Kapitel 35

Sehr zu meiner Überraschung stieg mir beim Erwachen nicht der Geruch von Lavendel und Hyazinthen in die Nase. Stattdessen roch es nach Whisky und Rum. Auch der Boden auf dem ich lag, war ein anderer. Es war kein Gras, sondern Parkett.
Sollte ich nicht in der Zwischenwelt sein? Auf der Blumenwiese? Oder hatte sich der Ort geändert, wo ich aufwachte? Aber warum sollte er? Allerdings fiel mir auch keine bessere Antwort ein.
Vorsichtig schlug ich meine Augen auf. Dieses Mal sah ich über mir nicht den freien Himmel, sondern eine Holzdecke. Eine Lampe baumelte fast genau über mir und verbreitete ein dunkles, warmes Licht. Es wirkte sofort gemütlich, auch wenn ich es noch immer unheimlich fand, weil ich keine Ahnung hatte, wo ich war.
„Welpe! Bei den zwölf Göttern, was machst du denn hier?" Marlon schob sich in mein Sichtfeld. Ziemlich verwirrt sah ich ihn an. Auch wenn ich meinen Onkel genau vor mir sah, schien mein Gehirn es nicht ganz zu realisieren.
Und als ich es dann wirklich verstand, hatte ich das Gefühl, eine Mauer in mir würde zerbrechen.
All die Angst, die Traurigkeit, die Verzweiflung, welche ich die letzten Tage nicht gespürt hatte, brachen über mich herein. Die Tränen schossen mir in die Augen und ein ziemlich verzweifeltes Schluchzen entfuhr meiner Kehle.
„Ist schon gut, Welpe. Es wird alles gut."
Ich wurde an meinen Adoptivvater gezogen. Ich schlang meine Arme um ihn, krallte meine Finger in sein T-Shirt und vergrub mein Gesicht an seinem Hals, während mir Tränen über die Wange liefen.
„Ich werde wieder, Welpe. Wir beide werden wieder. Na komm erst einmal vom Boden hoch."
Ich wurde vorsichtig hochgehoben. Marlon ging zwei Schritte, dann setzte er sich auf eine Sitzbank. Auch wenn ich noch immer mein Gesicht an seinen Hals vergraben hatte und deshalb nichts sah, spürte ich sie an meinem Bein.
„Es wird alles gut werden, Patricia. Ich gebe mir sehr große Mühe, zu Weihnachten, wieder bei dir auf der Erde zu sein", wurde mir von Marlon ins Ohr geflüstert.
Mir entfuhr erneut ein leises Wimmern. Ohne meinen Onkel-Vater wollte ich auch an Heiligabend kein Weihnachten feiern. Ich wollte mich wieder bei ihm auf den Schoß setzen, dabei zusehen, wie er die Marzipanpilze des Bûche de Noël von Schokoglasur befreite, damit ein Jahr voller Glück vor mir lag.
Doch eigentlich war ich selbst schuld, wenn ich dieses Jahr Weihnachten auf meinen Onkel-Vater verzichten musste. Nur wegen mir war er bei dem Schloss gewesen.
„Es tut mir leid", nuschelte ich leise in seine Halsbeuge.
„Was tut dir leid?", wurde ich verwundert gefragt.
„Dass du verletzt wurdest. Ohne mich wärst du nicht dort gewesen", gab ich beschämt zu.
„Es war nicht deine Schuld, Welpe. Beruhige dich erstmal wieder." Mir wurde ein kurzer Kuss auf die Haare gedrückt, weshalb ich ein leises, zufriedenes Seufzen von mir gab. Ich hatte dem Mann die letzten Tage über wirklich sehr vermisst.
Vorsichtig löste ich meinen Kopf etwas von Marlons Hals. Anstelle weiterhin mein Gesicht in seine Halsbeuge zu pressen, legte ich meinen Kopf an seine Schulter und betrachtete zufrieden sein Gesicht.
„Geht es wieder, Welpe?", wurde ich vorsichtig gefragt, weshalb ich langsam nickte. Ja, es ging wieder. Ich hatte mich wieder halbwegs beruhigt, auch wenn ich definitiv die restliche Zeit in der Zwischenwelt zusammengerollt auf seinem Schoß verbringen wollte.
„Das ist gut. Fühlst du dich bereit, meinem Besuch hallo zu sagen?"
Ich wollte gar nicht mein Gesicht bei diesen Worten sehen. Vermutlich sah ich ziemlich verschreckt aus. Jedenfalls fühlte ich mich so. Dass noch andere Personen hier – wo auch immer dieses hier war – anwesend waren, hatte ich bisher noch gar nicht bemerkt. Ich war aufgewacht, hatte Marlon entdeckt und dann meinen Heulanfall gekriegt.
