Kapitel 35

Mein Ehemann lag zusammen mit unseren beiden Töchtern in unserem Bett. Er hatte die beiden Mädchen auf jeweils einer Seite. Seine Augen glänzten, voller Freude.
„Ich will mitkuscheln!" Elaina, welche mit mir gerade vom Zähneputzen gekommen war, sprang auf das Bett. Sie kletterte weiter über die Babys herüber und machte sich schließlich auf Sirius Bauch gemütlich.
„Kommst du auch zu uns?" Mein Ehemann sah zu mir herüber. Ich nickte leicht. Natürlich würde ich mich zu meiner Familie kuscheln. Ich setzte mich aufs Bett, nahm meinem Partner die kleine Kira Lorraine ab, bevor ich mich an ihn kuschelte. Meine Babytochter legte ich auf meinem Bauch ab, während ich mich an den jungen Auror kuschelte. Dieser drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
„Ich bin so froh, dass du wieder zu Hause bist. Ich habe mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Außerdem war das Bett so leer."
„Ich weiß."
„Hast du mit Sophia geredet? Wegen der kosten für den Zauber", fragte mich Sirius besorgt.
„Sie wollte nicht im Krankenhaus darüber reden. Wir treffen uns morgen Abend im Schloss."
„Ich komme mit. Also wenn das für dich in Ordnung ist. Schließlich geht es um meine Ehefrau." Ich nickte leicht.
„Wenn du willst, kannst du gerne mitkommen." Mir wurde ein Kuss auf die Wange gedrückt.
„Ich liebe dich, Stallbursche."
„Nicht so sehr, wie ich dich liebe, Prinzessin."

Die Maisonne schien durch die Fensterscheiben des Salons, indem ich mit Maélys, Sirius, Sophie, Marlon, Professor Noble und Elias zusammensaß. Wir hatten es uns auf den Sitzmöglichkeiten gemütlich gemacht, während die Nymphe von Apollon unruhig auf und ab lief. Sie schien es noch immer zu bereuen mein Leben gerettet zu haben.
„Also, welchen Preis muss ich bezahlen? Lebensjahre? Ich bin die Kriegsnymphe, ich lebe eh nicht lange." Die junge Französin sah belustigt zu der anderen Nymphe herüber. Unzufriedenes Grummeln kam allerdings von ihrem Freund.
„Mit dieser Lebenseinstellung mit Sicherheit nicht."
„Das ist nicht witzig, Maélys! Über solche Dinge solltest du wirklich keine Scherze machen!" Sophia sah böse zu der Kriegsnymphe herüber, welche ungeduldig zu der Nymphe herübersahen.
„Jetzt nenne uns endlich den schrecklichen Preis für den Zauber." Leises Seufzen kam von der Deutschen, bevor sie anfing zu reden.
„Carolin und Maélys, ihr teilt euch jetzt Maélys Lebensenergie. Wenn eine von euch krank oder verletzt wird, schwächt euch das jetzt beide. Jede Heilung von irgendeiner kleinen Wunde wird euch beide Schwächen und größere werden schneller tödlich, weil ihr euch nun einmal jetzt Maélys Lebensenergie teilen müsst. Stirbt die eine, wird die Lebensenergie ausgelöscht und die andere stirbt auch." Sirius Hand verkrampfte sich um meine herum. Sein Blick richtete sich auf Maélys.
„Du wirst dich in keinen Kampf mehr stürzen. Keine gefährlichen Missionen mehr. Am besten bleibst du einfach hier." Die Kriegsnymphe zog belustigt eine Augenbraue hoch.
„Dir ist bewusst, dass du gerade der Kriegsnymphe das Kriegstreiben verbieten willst."
„Wenn du abkratzt, wirst du meine Ehefrau mit dir nehmen. Ich werde nicht Witwer, bevor ich graue Haare habe! Hast du mich verstanden? Ich werde Falten haben und graue Haare! Und meine Kinder werden schon lange erwachsen sein, genauso wie es meine Enkel sein werden, bevor ich Witwer werde! Hast du mich verstanden? Dein Plan, drauf zu gehen, bevor du alt und grau bist, ist gestrichen. Du bist jetzt auch Mutter von zwei Kindern, die kannst du nicht einfach auf dieser Welt zurücklassen!" Mein Ehemann war während seiner Rede aufgesprungen und starrte wütend auf meine ehemalige Schulkameradin herab, welche ziemlich entspannt auf mich wirkte. Sie hatte sich nicht auf ihrem Platz bewegt, sah einfach weiter zu meinem Partner.
