Kapitel 7

Nach Viel zu kurzer Zeit klingelte der Wecker und riss mich aus dem Schlaf. "Jessi, bist du wach?" Fragte Derek mich. "Mhm, ja." Antwortete ich noch etwas verschlafen. Vor dem einschlafen habe ich für mich selbst beschlossen das ich erstmal so tue als ob der fast Kuss vorhin nicht passiert wäre. Zumindest so lange bis der Fall vorbei ist, denn im Moment darf ich mir keine Ablenkung erlauben. Das darf keiner von uns.

Eine halbe Stunde später  saß ich neben Derek im Wagen auf dem Weg in die Innenstadt. Im Hotel hat das Team ausgemacht, dass wir in zweier Teams uns unter die Leute mischen um nach ungewöhnlichem Ausschau zu halten. Und da Derek und ich immer ein zweier Team sind, sind wir auch jetzt zu zweit unterwegs. Derek hatte nichts gesagt bezüglich der Situation im Fahrstuhl. Aber er verhält sich anders. Er meidet Blickkontakt und geht generell auf Abstand. Das ist scheiße, aber war zu erwarten. Nur passt es gerade echt überhaupt nicht, es sei denn wir wollen den Fall verkacken. Die Fahrt verlief schweigend. Derek musste sich auf das Fahren konzentrieren, da trotz der späten Stunde noch viel Verkehr herrschte. Und ich hing meinen Gedanken nach. Sie pendelten irgendwo zwischen der Sache mit Derek, meiner toten Familie und dem Fall. Ich muss oft an meine Familie denken. Das bleibt nicht aus, wenn es bei jedem Fall mindestens eine Familie gibt, die einen Angehörigen verloren hat. Aber, und ich weiß das klingt jetzt krank, ich beneide diese Familien. Denn am Ende konnten wir den Fall bis her immer aufklären, und die Angehörigen haben erfahren, wer der Täter ist und warum er das getan hat. Mir blieb dieses Wissen immer verwehrt. Mir fällt bei dem Gedanken ein Spruch ein, den ich vor einiger Zeit gehört habe:  Denke nicht so oft an das, was dir fehlt, sondern an das, was du hast.  Denke ich oft daran, was mir fehlt? Keine Ahnung... und was habe ich? Einen Job, der mir Spaß bringt, tolle Kollegen und den besten Freund den es gibt. Wobei ich mir beim letzten Punkt im Moment nicht so sicher bin.

