Kapitel 11
Schlecht gelaunt las ich das Testament von Sirius durch. In den letzten Wochen hatte ich es immer wieder gemacht, um doch noch irgendwie eine Lösung zu finden, um an Kreacher oder dieses blöde Medaillon heranzukommen. Noch einmal Zugang zum Grimmauldplatz 12 würde dazu wahrscheinlich ausreichen, doch es schien unmöglich.
Sirius hatte sein Elternhaus und den Hauself tatsächlich an Harry vererbt. Ich meine, an Kira hätte ich ja noch irgendwie verstanden, aber sein Patensohn? Patricia hatte verdammt noch mal mit ihm angefangen, das Haus zu renovieren. Und was hatte Potter getan? Vielleicht mal ein wenig geputzt. Aber nein, Harry bekam das Haus und den Hauself mit Horkrux und was hatte er für seine Patricia? Nur das ehemalige Haus von ihm und Carolin. Was sollte ich oder sie schon damit anfangen? Es war verstaubt und die Möbel waren veraltet. Wenn Patricia hier wäre, würde sie sicherlich nicht dorthin ziehen, sondern sich weiterhin bei Marlon ins Bett kuscheln. Nach dem Tod von Sirius hätte sie wahrscheinlich nicht einmal mehr darauf Rücksicht genommen, wenn Yasmine da war. Hauptsache sie durfte bei ihrem zweiten Vater sein.
Doch da ich mal wieder mit den blöden Horkruxen nicht weiterkam, konnte ich mich auch auf mein zweites Problem kümmern. Das Absorbieren der Magie der anderen Nymphen. Und wo konnte man da besser anfangen als in der ehemaligen Bibliothek eines Gottes. Da mir nun die von Ares versperrt war – jedenfalls ging ich noch davon aus, die Kriegsnymphenfamilie ließ mich herein – hatte ich beschlossen, lieber die Bibliothek einer anderen aufzusuchen. Genauer gesagt, die im Schloss von Zeus, denn diese war die einzige Unbewachte, die ich kannte. Allerdings wusste ich nicht, wie viele Bücher überhaupt die Jahre in dem leerstehenden Gebäude überlebt hatten. Oder die Kämpfe davor.
Trotz allem hatte ich beschlossen das erste Hogsmeadewochende des Jahres dafür zu nutzen, zu dem Schloss von Patricias kleiner Schwester zu reisen. Während sich die meisten anderen in Hogsmeade vergnügten, würde ich hoffentlich einen Schritt näher an die Vernichtung meiner Feinde kommen. Ich hatte auch schon überlegt, Hogwarts heimlich über einen der unzähligen Geheimgänge zu verlassen, doch aufgrund der vielen neuen Sicherheitsmaßnahmen hatte ich mich dann doch dagegen entschieden. Auch wenn ich es wahrscheinlich geschafft hätte, war es sehr viel arbeit und die Bibliothek von Hogwarts hatte mich die letzten Wochen doch ganz gut beschäftigt. Zwar wusste ich noch immer nicht, wo sich nun das Diadem von Ravenclaw befand, doch hatte wenigstens ins Erfahrung bringen können, dass es auch noch einen Kelch von Hufflepuff und ein Schwert von Gryffindor gab. Da Letzteres von dem Schulleiter von Hogwarts und damit Dumbledore aufbewahrt wurde, hielt ich es für unwahrscheinlich, dass es sich dabei um einen Horkrux handelte. Daher hatte ich mir bisher nicht die Mühe gemacht, noch einmal im Schulleiterbüro einzubrechen, um es zu zerstören.
Stattdessen wartete ich ungeduldig darauf, dass wir uns endlich auf den Weg nach Hogsmeade machen durften. Das Frühstück, bei dem sich Draco ständig darüber beschwerte, dass er Nachsitzen musste, weil er mehrmals seine Hausaufgaben für Verwandlung vergessen hatte, zog sich hin wie Kaugummi. Ich aß so schnell ich konnte, doch trotzdem hörte ich dreimal mit, wie der junge Malfoy sich darüber beschwerte. Umso glücklicher war ich, als ich später bemerkte, dass ich wenigstens die dreizehnte Person in der Reihe war. Zumindest musste ich nicht Ewigkeiten darauf warten, endlich dran zu sein, wenn sich die Tore endlich öffneten.
An dem ehemaligen Schloss von Zeus schien das letzte Jahr fast spurlos Vorbeigegangen zu sein. Noch immer war es eine verlassene Ruine. Die Steine waren noch immer nicht neu verputzt worden, das Dach nicht neu gedeckt und die Fenster waren noch immer Scherbenhaufen. Nur die Pflanzen hatten sich ein wenig vorgearbeitet und das Gebäude ein wenig weiter eingenommen. Trotz allem würde es wohl noch Jahrhunderte dauern, bis die Natur das alles wirklich zurückerobert hätte.