„Niemand von ihnen beißt. Aber wenn du noch eine Minute brauchst, kriegst du sie. Ich bin mir auch sehr sicher, sie werden nicht mehr lange bleiben. Für heute schließe ich meine Bar auf Belize", wurde mir versprochen.
Automatisch musste ich leicht lächeln. Das hier war also sehr wahrscheinlich Marlons Zwischenwelt. Eine wunderschöne, kleine Strandbar, in der er anscheinend auch wirklich Leute bewirtete. Das passte zu ihm.
Hinter uns waren leise Schritte zu hören. Marlon sah kurz in die Richtung, doch die Person, die sich uns langsam näherte, schien er wohl als verkraftbar für mich zu empfinden. Jedenfalls machte er eine Kopfbewegung, die Person solle ruhig herüberkommen.
„Wieso bin ich hier?", fragte ich vorsichtig nach. „Wieso bin ich hier und nicht in meiner Zwischenwelt?"
„Du warst nie in deiner. Du warst immer in meiner", hörte ich Carolin hinter mir. Meine leibliche Mutter zog sich einen Stuhl zurecht, sodass sie nun genau neben mir saß. Vorsichtig strich sie mir über die verheulten Wangen, wobei sie ein freundliches und liebevolles Lächeln auf dem Gesicht hatte.
„In deiner? Warum bin ich nie in meiner?", fragte ich verwirrt nach.
„Die Zwischenwelt ist für uns alle ein Ort, den wir als Schönsten der Welt empfinden", erklärte Carolin mit ihrer wunderschönen, sanften Stimme. „Marlon hat seine Bar in Belize gekriegt und ich eine wunderschöne Blumenwiese. Wir vermuten, dass du immer zu mir kommst, weil du dich weniger nach einem Ort, sondern viel mehr nach Familie sehnst.
Normalerweise kann die Zwischenwelt einer solchen Sehnsucht nicht nachkommen. Sie zeigt Orte, nicht Personen. Da ich aber hier gefangen bin, kannst du in meine Zwischenwelt geschickt werden. Scheinbar passiert es auch dann, wenn ich gerade in einer anderen unterwegs bin. So war es bei deinem ersten Besuch hier.
Jetzt, wo du so viel Angst um Marlon hattest, bist du zu ihm gereist. Wahrscheinlich hat es auch eine Rolle gespielt, dass du ihn lieber als mich hast. Er ist besser dafür geeignet, deine Sehnsucht zu stillen."
Ich merkte, wie meine Wangen leicht rosa anliefen. Auch wenn es die Wahrheit war, wollte ich eigentlich nicht, dass Carolin es wusste. Von hier aus versuchte sie, Sirius und mich bestmöglich zu unterstützen, da wollte ich sie nicht so mit Füßen treten.
„Dafür brauchst du dich nicht zu schämen. Ich würde mir Sorgen machen, wenn du lieber bei mir als bei Marlon wärst. Außerdem kann ich dich ja auch hier besuchen kommen", wurde mir bestimmt mitgeteilt, bevor mir von meiner leiblichen Mutter die Hand hingehalten wurde. „Fühlst du dich bereit, mit herüber zu kommen?"
Mein Blick glitt unsicher zu meinem Onkel-Vater, welcher mir aufmunternd zulächelte und leicht nickte. Er fand offensichtlich, ich war bereit, also würde ich mich wohl auch auf den Versuch einlassen. Dann würde sich schon herausstellen, ob ich nun bereit war oder nicht.
Ziemlich unsicher, ob ich nun wirklich bereit für all die Freunde meiner Eltern bereit war, ergriff ich die Hand. Meine leibliche Mutter zog mich vorsichtig auf die Beine. Sobald ich stand, sah ich noch einmal zu Marlon, welcher sich ebenfalls von der Bank erhob. Er würde mitkommen und mir eine zusätzliche Sicherheit geben.
Mein Blick glitt zu der Gruppe, welche ein paar Tische von uns entfernt zusammen saßen. Die meisten Personen kannte ich von Fotos.
Mir am nächsten saß Marlene McKinnon. Die wunderschöne barbieähnliche Frau hatte ihren Kopf mit Natashas Mutter, Deborah Cruz, zusammengesteckt. Jetzt, wo ich die Frau mal in echt sah, konnte ich auch verstehen, warum Lawrence Bucket im ersten Moment bei dem Foto meiner kleinen Schwester an sie gedacht hatte. Die beiden sahen wirklich sehr ähnlich an. Sie hatten beide diese bronzefarbene Haut, die dunkelbraunen, fast schwarzen, glatten Haare und eine ziemlich ähnliche Gesichtszüge, auch wenn die von Natasha natürlich noch wesentlich kindlicher bei unserer letzten Begegnung gewesen war.