„Bist du fertig mit deiner Ansprache?"
„Ist das deine einzige Reaktion? Dass du mich fragst, ob ich fertig bin? Du riskierst ab jetzt nicht mehr nur dein einziges verdammtes Leben, wenn du auf Todesserjagd gehst, sondern du riskierst jetzt auch Carolins. Ich lasse das nicht zu, dass du sie in Gefahr bringst! Hast du mich verstanden?" Ich stand auf, um Sirius zu beruhigen. Die Kriegsnymphe hatte mir das Leben gerettet und es mit Sicherheit nicht verdient, jetzt von meinem Ehemann so angeschrien zu werden. Auch wenn sie mein Leben durch ihre ganzen Ordensmissionen in Gefahr brachte.
„Also bisher war es so, dass Carolin fast gestorben wäre. Ich noch nicht. Also riskiert sie eher mein Leben, als ich das ihre. Vielleicht sollte Marlon auch anfangen zu schreien." Mein Ehemann starrte die Kriegsnymphe fassungslos an.
„Wie – du –" Vorsichtig zog ich den Auror näher zu mir.
„Jetzt rege dich bitte wieder ab. Wir wissen alle, dass du dir wirklich viele Sorgen um mich machst. Gerade nachdem ich erst gestern aus dem St. Mungos entlassen wurde. Maélys weiß das auch und ich bin mir sehr sicher, dass sie mich nicht unnötig in Gefahr bringt. Nicht wahr?" Ich sah zu der Kriegsnymphe herüber.
„Solange du noch Lust auf diese Welt hast, werde ich mich zurückhalten. Und du wirst auch besser auf dich aufpassen, nicht wahr?"
„Ich werde so gut auf mich aufpassen, wie ich kann." Die Französin sah triumphierend zu meinem Ehemann herüber, welcher noch immer ziemlich unzufrieden aussah.
„Jetzt höre endlich auf, so grummelig zu gucken." Ich tätschelte meinem Ehemann den Kopf, weshalb er sich zu mir umdrehte und an mich kuschelte. Sein Kopf hatte er an meine Schulter gelehnt. Obwohl Sirius es nicht aussprach, wusste ich genau, was er mir mitteilen wollte. „Bitte bleibe bei mir."
„Ich liebe dich, Stallbursche." Anstelle einer Antwort kam ein leises Wimmern. Merlin, es war wirklich Zeit ihn mal aus diesem Raum rauszubringen, damit er einmal tief durchatmen konnte. Frische Luft und Ruhe würden ihm sicherlich sehr guttun.

Sirius und ich liefen über den Vorplatz des Schlosses. Der Kies knirschte unter unseren Füßen. Mein Ehemann trottete mit hängenden Schultern neben mir her.
„Jetzt gucke nicht so, als hätten wir gerade meine Krebsdiagnose bekommen." Ich strich ihm liebevoll über die Schulter.
„Krebsdiagnose?" Ich wurde verwirrt angesehen.
„Eine tödliche Muggelkrankheit."
„Als würde es nicht reichen, dass dein Leben die ganze Zeit in Gefahr ist, jetzt gibt es eine doppelte Chance, dich zu töten. Jetzt heißt es nur noch Maélys oder – Carolin was ist mit unseren Zwillingen. Du – sie waren noch nicht geboren. Was ist – ich kann euch doch nicht alle verlieren. Was wird – ich will nicht wieder alleine sein. Was passiert außerdem mit unseren weiteren Kindern? Werden die dann auch alle sterben?" Ich hielt meinem Ehemann den Mund zu, um seinen Redefluss zu unterbrechen. Bei den zwölf Göttern, er war wirklich hibbelig.
„Sirius, frag am besten Sophia. Sie wird wissen, wen sie geheilt hat. Allerdings würde ich davon ausgehen, dass sie es uns gesagt hätte, wenn es auch unsere Kinder betreffen würde. Also wirst du uns nicht alle gleichzeitig verlieren. Mich im Übrigen auch nicht. Ich bin immer da. Hörst du mich? Egal was passiert, du bist nicht alleine. Ich bin immer hier drin." Ich tippte ihm auf die Stelle der Brust, wo sein Herz war. Sirius wimmerte mal wieder leise.
„Komm, lass dich umarmen." Ich blieb stehen, weshalb das Knirschen verstummte. Mein Ehemann kuschelte sich an mich.