Ich selbst lief momentan durch das Gemäuer. Immer wieder musste ich über einen Schutthaufen klettern. An manchen Stellen war noch Blut von dem Massaker an den ehemaligen Bewohnern zu sehen. Eine riesige Sauerei, die auch nach all den Jahren nicht von Regen weggewaschen worden war.
Ich öffnete alle Türen auf den Gängen, um irgendwo die blöde Bibliothek zu entdecken. Bisher hatte ich zwei, die in den selben Salon führten, und einen Speisesaal. Eigentlich hatte ich gehofft, sie schneller zu finden. Zum einen konnte ich nicht Ewigkeiten aus Hogsmeade fernbleiben, zum anderen hatte ich auch etwas Sorge, die Kriegsnymphenfamilie würde gleich das Schloss stürmen. Mit vereinten Kräften würden sie mich problemlos überwältigen können. Auch wenn ich nicht davon ausging, dass sie mich töten würden, würde ich gerne darauf verzichten, in einem dunklen Kerker wieder aufzuwachen. Und da würden sie mich bestimmt gerne hereinverfrachten. Dieser Körper würde bestimmt erst wieder raus dürfen, wenn Patricia wieder in ihm steckte.
Ich öffnete eine weitere Tür. Dieses Mal kam ein hoher Raum, der über und über mit Regalen vollgestellt war zum Vorschein. Er ging über zwei Stockwerke und oben führte eine Galerie lang. Wie durch ein Wunder schien dieser Raum den Kampf überlebt zu haben. Es war kein Schutt zu sehen, die Fenster waren heile und nichts war umgekippt worden. Verstaube Sessel und Sofas haben früher einmal sicherlich zum Hinsetzen und Lesen eingeladen. Heutzutage taten sie nichts mehr, allerdings war weit und breit auch kein Lesestoff zu sehen. Jedes einzelne Regalbrett war leer. Der dünnen Staubschicht nach zu urteilen, hatte jemand die ganzen Bücher vor kurzem weggeschafft. Alles, was von der einst wahrscheinlich riesigen Sammlung an Wissen über geblieben ist, war ein einziger Zettel. Auch er sah nicht so aus, als hätte er hier schon Jahre lang gelegen. Neugierig hob ich ihn auf. Mit schwarzer Tinte war nur ein Symbol darauf gemalt worden. Ein Blitz.
Ich runzelte die Stirn. Hieß das, Natasha hatte all die Bücher weggeschafft? Aber die Kriegsnymphenfamilie überwachte doch das Grundstück. Allerdings konnte meine kleine Schwester natürlich so schnell wie ein Blitz laufen. In der Zeit, die Marlon, Frédéric und Margaux vor einem Jahr gebraucht hatten, um auf den Bewegungsmelder-Zauber zu reagieren, hätte sie ein Haufen Dinge wegschaffen können. Und auch wenn sie ihn später noch einmal ausgelöst hätte, hatte man das Patricia vielleicht verschwiegen, um sie nicht noch einmal zu enttäuschen. Oder man hatte einfach nicht auf den Zauber reagiert, so wie es heute anscheinend der Fall gewesen ist. Nachlässlich.
Ich gab einen frustrierten Schrei von mir. Schon wieder lief mein Vorhaben in eine verdammte Sackgasse. Warum konnte ich nicht einfach mal Erfolg haben?
Als ich in die Schule zurückkehrte, waren mal wieder alle in heller Aufregung. Mir wurden wieder verängstigte Blicke zugeworfen und es wurde getuschelt, während ich in aller Seelenruhe herunter in den Gemeinschaftsraum lief. Anscheinend war mal wieder irgendetwas während meiner Abwesenheit passiert, wofür ich wohl der Sündenbock war. Vielleicht hatte Draco endlich seinen Mordanschlag auf Dumbledore verübt. So langsam konnte er mal seinen ersten Versuch starten. Heute würde mich ein toter Schulleiter tatsächlich aufmuntern, auch wenn er nicht durch meine Hand gestorben war. Bisher war unser Bündnis durch seine ständige Abwesenheit komplett nutzlos, also war sein Leben auch wertlos für mich.
Leider war das Getuschel wie zu leise, weshalb ich auf meinem Weg nach unten nicht heraushören konnte, was nun die Leute mal wieder zum Tuscheln gebracht hatte. Erst als ich in einem Geheimgang, der fast zum Slyherin-Gemeinschaftsraum führte, auf einen leichenblassen Draco traf, fühlte ich mich in meiner Vermutung bestätigt, dass wohl ein Mordanschlag auf den Schulleiter misslungen war.
