Kapitel 14

Nervös lief ich auf und ab. Es war Montag. Trotz Regulus Warnung waren Samuel und ich ins Krankenhaus gefahren. Nach unserem Treffen hatten wir noch Professor Dumbledore informiert. Die Informationen über den Angriff konnten wir schlecht für uns behalten. Das ging doch eine Spur zu weit für uns. Auch wenn der Schulleiter gerne unsere Quelle erfahren wollte, hatten wir über Regulus geschwiegen. Er brauchte es nicht zu wissen, von wem genau diese Information stammt. Nach dem Gespräch hatte er versprochen, dass er dafür sorgte, den Orden zu informieren und auch dafür zu sorgen, dass auch der Leiter der Aurorenabteilung und der Leiter des St. Mungo davon erfuhr.
Auch Maélys und ihre Familie waren in Alarmbereitschaft versetzt. Die Kriegsynmphe wartete nur noch darauf, dass sie über einen Angriff informiert wurde, um Samuel und mir zur Hilfe zu eilen. Doch obwohl alles in Alarmbereitschaft war und nur auf einen Hilferuf wartete, war ich furchtbar nervös. Dem entsprechend konzentriert war ich auch beim Üben der Heilzauber. Dabei waren die Stunden mit den anderen zusammen eh schon lange und kompliziert.
Meine Beliebtheit war in den letzten zwei Monaten nicht wirklich gestiegen. Ignoranz fand ich allerdings mittlerweile vollkommen in Ordnung. Jedenfalls meistens. Doch heute hätte ich gerne jemanden an meiner Seite, der mir ein wenig Mut zu sprach. Heute würde ich sehr gerne, oben bei Samuel und Fabian sitzen. Die beiden Heiler lehrten mir mit viel Freude neue Dinge oder wir scherzten rum.
Der Rundgang mit meinem Ausbilder in der Abteilung für Vergiftungen durch Zaubertränke und magische Pflanzen machte mir auch immer sehr viel Spaß. Viele der Patienten erzählten irgendwelche interessanten Geschichten. Zum Glück hat es in letzter Zeit auch nicht wieder so schwerverletzte Patienten gegeben, wie es bei Mathew Avery der Fall gewesen war. Etwas, was sich heute wahrscheinlich ändern würde. Mason klatschte in die Hände und holte mich damit aus meinen düsteren Gedanken raus.
„Zeit fürs Mittagessen, Leute." Erleichtert senkte ich den Stab. Mittagessen war doch eine wirklich gute Nachricht. Endlich konnte ich zu Samuel und Fabian von meinen ganzen misslungenen Zaubern erzählen. Wird die beiden ausgebildeten Zauberer sehr wahrscheinlich amüsieren.

Ich eilte den Flur entlang. Zeit, Samuel und Fabian abzuholen. Ich hatte die Treppen erklommen und steuerte nun auf die Tür zu, welche zur Abteilung führte, wo ich momentan ausgebildet wurde. Ich wollte gerade die Klinke herunterdrücken, als ich links von mir eine Bewegung wahrnahm.
Erschrocken wirbelte ich herum, nur zu entdecken, dass ein kleiner rothaariger Junge neben mir gelandet war. Er ist wohl gerade von oben herunter gekommen.
„Ich kann das auch!" Ein weiterer rothaariger Junge kam ebenfalls auf der Treppe in Sicht. Wie der andere sprang er mit Anlauf ein Stück der Treppe herunter. Allerdings kam er nicht so weit wie der andere. Er kam auf der Kante einer Stufe auf und drohte die Restlichen runterzufallen.
„Arresto Momentum!" Ich hatte blitzschnell meinen Stab herausgezogen, mit welchen ich den Sturz abfing. Anstelle unsanft auf die Nase zu fallen, landete der ungeschickte Junge sanft auf dem Boden.
„Ist alles in Ordnung, Kleiner?" Schnelles Nicken war die Antwort.
„Das ist gut. Seit beim nächsten Mal ein bisschen vorsichtiger, in Ordnung?" Erneutes Nicken der beiden Jungen.
„Wo ist denn eure Mutter oder euer Vater?"
„Mama hat gesagt, wir dürfen zu Onkel Fabian gehen", erklärte der Größere, der beiden, welcher problemlos die Treppe heruntergesprungen war, stolz. Onkel Fabian? Mir viel spontan nur ein Fabian ein, der dafür in Frage kam. Vor allem da die roten Haare auf eine Verwandtschaft hinwiesen.
