Kapitel 10
Zum Abendessen hatten wir uns mal wieder zu Adina an den Slytherintisch gesetzt. Die Nymphe hatte den Nachmittag vor allem mit Hausaufgaben verbracht. Dabei hatte sie Gesellschaft von den anderen Mädchen aus unserem Schlafsaal gehabt, welche nun auch beim Essen bei ihr saßen.
Daphne schien furchtbar glücklich darüber zu sein, mal wieder die Wassernymphe für sich zu haben. Umso finsterer war ihr Blick, als ich mich mit Jay Jay neben Adina fallen ließ.
„Du bist ja immer noch auf der Schule, Smith. Wie schade. Ich hatte gehofft, du und deine nicht vorhandenen Manieren hätten Hogwarts nun doch verlassen müssen. Teile doch deine Weisheit, wie du die Lehrer dazu bringst, deine Fehler einfach zu übergehen. Ist es noch immer der ich-bin-so-arm-dran Bonus?" Parkinson sah mich abfällig von der Seite her an. In ihren Augen konnte ich die Eifersucht genau erkennen. Sie hätte auch gerne einen solchen Bonus, auch wenn er mir persönlich eigentlich nur auf die Nerven ging.
„Ach, Parkinson, falls es dich tröstet, ich hatte auch gehofft, dein Antlitz nicht mehr erdulden zu müssen. Leider ist Tyche ein sehr griesgrämiges Weibsbild und vergönnt allen nur selten die Erfüllung der jeweiligen Wünsche." Adina und Jamie fingen mal wieder an zu gackern, während ich Parkinson mit einem falschen Lächeln bedachte. Aus meinen Augen schossen trotz allem Todesflüche, genauso wie aus ihren.
Dem Slytherinsmädchen schien es gar nicht zu gefallen, dass ich ihr gegenüber nun deutlich besser auf meine Wortwahl achtete. Ein Grund weniger, auf mir rumzuhacken, während ich mich gleichzeitig so offensichtlich über sie lustig machte.
„Tyche? Dein Muggelvokabular ist hier fehl am Platz." Ich sah kurz zu Adina herüber, doch diese war viel zu beschäftigt mit verhalten kichern, dass sie wohl kaum die Erklärung leisten wollte.
„Tyche, liebste Parkinson, ist die Göttin des Schicksals, der glücklichen oder bösen Fügung und des Zufalls aus der griechischen Mythologie. Diese ist nicht nur in der Muggelwelt, sondern durchaus auch in der magischen Welt bekannt." Der Blick des mopsgesichtigen Mädchens glitt zur noch immer kichernden Wassernymphe. Wenigstens eine Person hatte Spaß an meiner Anwesenheit. Na ja, zwei, schließlich war Jay Jay noch immer am Geiern. Anders als Adina versuchte er, es nicht einmal zu verstecken. Ganz zum Missfallen von Mopsgesicht.
„Rona hat recht." Die Worte der Wassernymphe ließen Parkinson vor Wut rot anlaufen, doch anscheinend war sie heute genug von mir vorgeführt worden. Jedenfalls wandte sie sich wieder ihrem Essen zu und begann, ihre Nudeln zu erstechen.
Das Quidditchfeld war mit mehreren Slytherins gefüllt. Das Erste, was auffiel, war, nur Jungs waren hier. Eine weitere Auffälligkeit war, dass die meisten von ihnen mindestens zwei Jahre über mir waren, abgesehen von Malfoy und einem Jungen, welcher einen Jahrgang über uns war. Auch die Statur der ganzen Schüler Unterschied sich sehr von meiner. Offensichtlich war es bei diesem Team eigentlich die Vorschrift, auf jeder Position genug Kraft zu haben, um dem Gegner mit seiner Hand den Kopf zu spalten, aggressiv zu gucken und bullig zu sein. Wie wohl Malfoy ins Team gekommen ist?
Der blonde Junge war, mit den anderen verglichen, ziemlich dürr, guckte arrogant und ich bezweifle wirklich, dass er irgendjemand den Kopf spalten konnte. Wahrscheinlich hatte Daddy ihn ins Team eingekauft.