„Ich wünschte, wir wären zu einer friedlichen Zeit geboren."
„Das wünschen wir uns alle."
„Ständig verliere ich dich fast. Erst verschwindest du auf die Bahamas, dann nach Kanada und jetzt wärst du beinahe ermordet worden. Carolin, ich kann nicht mehr. Lass uns Patricia Prim und Kira Lorraine einfach einpacken und irgendwohin, wo uns kein Todesser findet. Maélys sollten wir auch einpacken." Ich strich ihm durch die Haare.
„Du würdest innerhalb von wenigen Tagen durchdrehen und zurückwollen. Das wissen wir beide. Du hättest das Gefühl James, Remus und Peter im Stich zu lassen, genauso wie den ganzen Orden und sämtliche Muggelstämmigen. Wir sind beide nicht die Art von Menschen, die einfach die Füße hochlegen, während auf der Welt Ungerechtigkeit herrscht."
„Das will ich nicht hören, Prinzessin."
„Aber es ist die Wahrheit."
„Kannst du mich nicht einfach anlügen und behaupten, wir würden fliehen? Morgen würde ich dann selber auf die Idee kommen, dass wir es nicht machen werden." Ich löste mich von Sirius, damit ich ihm in die Augen sehen konnte.
„Wenn du willst, dann verstecken wir uns den Rest unseres Lebens in diesem Schloss, zusammen mit Deborah, Michael und allen anderen, die du noch gerne hier hättest." Zufriedenheit blitzte kurz in dem Blick meines Ehemannes auf, bevor er wieder der Angst wich. Angst, jemandem in diesem Krieg zu verlieren, Angst doch irgendwann die falsche Entscheidung zu treffen oder schon getroffen zu haben, Angst davor diesen Krieg nicht zu überstehen. All das mischte sich in seinem Blick, weshalb sich mein Magen umdrehte. Zum einen weil ich das fröhliche Glitzern viel lieber sehen wollte, als diesen verängstigten Blick, zum anderen, weil ich mich genauso fühlte.
Angst war im Krieg ein ständiger Begleiter. Niemand konnte ihn abschütteln. Auch wenn jeder es gerne leugnen würde. Die ganze Situation zerrte an den Nerven, brachte einen um den Verstand und würde uns wohl für immer Zeichnen. Egal ob wir nun in einem Jahr aus diesem Krieg rauskommen, in zehn Jahren oder in fünfzig Jahren. Egal, auf welche Art wir diesen Krieg verlassen, als Sieger oder als Gefallener, eines stand fest. Der Krieg veränderte uns von Tag zu Tag mehr. Er nahm uns von Tag zu Tag mehr. Familie, Freunde, Vertrauen und auch ein großes Stück Kindheit gingen verloren und wir waren nicht einmal in ihn hereingeboren. Elaina, Marianne und meinen Zwillingen könnte noch ein viel größeres Stück Kindheit genommen werden, vielleicht sogar die Ganze.

Ich hatte meine Augen geschlossen, während ich dem Rauschen der Blätter zuhörte. Der Geruch von Sirius stieg mir in die Nase, was daran liegen könnte, dass ich mich an ihn gekuschelt hatte. Wir standen noch immer fest umschlungen auf dem Vorplatz. Komischerweise war mir nicht einmal richtig kalt. Zwar merkte ich, dass es kühl war, doch es war nicht unangenehm.
Man hörte wieder den Kies unter Füßen knirschen. Wenn ich es richtig hörte, dann waren es drei verschiedene Personen. Vorsichtig löste ich mich von meinem Ehemann, auch wenn ich es nur sehr widerwillig tat. Ich sah in Richtung Schloss, von wo die Schritte kamen. Sophia kam mit ihrem Ehemann und ihrem Bruder die Treppen herunter.
„Wir wollen langsam aufbrechen. Wir müssen morgen früh alle arbeiten."
„Es war schön, euch drei Mal wieder zu sehen. Auch wenn es unter diesen Umständen war."
„Fand ich auch. Ich denke, wir sehen uns bald wieder." Professor Noble löste sich von seiner älteren Schwester und kam ein paar Schritte auf uns zu. Sirius griff zuerst nach der ausgestreckten Hand des Wahrsagelehrers. Dieser schüttelte die Hand meines Ehemanns kurz, machte ein paar uneindeutige Andeutungen, dass Sirius keine Brötchen essen sollte, bevor er sich an mich wandte. Auch mir wurde die Hand des Blinden hingehalten. Diese ergriff ich ebenfalls.