„Meint ihr Fabian Prewett?"
„Ja, Onkel Fabian ist hier Heiler", erklärte der Jüngere der beiden voller Stolz. Ich öffnete die Tür zu der Abteilung.
„Fabians Büro ist gleich hier um die Ecke." Die beiden Jungen sahen sich kurz an, dann stürmten sie gleichzeitig durch die Tür.
„Ich bin zuerst bei ihm!"

Die beiden Neffen von Fabian erreichten lange vor mir dir Tür zum besagten Büro. Sie waren wohl nicht das erste Mal, ihren Onkel hier besuchen. Dafür kannten sie sich hier viel zu gut aus. Ohne anzuklopfen, stürmten die beiden das Büro.
„Onkel Fabian!"
„Charlie? Bill? Was macht ihr beiden denn hier?" Ich kam am Büro an. Die beiden Jungen standen vor ihrem Onkel und grinsten ihn glücklich an.
„Ich habe Percy eine Schweinchennase gezaubert", erklärte der Größere der beiden stolz.
„Mama, konnte den Zauber nicht mit den ihr bekannten Zaubern rückgängig machen", führte der jüngere die Erzählung fort.
„Deshalb sind wir hierhergekommen." Ich ließ mich auf Samuels Schoß fallen, um die beiden im Sitzen weiter zu beobachten.
„Und wo ist Molly gerade?"
„Noch mit Percy eine Etage höher. Sie hat gesagt, wir sollen gucken, ob du in deinem Büro bist und dich fragen, ob du mit uns zu Mittag isst. Hast du Zeit? Bitte sag ja, Onkel Fabian, bitte." Der Größere unterstützte die Aussage des Kleineren mit wildem Nicken.
„Wir wollten eh gerade essen gehen." Fabian sah unsicher zu Samuel und mir. Der Blick der beiden Jungen glitt zu uns. Offenbar hatten sie in ihrer Euphorie ganzen vergessen, dass ihr Onkel nicht mehr allein ein Büro hatte, sondern sich nun eins mit Samuel teilte.
„Hallo", die beiden wanken uns zu.
„Hallo, ihr beiden." Samuel gluckste leise.
„Charlie, Bill, das sind Samuel Huxon und Carolin Sanders. Samuel, Carolin, zwei meiner Neffen Bill und Charlie." Fabian zeigte erst auf den Größeren, dann auf den kleineren.
„Seid ihr verheiratet?" Charlie betrachtete meinen Großcousin und mich aufmerksam. Ich schüttelte entsetzt den Kopf und auch Samuel wirkte nicht glücklich bei dem Gedanken.
„Warum sitzt du dann auf Samuels Schoß?" Bill sah uns ebenfalls mit schiefgelegtem Kopf an.
„Wir sind Geschwister. Sozusagen." Die beiden schienen total verwirrt auf Grund dieser Erklärung.
„Entweder seid ihr Geschwister oder ihr seid keine. Beides geht nicht." Der größere Neffe von Fabian sah uns trotzig an.
„Carolin ist eigentlich meine Großcousine, aber wir sind wie Geschwister aufgewachsen." Die beiden sahen sich kurz an, bevor sie nickten. Mit dieser Erklärung waren sie anscheinend zufrieden. Sie rannten wieder in Richtung Tür.
„Wir sind zuerst in der Cafeteria!"

„Charles und William Weasley!", hörte ich eine rundliche, rothaarige Frau tadelnd rufen. Sie hatte ihre Hände empört in die Hüften gestemmt. Ihr Gesicht wirkte trotz des ernsten Gesichtsausdrucks sehr freundlich und offen. Die beiden Jungen hatten sich mit gesenkten Blick vor ihr hingestellt.
„Ihr könnt hier doch nicht einfach so durchrennen. Ihr stört alle Leute, die hier Essen."
„Entschuldige, Mama." Bill und Charlie ließen die Köpfe hängen.
„Jetzt setzt euch zu eurem Bruder." Die beiden Kinder setzten sich zu einem dritten rothaarigen Jungen. Er war wohl der jüngste der drei Neffen von Fabian. Ich schätzte ihn zwei Jahre alt, vielleicht auch ein Jahr jünger oder älter.
Die Frau wandte sich an uns drei Heiler.
