Gift im Kessel, Gift in der Seele
Ich kann nicht mehr.
Ich will das einfach nicht mehr.
Dank dieser beschissenen Geheimnistuerei hat Theo Schluss gemacht.
Oder hat er nicht? Ich weiß es nicht.
Alles was ich weiß, ist, dass ich mit tränenüberströmtem Gesicht auf dem eiskalten Steinboden saß.
Am liebsten würde ich mir einfach das Dunkle Mal von meinem Arm nehmen, es in tausend kleine Teile zerreißen und ganz weit weg rennen. Aber davor kann man nicht wegrennen, hast du's einmal, hast du's immer.
Ich zwang mich dazu aufzustehen und meinen Weg in Richtung Gemeinschaftsraum fortzusetzen, bevor noch weiß Gott wer vorbeikommt und mich hier verheult am Boden sieht.
Ich stand auf und rieb mir die Augen, meine Wimpern klebten von der Flüssigkeit zusammen.
Langsam ging ich den Kerkergang weiter und traf auf meinem ganzen Weg niemanden, das Kellergeschoss schien wie ausgestorben.
Beim Gehen überlegte ich mir eine Ausrede für Daphne und Pansy, die sich bestimmt sofort auf mich stürzen und mich mit Fragen wo ich denn war bombardieren werden.
Am allerwenigsten wollte ich jetzt Theo begegnen. Vielleicht bräuchten wir einfach etwas Abstand von einander und es würde sich von selber legen.
Am zweitwenigsten wollte ich jetzt Draco begegnen. Seine Sprüche und Gerede vom Verschwindekabinett konnte ich jetzt echt nicht gebrauchen. Wahrscheinlich würde ihm nicht mal auffallen, dass es mir scheiße geht, wenn ich es mit dem Zauberstab in die Luft schreiben würde.
Plötzlich hörte ich ein leises Klirren, das klang, als wäre ein Stück Glas auf den Boden gefallen. Ich ging um die nächste Ecke, hinter der ich das Geräusch vermutete, und stand vor der Tür zum Klassenraum für Zaubertränke.
Die Tür stand einen Spaltbreit offen und das leise Blubbern einer Flüssigkeit über Feuer war zu hören. Wer musste zu dieser Zeit noch was brauen? Beim Nachsitzen wäre die Tür geschlossen gewesen, bei Nachhilfe hätte man mindestens eine Stimme gehört.
Vorsichtig stieß ich die Tür ein Stück weiter auf, um die Person im Raum erkennen zu können.
Mit dem Rücken zur Tür stand ein größerer Junge bei einem Tisch, haufenweise Zutaten um sich verteilt, ein offenes Buch neben sich auf dem Tisch liegen.
Als er den Kopf hob und von den Dämpfen, die vom Kessel vor ihm aufstiegen, zurückwich, erkannte ich ihn anhand seiner Haare. Ich überlegte zum Zauberstab zu greifen um tatsächlich eine Botschaft in die Luft zu schreiben...
"Was machst du da?", wollte ich sagen, doch schon beim ersten Wort schreckte Draco hoch und fegte ungeschickt mit den Armen mehrere getrocknete Pflanzen und das Buch vom Tisch.
Er drehte sich um, sah mich erst erschrocken an, doch innerhalb von einer Sekunde war in seinem Blick eine Spur von Wut zu erkennen.
"Geht's noch?!", rief er fast.
"'Tschuldigung, was hätte ich denn tun sollen?", sagte ich und betrat den Raum. "Wahrscheinlich würde dich auch 'ne Fliege, die auf deinem Kessel landet, erschrecken."
Während er die heruntergefallenen Zutaten vom Boden aufhob, ging ich auf den Kessel zu. Das Gebräu darin hatte eine unnatürlich grellgelbe Farbe und es roch stark nach einer Mischung aus Kuhfladen und verfaulten Eiern.
"Bäh, was wird das, wenn's fertig ist?", fragte ich, hielt mir die Nase zu und kehrte dem Kessel den Rücken zu.
"Wirst schon sehen", meinte Draco und legte das Buch zurück auf den Tisch.
Ich nahm es und wollte sehen, welche Seite er aufgeschlagen hatte.
Doch als ich den Einband etwas genauer betrachtete, konnte ich mehrere verschiedenfarbige Linien und Muster darauf erkennen. Die hatte ich mal beim Hausaufgaben machen mit der Farbwechseltinte gekritzelt.
"Hey, sag mal, ist das etwa mein Buch?", fragte ich, als Draco wieder vom Boden aufstand, die letzten getrockneten Blüten in der Hand.
"Ja, ich hab meines grade nicht gefunden", sagte er und rührte ein paar Mal im Kessel um.
"Dann such es gefälligst", erwiderte ich und schlug mein Buch zu.
"Komm schon, ich bin hier bald fertig und du brauchst es gerade sowieso nicht"
"Was machst du da überhaupt?", wollte ich jetzt wirklich wissen und legte das Schulbuch wieder neben den Kessel.
"Du sagst oft genug, dass du dich in meinen Teil nicht einmischen willst, also mach es auch nicht", sagte Draco bestimmt und ich verstand, was er mit meinen Teil meinte.
"Dann brauchst du aber auch nicht mein Buch dafür zu nehmen", sagte ich.
"Lucie, es ist nur das verdammte Buch!" Genervt sah er mich an, doch wieder änderte sich sein Gesichtsausdruck schnell, diesmal in Verwunderung.
"Deine Augen sind rot", sagte Draco misstrauisch.
Na, sieh einer an, er war von alleine draufgekommen!
"Nein, sind sie nicht", sagte ich. Ich musste nicht und wollte ihm auch nicht von dem mit Theo erzählen.
"Doch, da, kann man ganz gut erkennen"
Draco streckte die Hand aus und deutete auf mein rechtes Auge, blitzschnell hob ich den Arm und schlug seine Hand weg.
"Und warum fällt's dir dann erst jetzt auf und nicht als ich reingekommen bin?"
Ich wartete keine Antwort ab - ich hätte auch keine erwartet - sondern drehte mich um und ging wieder schnell zur Tür raus.
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