Nicht nur Deborah Cruz erinnerte mich an eine Person auf der Erde. Die Ähnlichkeit von James Potter und seinem Sohn Harry war sogar noch größer. Mein Klassenkamerad wirkte wie eine Kopie seines Vaters. Nur die Blitznarbe und die smaragdgrünen Augen unterschieden ihn von James.
Der Adoptivbruder meines Vaters hatte liebevoll einen Arm um die rothaarige Frau neben ihn gelegt. Lily Potter.
Die ehemalige Schulsprecherin war in ein leises Gespräch mit Mary McDonald und Dorcas Meadows und Maélys Acouret vertieft. An meiner Vorgängerin blieb mein Blick etwas länger hängen. Sie hatte mittlerweile kürzere Haare als noch auf den Fotos, die ich von ihr kannte. Früher ging die brünette Haarpracht bis unter die Schulterblätter, doch nun gingen sie nur noch bis ungefähr zu den Schultern. Durch die neue Frisur wirkte sie irgendwie reifer und älter, obwohl die letzten vierzehn Jahre an ihr spurlos vorbeigegangen waren. Von dieser Frau hatte ich also meine Nymphengene.
Irgendwie war die ganze Szene ein wenig skurril. Es war ein wenig, als würde ich eine Videoaufnahme sehen, von einem netten Abend meiner Eltern und ihrer Freunde in einer Kneipe.
Zwei Personen schienen allerdings nicht so ganz in die Szenerie hereinzupassen. Regulus Black saß gegenüber von einer schwarzhaarigen Frau, die ich noch nie gesehen hatte. Zwischen den beiden und den anderen Besuchern war jeweils ein Platz frei, weshalb sie ein wenig wie Ausgestoßene wirkten. Die Gläser, die an den zwei frei Plätzen standen, wiesen allerdings darauf hin, dass dort wohl mal Marlon und Carolin gesessen hatten.
Ich sah noch einmal zu Carolin, welche mir ein beruhigendes, breites Lächen schenkte. Ganz automatisch drückte ich mich etwas an sie, während ich nach Marlons Hand tastete. Erst als ich diese hatte, setzte ich mich ziemlich zögerlich in Bewegung.
Ich wurde zu der Sitzbank geschoben, auf welcher unter anderem Marlene, Mary und Regulus saßen. Dort angekommen, schob sich Carolin zuerst auf die Bank und mich dann hinterher, sodass ich zwischen ihr und Regulus saß. Marlon nahm auf den freien Stuhl mir gegenüber Platz und saß damit zwischen der unbekannten Frau und Maélys Acouret.
Nun verstummten auch die Gespräche am Tisch. Stattdessen sahen nun alle zu mir herüber, weshalb ich mich noch etwas kleiner machte. War es falsch, dass ich gerade lieber neben Marlon sitzen wollte? Doch da er auf der anderen Seite des Tisches war, blieb mir nichts anderes über als mich an Carolin zu kuscheln und sie als Schutzanker zu nutzen.
„Patricia, ich denke, die meisten hier kennst du schon von Fotos. Die hübsche Dame hier neben mir, das ist Lydia Martin. Sie ist Regulus Freundin", stellte mir mein Onkel-Vater die unbekannte Frau vor.
„Marlon, du hast eine Freundin. Schmiere nicht allen anderen Frauen Honig ums Maul und bringe deiner Tochter etwas zu trinken", kam die Anweisung von Maélys, welche ihrem Ex-Verlobten auch gleich noch den Stuhl unterm Hintern wegziehen wollte.
„Herrisch wie eh und je, cherie", murmelte Marlon, während er allerdings tatsächlich von seinem Stuhl wieder aufstand. „Ich bringe dir den besten des Hauses, Welpe."
„Ich hoffe, der Beste ist ohne Alkohol", stellte Carolin fest.
Ich sah etwas verängstigt zwischen meinem Erziehungsberechtigten und meiner leiblichen Mutter hin und her. Streit wollte ich wirklich nicht. Am liebsten wäre es mir tatsächlich, wenn jetzt einfach alle bis auf Marlon und von mir aus auch Carolin gehen würden, damit ich eine weitere ruhige Kuscheleinheit bekommen konnte.
Ich merkte, wie mir vorsichtig eine Hand auf die linke Schulter gelegt wurde. Unsicher sah ich dorthin, nur um Regulus Black zu entdecken, welcher mir aufmunternd zulächelte.