„Also ihr seid alle hier, weil wir für das Team neue Treiber und einen neuen Jäger suchen. Die meisten von euch scheinen auf den ersten Blick geeignet zu sein, andere nicht. Also überlegt euch jetzt noch einmal gut, zu welcher Kategorie ihr gehört und ob ihr wirklich unsere Zeit verschwenden wollt." Bei seinen letzten Worten sah mich der Quidditchkapitän direkt an. Trotzig verschränkte ich die Arme. Zeitverschwendung? Er hatte mich wirklich als Zeitverschwendung betitelt! Nur ein Grund mehr, dem Idioten eins reinzuwürgen, indem ich mir noch mehr Mühe gebe, beim Vorspielen die Beste zu sein.
Nachdem wir mehrere Minuten lang gemustert worden waren, seufzte der Kapitän leise.
„Na dann, Jäger auf die linke Seite des Spielfeldes und die Treiber auf die rechte Seite. Dort werdet ihr die ersten Prüfungen absolvieren." Brav teilte sich die Gruppe in zwei kleinere auf.
Malfoy stand schadenfreudig grinsend neben mir, während wir dabei zusahen, wie die anderen Treiberanwärter die Aufgabe absolvierte. Es war verwunderlich, wie viel von den bulligen Typen es kaum schafften, mit einem Treibholz in der Hand zu fliegen. Auch von denen die diese Fähigkeit besaßen, konnten nur ungefähr zwei Drittel eine unbewegliche Zielscheibe treffen. Aber mich hatte man als Zeitverschwendung betitelt.
„Na, glaubst du noch immer, du kommst ins Team, Smith? Wenn nicht einmal jemand wie die Typen es alle schaffen genug Kraft für die Klatscher aufzubringen, wie willst du es dann schaffen mit deinen dürren Ärmchen? Was glaubst du, wirst du zu denen gehören die nicht mit einem Treibholz fliegen können, die, die schon ohne einen überfordert sind oder wirst du einfach nicht die Zielscheibe treffen, weil sie zu weit weg ist?" Ich zuckte mit den Schultern.
„Vermutlich zu keiner von dreien. Ich werde die Zielscheibe einfach zerschmettern. Wie hast du es eigentlich ins Team geschafft? Du bist weder sehr groß, noch wirklich bullig oder wirkst gefährlich. Also was hat Daddy gemacht, damit du aufgenommen wirst?" Der Blick meines Klassenkameraden glitt zu seinem Besen. Mir war schon aufgefallen, dass alle aus dem Team den Gleichen besaßen.
„Daddy hat den Team neue Besen spendiert und der kleine Draco musste nicht einmal vorspielen. Mein Daddy wird wohl keine neuen Besen spendieren, also bin ich im Team nicht erwünscht, was? Aber weißt du was ich dafür habe? Talent. Etwas, dass du dir nicht kaufen kannst und auch dein heißgeliebter Daddy kann es nicht."
In Malfoys Augen konnte ich erkennen, wie sehr ihn meine Worte trafen. Ich hatte genau in die Wunde gezielt und einen Volltreffer gelandet. Er wusste, dass er nur wegen Daddys Geld im Team war. Vielleicht hat er auch Talent, doch ob er genug für dieses Team hat, würde er niemals erfahren können. Es würde sich nie herausstellen, ob es jemand gab, der es mehr verdient hatte, als Sucher zu spielen, und das nagte an ihm. Er setzte gerade an, etwas zu mir zu sagen, doch in diesem Moment landete der Treiber, welcher vor mir dran gewesen war.
„Rona Smith", wurde ich in diesem Moment aufgerufen. Wortlos schwang ich mich auf den billigen Schulbesen, welchen mir Madame Hooch fürs Vorspielen geliehen hatte. Ohne noch weiter auf den blonden Jungen zu achten, flog ich zu dem schon vorhanden Treiber aus dem Team, welcher mir mit dem gleichen abfälligen Grinsen das Treibholz reichte, wie ich auch schon von dem Malfoy angesehen worden war. Auch die anderen Anwärter schienen sich über meinen Versuch sehr zu amüsieren.
„Nun, ich lasse gleich einen Klatscher los. Der wird auf dich losgehen, du musst ihn gegen die Zielscheibe schlagen. Du hast drei Versuche. Wenn du einmal triffst, kommst du in die nächste Runde. Also solltest du einmal Treffen und nicht gleich beim ersten Mal vom Besen fliegen." Und jeder Treffer mehr würde sich positiv auf meine Bewertung auswirken.
