11. Zu groß
Die Sonne ging langsam unter und verschwand im Horizont, der mit schönen Farben bedeckt war. Der Nachtschatten landete an der kleineren Klippe. Der Reiter stieg ab und setzte sich vor einen Felsen hin. Dann lehnte er sich gegen ihn. Sturmpfeil kam krächzend zu ihnen und schon spielte sie mit Ohnezahn. Wenn sie bei ihm war, konnte sie für einen Moment den Verlust ihrer Reiterin vergessen. Hicks passte nun auf Sturmpfeil auf, da sie nun alleine war. Wenigstens das konnte er für Astrid tun. Hicks schaute niedergeschlagen in den Horizont. Er hatte den ganzen Tag mit niemandem mehr geredet, nicht einmal gelacht oder aufgehört zu weinen.
Es konnte einfach nicht wahr sein, dass er Astrid verloren hatte. Er konnte nie wieder in ihre wunderschönen blauen Augen schauen, nie wieder dabei zusehen wie ihre Haare elegant im Wind wehten und nie wieder ihre weichen Lippen auf seinen spüren.
Ihm kamen wieder Tränen und seine Augen wurden ganz glasig. Nun tauchten all diese Erinnerungen auf. Die wunderschönsten Momente, die er mit seiner Freundin erlebt hatte. An so vieles konnte er sich erinnern: der Flug auf Ohnezahn, als sie ihn das erste Mal geküsst hatte, wie er sie gefragt hatte, ob sie seine Freudin werden will, manche Ausflüge und Picknicke mit ihr, manchmal als sie an dieser Klippe saßen, und an so vieles mehr.
Nun konnte sich Hicks die weiteren Tränen nicht verkneifen und er zog seine Knie zu sich. Er umschlang sie mit seinen Armen und versteckte seinen Kopf darin. Nun begann er, fürchterlich viel zu weinen und konnte nichtmehr aufhören.
Er erinnerte sich nur zu gut daran, als er schweren Herzens die tote Astrid auf das Boot gelegt hatte: Grobian hob die Decke langsam an, während Hicks ihre Hand drückte. Er sah das aller letzte Mal ihr Gesicht, bevor die helle Decke über sie gelegen worden war. So trennte er sich von ihrer Hand und ließ sie wieder hängen. Hicks stieg vom Boot und sah einmal noch auf die Decke, wo drunter Astrid lag. Dann gaben sie dem Boot einen Schubser und es trieb ins Meer hinaus.
Mit diese Gedanken musste Hicks nur noch mehr weinen.
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Astrid öffnete langsam ihre Augen und sofort musste sie ein Lächeln aufsetzten. So froh wie sie nun war, war sie noch nie aufgestanden. Zumindest dachte sie das, sie konnte sich ja an nichts erinnern. Yakli hatte so recht, Walhalla war einfach nur super! Jeder hier hatte sein eigenes, wunderschönes Haus und konnte jeden Tag entspannt beginnen.
Astrid stand glücklich auf und zog sich um. Sie flocht noch ihre Haare und reinigte ihr Gesicht und dann ging sie aus ihrem vorgesehenen Haus. Fröhlich kam sie an Yaklis Haus vorbei und holte sie ab. Gemeinsam mit Yak gingen sie zur riesigen, beziehungsweise endlosen Halle. Wie am vorherigen Tag aßen sie etwas köstliches und tranken etwas. Gemeinsam tratschten sie, lachten, tanzten und spielten etwas. Es war echt ein Spaß.
Astrid hatte Yak schnell verziehen. Wieso denn sollte sie böse sein?
Bald nahm Astrid sich etwas zu trinken und lehnte sich an die Wand in einer Ecke. Genüsslich schaute sie dem ganzen zu, wie alle Spaß hatten und lachten, tanzten oder plauderten. Astrid musste lächeln.
Der Tod in Walhalla war wirklich viiiieeell besser als das Leben auf der Erde. Hier oben im Himmel war jeder super nett und gut gelaunt! Niemals wieder wollte sie zurück!
Auf einmal sah sie Yak auf sie zukommen. Mit diesem Blick den er aufsetzte, wusste Astrid genau was er wieder wollte. Aber diesmal ließ es Astrid zu. Also nahm er sie an ihrer Taille, ganz ohne irgendwelche Worte, und drückte seine Lippen auf ihre.