„Fabian, mein kleiner Bruder, schön dich mal wieder zu sehen."
„Hallo, Molly. Wo hast du denn meine beiden kleinsten Neffen gelassen?"
„Fred und George sind bei unseren Eltern. Ich wollte sie nicht mit hierher nehmen. Wer sind denn deine beiden Begleiter?" Samuel und ich wurden gemustert.
„Das sind Carolin und Samuel. Sie sagen aber, sie sind kein Paar, sondern nur Geschwister, benehmen sich aber wie ein Paar", kam es von Charlie. Fabians Schwester runzelte kurz die Stirn, als wüsste sie nicht, was sie mit den Informationen anfangen sollte. Ich wollte schon widersprechen, doch dann fiel mir ein, dass mein Großcousin und ich mal wieder jeweils einen Arm um den anderen gelegt hatte. Etwas was ich auch gerne mit Sirius machte oder bei anderen Pärchen oft zu beobachten war.
„Sehr erfreut. Ich bin Molly Weasley, Fabians Schwester." Sie hielt uns ihre Hand entgegen.
„Carolin Sanders." Molly schien kurz zu überlegen, woher sie meinen Namen kannte. Dann tauchte kurz Mitleid in ihren Augen auf, was schnell wieder einem freundlichen Ausdruck wich. Trotzdem entging es mir nicht.
„Du bist eine von den Auszubildenden." Wir schüttelten uns kurz die Hände.
„Ja, bin ich." Sie wandte sich an meinen Verwandten.
„Ich bin Samuel Huxon." Wieder huschte Mitleid über das Gesicht der Frau, bevor sie auch die Hand meines Großcousins schüttelte.
„Molly, ich muss kurz mit dir reden." Die Rothaarige sah fragend zu ihrem Bruder herüber.
„Ihr könnt hier nicht bleiben. Molly, das St. Mungo soll angegriffen werden. Nimm die drei Kleinen und sie zu, dass ihr von hier wegkommt. Hier ist heute kein sicherer Ort für euch." Die ältere Schwester des Heilers starrte entsetzt ihren Bruder an.
„Das St. Mungo? Heute? Wann? Warum bist du dann hier?"
„Molly, jetzt dreh nicht durch. Wir wissen nicht wann. Nur dass es heute irgendwann ist. Deshalb musst du sofort gehen." Die Frau nickte langsam.
„Wir werden gehen. Pass nur auf dich auf. Passt auf euch auf."
„Werden wir. Ich komme heute Abend vorbei. Du musst dir keine Sorgen um mich machen. Es wird alles gut." Die Mutter drückte ihrem Bruder einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich an ihre Kinder wandte.
„Charlie, Bill, Percy, wir können doch nicht mehr zum Essen bleiben."
„Warum?", kam es sofort von Bill.
„Weil ich eurer Großmutter vergessen habe, für Fred und George ein Fläschchen zu geben. Die beiden wollen jetzt auch ihr Mittagessen, also müssen wir sie abholen."
„Aber wir wollen mit Onkel Fabian essen."
„Er kommt heute Abend uns besuchen. Dann können wir alle gemeinsam essen."
„Na gut." Der größte Sohn stand auf genauso wie der Kleinste. Nur Charlie blieb sitzen.
„Kann Onkel Fabian nicht mit zu Oma?"
„Ich muss arbeiten, Charlie. Ich komme euch doch heute Abend besuchen. Gideon kommt bestimmt auch mit."
„Ja, Onkel Gideon soll auch kommen!"
„Das wird er nur, wenn du jetzt kommst." Der Kleine sprang sofort auf und lief zu seiner Mutter.

Fabian lief nervös auf und ab, während er seine Uhr beobachtete. Immer mal wieder murmelte er, eine Etage oder eine Abteilung, in der er gerade seine Schwester und seine drei Neffen vermutete. Gerade als er erste Etage murmelte, hörte man, wie ein ohrenbetäubendes Geräusch durch die Flure dröhnte. Unsicher sah ich mich um.
„Molly und die Kleinen!", rief Fabian und rannte in Richtung Treppe.
„Das ist der Alarm für Todesserangriffe. Er wurde letztes Jahr erschaffen." Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Nun war es so weit. Die Todesser waren hier.
