nur eine Lehre. Eine Lehre, die ich bisher nicht füllen konnte. Louis glaubte wahrscheinlich, dass ich es geschafft hatte ihn zu überwinden. Sogar ich glaubte das manchmal. Und dann kamen die Momente, wo ich meine Augen nicht von ihm reißen konnte, ich ihn lachen sehen wollte und ihn an mich ziehen und nie wieder loslassen wollte. Das waren die Momente, wo wir es beide wussten. Louis gehörte noch immer der Platz in meinem Herzen. Der Platz, denn er nicht haben wollte.

„Wie lang dauerts noch Payno?", Niall kam in die Küche gehüpft und setzte sich gegenüber von Louis und mir. Zayn sah interessiert von seinem Handy auf und Liam grunzte nur, dass das Essen in ein paar Minuten fertig sein würde.

„Du siehst nachdenklich aus", flüsterte Louis in diesem Moment. Seine meerblauen Augen hatte er auf mich gerichtet. Er sah zu mir hoch. „Ist alles okay?"

Mein Magen schien sich einmal umzudrehen. Keine Ahnung. War alles okay?
Wohl eher weniger.
Ich legte einen Arm um seine Schulter, zog ihn an mich ran und legte meinen Kopf auf seinen. Die weichen, braunen Wuschelhaare kitzelten mein Kinn.

„Alles gut Boo. Wirklich alles gut." Ich hörte ihn. Den Schmerz.
Louis hörte ihn. Den Schmerz. Und als wollte er ihn mir nehmen, lehnte er sich noch weiter an mich ran. Louis war mein Anker und gleichzeitig die Strömung, die mich mitzog.

„Habs!", rief Liam in den Moment begeistert. Louis erschrak sich, schreckte nach oben und krachte gegen mein Kinn.

„Fook, Haz! Ich hab dir ein Kinnhacken mit meinem Kopf verpasst"; rief mein bester Freund panisch. Ich hörte das Lachen der Jungs, während ich mit zugekniffenen Augen die schmerzende Stelle massierte. „Tut es dolle weh? Soll ich dir ein Kühlakku holen. Ich brauch ein Kühlakku. Wieso ist dein Kinn so spitz?"

„Mir geht's gut Louis. Alle Zähne sind am richtigen Platz. Glaube ich." Ich schmunzelte leicht. So oft es auch wehtat. Die Nähe zu Louis und die Gedanken an das, was sein könnte: Irgendwie war es nicht relevant. Denn für sein Lachen, für seine Stimme und für sein Glücklichsein, würde ich auch mein letztes Hemd geben. Im Endeffekt brauchte es nicht mehr, um mich zufrieden zu machen. Er musste glücklich sein, und ich wusste, wozu ich den Schmerz ertrug. Für ihn.

„Mach nicht so ein Drama draus", kams von Zayn, während jener sich eine dunkelbraune Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Ein verhaltenes Grinsen lag auf seinem Gesicht und sein Handy verstaute er in seiner Hosentasche.

„Ey! Ich mach doch kein Drama! Meine Sorge ist begründet und ernst zu nehmen." Louis blusterte die Wangen auf, was weiteres Lachen unserer Freunde zur Folge hat. Auch ich, konnte mich nicht zurückhalten.

„LEE! DAS ESSEN!", schrie Niall plötzlich entgeistert los. So laut, dass sich erneut jeder am Tisch erschreckte. „Wie kannst du es nur verkleckern?" Der Ire sah mitleidig auf den Boden, auf welchem ein Schwaps Tomatensauce um sein Leben trauerte.

„Ich glaube das Wort gibt es nicht", murmelte Liam. Den Rest des Tellers versuchte er wohlbehütet an den Tisch zu bringen. Louis stand währenddessen auf, aber nicht ohne mir nochmal freundschaftlich auf die Schulter zu klopfen.

„Welches?" Niall sah sich verwirrt um, zog die Portion zu sich, die Liam eigentlich vor meiner Nase abgestellt hatte und begann gierig ein paar Nudeln auf die Gabel zu laden.

„Verkleckern."

„Ist doch egal, ob es das Wort gibt. Läuft alles aufs selbe heraus. Du – Liam Payne – bist ein Essensschänder!" Anklagend zeigte der Blonde mit seiner Gabel auf den Koch. Nialls blaue Augen glänzten belustigt und bedrohlich gleichzeitig. Er beschützte halt, was ihm lieb war. Davon steckte er sich auch eine Sekunde später wieder was in den Mund.

„Themawechsel", Louis kam mit einem Kühlakku auf dem Kopf wieder und setzte sich, „Ich bin dafür, dass wir den Videodreh morgen sausen lassen."

„Bin dabei", kams von Zayn und ein erschöpfter Seufzer von Liam.
„Wir werden den Dreh morgen nicht sausen lassen. Wir waren uns doch alle einig, dass wir uns auf Live While We're Young freuen."
„Das war bevor Lena verkündet hat, dass wir bereits halb acht da sein müssen. Das heißt spätestens sechs aufstehen, damit wir rechtzeitig los können und zehn Minuten davor aufkreuzen können. Jesus Christ, nervt mich der Pünktlichkeitswahn von Koto", mischte auch ich mich ein. Koto – Kurzform von Kotecha – war eine der Produzenten für das Musikvideo. Sie war bereits bei What makes you beautiful dabei und nicht begeistert, als die Band sich ein paar Minuten verspätet hatte.
„Er hat Recht. Könnest du nicht versuchen, zumindest ein paar Minuten für uns rauszuschlagen? Bitti?" Niall hatte einen Augenaufschlag drauf, dem konnte keiner von uns sich entziehen und mit diesem sah er jetzt Liam an, während er sich Sauce von Kinn leckte.
„Jaja, ich werds versuchen. Kann aber nichts versprechen."

Und mit diesen Worten, bekamen auch wir anderen unser Essen. Louis und Niall alberten herum, Zayn und Liam unterhielten sich leise und ich beobachtete meine Freunde. Meine Band. Mein Leben. Ohne diese Jungs hier wäre ich nichts. Nur einer von vielen Jugendlichen, der bei The x-Factor verloren hatte. Aber mit ihnen, war ich so viel mehr. Mit ihnen konnte ich alles erreichen.
Und mit Louis? Tja, mit dem konnte ich zufrieden werden.

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