"Wir sind da." reißt mich Dereks Stimme aus meinen Gedanken. Ich schaue mich um, und sehe das wir vor einer Kneipe parkten. Über dem Eingang wurde ein Plakat aufgehängt. "Hexen verboten, Jäger willkommen." "Das klingt doch vielversprechend." murmle ich während wir aus dem Auto steigen. "Man kann deine Waffe sehen." sagte Derek als ich gerade los laufen wollte. Ich verenke den Hals um zu sehen was genau mich verrät, aber Derek steht schon hinter mir und schiebt an meinem T-Shirt herum. "So, jetzt sieht man nichts mehr" "Danke." antworte ich und wir gehen nebeneinander auf den Eingang zu. "Ich glaube wir kriegen mehr in Erfahrung, wenn wir als Einzelpersonen da rein gehen." sage ich und Derek nickt. "Okay, wir bleiben aber in Kontakt und verlassen nicht alleine das Geschehen." "Klingt vernünftig." stimme ich zu. Derek geht als erstes in die Kneipe, während ich draußen einige Minuten warte. Was mich da drinnen wohl erwartet? Das ist mein erster Fall, indem ich mit Menschen zu tun habe, die wirklich an etwas übernatürliches glauben. Wird bestimmt interessant. Zum Glück habe ich keine roten Haare, denke ich und muss grinsen. Ich beschließe das ich genug gewartet habe und gehe ebenfalls in die Kneipe. Sofort kommt mir die stickige, verqualmte Luft entgegen durch die alles etwas schummrig erscheint. Ich schaue mich um. Es sind noch einige frei Plätze frei, aber die meisten der Leute, die bereits hier sind, sehen nicht mehr besonders nüchtern aus. Ich schätze mal, dass das durchschnittsalter bei Mitte bis Ende 20 liegt. Es sind definitiv mehr Männer hier vertreteten, aber das war zu erwarten, da Männer die Jäger und Frauen die Hexen sind. Ich entdecke Derek an einem Tisch im gegenüber liegendem Teil des Raumes. Er sitzt da zusammen mit zwei Frauen. Soweit ich von hier aus erkennen kann, hat die Frau zu seiner linken lange blonde Haare und trägt ein grünes, sehr gewargt ausgeschnittenes Kleid. Die Frau auf der rechten Seite hat kurze, braune Haare die in allen Richtungen abstehen. Sie trägt ein langes blaues Kleid, welches einen tiefen Rückenausschnitt hat. Beide Frauen sind hübsch, und entsprechen Dereks Typ. Welch ein Zufall. Oh man, ich sollte echt meine Hormone unter Kontrolle bekommen. Ich atme tief durch. Konzentration, ich bin schließlich als Profilerin hier. Mein Weg führt mich zur Bar, wo vier Männer sitzen. Ich setze mich auf einen freien Hocker und bestelle mir eine Cola. "So eine schöne Frau alleine in einer Kneipe, und sie trinkt nur eine Cola?" höre ich eine Stimme hinter mir. Ich drehe mich um. Vor mir steht ein Mann, ca. 30 Jahre alt. Er hat braune Haare, die er mit Haaregel hoch gestylt hat. Seine Erscheinung ist gepflegt. Er würde fast normal aussehen, wären da nicht die unzähligen Tattoos an seinen Armen. Ich kann nicht alles erkennen, aber einige sehen aus wie Pentagramme und Runen. Ich setzte ein lächeln auf. "Gerade weil ich alleine unterwegs bin, sollte ich doch bei Verstand bleiben. Besonders zu dieser Zeit." "Sie scheinen ein kluges Mädchen zu sein." antwortet der Unbekannte. "Ich bin Joe." stellt er sich vor und streckt seine Hand aus. Ich ergreife sie. "Hi, ich bin Jessi." "Darf ich dich auf einen richtigen Drink einladen Jessi? Schließlich bist du jetzt nicht mehr alleine." fragt er mich. Bah ist der schleimig, aber ich muss weiter spielen. Vielleicht weiß er etwas wichtiges. "Na klar darfst du das Joe."antworte ich deshalb und lächle ihn verführerisch an. Joe bestellt zwei Scotch und setzt sich zu mir. "Ich hab dich hier noch nie gesehen Jessi. Bist du neu hier?" fängt er ein Gespräch an und grinst mir schmierig an. "Ich bin nur zu Besuch hier. Ich hab gehört, dass es zu dieser Zeit hier viel zu sehen gibt." "Oh ja, besonders dieses Jahr. Ich wohne hier und nehme seit 10 Jahre an der Hexenjäger Woche teil. Aber dieses Jahr ist besonders." Bingo, da hab ich doch schon das Thema was ich will. "Du meinst diese Morde? Weißt du was davon?" frage ich nach und nehme einen Schluck von dem Scotch. "Nein, leider nicht. Aber ich habe den höchsten Respekt vor demjenigen, der das tut." sagt er und grinst dreckig. Ich muss blinzeln. Mir wird komisch, meine Sicht verschwimmt. "Geht's dir nicht gut? Komm, gehen wir mal raus." sagt er, grinst mich dreckig an und nimmt meinen Arm. Moment, hier läuft was falsch. Ich blicke auf das Glas vor mir. Hat er da was rein getan? War ich so unaufmerksam? Ich drehe mich um und falle dabei fast vom Stuhl. Ich versuche Derek zu finden. Er sitzt immer noch am Tisch mit den Frauen. Er sieht mich nicht. Er  bekommt nicht mit das alles aus dem Ruder läuft. "Na komm, du bist ganz blass." höre ich die Stimme von Joe noch, bevor ich das Bewusstsein verliere.

Koste jeden Moment deines Lebens, denn das Leben kann grausam sein.

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