Ob es wohl auch gut kam, wenn ich stattdessen dem Treiber sein selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht schlagen würde. Wahrscheinlich eher nicht, vor allem weil wir auf dem Spielfeld eigentlich ein Team sein mussten. Ohne noch eine Vorwarnung wurde der Klatscher wieder freigelassen, welcher auf mich zuflog. Anscheinend wollte mich der Typ unbedingt hier vorführen. Die anderen hatte er immer vorgewarnt. Vollidiot.
Der dritte Klatscher klatschte noch einmal genau gegen die Mitte der Zielscheibe. Ich musste breit grinsen. Jetzt solle nochmal jemand behaupten, ich sei nur eine reine Zeitverschwendung.
Mein Blick glitt zu Malfoy. In seinem Blick erkannte ich Unglaube. Mein Grinsen wurde noch ein Stück breiter, während ich neben dem blonden Jungen landete.
„Und das Malfoy nennt man Talent."
„Ich gebe zu, du warst nicht so schlecht, wie ich gedacht hätte. Aber gleich kommen bewegliche Ziele. Glaubst du, dann triffst du noch immer."
„Keine Ahnung. Wie wäre es, wenn wir es sofort ausprobieren? Du könntest mein Ziel sein." Malfoy schien wirklich darüber nachzudenken, sich als Zielscheibe zur Verfügung zu stellen. Doch im allerletzten Moment entschied er sich wohl um. Er schüttelte leicht den Kopf.
„Ich lasse mich von dir nicht als Zielscheibe missbrauchen. Dafür sind die Jägeranwärter da. Wer von dir getroffen wird, ist auf jeden Fall schon mal raus."
„Dann solltest du dich erst recht als Zielscheibe zur Verfügung zu stellen. Vielleicht kannst du dir endlich mal deinen Platz im Team verdienen, anstelle ihn dir nur erkauft zu haben. Oder werden sie immer verkauft und das Ganze hier ist nur ein Spektakel zur Tarnung."
„Halte doch einfach die Klappe, Smith. Du bist doch nur eifersüchtig, weil du nur eine verdammte Waise bist! Wenn du irgendetwas auf der Welt erreicht hast, dann wird es niemand, wirklich niemanden interessieren, denn das letzte bisschen Familie, welche nun doch wieder aufgetaucht ist, wirst du mit sehr viel Erfolg wieder verjagen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie dich leid ist. Dich, deine schlechten Manieren und alles andere an dir. Genauso wird Adina dich bald leid sein. Du bist doch nur ihr neues Sozialprojekt. Warte noch zwei Wochen, dann hat sie kein Spaß mehr daran mit dir durch den Matsch zu tollen. Sie wird dann wieder mit Leuen auf ihrem Niveau abgeben. Mit Daphne, Pansy und Deanna."
Dieses Mal setzte Malfoy einen Volltreffer. Tief in mir hatte ich mich immer gefragt, wann Adina keine Lust mehr auf mich hatte und wie lange Jamie mir noch aus Dankbarkeit hinterherlaufen würde. Irgendwann würde der Wassernymphe noch klar werden, dass ich ihr nichts als Ärger einbringen würde.
Der Ravenclawjunge würde verstehen, wie leicht sein Leben doch sein würde, wenn er mich endlich in den Wind schoss. Im Waisenhaus war ich vielleicht diejenige, die alle anderen davon abhalten konnte, auf ihm loszugehen, doch hier würde ich ihn nur runter ziehen. Am Ende würden sie alle gehen und nur Ares und ich blieben zusammen zurück, so wie es immer war.
„Du solltest nicht über Dinge reden, von denen du keine Ahnung hast, Malfoy." Ich sah ihn noch einmal wütend an, bevor ich mich von ihm abwandte. Dummer, verwöhnter Vollidiot.