„Auf Wieder-" Der Lehrer brach ab. Stattdessen schien er erneut, durch mich und Sirius durchzusehen. Seine Hand verkrampfte sich um meine.
„Der Stern mit sechs Zacken, eine Macht, kaum noch bekannt. Schloss und Schlüssel zu gleich, für die Verbannung des Unglücks. Die Schatten, das Dunkle, langsam wird der Stern verdeckt. Nur noch ein schwacher Schein, der eigentliche Glanz, Erinnerung. Ein neuer Stern nimmt den Platz. Ein hellerer Schein, als je zuvor. Die Macht, die Schatten zu erleuchten. Auserwählt für den letzten Kampf. Doch der achtköpfige Zerberus, angezogen vom hellen Schein, er will den Stern verführen. Schwärzt dessen weißes Licht. Der Schein zweier Sterne, durch ihr Blut verbunden, länger als das Leben selbst, zu hell für die Dunkelheit. Der Stern, seit langem verdunkelt, durch die Dunkelheit verdeckt, angewiesen auf den hellen, um ein weiteres Mal zu leuchten. Der Vogel, frei im Wind, die Prinzessin, stark wie ein Bär, durch den Phönix verbunden, entsteht die Blume. Die wilde, 18 blättrige Rose, Blätter in Silber, in Gold, die Rose langsam verwelkend, fällt nach und nach Blatt für Blatt. Das Fallen des letzten Blattes, stillstand des schwarz-weißen Herzens. Das Licht erleuchtet die Schatten. Die letzte Schlacht beginnt." Der Griff um meine Hand lockerte sich wieder.
„-sehen." Der Lehrer hielt kurz inne, bevor er weiterredete.
„Ich hatte eine Vision nicht wahr?"
„Ja, hattest du, Mopsos. Wieder über den achtköpfigen Zerberus und den sechszackigen Stern." Sophia sah ihren Bruder mit schiefgelegtem Kopf an.
„Carolin, warum nimmt ein neuer Stern den Platz ein. Der Stern wart beim letzten Mal – dann ist der neue – " Mein Ehemann brach ab. Er starrte mich mit weitaufgerissenen Augen an.
„Es sagt nicht, wann wir sterben, ok, Sirius. Vielleicht braucht die Prophezeiung noch viele Jahre bis sie eintrifft."
„Außerdem heißt es in der Prophezeiung, dass der Stern ein weiteres Mal erleuchtet. Wenn man also das Erlöschen des Sternes als Tod betrachtet, was durchaus zutreffen würde, wäre das erneute Scheinen wohl die Auferstehung", kam es vom Eingang des Schlosses. In dem stand Deborah mit Maélys, Marlon und Michael. Letzterer hatte gesprochen. Seine Worte brachten allerdings die zwei Hexen an seiner Seite zum Lachen.
„Ach Michael, du bist ja putzig. Keine Macht der Welt kann eine tote Person wieder zurück ins Leben holen." Maélys sah belustigt zu dem ehemaligen Lehrer herüber.
„Aber Sophia hat doch –"
„Ich habe Carolin geheilt. Ich habe sie nicht zum Auferstehen gebracht. Sie ist lebendig und war es die ganze Zeit. Nicht einmal ich kann etwas aus dem Totenreich zurückholen. Was im Totenreich ist, bleibt für immer ans Totenreich gebunden. Er kann es höchstens verlassen, um eine ihm nahestehende Person aus der Zwischenwelt zu holen. Aber weiter ins Reich der Lebenden kommt er nicht."
„Vielleicht ist die Frage dumm, aber was ist die Zwischenwelt? Oder das Totenreich?" Mein Ehemann sah fragend zu mir. Ich zuckte leicht mit den Schultern. Totenreich konnte ich mir noch leicht erklären, doch die Zwischenwelt war mir neu.
„Schön, dass du fragst Sirius. Zwar die falsche Person, aber das ignoriere ich einfach Mal. Es gibt mehrere Reiche. Die Erde, wo wir wohnen, also das Reich der Lebenden. Das Totenreich, indem alle Verstorbenen verweilen und dazwischen ist das Zwischenreich. Für die Leute, die weder richtig tot, noch richtig lebendig sind. Deine Carolin war dort. Als sie gerade am Sterben war. Ein Wunder, dass sie dir nicht davon erzählt hat." Ich biss mir auf die Unterlippe. Ich hatte tatsächlich davon geträumt, meine Mutter würde mit mir reden, als ich im St. Mungos gelegen habe. Allerdings hatte ich es bisher als Traum abgetan.