Als mein Mitschüler meine Schritte hörte, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Panisch sah er sich um. Auch als er mich bemerkte, wurde er nicht wieder ruhiger. Stattdessen blieb er so angespannt und starrte mich an, als wäre ich eine gefährliche Raubkatze, die ihn gleich zerfleischen würde.
„Malfoy, entspann dich", meinte ich, etwas belustigt von seiner offensichtlichen Angst. „Nur weil du immer so gestresst bist, hast du jetzt schon mehrmals deine Hausaufgaben in Verwandlung vergessen. Ich wette, der schiefgegangene Anschlag hängt auch damit zusammen."
„Du weißt, was passiert, wenn ich nicht bald Dumbledore töte", wurde mir mit ungewöhnlich hoher Stimme von Draco mitgeteilt.
Natürlich wusste ich das. Der dunkle Lord würde die Geduld verlieren und das wäre schlecht für meinen Klassenkameraden. Da es Voldemort bei der Mission eher um die Bestrafung von Lucius Malfoy ging, würde er wohl auch noch weniger Geduld zeigen als sonst.
Ich fand es wirklich nicht überraschend, dass Draco nach ungefähr sechs Wochen in Hogwarts noch kein Ergebnis zu liefern hatte. Zum einen war Dumbledore nun einmal nie in der Schule, zum anderen war er nun einmal auch ein ziemlich kluger Zauberer. Er war nicht so alt geworden, weil man ihn so einfach töten konnte.
Was ich tatsächlich überraschend fand, war, dass sich doch tatsächlich kleine, schwache und armselige Gefühle in mir regten, als Draco das ganze wie ein Häufchen Elend sagte. Ich hatte doch tatsächlich so etwas wie einen Hauch von Mitgefühl für ihn.
„Dann lass ihn toben. Hier in Hogwarts kann er dir nichts antun, solange Dumbledore noch lebt, und danach wird er dir denkbar sein", erklärte ich gelassen.
„Er kann meiner Mutter und meinem Vater etwas antun! Aber das verstehst du nicht!", wurde ich angeschnauzt.
In gewisser Weise hatte er damit Recht. So ganz verstand ich es nicht. Also natürlich war mir bewusst, dass man andere Menschen mit ihren Liebsten erpressen konnte. Deshalb wollte ich ja so vielen, ihre Liebsten nehmen. Damit sie spürten, wie schmerzhaft es für Patricia war, ihren Vater ein weiteres Mal zu verlieren. Ich konnte es nur nicht nachvollziehen, warum sie diese Schwäche zuließen.
„Du hast selbst gesagt. Stress hilft nicht dabei, Dumbledore zu töten. Deshalb wolltest du Quidditch spielen. Reicht nicht, also kann ich eigentlich mein Abzeichen weiter geben", stellte ich ungerührt fest.
Draco sah nun noch mehr wie ein Häufchen Elend aus. Er schien überhaupt nicht begeistert von den Gedanken zu sein, ich könnte mein Abzeichen abgeben. Allerdings schien ihm spontan auch nichts einzufallen, was mich vom Gegenteil überzeugen könnte. Allerdings gab es da auch eigentlich nichts. Daran, dass der Sport ihn offensichtlich nicht genug entspannte, konnte er schließlich nichts ändern.
„Quidditch tut mir gut, Tahnea", gab er schließlich nach fast einer Minute Bedenkzeit zu. „Es reicht mir nur alleine nicht aus."
„Dann brauchst du etwas, dass mehr Glückshormone freisetzt als beim Sport. Hast du es schon mal mit Sex versucht?"
Draco sah mich verstört an, beinahe als könne er nicht glauben, dass ich diese Worte gerade wirklich ausgesprochen hatte. Dabei meinte ich sie genau so. Die Hormonbombe, die dabei ausgeschüttet wurde, war ein echter Stresskiller. Es würde wahrscheinlich nicht dauerhaft reichen, aber zumindest eine Zeit lang.
„Pansy würde sicherlich sehr gerne mit dir schlafen", fügte ich noch hinzu, als ich weiterhin ungläubig angestarrt wurde.
Jetzt schien der Mafloy tatsächlich darüber nachzudenken, ob er meinem Vorschlag nachkommen sollte oder nicht. Das würde Pansy aber freuen, wenn sie mitbekam, dass ich ihr zu ein paar Schäferstündchen mit unserem Klassenkameraden verholfen hatte.