Erste Etage schoss mir in den Kopf. Dort war Fabians Familie. Sie waren genau in die Arme der Todesser gelaufen. Der arme kleine Percy war ungefähr so alt wie Elaina. Er durfte nicht das gleiche Schicksal erleiden wie meine Familie und ich. Ohne weiter nachzudenken, rannte Fabian hinterher. Samuel und ich folgten dem Heiler.
Das ganze St. Mungo schien in Chaos versunken zu sein. Man sah Todesser und Heiler duellieren, Kinder die sich ängstlich in einer Ecke versteckten und eine Spur von Verwüstung. Die Luft war erfüllt von Magie. Sie war so präsent wie nur selten. Man hörte Flüche durch die Luft zischen, ihre Einschläge in Wände oder in den Boden, das Weinen von Kindern, die verzweifelten Rufe ihrer Eltern und die geschrienen Zauber und Flüche. Merlin, hoffentlich brauchten der Orden und die Auroren nicht zu lange hier her. Ansonsten würde das Ganze hier sehr unschön enden.
Im Vorbeigehen schockte ich ein paar der schwarzvermummten Gestalten, doch eigentlich war es nicht unser Ziel, uns auf einen Zweikampf einzulassen, sondern wir wollten Fabians Familie finden und in Sicherheit bringen.
„Protego!", hörte man kurz unter uns im Treppenhaus unverkennbar Fabians Schwester rufen.
„Molly!" Sämtliche Farbe war aus dem Gesicht des Heilers gewichen. Ich schluckte schwer. Offensichtlich hatten die Todesser die Familie gefunden. Wir rannten die Treppen weiter runter.
Eine weitere Treppe, dann kamen die vier Weasleys in Sichtweite. Molly hatte sich schützend vor ihre Kinder gestellt, den Zauberstab erhoben, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu verteidigen. Mollys drei Kinder hatten sich hinter ihrer Mutter versteckt.
„Stupor!" Ich schleuderte den Fluch mitten in die Menge der vermummten Leute, gleichzeitig als Fabian „Expelliarmus!", rief und Samuel, welcher uns ebenfalls gefolgt war, einen weiteren Schutzzauber heraufbeschwor. Ein paar der Todesser wurden von unseren Angriff überrascht, doch lange nicht alle. Doch trotzdem verschob sich ihre Aufmerksamkeit von Fabians Familie auf uns drei. Sofort wurden mehrere Flüche auf uns geschleudert. Sie trafen auf den Schildzauber meines Großcousins, doch durchbrachen ihn nicht. Erleichtert rannte Fabian zu seiner Familie.
„Alles wird gut. Ich passe auf euch auf. Wir passen auf euch auf." Ein neuer Zauber knallte gegen den Schutzzauber. Unter einem lauten Knall zerbrach das Schild.
„Protego!" Ich ließ sofort ein neues Schild zwischen uns und den Angreifern erscheinen, damit kein Fluch jemanden von uns treffen konnte. Fabian hatte Percy hochgehoben und schob seine Schwester die Treppe herauf. Bill hatte sich an die Hand seiner Mutter geklammert, während Charlie vorauslief. Er hatte uns gerade erreicht, als es passierte.
„Avada Kedavra!" Der Todesfluch durchschlug meinen Schildzauber, als würde dieser gar nicht existieren. Er flog direkt auf den kleinen Charlie zu. Ohne weiter nachzudenken, stürzte ich mich auf den Rothaarigen und drückte ihn auf den Boden. Der Todesfluch flog dicht über unseren Köpfen her.
Er schlug in die Treppe ein. Ein lautes Krachen war zu hören. Der ganze Boden schien zu vibrieren, als würde er jeden Moment unter uns zusammenbrechen. Charlie fing an zu wimmern. Dann hatte ich kurz das Gefühl, in der Luft zu schweben, bevor ich im freien Fall war. Ein erneutes lautes Krachen, dann kam ich wieder auf der Treppe auf. Oder das, was noch von ihr übrig war, nachdem sie ein Stockwerk tiefer gefallen war. Mein Hinterkopf schlug unsanft auf dem Boden auf. Wie aus weiter Entfernung hörte ich Samuel meinen Namen schreien.
Mühsam rappelte ich mich auf. Gleichzeitig schob ich den kleinen Jungen hinter mich. Ein paar der Todesser waren aus der Eingangshalle oder von der Treppe auf den Weg zu Charlie und mir. Gleichzeitig hörte man, wie Samuel und Fabian versuchten, sich zu dem Jungen und mir durchzukämpfen, doch die Todesser hielten sie in Schach. Also war ich hier unten auf mich alleine gestellt. Jedenfalls fürs Erste.
