Abend im Gemeinschaftsraum
Auf dem Weg ins Innere des Schlosses bemühte ich mich schneller zu sein als Draco, ich wollte ihn jetzt nicht auch noch direkt neben mir haben.
Ich lief gerade die letzten Stufen zur Vorhalle hoch und konnte den Eingang zur großen Halle bereits sehen.
"Weißt du was, Lucie?", hörte ich Draco hinter mir rufen, ich hatte bereits das obere Ende der Treppen erreicht.
"Was weiß ich denn?", fragte ich genervt zurück und drehte den Kopf in seine Richtung.
Plötzlich lief ich in jemanden rein, der den Zugang zur großen Halle blockierte.
Überrascht, dass da jemand stand, sah ich zu dem Mann hin, er war mir fremd, etwa mittleren Alters, etwas größer als ich.
"Oh, Verzeihung", entschuldigte sich der Mann. Anhand seiner Körperhaltung konnte ich erkennen, dass er vor der Tür hin und her gegangen war und wir zufällig ineinander geraten waren.
"Nein, tut mir leid, ich hab Sie nicht gesehen", sagte ich schnell.
Er fing an mich zu mustern und sein zuerst gleichgültiger Blick wurde beim genaueren Anblick meines Kopfes mit einem Mal misstrauisch und beinahe angewidert, mir war sofort klar warum. Einen Malfoy erkannte man eben schnell.
Ich ging einen Schritt weg von dem Mann und wollte gerade in die Halle eintreten, doch, ich hätte es kommen sehen sollen, plötzlich stand Draco neben mir.
"Auror", flüsterte ich und nickte kaum merklich zu dem Mann an der Tür.
Wir betraten die große Halle und versuchten möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen, was nicht schwer war, da gerade die neuen Schüler eingeteilt wurden und alle Blicke nach vorne gerichtet waren.
Wir schlichen uns zur Tischreihe ganz links, dem Tisch der Slytherins.
"Weißt du", flüsterte Draco im Gehen, "es gibt eine ganz simple Erklärung, warum ich das mit deinem geliebten Potter nicht lassen kann"
"Wenn du das hier und jetzt vor mehreren Hundert anderen Leuten besprechen willst, dann stell dich doch gleich nach vorne zu den Lehrern", schlug ich sarkastisch vor.
Ich blieb stehen, Draco ging ohne weiteren Kommentar ein paar Plätze nach vorne.
"Hey", sagte ich und klopfte Daphne auf die Schulter.
Sie sah auf und lächelte als sie mich sah. "Hey, Lucie! Komm, setz dich", sagte meine beste Freundin und rutschte ein Stück zur Seite um mir auf der Bank Platz zu machen.
"Du bist spät dran. Wo warst du?", fragte Daphne.
"Wurde aufgehalten. Lange Geschichte.", antwortete ich knapp. "Hab ich was verpasst?"
"Nicht wirklich"
Plötzlich war ein lauter Schrei vom Sprechenden Hut zu hören. "Slytherin!", rief er.
Unser ganzer Tisch applaudierte lautstark um den schwarzhaarigen Jungen, der eingeteilt wurde, in unserem Haus zu begrüßen.
Anstandshalber klatschte auch ich kurz in die Hände. Während ich meinen Blick über den Tisch schweifen ließ, verstummte der Applaus wieder.
Außer Daphne saß neben mir noch einer der Fünftklässler, mit denen hatte ich nie recht viel zutun. Dafür hatte ich mit demjenigen, der mir gegenüber saß, schon ein bisschen mehr zutun.
"Hi", sagte ich zu ihm.
Theo wandte den Blick zu mir und wirkte überrascht, aber auch erfreut.
"Hi", sagte auch er und lächelte leicht.
Ich merkte wie mich Daphne leicht mit ihrem Ellenbogen anstupste, mir einen neugierigen Blick zuwarf und leicht zu Theo nickte.
Ich zuckte nur mit den Schultern und zeigte ein halbes Grinsen, ich würde ihr nachher von unserer Flirterei erzählen.
Nach dem Abendessen würden wir Schüler in unsere jeweiligen Gemeinschaftsräume geschickt.
Dumbledores Rede kam mir in diesem Jahr anstrengender und länger vor als sonst, im Allgemeinen hatte ich versucht ihn zu ignorieren.
Meine Gedanken drehten sich einfach viel zu viel um die Mission, dabei hatte sie noch nicht mal richtig begonnen.
Die einzelnen Jahrgänge Slytherins hatten sich ihren Weg durch den Kerker gebahnt und stellten sich vor der Wand, die den Eingang zu unserem Gemeinschaftsraum verbarg und dem neuen Vertrauensschüler auf, welcher die neuen Passwörter verkündete.
