|Nach dem zweiten Teil|

,,Astrid! Astrid, du musst mir helfen!"
Es war ein ganz gewöhnlicher Tag auf Berk. Die Sonne schien, es herrschte herrliches Klima und die Berkianer hatten aus diesen Gründen alle gute Stimmung.
Astrid war gerade auf dem Weg zu ihrem üblichen Trainingsplatz im Wald gewesen, dann hatte sie diese Worte hinter sich vernommen. Sie blickte über ihre Schulter. ,,Raffnuss? Was ist denn?" Die Blondine mit den zwei geflochtenen Zöpfen besaß einen besorgten Gesichtsausdruck und machte mit diesem Astrid etwas nervös. War irgendetwas Schlimmes passiert?
,,Ich habe ein Problem. Ein ganz schlimmes Problem!", setzte die Zwillingsschwester fort. Astrid drehte nun ihren ganzen Körper zu Raff um. ,,Dann sag schon endlich, was passiert ist", drängte sie. Man merkte ihr die Ungeduld etwas an. Raffnuss musste immer um den heißen Brei reden, bevor sie zum Punkt kam. Astrids Gedanken waren dabei aber bei ihrer geliebten Axt und den vielen Bäumen, die sie an diesem Tag zerschmettern wollte.
,,Ich habe versucht, es selbst zu lösen, dieses Problem", begann Raffnuss. ,,Aber ich schaffe es einfach nicht und suche nun Hilfe bei dir, Astrid. Ich danke dir sehr für deine Aufmerksamkeit." Astrid zog ihre Augenbrauen hoch und stemmte die Hand in die Hüfte. ,,Wirds noch?", fragte sie. Nun hatte die Kriegerin keine Bedenken mehr, dass irgendetwas Schlimmes passiert war, sonst würde Raffnuss sich nicht so viel Zeit für die Erklärung lassen.
,,Ich habe" Die Blonde atmete tief ein, um im nächsten Moment alles rauszulassen: ,,Liebeskummer!" ,,Oh", kam darauf von Astrid. ,,Also nichts neues." ,,Hey!", ging Raffnuss die Freundin des Oberhauptes an. ,,Diesmal ist es ernst!" ,,Bestimmt", meinte Astrid mit Sarkasmus in der Stimme. ,,Aber was hat das jetzt mit mir zu tun? Was brauchst du von mir?" ,,Ratschläge, Astrid. Ich brauche Ratschläge." ,,Ähm", brachte die Hofferson hervor. ,,Was für Ratschläge? Wie du an Eret rankommen sollst?" Sie wusste natürlich, dass Raffnuss' Liebeskummer auf Eret bezogen war. Es war kaum zu übersehen, wie sehr sie für ihn schwärmte.
,,Unter anderem. Ich muss dir einfach mehrere Fragen stellen! Du bist doch so nett und beantwortest sie mir alle, oder?" Raffnuss sah ihre Freundin flehend an. Astrid zögerte kurz, sagte aber dann zu. ,,Okay, meinetwegen. Schieß los." ,,Nein, doch nicht hier!", warf Raffnuss ein. ,,Weißt du, es sind auch sehr private Fragen dabei." Astrid war sich nicht sicher, aber sie vermutete, dass Raff versucht hatte, einen Art verführerischen Ton anzunehmen.
So fand Astrid sich in der Hütte der Zwillinge wieder. Sie saß auf Raffnuss' Bett und lehnte - ihre Arme hinter ihrem Kopf verkreuzt - an der Wand. Raffnuss wiederum ging in ihrem Zimmer auf und ab. ,,Also bitte, Raffnuss. Ich bin hierhergekommen, jetzt musst du auch die Fragen stellen." ,,Okay, okay. Lass mir Zeit, ich muss mir nur überlegen, was ich alles fragen soll." ,,Du bittest mich, die Fragen zu beantworten und weißt nicht mal, welche?", fuhr Astrid die Blondine an. ,,Doch, natürlich. Nur muss ich nachdenken, in welcher Reihenfolge ich fragen soll", sagte Raffnuss nun. ,,Sag mir halt bescheid, wenn du soweit bist", meinte Astrid, nahm ihre Axt in die Hand und blickte auf diese herab. Während Raffnuss nun gefühlte Ewigkeiten überlegte, drehte Astrid gelangweilt die Axt in ihrer Hand herum.
,,So, ich hab's!", rief Raffnuss begeistert. ,,Oh, Thor sei Dank", stieß Astrid erleichtert hervor und legte die Axt beiseite. ,,Ich dachte, ich verfalle noch zu altem Staub, bevor du überhaupt angefangen hast." ,,Übertreib mal nicht! Es waren nur ein paar Minuten." ,,Okay, aber sie haben sich ewig angefühlt", meinte Astrid. ,,Aber beginn nun endlich mit den Fragen. Was für welche sind es jetzt genau?"
