14. Die letzte Chance

Keuchend saß Astrid am Boden und schaute fassungslos auf die regenbogenfarbene Brücke herab.
Früher, der Kuss auf die Wange am See mit Hicks, dem Sohn des Stammesoberhauptes. Dann der erste Kuss auf den Mund. Der Zweite. Der Dritte. Der Vierte. Als sie erwachsen wurden und ihnen immer wieder einredeten, nur Freunde zu sein. Dann als Hicks sie endlich fragte. Dieses Glücksgefühl in Astrid. Das konnte sie nicht vergessen. Die vielen Küsse von Astrid. Dann als ihr Freund sich endlich traute und er sie küsste. Das wunderschöne Gefühl, wenn sich ihre Lippen berührten, die Nasenspitze von Hicks Astrids Wange berührte und der Halbbart, der etwas kitzelte. Immer wieder diese Blicke, die Astrid mit ihrem Freund tauschen durfte.Das Picknick zu ihrem 1-Jährigen. Das Treffen auf der Klippe zu ihrem 2-Jährigen. So oft, wie sie mit ihren Drachen geflogen sind. Oder wie beide auf Ohnezahn flogen und Astrid sich an Hicks festhielt.
So viele Erlebnisse und Abenteuer sie doch erlebt hatten. Astrid konnte es nicht fassen. Sie erinnerte sich wieder!
Nun kamen auch diese schrecklichen Zeiten, als sie gestorben war. Der Kampf mit Drago. Die Alphadrachen. Das ganze Gebrüll. Die Waffen, die aneinanderklirschten. Als Eret von Sturmpfeil sprang und Astrid Drago angriff. Als sie mit dem Netz getroffen wurde. Hicks wollte ihr helfen, konnte aber nicht. So wurde Astrid auf das Schiff gebracht. Die unangenehmen Griffe der Wachen. Wie sie die Frau grob mit sich schleppten. Die starken Fesseln. Ihre Flucht. Als der Pfeil sie traf, mitten in den Bauch. Das ganze Blut. Dieser Schmerz. Wie sie versuchte, nach Berk zu fliegen. Sie stieg von Sturmpfeil ab und stolperte über ihre Füße zu den Dorfbewohnern. Diese schauten sie geschockt an. Das ganze Blut klebte auf ihrer Kleidung und ihren Haaren. Dazu noch der Nebel und niemand konnte sie erkennen. Vergeblich flüsterte Astrid vor sich hin, doch man hörte sie nicht. Da kam Hicks und sah ebenfalls geschockt drein. Der Nebel lichtete sich. Die Sicht wurde immer dünkler und verschwommener. Astrid bekam nur noch mit, wie Hicks ihren Namen schrie und auf sie zurannte. Bald kippte sie um. Sie spürte nur noch, wie jemand sie kurz vor dem Boden auffing. Dann wurde alles schwarz. Diese Schmerzen. An ihren Armen, ihrem Knöchel und natürlich ihr Bauch. Diese Stimmen, die auf sie einredeten. Astrid konnte nichts sehen, nur etwas in ihrem tiefsten Unterbewusstsein hören. Es war Hicks. Er redete beruhigend auf sie ein und legte seine Hand auf ihre Schulter. Dann auf ihre Wange.
Auf einmal kam dieser Schmerz zurück. Plötzlich begann sie zu zucken und zittern. Sie spürte, wie sie blass wurde. Da hörte Astrid wieder Stimmen und Schritte, nur diesmal viel aufgebrachter und hektischer. Die Tür wurde zugemacht und jemand, wahrscheinlich Gothi, versuchte, sie zu heilen. Die junge Frau hörte lauter Stimmen hinter den Wänden, das ganze Dorf versammelte sich. Bald hörte dieser Schmerz endlich auf. Die Wikingerin erwachte aus ihrer Starre und öffnete relexartig die Augen. Gothi lächelte sie an und bat Hicks herein. Astrid setzte sich auf und da rief schon jemand ihren Namen. Hicks rannte auf sie zu und umarmte sie. Nachdem sie sich ausgeredet hatten, gingen sie heraus. Da applaudierte das Volk wie wild. Die junge Dame umarmte noch ihre Eltern ganz fest und dann begleitete Hicks sie nach Hause.