Neugierig sah ich zu der Mannschaft herüber, welche noch dabei war wild miteinander zu diskutieren. Offenbar waren sich die verschiedenen Mitglieder ziemlich uneinig, welcher Anwärter nun zum neuen Teammitglied werden sollte. Immer mal wieder glitten ein paar der Blicke zu mir. Sowohl von den Umstehenden um mich herum, als auch von dem Team. Sie verrieten mir verschiedene Sache ganz genau. Zum einen der Unglaube darüber, dass ich noch nicht herausgeflogen war, die Bewunderung für mein Können, doch gleichzeitig auch die Abneigung gegenüber mir. Das Misstrauen, weil ich aus heiterem Himmel aufgetaucht war und niemand wirklich wusste, woher ich kam und wer ich war.
Alles, was sie wussten, waren Informationen über meinen Zwilling und dass diese Informationen nicht auf mich zutrafen. Sie wussten bisher nicht einmal, warum sie nicht auf mich zutrafen, ich mich nicht an Hogwarts Regeln hielt und gerade einen ziemlich überzeugenden Auftritt hingelegt hatte. Doch nichts brachte sie dazu, mich wirklich in ihrer Gemeinschaft haben zu wollen. Ich war die Kakerlake, die man möglichst schnell wieder loswerden wollte. Ganz egal wie das alles ausgehen würde, sie würden mich niemals an eine von ihnen akzeptieren.
Ich war nun einmal ein Einzelgänger, niemand der sich jemals in eine große Gruppe einfügen würde oder über längere Zeit Freunde hatte. Das mit dem Quidditchteam war eine wirklich blöde Idee gewesen. Ich war die letzte Person, die wirklich in so einem Mitspielen sollte. In ein paar Tagen würde es mir spätestens verboten werden. Ich sollte einfach gehen. Diesen ganzen Blödsinn hier und jetzt beenden.
„Wir haben unsere Entscheidung getroffen. Die neuen Jäger werden Montague und Warrington. Der neue Treiber wird Smith." Die Umstehenden applaudierten aus Höflichkeit, doch an ihren Augen konnte ich erkennen, dass sie die Entscheidung hassten. Jeder hier wollte ins Team kommen und keiner gönnte es wirklich dem Anderen.
Die beiden ausgewählten Jäger traten vor. Sie schüttelten die Hände ihrer neuen Teamkollegen. Doch ich blieb noch immer dort stehen, wo ich schon die ganze Zeit gestanden hatte.
„Smith, willst du nicht kommen oder haben sie dir Waisenhaus nicht so viele Manieren beigebracht, dass man sich beglückwünschen lässt, wenn man etwas erfolgreich geschafft hat?" Der Kapitän hatte dieses arrogante Grinsen aufgesetzt. Er hielt sich für etwas Besseres. Ich schüttelte leicht den Kopf.
„Ich lehne ab. Talent passt nicht in euer Team. Man kauft sich einen Platz und verdient ihn sich nicht. Lasst jemand den Platz kaufen. Dafür war doch sowieso ein Großteil von euch." Mit diesen Worten drehte ich mich um. Langsam stapfte ich davon. Ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht. Ausnahmsweise traf ich mal die richtige Entscheidung. Da war ich mir absolut sicher.
Ich hatte meine Augen geschlossen, während ich dem Wald lauschte. Der Wind war mittlerweile aufgefrischt. Das Rauschen der Blätter war deutlich zu hören. Die Wolken hatten sich mittlerweile zusammengezogen. Aus den weißen Wattewolken waren dicke, graue geworden. Der blaue Himmel war vollkommen verdeckt. Alles kündigte Regen und Gewitter an, genauso wie es heute Morgen der Wetterbericht prophezeit hatte. Ein wirklicher schöner Gedanke.
„Smith? Bist du hier irgendwo? Ich weiß, dass du in diese Richtung gelaufen bist! Jetzt komm und zeig dich", schallte Dracos Stimme durch die Bäume des Waldes. Ich seufzte leise. Das war es mit Belauschen des Waldes. Natürlich konnte ich hier einfach still liegen bleiben. Mich nicht mehr umdrehen. Keinen Mucks von mir geben, bis der blonde Slytherin wieder verschwunden war. Doch irgendwann würde ich mich sowieso ihm stellen müssen.
„Malfoy, du störst mich." Ich hörte Schritte, die immer näher kamen, bis sie schließlich kurz vor mir stehen blieben.
„Wobei? Beim faul Herumliegen am Rande des verbotenen Waldes?"