,,Okay", setzte Raffnuss an. ,,Es geht nicht nur darum, wie ich am besten mit Eret zusammenkomme. Es geht eigentlich fast gar nicht darum. Vor allem möchte ich wissen, wie es danach weitergehen soll. Daher dachte ich mir, ich befrage dich zu deiner Beziehung mit dem lieben Hicks." ,,Hä?", kam von Astrid. ,,Was genau hat meine Beziehung mit deinem Liebeskummer zu tun?" ,,Ich möchte mir nur etwas von euch abschauen." ,,Aber, Raffnuss-" Die 21-Jährige wollte ihrer Freundin erklären, dass jede Beziehung auf seine eigene Art und Weise anders war. Denn Astrid konnte sich niemals vorstellen, dass Hicks' und ihre Beziehung eine Ähnlichkeit mit einer Beziehung von Raffnuss und Eret hätte.
,,Du sagst die ganze Zeit, du möchtest die Fragen hören, also sei jetzt leise und hör zu", sagte Raffnuss. Astrid schnaubte. Raff war doch diejenige, die diese Fragen unbedingt stellen wollte. ,,Frage Numero 1", Raffnuss hob ihren Zeigefinger an und hielt ihn vor sich. ,,Wie seid ihr eigentlich zusammengekommen?" ,,Äh", Astrid fasste sich die Decke ins Auge und überlegte kurz. ,,Wir haben...uns den Sonnenuntergang angeschaut und uns dann geküsst." Kurz herrschte Stille. ,,Das ist alles?", fragte Raffnuss dann. Astrid bejahte. ,,Was?", kam dann etwas schockiert von dem Zwilling. ,,Nichts weiter? Einfach nur so geküsst?" ,,Ja, eigentlich schon. Wir haben noch gesagt, dass dies der perfekte Moment dafür sei und das war's aber." ,,Habt ihr das gar nicht irgendwie romantischer gemacht? Hat Hicks dich nicht leidenschaftlich gefragt, ob du seine geliebte Freundin sein möchtest?" ,,Nein. Durch den Kuss war uns klar, dass wir nun zusammen sind." ,,Also das verstehe ich nicht. So unromantisch."
Astrid nahm an, dass Raffnuss viel mehr der Typ für eine extrem innige Beziehung war. Also im dem Sinne gemeint, dass sie immer superromantisch unterwegs sein wollte, vermutlich auch mit sehr sehr sehr viel Nähe zu ihrem Partner. Da fühlte Astrid ganz anders.
,,Okay, machen wir weiter mit Frage Numero Zwei", fuhr Raffnuss fort. ,,Woher weißt du überhaupt, dass Hicks dich liebt?" Astrid lachte kurz auf. ,,Was?" ,,Naja, könnte es nicht sein, dass er dich mit ner anderen betrügt oder dich gar nicht richtig liebt?", fragte Raff. Astrid musste wieder schmunzeln. Was sollte das denn für ne Frage sein? ,,Okay, zu aller Erst möchte ich sagen, dass man es hier auf Berk mitbekommen würde, würde Hicks mich betrügen. Und vor allem meinen Augen und meinem Instinkt würde er dabei nicht entkommen", erklärte Astrid. ,,Aber es gibt da etwas, Raffnuss, das nennt man Vertrauen." ,,Jaja, schon klar, aber wieso hast du das gegenüber Hicks?" ,,Bei Thor, Raffnuss. Was willst du von mir? Willst du, dass ich dir jetzt jeden der vielen Punkte aufzähle, warum Hicks und ich uns lieben?" ,,So extrem viel Zeit habe ich auch wieder nicht. Also wenn es so viele gibt, will ich nur ein paar davon hören." ,,Na schön", meinte Astrid und atmete tief aus. Das würde bestimmt noch ein langes Gespräch werden. ,,Wir haben über all die Jahre eine starke Freundschaft aufgebaut und dadurch auch Vertrauen. Das sind meiner Meinung nach auch wichtige Voraussetzungen für eine gute Beziehung. Ich liebe Hicks dafür, dass er immer für mich da ist. Ich finde, dass er witzig und sehr intelligent ist. Und natürlich bewundere ich ihn für seinen Mut und dafür, dass er uns alle schon so oft gerettet hat. Wieso Hicks mich liebt solltest du eigentlich ihn fragen. Aber ich würde mal sagen, weil-" ,,Das ist schon genug. Er soll mir selbst erzählen, warum er dich liebt", unterbrach Raffnuss Astrid. ,,Ich dachte, du willst wissen, warum ich denke, dass er mich liebt und mich nicht betrügt?" ,,Jaja, hab meine Meinung geändert", antwortete Raffnuss, worauf Astrid genervt seufzte. Das würde nicht nur ein langes, sondern auch ein sehr anstrengendes Gespräch werden.