„Sie hat es als Traum abgetan." Maélys sah mich mit schiefgelegtem Kopf an. An meinem Gesicht konnte man eindeutig alles ablesen, wenn man mich ein wenig kannte.

„Du hast mir versprochen, dass du mich nicht alleine lässt!" Sirius sah mich vorwurfsvoll an
„Hör auf so rumzuschreien. Patricia Prim und Kira Lorraine sind endlich eingeschlafen. Du weckst sie noch auf."
„Genauso wie Marianne und Elaina. Die beiden sind auch eingeschlafen." Samuel sah ebenfalls vorwurfsvoll zu meinem Ehemann herüber, welcher unruhig auf und ab tigerte.
„Aber –" Ich zog Sirius neben mich auf das Sofa im Salon unseres Schlosses. Nachdem Professor Noble die Prophezeiung ausgesprochen hatte, waren wir doch nicht alle nach Hause zurückgekehrt. Stattdessen waren wir im Schloss geblieben. Wir hatten die restlichen Nymphen zusammengetrommelt, welche allesamt so schnell, wie sie konnten, gekommen waren. Eine Prophezeiung, die unseren Tod hervor sagte, ließ jeden alles stehen und liegen lassen. Es klopfte vorsichtig an der Salontür. Maélys steckte den Kopf durch die Tür.
„Darf ich die Familienidylle stören? Oh, Sirius meinte, Carolin und ich sind wohl jetzt beide die Mutter von den Zwillingen, also darf ich das ab jetzt immer. Also was ich eigentlich sagen wollte, wir sind vollzählig. Sophia ist auch mal wieder eingetroffen. Mit ihrem Zauberbuch. Kommt ihr mit rüber oder wollt ihr hier noch weiter durchdrehen, weil eine neue Prophezeiung gesprochen wurde? Damit meine ich vor allem Sirius. Samuel, du bist erstaunlich ruhig." Ich sah zu meinem Großcousin herüber, welcher wirklich erstaunlich ruhig schien, vor allem wenn man bedachte, was er alles laut dieser Prophezeiung verlieren würde.
„Ich muss mich nicht über eine Prophezeiung aufregen, in der gesagt wird, dass die Nymphen wiederbelebt werden."
„Sophia sagte –"
„Ich weiß, was Sophia gesagt hat, Sirius. Sie kann niemanden aus dem Totenreich zurückholen. Aber sie wird kaum ein Zauberbuch über Nymphenmagie geholt haben, wenn sie nicht eine Lösung für unser Problem darin vermuten würde."

Das Zauberbuch lag aufgeschlagen auf dem Tisch, um den sich die Nymphen und ihre Begleiter versammelt hatten. Allison hatte sich an ihren Vater gekuschelt, welcher schützend einen Arm um sie gelegt hatte. Zwar war sie nicht mehr die junge Schülerin, die wir damals in Contreas kennengelernt haben, doch noch immer viel zu jung für den Krieg. Zu jung, um ihr Leben zu verlieren. Ihr Vater sah es wohl genauso. Andere wirkten hingegen ziemlich entspannt. Sarah zum Beispiel, welche nur gemeint hatte, dass sie eh schon alt war und es langsam Zeit war, platz für eine neue Nymphe zu machen.
„Jetzt, wo wir komplett sind, können wir auch endlich anfangen. Also, es gibt keine Möglichkeit eine tote Person wiederzubeleben. Wer einmal im Totenreich ist, kann nicht mehr auf die Erde zurückkehren."
„Das bringt uns nicht weiter, Sophia!", rief Sirius ziemlich angespannt. Die Angesprochene schien es jedoch einfach zu ignorieren.
„Allerdings ist es möglich zu verhindern, dass Menschen überhaupt erst bis ins Totenreich vordringen. Die Geister kehren aus der Zwischenwelt wieder ins Reich der Lebenden zurück, obwohl ihre Körper nicht mehr vorhanden sind."
„Also willst du, dass ihr alle zu Geistern werdet. Das ist eine supertolle –" Ich hielt meinem Ehemann den Mund zu, damit er nicht ständig dazwischenredete.
„Was ist dein Plan, Sophia?" Ich sah zu der jungen Frau herüber, welche seufzend erneut anfing zu reden.
