9. Eiskalter Schmerz

Das dunkle Holz des Schiffes knarrte,  als die zwei Freunde draußen am Deck landeten. Vor ihnen befand sich eine Schiffskabine und dahinter noch ein Steg. Im Moment schien alles ruhig und keine Menschenseele war zu sehen. Wahrscheinlich machten Astrid und Tint gerade drinnen unter Deck etwas. Leise stieg Hicks von Ohnezahn ab. ,,Bleib hier draußen, ich gehe rein.", flüsterte Hicks, da Ohnezahn nicht durch die Türe ins Innere passen würde. Das mulmige Gefühl war nicht verschwunden. Ganz im Gegenteil, es wurde nur noch größer. Nervös schritt Hicks auf die Türe zu, während Ohnezahn sich kleiner machte, sodass niemand ihn entdecken würde. Mit zittrigen Händen öffnete der Wikinger die Türe und schlich sich mit kurzen Schritten hinein. Hinter sich schloss er die Tür wieder und blickte schließlich nach vorne. Es war ein ganz normales Boot mit Kisten, in ihnen Proviant an Essen, ein Tisch mit zwei Stühlen und anderen Sachen. Gegenüber lag noch eine Türe, die nach draußen auf die andere Seite führte. Ein paar Schritte wanderte Hicks noch nach vorne, als plötzlich unter ihm das Holz knarrte. Sofort vernahm er Fußschritte vom Nebenzimmer, die immer lauter wurden. Hicks Blut gefror in seinen Adern. Die Wut, die der junge Mann trug, konnte er nur mit Mühe unterdrücken. ,,Ah, sieh mal an.. Hallo Hicks. Oder besser gesagt Hicksilein." Der Wikinger sagte nichts, sondern presste nur seine Lippen zusammen und ihn nicht anzuschreien. Das Verlangen danach war groß, sehr groß. Aber er hielt sich zurück. Er schaute Tint, der lässig an der Tür des Nebenzimmer lehnte, nur stur an. So lachte der Blonde und schwärmte: ,,Tja...So nennen mein Sonnenschein und ich dich. Ach ja..." Hicks spürte, wie er sich anspannte und verkrampfte. Lange konnte er dies nichtmehr durch halten. ,,Du kommst übrigens genau recht. Nämlich-" Nun hatte der Braunhaarige die Nase voll. Die Wut, die er in sich trug, ließ ihren freien Lauf. Hasserfüllt pfauchte Hicks den Kerl an und unterbrach ihn somit:,,Ich will es garnicht erst hören! Ich will nichts von dir hören! Wir wissen genau, was du mit Astrid angestellt hast! Du hast sie vergiftet, damit sie sich in dich verliebt! Du bist ein elender mieser Typ, der nichts Nützliches mit seinem Leben angefangen hat!" Tint lachte und sah ihn dann eindringlich ein. Wegen diesem Blick, ballte Hicks seine Hände krampfartig zu Fäusten. ,,Wie kannst du soetwas nur von mir denken. Ich könnte nie-", wollte der Blonde anfangen, doch Hicks unterbrach ihn: ,,Hör auf es zu leugnen! Ich weiß genau, was du angestellt hast und ich werde es dir nie verzeihen." Tint kam ein paar Schritte auf den braunhaarigen Drachenreiter zu und verschrenkte seine Arme amüsiert hinter dem Rücken. ,,Und wenn es so wäre, was willst du machen? Astrid hat sich nunmal für mich entschieden, daran gibt es nichts mehr zu ändern." Hicks schoss leichte Röte ins Gesicht und er fuhr den Kerl an: ,,Doch und ob es da etwas zu ändern gibt! Wenn ich ihr erst einmal weismache, was du getan hast, wird sie dich in kleine Splitter zerhacken!" Schon wieder lachte der Blonde. ,,Dann bitte, versuch's. Liebling!", rief er. Hicks kam es schon komisch vor, dass Tint ihn einfach so eine Change gab. Trotzdem nahm er sich zusammen und wartete auf seine Freundin ab. Anfangs hörte man schon Fußschritte von draußen. Hicks bekam ein unbekanntes Gefühl. Es war weder gut noch schlecht. Auch wenn nur zwei Tage vergangen waren, freute sich der junge Mann Astrid endlich wieder zusehen. Aber war sie genauso anders, als sie vorher geworden war? Dumme Frage. Natürlich. Und wenn Hicks sie nicht von der Wahrheit überzeugen konnte, war alles vorbei. Nun waren die inzwischen laut gewordenen Fußschritte nicht mehr zu hören. Hicks Augen weiteten sich. ,,Hey, Hicksilein, du kommst gerade rechtzeitig!", sagte Astrid, mal wieder mit dieser fröhlichen Stimme. Sie stellte sich neben ihren Freund und schaute Hicks belustigt an. Da sah der braunhaarige Wikinger wieder das lilafarbene Funkeln in ihren Augen. ,,Astrid, Du musst mir zuhören! Dieser Typ hat dich belogen und benutzt. Er hat dir ein Gift in das Getränk gegeben und so hast du dich in ihn verliebt!", erkärte Hicks rasch. Eine kurze