Väter
Sonntag, 17. Oktober 2021
Heute sind wir aus dem Hotel ausgecheckt. Zu kurze Flitterwochen, wenn ihr mich fragt, aber Mäuschen ist nun mal berufstätig. Da heißt es nicht zwei Wochen Herbstferien, sondern eine Woche Urlaub.
Den Rest des Tages kamen wir im Palast unter und hell, ich war so kurz davor einfach aus dem Fenster zu springen. Meinem Vater lag auf einmal sehr viel daran sein Verhältnis zu mir zu bessern und mir sollte vermutlich auch was daran liegen, weil er bald abkratzt und ich was von dem Erbe- Weil er mein Vater ist und ich ihn lieben und respektieren sollte. Aber holy, der Kerl geht mir dezent am Arsch vorbei.
Für den Kontext: Ich weiß, dass es nicht leicht ist König UND Vater zu sein und natürlich haben die Geschichtsbücher schlechtere königliche Erzeuger vorzuweisen als meinen Vater, aber er suckt halt einfach komplett darin. Also, ich glaube dieser Mann wollte nie eine Familie gründen, doch als König hatte er die Pflicht sich fortzupflanzen, um die Thronfolge zu sichern, also schwängerte er meine Mutter und Farena kam zur Welt.
Und wer zog Farena groß?
Seine Gouvernante.
Mama nahm sich täglich so viel Zeit wie möglich, um ihr dabei unter die Arme zu greifen und ihrem Kind die mütterliche Liebe zu geben, die es brauchte. Sie war eine temperamentvolle und strenge, aber auch liebevolle Frau und machte Farena zu dem gütigen, wenn auch leicht naiven König und Familienmensch der er heute ist. Ich komme optisch mehr nach unserer Mutter, doch er hat mehr von ihrem Charakter geebrt.
Vater hingegen schenkte Farena nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig.
Über neun Jahre später wurde Mamas Verlangen eine Tochter großzuziehen unüberhörbar, also suchte Vater sie das erste Mal seit Jahren in ihren Gemächern auf und der ganze Hof bereitete sich auf die Geburt von Prinzessin Leona. Das ist spanisch und bedeutet "Löwin".
Yo, ich kam zur Welt als komplette Enttäuschung, weil ich der zweite Junge in einer Tochterlosen Ehe war.
„Okay, es ist ein Junge“, hatte mein Vater wohl gesagt, „Leona zieht wohl nicht mehr. Wie wäre es mit Leon oder Leonardo? Ich persönlich fände Leo ja ganz nett.“
„Kön- Können wir nicht einfach bei Leona bleiben?“, hatte Mama gefragt und da es meinem Vater sowieso egal war, bekam ich einen Mädchennamen.
Lieber heißen wie ein Mädchen als kämpfen wie ein Mädchen @Malleus.
Jedenfalls begann die selbe Prozedur wie bei Farena. Gouvernante und Privatlehrer standen mir zur Seite, meine Mutter verbrachte so viel Zeit mit mir wie möglich und mein Vater tat so als würde es mich nicht geben.
Vater wurde krank, als ich zehn Jahre alt war, also inzwischen vor elf Jahren. Nicht sterbenskrank, doch schlimm genug um ans Bett gefesselt zu sein und nicht mehr regieren zu können. Farena kam an die Macht, mein Vater war Invalide und meine Mutter verfiel langsam in Depressionen. Die Ärzte meinten Vaters Zustand lege ihr auf der Seele.
Mama begab sich in Therapie und es ging ihr bald besser, doch jetzt wo Vater langsam dahin rafft verschlechtert sich ihr Zustand wieder.
Jedenfalls rief er mich zu sich, kurz nachdem wir im Palast ankamen. Ich setzte mich auf die Bettkante und sah in sein blasses Gesicht. Die braunen Augen waren matt und glanzlos, doch seine schmalen Lippen konnten ein kleines Lächeln für mich erübrigen.
„Du siehst aus wie deine Mutter.“
„Ist das ein Kompliment?“
Vater sah mich kurz verständnislos an. „Ich habe diese Frau geheiratet und ihr zwei Söhne geschenkt. Ich will doch meinen, dass ein Vergleich mit ihrem Antlitz ein Kompliment ist. Dein Bruder und unser süßer Cheka kommen eher nach mir mit diesen gräßlich roten Haaren und diesen langweiligen, braunen Augen.“ Er lachte heiser, den Blick an die Decke gerichtet. Mein Vater, einstiger Herrscher einer Weltnation, war jetzt so ungeschützt wie ein Neugeborenes. „Die Ärzte sagen wenn ich Glück habe, werde ich ein letztes Mal Weihnachten feiern können und ich weiß du bist zu Recht kein Familien Mensch, aber Leona, es würde mich freuen, wenn du mit uns zusammen feierst und sie ist natürlich auch eingeladen. Ich möchte nur noch mal mit euch zusammen-“. Sprechen bemühte ihn mehr als er sich eingestehen wollte, also unterbrach ich ihn mitten im Satz und versicherte ihm da zu sein.
Celina merkte am Abend in unserem Zimmer, dass etwas nicht stimmte. Sie fragte was los sei und umarmte mich. Dieses Mal war ich derjenige, der ihr Oberteil nass heulte.
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