Ich sah Draco rechts vor mir stehen, ich beugte mich zu ihm vor. "Fürst du deine Karriere nicht weiter?", fragte ich schadenfroh, da er ja im letzten Schuljahr zusammen mit Pansy Vertrauensschüler war.
"Hätte dieses Jahr sowieso keine Zeit dafür", erwiderte Draco, ohne sich überhaupt zu mir umzudrehen.
Das diesjährige Passwort für die Sechstklässler lautete "Schlangentanz". Einfallslos, irgendwie, aber wenigstens leicht zu merken.
Nacheinander traten wir in den in grünliches Licht getauchten Raum unter dem See.
Nur wenige Schüler waren gleich dort geblieben, die meisten waren sofort weiter in ihre Schlafsäle gegangen um dort ihre Sachen, die wie üblich dorthin gebracht wurden, auszupacken. So taten es auch ich und die drei weiteren Mädchen aus meinem Jahrgang.
Die Betten waren in einem Viereck an den Wänden aufgestellt, zwei auf der rechten, zwei auf der linken Seite. Seit der ersten Klasse behielten wir die Verteilung auf die Betten bei, ich schlief in dem rechts hinten, Pansy neben mir, Daphne mir gegenüber. Millicent Bullstrode, die eigentlich nie zu unserem Freundeskreis gehört hatte, bekam immer das Bett, das übrig blieb. Sie scherte sich nie um uns und schien andere Freunde zu haben, also gaben wir uns alle so mit der Situation zufrieden.
Gerade wollten wir beginnen unsere Koffer, die neben den Betten standen, auszuräumen, als es an der Tür klopfte.
Wir sahen uns erst verwundert an, das passierte sonst nie.
"Ja?", rief Daphne zur Tür hin.
"Ihr sollt rauskommen. Alle, ist wichtig!"
Die Stimme stammte entweder von Crabbe oder Goyle, ich konnte sie beide weder richtig leiden, noch in manchen Dingen auseinanderhalten, auch nach Jahren nicht.
Wie verlangt gingen wir vier nach draußen und erkannten sofort was so wichtig war.
Snape stand vor der einzigen leeren Wand in diesem Raum, die der Ausgang war, und beobachtete uns, wie wir zu ihm nach vorne gingen.
Snape kam nur selten in den Gemeinschaftsraum, wenn überhaupt, also müsste es wirklich wichtig sein.
"Gut, nun da alle da sind", sagte Snape, als wir Mädchen bei ihm ankamen. Mit 'alle' meinte er unseren Jahrgang, denn die fünf Jungs waren auch ihm am nächsten, die restlichen Schüler waren alle im Raum verteilt.
"Erstmal möchte ich Ihnen herzlichen Glückwunsch zu Ihren relativ gut bestandenen ZAG-Prüfungen wünschen.", begann Snape. "Großteils waren die Ergebnisse sehr gut - ein paar kleine Ausreißer gab es jedoch" Er warf einen Blick auf Crabbe und Goyle, was uns und auch sie nicht wunderte. "Und da ich nun - schlussendlich - der neue Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste bin, möchte ich - für Sie zumindest - die Regeln etwas lockern. Alle, die die Prüfung relativ positiv, also mit 'Erwartungen übertroffen', bestanden haben, dürfen mein Unterrichtsfach weiterhin im Rahmen der UTZ-Kurse besuchen. Obwohl von Ihnen leider niemand mit 'Ohnegleichen' bestanden hat, bin ich dennoch sicher, dass ein paar von Ihnen die richtige Verteidigung gegen den ein oder anderen schwarzmagischen Fluch sicher brauchen werden."
Snape sah zu mir, ich wusste warum. Mutter hatte uns erzählt, dass er in den Plan eingeweiht war.
Ich versuchte seinem Blick auszuweichen und sah rüber zu Draco, der sich ans Sofa vor dem Kamin gelehnt hatte und zu Boden starrte.
"Hier sind Ihre Stundenpläne", sagte Snape und holte mehrere Blätter Pergament aus seinem Umhang hervor, die er an uns verteilte.
"Verteidigung gegen die dunklen Künste findet morgen in der zweiten Stunde statt."
Mit wehendem Umhang drehte er sich um und trat durch die Öffnung in der Mauer, die sich immer, wenn sich jemand dieser näherte, von selbst öffnete.
"Toll, noch ein Fach mehr", sagte Pansy genervt, drehte sich um und ging zurück zum Schlafsaal, ich und Daphne folgten ihr.
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