„Bleib dicht bei mir, Charlie." Der Weasley gab ein ängstliches Wimmern als Antwort von sich. Die Todesser kamen immer näher, die Zauberstäbe erhoben. Ich hatte mich schützend vor Charlie gestellt, bereit jeden Fluch abzuwehren, und wartete auf einen Angriff der Todesser.
„Stupor!", kam der erste Fluch, dicht gefolgt von einem zweiten und einem dritten. Mit viel Mühe schaffte ich es, sie abzuwehren, doch wenn es so weiter ging, würde ich das nicht mehr lange durchhalten. Nicht ohne meine Nymphenmagie, die ich bisher noch nicht eingesetzt hatte.
„Denke nicht daran, ob es an der Zeit ist, deine Kräfte einzusetzen. Wenn du das Gefühl hast, sie können dir jetzt gerade helfen, dann nutze sie auch. Dann werden sie dir auch in dem Moment helfen. Vertraue auf deine Instinkte", kamen mir Frédérics Worte vom Anfang meiner Trainingszeit in den Sinn. Auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte, es war Zeit, diese Art von Magie einzusetzen. Zwar half sie mir in einem Gebäude ohne Pflanzen nicht so viel weiter wie in Hogsmeade, wo ich Pflanzen nutzen konnte mir zu helfen, doch ein wenig extra Geschwindigkeit würde mit Sicherheit nicht schaden.

„Expelliarmus!" Der Entwaffnungszauber traf mich unvorbereitet. Mein Zauberstab flog im hohen Bogen davon, gleichzeitig verlor ich mein Gleichgewicht, welches nach meinen ziemlich unsanften Sturz schon ziemlich angeschlagen war. Ein weiteres Mal an diesem Tag knallte ich auf den Boden. Der kleine Charlie, welcher sich hinter einem Schutthaufen versteckt hatte, schien sich noch ein wenig kleiner zu machen, während ich mich erneut aufrappelte.
„Was machst du jetzt, Kleines? Ohne Zauberstab?" Mir wurde ein Zauberstab vor die Nase gehalten. Nein, nicht ein Zauberstab, sondern meinen Zauberstab. Ich schnellte nach vorne, um ihn wieder an mich zu reißen. Die Schnelligkeiten es Geparden, die Kraft eines Bären. Doch beides half mir in dieser Situation nicht weiter. Ich schaffte es kaum, mein Gleichgewicht zu halten, da war ein schneller Sprint undenkbar und auch um meinen Stab zu entreißen, wäre ein gewisses Maß an Gleichgewicht hilfreich. So kam es, dass ich ein drittes Mal heute mich auf dem Boden wieder fand. Mir wurde der Zauberstab eines Todessers an die Kehle gehalten.
„Eine wirklich dumme Aktion, Kleines. Eigentlich ist es sehr schade, dass du auf der falschen Seite kämpfst. Siehst doch ganz annehmbar aus." Die kalte Stimme des Todessers ließ mir einen Schauer über den Rücken fahren. Ich spuckte dem Mann ins Gesicht. Dieser drückte mir den Zauberstab noch stärker an den Hals.
„Du hast Mumm, Kleines. Doch das wird dir nicht mehr weiterhelfen." Knack. Mein Stab zerbrach in zwei Teile.
„Wer stirbt zuerst? Der Kleine oder du?" Ein dritter Todesser zerrte den Jungen hinter dem Stein her, der begonnen hatte zu weinen. Merlin, wo blieb der Orden, wenn man ihn brauchte? Wir hatten doch nicht grundlos Dumbledore von dem bevorstehenden Angriff erzählt.
„Lassen sie Charlie in Ruhe!"
„Wie edelmütig! Sie will sich für den kleinen Opfern! Nehmt ihn zuerst."
„Nein!" Ich wollte mich auf die Todesser stürzen, doch die verhinderten meinen ziemlich unkoordinierten Angriff mit einem Ganzkörperklammerfluch. Ein Todesser zielte währenddessen auf den kleinen Charlie, welchem Tränen über die Wange liefen.