„Ich liege nicht faul herum. Ich warte darauf, dass das Gewitter losgeht." Der Slyhterin begann schamlos zu lachen.
„Und dann steht das Waisenkind wortwörtlich im Regen."
„Nein, ich liege im Regen. Willst du dich zu mir legen oder gehen?" Ich öffnete meine Augen, um Malfoy fragend anzusehen. Er trug noch immer sein Quidditchtrikot und ein Weiteres hatte er ein seiner Hand.
„Du hast es dir verdient, also solltest du es auch nehmen." Er hielt mir das Kleidungsstück hin. Ich verdrehte meine Augen.
„Malfoy, wir wissen beide, dass niemand mich im Team wirklich haben will. Ihr habt alle gehofft, dass ich schon beim losfliegen vom Besen falle und mir das Genick breche. Ich habe im Waisenhaus vielleicht nie gelernt, was eine Familie oder ein Team ist, aber dass man normalerweise die anderen Leute im Team halbwegs leiden kann und sie gerne im Team hat, ist mir schon aufgefallen. Außerdem bezweifle ich ehrlich gesagt, dass ich ein Teamplayer bin. Dafür bin ich viel zu gerne alleine." Der junge Malfoy zog seine Hand mit dem Trikot trotz allem nicht zurück. Er hielt es immer noch in meine Richtung.
„Ich gebe zu, dass viele nicht begeistert von dir sind, aber du hast Talent und dafür respektieren dich alle im Team." Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Sie respektieren mich? Aber es reicht nicht aus, damit sie mich dabei haben wollen. Malfoy, ich merke sehr schnell und sehr genau, ob jemand meine Anwesenheit genießt, akzeptiert oder keinen Wert drauf legt. Ich habe durchaus bemerkt, dass mein Talent nur dafür gesorgt hat, dass du und Flint wirklich für meine Aufnahme im Team waren. Die Anderen habt ihr alle überredet. Also nimm das Trikot und gib es jemanden, der gut ist und vom Team akzeptiert wird. Mir reicht es, dass ich alle bewiesen habe, dass ich ins Team kommen könnte, wenn ich wollte." Draco Malfoy fing schamlos an zu lachen. Trotzig verschränkte ich die Arme.
„Du wolltest einfach nur beweisen, dass du ins Team kommen kannst?" Ich nickte leicht.
Das war wahrscheinlich auch ein wenig ein Waisenhausding. Dort war es nun einmal sehr wichtig, sich in der Hierarchie nach oben zu arbeiten, indem man sich irgendwie Respekt verschaffte. Es entschied darüber, ob du beim Essen eine größere Portion abbekamst, das bessere Bett bekamst und auch, ob nächtliche Ausflüge verraten wurden oder nicht. Je höher du in der Hierarchie bist, desto höher war der Preis für Informationen über einen. Ich hatte mein Leben lang drauf geachtet, möglichst weit oben in der Nahrungskette zu stehen.
Meine Nymphenkräfte hatten mir dabei auch immer geholfen. Muskeln zählten nun einmal am Ende fast immer mehr als Köpfchen im Waisenhaus, vor allem in dem Jay Jay und ich lebten.Ein Waisenhaus voller Rabauken, da konnte man sich wortwörtlich gut durchschlagen. Kein Wunder also, dass Jay Jay eigentlich sehr weit unten in der Nahrungskette stand und nur seine Ruhe hatte, weil ich dafür sorgte.
„Die Quiddtichspieler sind in Hogwarts beliebter und werden mehr respektiert. Also ja, ich wollte einfach nur wissen, dass ich es schaffen würde, in Team zu kommen. Lupin wird aber sowieso dafür sorgen, dass ich bald ein Quidditchverbot bekomme. Also wenn wir uns einmal die Realität ansehen, ich hätte niemals ins Team kommen sollen. In zwei Wochen bin ich eh raus."
„Wenn du anfängst, Hausaufgaben zu machen, gibt es keinen Grund mehr, warum dir irgendjemand Quidditch verbieten sollte."
„Man merkt, dass wir uns kein wenig kennen, Malfoy."