Die Nacht. Das aller schlimmste. Als Astrid aufwachte und in dieses grausames Gesicht blickte. Er schleppte sie grob aus dem Haus in den Wald hinein. Die Reiterin konnte sich nicht wehren. Da erschien Hicks und lief ihnen hinterher. Ragor stoppte und drehte sich um. Astrid pfauchte ihn gefährlich an, darauf drückte er sie auf den Boden. Er holte ein Schwert heraus und holte aus. Dann passierte es. Das Blut spritzte förmlich heraus und Astrid schrie laut. Hicks stand geschockt da und konnte seinen Augen nicht trauen. Ragor drehte das Schwert noch weiter in Astrids Herz. Dieser Schmerz durchfloss ihren ganzen Körper. Sie schrie wieder und lag am Verbluten. Hicks nahm sich zusammen und rannte zu Astrid. Er zog das Schwert hinaus und griff Ragor an. Astrid konnte nur noch in den Himmel schauen. Sie hörte nur Schreien und Schwerter, die aufeinander preschten. Bald ertönte ein lauter Schrei und jemand fiel zu Boden. Dann verstummte die Stimme. Hicks kam angerannt und schmiss sich zu seiner Freundin auf den Boden. Er hob ihren Kopf an und legte ihn auf seinen Schoß. Er flüsterte ihren Namen, doch Astrid konnte nichts sagen. Sie versuchte es, aber es klappte nicht. Mit Kraft versuchte sie, wach zu bleiben, konnte es aber nicht. Hicks schrie sie an, sie solle wach bleiben, doch Astrid verließ ihre letzte Kraft. Schließlich schaltete sich alles aus. Sie zwinkerte kurz und schloss dann ihre Augen. Das war der Schlaf für immer.
Alles schien so grauenhaft. Diese Erinnerungen taten innerlich weh. Nun überkam Astrid diese Sehnsucht.
Sehnsucht nach Berk, ihrer Familie, Hicks und ihren Freunden. Sie wollte sie nicht leiden sehen, sie wollte zu ihnen. Sie musste wieder nach Berk. Koste es, was es wolle! Sie musste mit Odin sprechen!
Wackelnd stand Astrid auf und versuchte erst einmal ihre Beine wieder in den Einklang zu bringen. Dann sprintete sie los. In die Halle hinein. Sie kam an und da roch sie wieder diesen Duft. Der Duft, der ihr immer ihre Erinnerungen benebelte und sie daran gehindert hatte, ihre Vergangenheit ans Licht zu bringen. Er hatte sie zu einer anderen Person gemacht. Eine, die nicht die Astrid von früher war. Darauf wurde Astrid wütend. Jeder einzelne Mensch hier konnte sich an nichts erinnern. Warum? Die junge Frau war schon echt gespannt auf das Gespräch mit Odin. Aber zuerst musste sie herausfinden, wo sich dieser aufhielt.
So lief Astrid weiter in die Halle hinein, drängelte sich an den Menschenmassen vorbei und kam bei dem Tisch an, wo Yakli gemütlich ihren Wein trank. Die Reiterin kam zu ihr und haute mächtig mit ihrer Faust auf den Tisch: ,,WO ist Odin?!" Yakli erschrak und der Wein kippte um. Genau auf ihre Kleidung. Aber dieser löste sich mal wieder auf. ,,Wa-Wa-Was ist los!?", stotterte sie verkrampft. Astrid war so angespannt. Diese Wut in ihr konnte sie nicht bändigen. Odin musste doch irgendeinen vernünftigen Grund haben, all diesen Leuten das anzutun. ,,Wo....ist....Odin?!", schrie sie. Die Wikingerin war zwar nicht sauer auf Yakli, aber trotzdem machte sich diese klein vor lauter Angst. ,,I-I-Im Pa-Palast..." Damit zeigte sie auf eine Wand, die nicht wie alle anderen weiß, sondern gold war. Nur um die 3 Meter waren in dieser glänzenden Farbe sonst nichts. Warum hatte Astrid das nicht bemerkt?! Wahrscheinlich hatte dieser Duft, oder wohl eher dieses Gift ihre Sicht auch noch benebelt. Ohne zu fragen, wie sie durch diese Wand durch kommen sollte, lief Astrid los. Dies war nun ihre einzige Chance, zurück ins Leben zu kommen. Irgendwie musste sie es doch schaffen!

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