Da kam Astrid dieser Gedanke. Sie ließ ihr Getränk einfach fallen und es zersprang in tausend Teile. Zwar lösten sie sich wieder auf, da es in Walhalla überall nur sauber war und es keine Zerstörung geben konnte, aber den Krach konnte man hören.
Dieses Gefühl hatte Astrid schon längst erlebt. So etwas schönes wie Liebe, hatte sie schon empfunden. Das wusste sie nun! Das Gefühl, Lippen auf ihren zu haben, war ihr so bekannt, aber nicht von Yak, sondern von jemandem, der es viel liebevoller machte. Jemand, den sie liebte.
Astrid stieß Yak fest von sich, sodass er fast fiel, doch er konnte sich halten. ,,Was sollte das?", fragte Yak, als er sich wieder gefangen hatte. Hier in Wallhalla konnte man nicht wirklich wütend sein, also klang seine Stimme eher ruhig. Astrid schaute ihn intensiv an. ,,Tut mir leid, aber ich darf das nicht. Es fühlt sich falsch an.", sagte sie. Yak nickte und verschwand mit einem ,,Verstehe" wieder in der Menge.
Astrid schaute überlegend auf den Boden. Sie strengte sich an, aber sie konnte sich einfach nicht erinnern. Wer zum Thor war ihr Freund? Wie sah er aus? Wie war sein Charakter?
Wieso liebte sie ihn? Das war einfach zu viel. Niemand hier konnte sich an irgendetwas erinnern und Astrid hatte es zustande gebracht.
Aber warum?
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Ein Bote lief aufgebracht zu dem riesigen Palast aus Gold. Odin saß auf seinen Thron und sah dem Boten zu, wie er hineinlief. Dieser keuchte und blieb vor ihm stehen. Kurz verbeugte er sich und redete dann, als Odin ihm zunickte. ,,Herr, es ist etwas Schreckliches passiert, das wovor sie immer Angst hatten!" Odin blickte nun nicht mehr so gelangweilt in die Luft, sondern blickte ihn mit aufgerissenen Augen an. ,,Meinst du, jemand....?", fragte er vorsichtig, doch der Bote sprach seinen Satz zu Ende. ,,Jemand kann sich erinnern!" Odin traf die Nachricht hart und er lehnte sich weiter nach hinten. Eines der wenigen Dinge, vor denen er Angst hatte. ,,Wer ist es?" Der Bote schluckte und antwortete: ,,Astrid Hofferson." Odin machte es sich noch etwas gemütlicher und überlegte. ,,An dieser Hofferson habe ich schon am Anfang gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Sie trägt eine große Kraft in sich. Die Stärkste die es gibt..." Der Bote blickte ihn erschrocken an. ,,Ist das denn möglich?" Odin ließ einen tiefen Seufzer heraus. ,,Ich habe in Walhalla extra dieses Gift versprüht, sodass sich niemand mehr an etwas erinnern kann und immer fröhlich ist, ohne jegliche Sorgen und schlechte Gefühle zu haben...Ich hatte immer Angst vor diesem Tag, wenn jemand es schafft, diesem Gift zu widerstehen."
Das stimmte, Odin hatte immer Angst davor. Er hatte das Gift genau deshalb verwendet, da er Angst hatte, dass dann alle zurück auf die Erde wollten. Odin hatte noch nie ausprobiert, jemanden ins Leben zu holen, doch er hatte Angst, er würde es nicht schaffen. Und Schwäche durfte, oder besser gesagt, wollte er nicht zeigen. ,,Aber wie kann sie so viel davon in sich tragen?", fragte der Bote weiter. ,,Noch nie hatten wir jemanden hier in Walhalla, der jemanden auf der Erde so sehr liebte.", sagte er nochmals. ,,Die Liebe in ihr zu diesen Sterblichen ist so unfassbar groß, dass sie diesem Gift widerstehen kann und sich an alles erinnert." ,,Wer genau ist nun dieser Sterbliche?", fragte der Bote. ,,Hicks Haddock der 3.", antwortete nun Odin. ,,Was sollen wir nun unternehmen?" Odin überlegte etwas und schaute ihn dann an..,,Tu alles, damit sie sich nicht noch an den Rest erinnert!", sagte er etwas strenger. Der Bote nickte, verbeugte sich und verließ den Raum.
Odin ließ einen Seufzer heraus.
Wie konnte die Liebe zwischen ihnen nur so groß sein? Das war doch unmöglich! Noch nie hatte jemand sich so sehr geliebt.
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