„Carolin, wir waren uns einig, dass Sirius und ich Patricia erziehen", erinnerte Marlon meine leibliche Mutter.
„Jetzt stellt euch beide nicht so an", rief Maélys. „Sie ist meine kleine Nachfolgerin, sie ist in der Zwischenwelt, also verträgt sie Alkohol problemlos und auf die Erde hat der Konsum hier eh keinen Einfluss. Jetzt zieh ab, Marlon. Wenn du in der richtigen Welt so eine Bar führen würdest, gäbe es wenig Trinkgeld und keine Stammkundschaft."
„In solchen Momenten bin ich wieder sehr froh, dass du nicht mehr die Kriegsnymphe bist und deshalb nichts mehr zu sagen hast", murrte Marlon. Seine Reaktion auf die Worte, ein Kuss von hinten auf den Haaransatz der Frau, sprach allerdings dagegen.
Und ich wusste nicht, ob mir das gefiel. Yasmine war doch seine Freundin. Durfte man dann so mit seiner Ex umgehen? Durfte man dann so mit irgendeiner Frau umgehen?
„Ich weiß, du vermisst uns alle, Marlon. Also tue nicht so. Und jetzt sei ein guter Vater und bringe deiner Tochter einen Cocktail."
„Kleines herrisches Biest", rief der junge Mann ihr zu, während er sich auch schon hinter der Bar verschanzte.
„Das liebst du doch an mir", wurde ihm hinterhergerufen.
Ich beobachtete ziemlich überfordert die Szene vor mir. Hoffentlich wird Marlon nach dem Aufenthalt hier nicht rückfällig. Und was war, wenn das Treffen hier zum Streit zwischen meinem Sorgeberechtigten und meiner potentiellen Stiefmutter führte? Ich mochte es, dass Yasmine nun in meinem Leben war. Ich mochte ihre Rolle.
„Alles in Ordnung?", flüsterte mir Carolin zu.
„Ich will nicht, dass Marlon Maélys vermisst. Er soll nicht hierherkommen wollen. Er soll bei Yasmine und mir auf der Erde glücklich sein", gab ich leise zu.
„Das ist er, Patricia. Marlon liebt Yasmine und Maélys weiß das. Die beiden haben sich noch gerne, aber ihre Beziehung ist vorbei. Da brauchst du dir keine Sorge machen. Du verlierst die beiden nicht."
Ich schluckte schwer. Da war ich mir mal wieder nicht so sicher. Das jetzt mit Marlon war ziemlich knapp gewesen. Irgendwann würde einer sterben und ich würde zum Monster werden.
Ich merkte, wie mir wieder Tränen in die Augen schossen. Ich wollte niemanden mehr verlieren. Der Gedanke, es würde passieren, machte mir schreckliche Angst. Fast genauso viel, wie der Gedanke daran, was eines Tages aus mir werden würde.
„Patricia, ist doch schon gut." Carolin zog mich auf ihren Schoss, während mir mal wieder stumm Tränen über die Wange fließen.
„Ich glaube, wir brechen mal langsam auf und lassen euch etwas Familienzeit", verkündete Lily Potter in diesem Moment.
Sofort machte sich Dankbarkeit in mir breit. Familienzeit hörte sich sehr viel mehr nach meinem Geschmack an als dieser Massenauflauf von fremden Personen hier. Dann hätte ich gleich meinen Sorgeberechtigten für mich.
Tatsächlich standen alle Freunde meiner Eltern und auch die Freundin von Regulus auf, verabschiedeten sich, bevor sie nach und nach einfach verschwanden. An ihre Anwesenheit erinnerten nur noch die vielen leeren Cocktailgläser auf dem Tisch. Nur der biologische Bruder meines Vaters und meine leibliche Mutter blieben sitzen. Carolin hielt mich noch immer im Arm, während der Mann mir tröstend über die Schulter strich.
Ich hörte, wie auf dem Tisch ein weiteres Glas abgestellt wurde. Ich löste mich etwas von Carolin, nur um Marlon durch einen Tränenschleier zu erblicken. Mein Onkel-Vater setzte sich gerade wieder auf seinen Stuhl mir gegenüber.
„Willst du wieder zu mir kommen?", fragte er mich vorsichtig. Ich nickte schnell, sprang schon förmlich von der Bank auf, nur um mich wieder auf seinem Schoß zusammenrollen. Von hier würde ich nie wieder weggehen.
„Wir kriegen das alles hin, Patricia", wurde mir leise zugeflüstert.
„Ich habe Angst", schniefte ich.