„Adina hat dich gerne, das reicht mir. Seitdem du morgens mit ihr schwimmen gehst, denkt sie vorher nicht mehr darüber nach, ob Black ihr vielleicht auflauert. Ich habe wirklich keine Ahnung, warum du im Waisenhaus aufgewachsen bist oder warum Adina glaubt, jemand der sich zwei Jahre lang um Hogwarts gedrückt hat, würde sie am Ende des Tages vor Black retten können, aber ich bin froh, dass sie es tut. Ihre Paranoia war wirklich anstrengend. Also Smith, wenn du wirklich nicht ins Team kommen willst, dann werde ich dich jetzt in Ruhe lassen. Der Zweitplatzierte freut sich sicherlich über das Trikot. Außerdem will ich nicht nass werden. Es fängt mit Sicherheit jeden Moment an zu gewittern. Vielleicht solltest du rein gehen. Oder wenigstens nicht in einem Wald liegen bleiben. Deinen Tod will ich mit Sicherheit nicht Smith." Ich musste leicht grinsen. Den Tod wünschte mir Malfoy also nicht.
Der wasserstoffblonde Junge drehte sich von mir weg.
„Malfoy? Könntest du mir ein Gefallen tun? Mein Name ist Rona. Smith ist nur ein Nachname, der jedes dritte Waisenkind mit unbekannter Familie trägt. Es wird immer zwischen den drei häufigsten Nachnamen ausgewählt. Bei mir war nur mal wieder Smith an der Reihe. Daher sollen alle Menschen, die ein paar Sympathiepunkte gesammelt haben, mich Rona nennen." Malfoy drehte sich überrascht zu mir um und sah zur mir herunter.
„Ich habe Sympathiepunkte gesammelt?"
„Ja, Malfoy, auch du als absolutes, verwöhntes Vatersöhnchen hast es geschafft ein paar wenige Sympathiepunkte zu sammeln. Nicht viele, aber genug, damit ich dich darum bitte mich Rona zu nennen." Der junge Malfoy lächelte leicht.
„Dann nenn mich einfach Draco. Es ist komisch, wenn du mich beim Nachnamen und ich dich beim Vornamen nenne." Draco nickte mir noch einmal kurz freundlich zu, bevor er wieder in Richtung Hogwarts und dem Quidditchfeld davon lief.
Kaum war er aus meinem Sichtfeld verschwunden, da kam der erste Regentropfen. Er landete auf meiner Nase und ließ mein Lächeln nur noch breiter werden. Dem ersten Tropfen folgte schnell der Zweite und der Dritte. Schließlich lag ich im strömenden Regen. Die Erde unter mir wurde wieder ganz matschig. Der erste Donner war zu hören und der erste Blitz zu sehen, weshalb meinen Herz einen kleinen Sprung machte.
Solange es noch gewitterte, war irgendwo dort draußen auch meine süße, kleine Natasha. Die Welt war vielleicht riesig, doch solange ich noch zwischenzeitlich im Regen stand oder lag, gab es noch Hoffnung, meine kleine Schwester eines Tages wiederzusehen. Und dass es gerade jetzt anfing mit dem Gewitter, kam mir auch ein wenig wie eine Zustimmung vor. Als würde mir meine kleine Schwester sagen wollen, dass ich eine gute Entscheidung getroffen habe, als ich Malfoy nicht verjagt habe, sondern ihm sogar eine Art Friedensangebot gemacht hatte.
Adina saß mit einem Buch ganz in der Nähe des Einganges zum Schloss Hogwarts. Als ich die Eingangshalle betrat, sah die junge Slytherin auf. Das Lesezeichen wurde wieder zwischen die Seiten gelegt, das Buch geschlossen.
„Rona!" Die Blondine sah mich erwartungsvoll an.
„Was gibt es Adina?" „Warum hast du nein zum Quidditchteam gesagt? Ok, nein, vergiss das. Du bist vollkommen durchnässt! Merlin, warum bist du denn bitte nicht reingekommen, als es anfing zu regnen? Du holst dir noch den Tod! Hier nimm meinen Umhang. Der ist trocken und dann ab in unseren Schlafsaal. Du musst unter die Dusche und dir etwas trockenes anziehen!" Ich wurde in Richtung von unserem Schlafsaal geschoben, während mir der trockene Umhang um die Schultern gelegt wurde.
„Adina, mir ist nicht kalt. Ich brauche auch nicht deinen Umhang." Ich wollte der jungen Slyhterin den Umhang zurückgeben, doch sie hielt mich davon ab.