Schweigesekunde trat an. Und wie auf Knopfdruck lachte Astrid drauf los. Tint konnte sich ebenfalls nicht beherrschen und alberte mit. Hicks sah die beiden verwirrt an. ,,Das war einer der besten Witze, die ich je im Leben gehört habe!", brachte die Wikingerin unter Lachen heraus. ,,Das war kein Witz, Astrid. Es ist wahr: Tint hat dich die ganze Zeit nur betrogen!", protestierte Hicks und die ersten Zweifel machten sich in ihm breit. ,,Hör auf, Hicks. Du kannst mich nicht von so einem Schwachsinn überzeugen.", gab die blonde Wikingerin bei und schaute den braunhaarigen Drachenreiter  noch immer belustigt an. ,,Aber wie willst du dir dann dein Verhalten erklären? Du hattest totales Bauchweh, als Tint dir das Getränk gegeben hat und danach warst du nur noch übernatürlich fröhlich. Das bist doch nicht du. Und das weißt du auch!" Tint schaute Hicks grinsend an, worauf dieser sehr zornig reagierte. Dieses Grinsen verabscheute er. Mehr als alles andere. Es enthielt Lügen, Hass und anderes. Der Wikinger presste seine Fäuste noch mehr zusammen. ,,Als ob. Jeder durchlebt eine Phase, in der man sich verändert. Und ich bin nur so glücklich, weil ich endlich meine wahre Liebe gefunden habe. Und du willst mir das jetzt etwa verderben?! Das ich einmal in meinem Leben auch Glück habe?", sprach Astrid. ,,Er ist nicht deine wahre Liebe. Und du hattest auch vorher schon Glück. Denk doch mal an all die schönen alten Momente auf der Basis. Was wir alles durchlebt und überstanden haben." Nun mischte sich Tint ins Spiel: ,,Kannst du nicht endlich damit aufhören? Du redest nur Mist und egal was du noch sagen wirst, uns wirst du nicht trennen können!", warnte er und nahm Astrid Hand. Er durchführte einen drohenden Schritt auf den Braunhaarigen zu. Astrid grinste wieder etwas und trat ebenfalls nach vorne. ,,Genau. Unsere Liebe ist zu groß. Also hör auf, Hicksilein.", sagte sie und summte den Kosenamen spöttisch. Allein das war für den Wikinger schon schmerzhaft genug. Genau davor hatte er Angst. Der vorher aufgesammelte Mut verschwand langsam. ,,A-Aber Astrid..." ,,Okay, Stop. Astrid wollen wir ihm die Neuigkeit erzählen?", stoppte Tint ihn. Die Blondine nickte aufgeregt und sprach voller Freude. ,,Tja..Wie werden in drei Tagen, wenn wir auf der Insel angekommen sind, heiirateeen!", sang sie voller Freude. Und genau in diesem Moment, blieb Hicks Herz stehen. Er bekam nichts mehr von der Außenwelt mit. Er bemerkte nicht einmal, wie das Paar fröhlich über die Hochzeit redete oder die Schwankungen des Bootes auf dem Meer. Er starrte nur fassungslos auf den Boden. Sie...Sie würden...würden... Sie waren doch erst 17! Der Mut war verflogen, nichtmehr enthalten. Hicks konnte es noch immer nicht fassen. Er hatte Astrid verloren, für immer. Auch wenn Hicks noch immer wusste, was Tint mit seiner Freundin getan hatte, wollte er weg. Er wollte einfach nur noch weg. Er musste weg. Der junge Mann gab auf. Er konnte nichts mehr unternehmen. Er schaffte es fast nichtmehr, sich zu rühren. ,,I-Ich m-muss weg!", gab er kurz und knapp bei, ehe er aus dem Raum rannte. Er hörte das Gelächter der Geliebten hinter sich und musste sich die Tränen unterdrücken. Ohnezahn stand flugbereit auf dem Deck. Schell sprang sein Reiter auf und hob ab. Ohnezahn grummelte Hicks fragend an. Er hatte keine Ahnung, warum Astrid nicht dabei war. Hicks aber gab keine Antwort. Der Wikinger brachte kein einzelnes Wort heraus. Er blickte nur starr in den Ozean. Dann schlug der Nachtschatten die Richtung zur Drachenbasis ein. Hicks war es egal, wohin sie flogen, hauptsache weg. Er hatte sie nicht zurück holen können. Wahrscheinlich würde er seine Freundin nie wieder sehen. Sie würde heiraten und später vermutlich Kinder bekommen, während Hicks mutterseelenallein veraltete. Nun konnte er Tränen nichtmehr unterdrücken. Sie nahmen ihren Weg auf den Wangen und es wurden immer mehr. Die Wut an diesem Typen, der das angerichtet hatte, sammelte sich und Hicks schrie alles aus sich hinaus. Er schrie mitten durch die Wolken, noch immer mit Tränen in den Augen. Und plötzlich bildete sich in seinem Kopf die nächste Frage. Was würden nur die anderen sagen?!

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