,,Egal, kommen wir gleich zur zum Thema passenden Frage Nummer Drei: Wie oft sagt ihr euch, dass ihr euch liebt?" ,,Wie oft wir-", wollte Astrid wiederholen, doch sie brach ab. ,,Wieso zum Thor willst du das auf einmal wissen?" ,,Ich möchte nur sichergehen, ob ihr euch eh jeden Tag glücklich sagt, wie sehr ihr euch liebt. Denn das ist doch bestimmt wichtig für eine Beziehung, oder?" ,,Raff, das ist doch bei jedem anders. Hicks und ich sagen uns in dem Sinne fast nie, dass wir uns lieben." ,,Waaas?", kam sofort geschockt von Raffnuss. ,,Dann ist die Liebe zwischen euch doch nicht so groß, wie ich dachte." Astrid lachte wieder kurz. ,,Man muss sich doch nicht mit diesen drei Worten beweisen, dass man sich wirklich liebt. Ich weiß einfach, dass Hicks mich liebt, das muss er mir nicht jeden Tag sagen", erzählte die Hofferson. ,,Aber-" ,,Raff, ich glaube, du solltest dir nicht so viel von mir abschauen. Du-" ,,Ich schaue mir gar nichts ab, ich frage doch nur. Damit kommen wir auch zu Frage Vier, die intime Frage." Die Blondine lachte komisch, worauf Astrid sofort Böses ahnte. ,,Und die wäre?", fragte sie zögerlich. ,,Wie oft macht ihr rum?" ,,Also das ist jetzt ganz schön privat", sagte Astrid. ,,Komm schon, Astrid. Du hast gesagt, du beantwortest all meine Fragen, also halte dein Versprechen!" ,,Ich habe es niemals wirklich versprochen", gab Astrid ihrer Freundin zu verstehen. ,,Sei froh, dass ich dich nur frage, wann ihr rumknutscht. Es geht noch eine Stufe höher!", schrie die Zwillingsschwester. ,,Nicht so laut, bei Odin!", ging Astrid die Blondine an. ,,Okay, meinetwegen beantworte ich dir deine Frage. Nämlich damit, dass ich keine Ahnung habe. Ich zähle das nicht." ,,Mann, Astrid. Weißt du wenigstens, wann ihr das letzte Mal rumgemacht habt?" ,,Äh." Astrid schaute zu Boden. ,,Gestern." ,,Aha! Und ich bin mir sicher, dann habt ihr vorgestern auch rumgemacht!" ,,Nein, das war...keine Ahnung vor einer oder mehreren Wochen, vielleicht?" ,,Waa-", wollte Raffnuss sich wieder beschweren. Doch davor sprang Astrid vom Bett auf und erklärte: ,,Okay, Raffnuss, das reicht. Weißt du, manche Leute brauchen so etwas eben nicht so oft, andere schon. Hicks und ich haben eine Beziehung, in der wir uns nicht so oft sagen müssen, dass wir uns lieben, und auch nicht so oft rummachen oder generell nicht so extrem aneinanderkleben. Wenn du persönlich es anders willst, dann ist das so. In so einer Hinsicht ist jeder anders. Du bestimmst selbst, wie du deine eigene Beziehung haben möchtest." Nach ihrer langen Rede nahm Astrid Raff an den Schultern und blickte ihr tief in die Augen. ,,Verstanden?" ,,Hm, ja, das stimmt wohl", gab Raffnuss zu. ,,Aber will Eret auch so eine Beziehung? Was, wenn nicht?" ,,Keine Ahnung. Das müsst ihr klären, wenn es soweit ist. Aber zuerst muss es eben erst soweit kommen. Also geh zu ihm und sag ihm, dass du in ihn verknallt bist!" Astrid versuchte alles, um Raffnuss ein ermutigendes Lächeln zu schenken. ,,Danke, Astrid. Ich wusste ich kann auf dich zählen."
Die 21-Jährige wollte gerade eben darauf antworten, als sie beide von unten die Tür ins Schloss fallen hörten. Kurz darauf kam eine äußerst bekannte Person die Treppen herauf. ,,Hicks? Was machst du denn hier?", fragte Astrid. ,,Keine Ahnung", sagte der Braunhaarige und blickte von seiner festen Freundin zu Raffnuss. ,,Raffnuss hat vorhin gesagt, ich solle kommen." ,,Richtig. Ich habe ein paar Fragen an dich", verkündete Raffnuss. Astrid blieb kurz stumm und brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, was das bedeutete. Dann brach sie sofort in Lachen aus. Hicks ließ einen verwirrten Blick auf Astrid ruhen. ,,Raff, wir sind also fertig?" ,,Ja", bestätigte die junge Frau. ,,Dann bist du jetzt also dran", stellte Astrid an Hicks gerichtet fest. Sie klopfte ihm auf die Schulter und meinte ,,Viel Spaß." Dann verließ sie die Hütte und ließ einen völlig verwirrten Hicks und eine...Raffnuss eben zurück. Doch bald schon wusste Hicks, mit was für einer Ironie Astrid das gemeint hatte.