„Avada –" Ein Messer traf den Todesser in der Schulter. Ein schmerzerfüllter Schrei war zu hören, bevor der Bösewicht in die Knie ging. Die anderen wirbelten herum. Der Zauberstab von meiner Kehle verschwand. Charlie kam zu mir herübergerannt, während ich den Ganzkörperklammerfluch von mir abstreifte. Dann rappelte ich mich auf, weshalb ich endlich sehen konnte, wer uns zur Hilfe geeilt war. Maélys und Marlon standen im Durchgang zur Eingangshalle und bekämpften die Todesser, welche keine Chance gegen die beiden hatten. Endlich war Hilfe eingetroffen.

Erschöpft saß ich in der Eingangshalle auf dem Boden, während Maélys mich kritisch musterte. Wir hatten gewonnen. Die meisten Todesser waren geflohen, nachdem die Auroren und weitere Ordensmitglieder ins St. Mungo gekommen waren, doch ein paar konnten von den Auroren verhaftet werden.
Charlie hatte sich weinend an mich geklammert, während um uns herum die Aufräumarbeiten schon im vollen Gange waren. Heiler liefen herum und heilten Verletzungen. Hippocrates war kurz bei mir gewesen und hatte meine Gehirnerschütterung mit einem Wink seines Zauberstabes geheilt. Danach hatte er mir noch empfohlen mich erstmal auszuruhen. Einer Empfehlung, der ich gerne nachkam. Ich fühlte mich furchtbar ausgelaugt.
„Du siehst echt beschissen aus." Ich verdrehte die Augen auf Grund von den Worten der anderen Nymphe.
„Das passiert nach einem Duell mit Todessern und einem Fall aus dem ersten Stock."
„Und der Umhang hilft auch nicht dabei, dich besser aussehen zu lassen." Die Kriegsnymphe lächelte mich schief an. Ich musste ebenfalls lächeln.
„Maélys, kannst du mir einen Gefallen tun?"
„Kommt drauf an, was es für ein Gefallen ist."
„Samuel und ich wurden getrennt. Kannst du gucken, ob du ihn findest? Ich will wissen, ob es ihm gut geht." Die Brünette nickte.
„Klar, kann ich machen."
„Und wenn du Fabian findest, sag ihm, wo er uns findet. Er macht sich bestimmt Sorgen um seinen Neffen."
„Werde ich machen."
„Und wenn du einen Auroren siehst –"
„Dann frage ich, ob ein gewisser Sirius Black hier irgendwo ist."
„Danke, Maélys."
„Kein Problem. Marlon, du bleibst bei Carolin." Der junge Mann, welcher bisher neugierig die Bilder an den Wänden der Halle gemustert hatte, kam wieder zu uns herüber. Er setzte sich kommentarlos auf den Boden neben mich.
„Perfekt, ich gehe dann mal deine Typen suchen." Mit diesen Worten verschwand die Kriegsnymphe.

„Carolin!" Mein Großcousin kam schlitternd um die Ecke. Seine Augen waren voller Sorge, während sie auf der Suche nach mir die Eingangshalle absuchten.
„Ich bin hier." Er machte eine 180° Drehung. Erleichterung machte sich in ihm breit genauso wie in mir. Es ging ihm gut. Mal abgesehen von dem blutigen Kratzer quer über seine linke Wange.
„Es geht euch gut. Merlin, nachdem die Treppe eingestürzt ist, hatte ich so eine Angst um euch, aber wir konnten nicht zu euch kommen. Die Todesser haben uns von euch weggedrängt. Molly ist oben in der Cafeteria zusammen mit Bill und Percy. Wir sollten Charlie zu ihr hochbringen." Der kleine Junge hob seinen Kopf, als er hörte, wo seine Familie war.
„Ich will zu Mama!"
„Wir bringen dich hoch. Mache dir keine Sorgen." Samuel half mir, aufzustehen. Ich schwankte leicht, doch mein Gleichgewichtssinn war größtenteils wieder hergestellt. Trotzdem war ich dankbar, dass mein Großcousin schützend seinen Arm um mich legte. Er war da, falls etwas passieren sollte. Auch Marlon stand auf. Offensichtlich nahm er Maélys Befehl, er solle auf mich aufpassen, sehr ernst.

„Mama!" Fabians Neffe rannte auf seine Mutter zu, die ihn erleichtert in die Arme schloss.
„Charlie, Merlin, ist alles in Ordnung bei dir? Du bist ja ganz dreckig, mein armer, kleiner Junge." Die Frau versuchte das Gesicht ihres Sohnes mit einer Serviette ein wenig sauberer zu machen. Währenddessen drückte Samuel mich auf einen Stuhl.