„Das wäre ihr gegenüber unfair", brachte Draco schließlich heraus. Ich zog eine Augenbraue hoch. Wirklich? Jetzt meldete sich seine Moral? Die war wirklich etwas selbstzerstörerisch, oder? Die hielt ihn davon ab, in Ruhe zu entspannen.
„Wir können auch Sex haben. Ich stehe nicht auf dich", meinte ich nur trocken. Und ich hatte gerade nichts Besseres zu tun, außer über meine nächsten Schritte nachzugrübeln. Da ich mich aber irgendwie immer nur in Sackgassen verlief, würde das aber wohl ein sehr mühevoller Prozess werden. Vielleicht würde mir der Hormoncocktail auch helfen, das alles Mal aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Anstelle mir zu Antworten fing Draco nur an zu lachen. Er brauchte anscheinend ein paar Sekunden, um zu bemerken, dass es mir durchaus ernst mit dem Angebot war.
„Tahnea, das ist", er zögerte kurz, „noch viel schlimmer als der erste Vorschlag."
„Ich dachte, du willst einfach nicht Pansys Gefühle noch weiter ausnutzen. Ich habe keine."
„Patricia aber schon. Für Blaise."
„Blaise hat eine Neue. Jedenfalls war er nicht alleine auf der Hochzeit seiner Mutter. Sie muss so oder so darüber hinwegkommen. Mal abgesehen davon, habe ich nun einmal jetzt ihren Körper im Besitz. Sie ist fort."
Draco schüttelte leicht den Kopf, schien aber nicht weiter mit mir über dieses Thema diskutieren zu wollen. Jedenfalls ging er nicht weiter darauf ein.
„Mir ist gerade einfach nach reden", gab Draco schließlich zu. „Ich glaube, du bist die einzige Person, die wirklich alles weiß. Also würdest du vielleicht das für mich tun?"
Ihm zuhören? Ob mich das wohl auf neue Ideen für meine Probleme bringen würde? Wohl kaum. Wahrscheinlich wäre es wesentlich klüger, mir einfach irgendeinen notgeilen Schüler zu suchen, um mit diesem auszuprobieren, wie wirkungsvoll Sex für mich war. Allerdings würde ich wohl kaum viel Erfolg bei der Suche haben. Nicht, so wie ich gerade schon wieder angeguckt worden war.
„Erzählst du mir dann wenigstens von dem Mordversuch, damit ich etwas zum Lachen habe?"
„Ich habe bei Borgin und Burkes eine verfluchte Kette gekauft und Madam Rosmerta mit einem Imperius Fluch unter Kontrolle gebracht. Sie sollte heute die einen Hogwartsschüler unter Kontrolle bringen und diesen die Kette Dumbledore bringen lassen", wurde mir niedergeschlagen mitgeteilt.
Ich fing einfach schamlos an zu lachen. Dieser verzweifelte Plan war einfach nur amüsant.
„Das war so dumm!", lachte ich. „Die Kette wäre niemals hier angekommen, bei den Sicherheitsmaßnahmen. Wenigstens hast du dank des Nachsitzens ein Alibi."
„Das Paket ist aufgerissen und ich habe stattdessen Katy Bell erwischt. Sie wurde nicht einmal getötet", wurde mir gestanden, weshalb ich nur noch lauter lachen musste. Ein eh schon unmöglicher Plan und dann hatte das falsche Opfer auch noch überlebt. Draco musste wirklich verzweifelt sein.
„Eigentlich wollte ich das Verschwindekabinett reparieren", fuhr Draco fort. Jetzt horchte ich doch auf. Ein Verschwindekabinett gab mir natürlich auch eine neue Möglichkeit, Hogwarts zu verlassen und zu betreten, wenn ich es gerade wollte. Ganz heimlich, ganz unbemerkt. Die Frage war nur, brachte mir das noch etwas, wenn Dumbledore tot war. Das hing wohl auch stark damit zusammen, ob die Lehrer es nach dem Tod des Schulleiters wegschaffen würden oder nicht.
„Das, indem letztes Jahr Montague gefangen war", fügte Draco noch unsicher hinzu. „Das Gegenstück steht bei Borkin und Burkes. Ich werde es allerdings nicht schaffen. Es ist unmöglich. Jedenfalls für mich", wurde mir resigniert erzählt.
„Wenn wir es nach Gebrauch vor den Lehrern verstecken, damit der Gang rein offenbleibt, würde ich es mir mal angucken", traf ich meine Entscheidung. Dann hatte ich wenigstens einen Weg rein, auch wenn ich nach Dumbledores Tod hier wahrscheinlich nicht hin zurückkehren konnte.
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