„Mit Wasser kenne ich mich aus. Du behältst den Umhang. Los jetzt! Ab unter die Dusche! Und auf dem Weg dorthin kannst du mir gleich noch erklären, wie du auf die Schnapsidee gekommen bist, nicht beim Quidditchteam mitzuspielen. Du warst wirklich gut. Draco meinte, du machst die Sorgen wegen Professor Lupin. Also notfalls helfe ich dir, alle Hausaufgaben zu machen. Das kann ich so oder so machen, schließlich sind wir Freunde und anscheinend kriegst du es alleine nicht hin." Adina redete und redete. Die Antworten, warum ich nicht im Quidditchteam war, schienen mal wieder ziemlich irrelevant zu sein.
Frisch geduscht betrat ich den Gemeinschaftsraum. Neugierig sah ich mich um. Die Wassernymphe hatte gemeint, sie würde hier auf mich warten. Am Kamin saß ein Teil der Quidditchmannschaft. Während mich Flint ziemlich wütend ansah, schienen die anderen sehr froh, über meine Idee zu sein, nicht bei ihnen mitmachen zu wollen. Ich ließ meinen Blick noch einmal über die Mitglieder schweifen. Draco saß nicht bei ihnen, als konnte ich auch nicht erfragen, wo seine Schwester war.
Langsam ging ich weiter durch den Raum. Dabei beobachtete ich aufmerksam die verschiedenen Sitzgruppen. Schließlich blieb mein Blick an einer hängen, welche in der letzten Ecke stand. Die beiden Malfoys hatten sich dort unter anderem gemütlich gemacht, so wie Dracos Hulk und Godzilla und die Mädchen aus Adinas und meinem Schlafsaal.
Einen kurzen Augenblick dachte ich darüber nach, einfach die Biege zu machen. Ich hatte meinen Zeichensachen und mein Walkman dabei. Mit beiden konnte ich mich auch gut woanders im Schloss hinsetzen und mich beschäftigen. Doch eigentlich hatte ich der Wassernymphe gesagt, ich würde mich später zu ihr gesellen. Daher hatte sie sich mit ihrem Buch überhaupt erst hierhin gesetzt. Seufzend ging ich zu der Sitzgruppe herüber.
„Hey."
„Ich habe dir gesagt, du solltest rein gehen, weil es anfangen wird zu regnen." Draco Malfoy sah nicht einmal richtig von dem Kartenspiel mit seinen beiden Schlägern und Daphne Greengras auf.
„Ich liege gerne im Regen."
„Wahrscheinlich gibt es in Muggelwaisenhäusern einfach keine Duschen. Deshalb kann sie es nur im Regen duschen und genießt es so sehr." Pansy Parkinson sah mich feindselig an.
„Nein, Duschen gibt es dort. In der Gosse allerdings nicht Pansy." Ich sah mich nach einem Sitzplatz um.
Draco hatte es wirklich geschafft, für sich alleine ein ganzes Sofa zu beanspruchen, indem er dort mit ausgestreckten Füßen saß, während Goyle, Greengas und Pucey sich zu dritt auf eines gequetscht hatten. Doch wahrscheinlich hatte niemand es gewagt, dem kleinen Prinzen darum zu bitten, seine Füße herunter zu nehmen oder wenigstens ein wenig anzuwinkeln. Höflichkeit schadet nun einmal im Leben. Zum Glück besaß ich nicht allzu viel davon. Kommentarlos lief ich zu der entsprechenden Sitzgelegenheit.
„Draco, Füße weg, sonst sitz ich drauf."
„Ich bezweifle, dass es wirklich gemütlich ist, auf ihnen zu sitzen, Rona."
„Für dich ganz sicher nicht." Der blonde Slytherin zog ohne mir noch weiter Beachtung zu schenken seine Beine zurück, weshalb ich es mir gemütlich machen konnte. Bevor ich mich an meine Zeichnungen machte, sah ich noch einmal durch die Runde. Pansy warf mir einen ziemlich säuerlichen Blick zu. Was ihr wohl mehr gegen den Strich ging: Dass sie noch immer Malfoy zu Draco sagte oder die Tatsache, dass ich genau neben ihm saß?
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