„Du brauchst keine zu haben", wurde mir versichert.
Ich gab ein leises Wimmern von mir. Doch ich sollte Angst haben. Ich lebte in meinem Krieg, die Wahrscheinlichkeit, dass ich all meine Liebsten lebend dadurch bringen würde, war erschreckend gering. Genauer gesagt tendierte sie wohl ungefähr gegen null.
„Ich will Sirius und dich nicht verlieren. Ich will nicht unter dem Fluch stehen", nuschelte ich in Marlons T-Shirt.
„Wenn du unter dem Fluch stehst, werden wir dich befreien. Wir kriegen das hin, mein kleiner Welpe. Das verspreche ich dir. Sirius und ich werden da sein. Momentan gibt uns Dumbledore nicht einmal Aufträge für den Orden und wenn er etwas für uns hat, können wir auf uns aufpassen."
„Ich passe auch auf euch auf", murmelte ich leise und drückte mich noch näher an meinen Onkel-Vater.
„Das brauchst du nicht", wurde mir versichert.
„Doch. Ansonsten würde euch Dumbledore ständig auf Missionen schicken", widersprach ich.
Marlon gab ein leises Stöhnen von sich.
„Also hast du dafür gesorgt, dass Sirius und ich auf der Ersatzbank sitzen? Patricia, wir haben wirklich Verständnis für deine Angst, aber so geht das nicht. Sirius und ich lassen dich deinen Beitrag zum Krieg leisten, aber du musst uns auch unseren Beitrag leisten lassen."
„Aber ich habe Angst, euch zu verlieren."
„Das wissen wir doch. Und es ist in Ordnung. Aber du musst diese Angst kontrollieren und nicht umgekehrt."
Ich nickte leicht, auch wenn ich keinen Plan hatte, wie ich dieser Anweisung folgen sollte. Wie sollte ich damit klarkommen, Marlon und Sirius trotzdem ihr Ding machen zu lassen?
„Wir werden das alle schaffen, Patricia. Du wirst lernen mit der Angst umzugehen. Das ist nämlich viel gesünder, als wenn man seine Magie so lange verpulvert, bis man zusammenbricht."
Ich gab ein leises Wimmern von mir. Das hatte ich schon selbst eingesehen, wenn auch zu spät.
„Ihr dürfte nicht sterben. Ich habe nur Sirius und dich", schniefte ich leise.
„Nein, du hast noch viel mehr Menschen, die auf dich aufpassen", wurde mir versichert.

Ich saß noch immer auf Marlons Schoss, auch wenn ich mich nicht mehr an ihn klammerte. Die drei übriggebliebenen Erwachsen hatten ein normales Gespräch angefangen, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, während ich die Position eingenommen, hatte, mit der ich mich am wohlsten fühlte: die des Zuschauers.
Ich fühlte mich sehr wohl dabei, mich an meinen Onkel-Vater zu kuscheln, immer wieder an meinem Cocktail zu nippen und dem Gespräch zu lauschen. Von mir aus konnte es genau so weitergehen, bis ich wieder zurück auf die Erde kam.
Allerdings war ich mir ziemlich sicher, mein Wunsch würde nicht erfüllt werden. Jetzt gerade schien irgendetwas im Busch zu sein, jedenfalls warfen sich Regulus und Carolin immer mal wieder kurze, verschwörerische Blicke zu, deren Grund ich noch nicht herausgefunden hatte.
„Patricia, bevor du gleich zurück auf die Erde geschickt wirst, muss ich dir noch etwas sagen. Etwas, was ich kurz vor meinem Tod herausgefunden habe", schnitt in diesem Moment Regulus ein neues Thema an. „Ihr werden den dunklen Lord nicht einfach umbringen können. Weißt du, was Horkruxe sind?"
„Das sind Objekte, in denen man ein Teil seiner Seele aufbewahrt. Das ist sehr weit fortgeschrittene schwarze Magie", gab ich mein Wissen preis.
„Ja, das stimmt. Und zumindest ein Horkrux wurde von Voldemort erschaffen. Ich fand es heraus und wollte ihn holen, aber ich starb bei dem Versuch. Ich konnte ihn noch Kreacher übergeben, zusammen mit dem Auftrag, das Ding zu zerstören. Wir sind uns allerdings unsicher, ob es nicht noch mehr von ihnen gibt", wurde mir erzählt.
Ich schluckte schwer. Wenn das stimmen sollte, gab es wieder ein Problem mehr. Und zwar eines, um das ich mich eher nicht kümmern konnte. Ich konnte doch nicht gleichzeitig Doppelagent sein und nach Horkruxen suchen.


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