„Du bleibst erstmal hier. Ich gehe gucken, ob ich hier noch gebraucht werde, ansonsten fahren wir nach Hause." Nach Hause?
„Wir müssen Elaina abholen! Wie viel Uhr haben wir?" Ich wollte aufspringen, doch Samuel wusste es sehr geschickt zu verhindern.
„Marlene holt sie heute ab. Das hat sie doch heute Morgen gesagt. Jetzt beruhige dich erstmal wieder." Der Blick meines Großcousins glitt zu Marlon.
„Ich bin Wachhund und seelischer Beistand. Mache dir keine Sorgen. Zu etwas anderem bin ich hier eh nicht mehr zu gebrauchen. Zauberer haben etwas gegen Muggelheilpraxigen und es geht schneller, wenn ihr Reparo ruft, als wenn ich eine Treppe wieder zusammenbaue." Samuel klopfte dem Muggel auf die Schulter.
„Danke." Er lächelte mir noch einmal beruhigend zu, bevor er in Richtung Treppe lief.

Ich hatte meine Hände, um eine Tasse heißen Tee gelegt. Die Frau, welche die Cafeteria betrieb, hatte den Angriff wohl unverletzt überstanden. Jedenfalls lief sie durch die Tischreihen und versorgte alle, die hier waren mit Getränken und Essen. Ihre Aushilfe, die normalerweise die Tische bediente, schickte sie los, um bei den Heilern und Helfern, die weiter unter arbeiteten, zu fragen, ob sie etwas brauchten und es ihnen auch zu bringen. Marlon hatte Tee und Schokolade bestellt. Letzteres war nach ihm die beste Heilung bei einer aufgewühlten Seele. Ob diese Theorie stimmte, konnte ich allerdings nicht bestätigen, da Charlie, Bill, Percy und Marlon die Tafel ohne mich aßen. Doch der Tee war auch schon hilfreich, um mich ein wenig zu beruhigen und mir neue Kraft zu schenken.
Ich hörte Schritte hinter mir, die direkt auf uns zukamen. Automatisch spannte ich meine Muskeln an. Marlon blieb wesentlich entspannter. Er drehte sich um. Seine Hand schwebte allerdings schon über seinen Messer. Doch als er die Person erblickte, die auf uns zugeeilt kam, fing er an zu grinsen.
„Dein Schatz kommt." Ich drehte mich ebenfalls um. Sirius kam auf uns zu. Sein Umhang, der ihn unverkennbar als Auror auswies, war voller Blut. Ich quietschte erschrocken auf. Mein Verlobter kam bei uns an.
„Warum hast du – woher – das ganze Blut!" Der junge Auror legte beruhigend seine Hände auf meine Schulter.
„Ganz ruhig, Prinzessin. Das ist nicht mein Blut. In Ordnung? Es ist nicht meins. Du musst dir keine Sorgen machen."
„Warum hast du so viel Blut auf deinem Umhang?"
„Wir haben eine Frau unter einem Schrank gefunden. Von ihr stammt es. Samuel kümmert sich jetzt um sie, aber sie wird wohl durchkommen." Ich atmete erleichtert auf.
„Ist denn mit dir alles in Ordnung? Samuel meinte, du bist nicht so gut drauf." Ich kuschelte mich an meinen Freund.
„Ich bin auf meinen Kopf geknallt. Gehirnerschütterung. Hippocrates hat es geheilt, meinte aber, ich sollte mich noch ausruhen."
„Du siehst auch so aus, als würdest du noch ein wenig Ruhe brauchen. Marlon, kannst du sie nicht zu uns bringen?"
„Ich habe kein Auto hier. Wir könnten natürlich Bus und Zug fahren, aber ich glaube, es ist entspannter, wenn wir hier sitzen bleiben." Mein Freund fing an, in seiner Umhangtasche zu kramen, dann legte er den Autoschlüssel auf den Tisch.
„Das Auto steht nicht weit von hier. Samuel und ich kommen so schnell nach, wie wir können."
„Mache dir keine Sorgen. Ich passe auf deine Prinzessin auf." Mein Verlobter nickte erleichtert. Er drückte mir noch kurz einen Kuss auf die Stirn, bevor er wieder in Richtung Treppe verschwand.

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