„Wie ich schon gesagt habe. Nur weil jemand Tod ist, muss er nicht ins Totenreich. Er kann als Geist zurückkehren, allerdings verliert man damit seine ganze Macht und auch einen Geist kann man nicht wieder lebendig machen. Was allerdings geht, ist jemand aus dem Zwischenreich wieder zurückzuholen. Das habe ich bei Carolin gemacht und meine Nachfolgerin kann uns theoretisch auch alle zurückholen."
„Die Art, wie du theoretisch sagst, gefällt mir ganz und gar nicht." Deborah sah misstrauisch zu Apollons Nymphe herüber, welche sich auf die Unterlippe biss.
„Das Problem ist, dass man nur eine sehr kurze Zeit in der Zwischenwelt bleibt. Wenn die Lebensenergie hier auf der Erde unter ein bestimmtes Level fällt, geht man in sie, erlischt die Energie ganz, geht die Seele weiter in das Totenreich. Ein Todesfluch lässt die Lebensenergie sofort erlischen. Man bleibt vielleicht eine Sekunde in der Zwischenwelt. Erliegt jemand seinen Verletzungen langsam, so wie es bei Carolin der Fall war, dann ist man dort auch länger, aber nicht lang genug, wenn nicht jemand mit meiner Magie gerade bei einen ist. Damit unsere Seele im Zwischenreich bleiben und wir nicht richtig sterben oder zu einem Geist werden, muss ein Zauber gesprochen werden, der uns da festhält. Also die Ausgänge versperrt. Ähnlich wie der, den die Götter einst genutzt haben. Allerdings gibt es dabei zwei Probleme. Wie bei dem Zauber der Götter müssen wir auch bei diesem Zauber Leute als Schlüssel wählen. Pro Nymphe ein Schlüssel und um später die Magie aufzubringen, den Zauber rückgängig zu machen, reicht die Macht von 12 Nymphen nicht mehr aus. Da müssen alle 13 die Worte sprechen." Es herrschte kurz Totenstille im Raum, bevor Tumult ausbrach.
„Das kann doch nicht dein Ernst sein! Dann könnt ihr euch den Zauber gleich sparen! Der dunkle Lord würde niemals dabei mithelfen, euch zu befreien und sich selbst zu vernichten!" Samuel starrte wütend zu Sophia herüber. Offenbar machte er sich nun doch Sorgen um uns. Zu Recht. Sirius machte sich von mir los und rannte aus dem Raum. Die Tür knallte hinter ihm ins Schloss. Michael diskutierte eindeutig mit Deborah und auch Sarah schien nun nicht mehr ganz so zufrieden mit der Todesbotschaft zu sein.
Ein lauter Pfiff ertönte. Maélys war auf den Tisch geklettert und hatte diesen unangenehmen Ton erzeugt, welcher alle wütenden Stimmen übertönte. Er ließ die Stimmen sogar verstummen.
„Ich weiß, die Situation ist nicht gerade optimal, aber haben wir wirklich eine andere Wahl als diesen Zauber zu sprechen?" Sie sah in die Runde. Alle machten ein betretendes Gesicht. Niemand wusste eine Alternative.
Wir hatten schon Glück, dass sich Sophia besser mit ihrer Nymphenmagie auseinandergesetzt hat, als ich es getan habe. In diesem Schloss gab es Regale voll mit Büchern über meine Magie und ich hatte bisher davon gerade einmal eines angefangen zu lesen. Eine Tatsache, die ich mit Sicherheit bald ändern werde, vor allem wenn man bedachte, wie gut es war, dass Sophia die Bücher, die sie noch besaß, weil ihre Vorgängerin sie aus dem Schloss mitgenommen hatte, gelesen hatte. Zwar kannte sie nicht mehr jeden Zauber auswendig, doch sie wusste wenigstens grob, welche es gab.
„Das habe ich mir gedacht. Sophia, was brauchen wir für deinen Zauber?"
„Jeder muss sich überlegen, wen er als Schlüssel wählt. Diese Person muss dann bei dem Wiederauferstehungsritual anwesend sein. Also wäre es am besten, wenn es sofort die Nachfolger werden. Allerdings macht es kein Sinn, den Zauber zu sprechen, wenn eine Blutlinie durchbrochen wird." Der Blick der blonden Nymphe glitt zur Gewitternymphe, welche rot anlief.
„Hoffen wir einfach, dass ich nicht in den nächsten Monaten abkratze. Ich bin schwanger."

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