Entstehung der Nymphen - Hermes

Nervös lief Ares im Thronsaal von Hermes auf und ab. Wann kam endlich seine Otrere hier an? Dieses Mal würden Antheia und sie sogar durch das Eingangstor des Schlosses kommen. Sie hatte endlich ihre Reise beendet. Alle von ihrer Liste waren entweder für die Amazonen angeworben worden oder hatten abgelehnt. Erstere würden bald alle in Ares ehemaligen Schloss ankommen, wo sie dann endlich die Ausbildung bekamen, die sie schon vor mindestens acht Monaten hätten bekommen sollen.
„Ares, denkst du das Herumgerenne, bringt dich in irgendeiner Weise weiter?", wurde der Kriegsgott von einem ungefähr Gleichaltrigen, der auf dem Thron saß, gefragt.
„Denkst du, man nimmt dich ernster, weil du so gerne deine Krone trägst?", schoss Ares grummelnd zurück. Hermes, welchen diese Bemerkung gar nicht störte, rückte das goldene Schmuckstück auf seinem Kopf zurecht. Seine kurzen braunen Haare wurden dadurch ein wenig verwuschelt.
„Nein, aber ich bilde es mir gerne ein. Jetzt lese endlich die Akte." Der Gott des Handels und des Reisens hielt ihm das Papier hin.
Kurz war der Kriegsgott versucht. Es interessierte ihn wirklich brennend, was darin stand. Doch er hatte Otrere versprochen, dass sie es gemeinsam machten. Die junge Frau wollte nicht, dass er hinter ihrem Rücken in ihrem Leben herumschnüffelte, das respektierte er.
„Sie kommt bestimmt gleich", erklärte Ares bestimmt und tigerte weiter durch den Raum. Erst zum Fenster, dann wieder zu dem Stuhl, auf welchem er gesessen hatte. Auf dem daneben saß noch immer Nefeli und trank in aller Seelenruhe eine Tasse wirklich leckeren Tee, welcher aus Aphrodites Reich importiert worden war.
„Wenn du nicht in die Akte guckst, dann werde ich es tun", stellte die Schwester von Ares Freundin fest. Als der Kriegsgott sie nur wie ein verschrecktes Reh anstarrte, fing sie an zu lachen und sprang von dem Stuhl auf. Hermes hielt ihr die Akte entgegen, welche sie zugern annahm.
„Nein! Ihr dürft da auch nicht reingucken!", rief Ares verzweifelt.
„Ich habe da schon längst reingeguckt. Es steht –" Der Kriegsgott presste seine Hände auf die Ohren und fing an, laut la la la zu brüllen. Nefeli sah etwas überfordert zu dem Gott des Handels, welcher nur leicht mit den Schultern zuckte. Der andere Gott hing sehr an seiner Beziehung, weshalb er es gerade mit der Treue etwas zu ernst nahm.
Hermes stand von seinem Thron auf, bot ihn Nefeli mit einer galanten Bewegung an. Die junge Frau ließ sich sehr gerne auf das Möbelstück fallen, worauf es wirklich bequem war. Und man konnte den Raum perfekt überblicken. Während die Blondine die Akte aufschlug, lief der Gott des Handels zu Ares herüber, um beruhigend auf ihn einzureden.
Der Kriegsgott war gerade dazu gebracht worden, seine Hände wieder von den Ohren zu nehmen, als die Tür zum Kronsaal geöffnet wurde. Ein Diener führte Otrere und Antheia in den Raum. Die Freundin von Ares hatte mittlerweile einen kugelrunden Babybauch, über den der Stoff ihres Kleides locker fiel. Man sah ihr sofort an, dass sie kurz vor der Entbindung stand.
„Otrere!", rief Ares überglücklich und eilte zu seiner Freundin herüber, welche er in seine Arme zog.
„Hey", kam es sichtlich nervös von der jungen Frau. Sie drückte ihrem Freund einen kurzen Kuss auf den Mund, wobei sie unsicher zu dem Diener herüberschielte. Sie und Ares hatten nun fast ein Jahr lang ihre Beziehung versteckt, es kam ihr gerade sehr falsch vor, ihn vor jemanden zu küssen, der nicht wusste, dass sie ein Paar waren.
Ganz anders sah das Ares. Er fand es kein wenig komisch, nun endlich seine Liebe zu Otrere der Welt zu zeigen. Am liebsten hätte er sie schon über das letzte Jahr hinweg, es in die Welt herausgebrüllt. Jeder sollte wissen, wie wunderbar die Frau an seiner Seite war und wer die Mutter seines noch ungeborenes Kindes war.
„Wie ich sehe, will Nefeli, Hermes Königreich übernehmen", stellte Otrere mit einem kurzen Blick zu ihrer kleinen Schwester fest, welche es sich mit der Akte auf dem Thron gemütlich gemacht hatte.
„Mir fehlt nur noch die Krone."
„Die auf seinem Kopf tritt dir Hermes aber wirklich nicht ab. Du musst dir eine andere von ihm ausleihen", erklärte Ares breit grinsend, weshalb der Gott des Handelns liebevoll über sein goldenes Schmuckstück strich. Ja, er hing an ihm, das gab er gerne zu. Auch wenn er es nicht tat, weil er sich damit ernster genommen fühlte, auch wenn Ares das gerne behauptete, um ihn damit zu ärgern. Eigentlich hing Hermes an dem Schmuckstück, weil seine erste Freundin sie ihm vor langer langer Zeit geschenkt hatte. Ares wusste das eigentlich auch, aber der Kriegsgott wäre nicht der Kriegsgott, wenn er nicht versuchen würde, die anderen Götter von Zeit zu Zeit aufzuziehen.
„Bevor wir uns um Nefelis Regentschaft kümmern, würde ich gerne das Thema Vaterschaft klären", gestand Otrere, welche jetzt anfing, nervös über ihren dicken Babybauch zu streichen. Ares griff nach ihrer Hand, drückte sie leicht, bevor er auffordernd zu der Schwester seiner Freundin sah, welche schließlich noch immer die Akte in der Hand hatte.
„Dann kann ich dir ja jetzt das sagen, was du gerade nicht von Hermes hören wolltest. In der Akte steht nichts über Otrere. Es war ein Handelsschiff, auf dem war nur die Besatzung und Ware."
„In meiner Erinnerung hat mein Vater von der Crew des Kapitäns geredet. Wahrscheinlich kannte mein Vater ihn nur irgendwoher und er hat uns deshalb spontan geholfen", stellte Otrere kleinlaut fest. Es war nur eine nette Geste des Kapitäns gewesen, sie und ihren Vater weg von Hades Land zu bringen, und es hatte so vielen Menschen das Leben gekostet.
„Das würde erklären, warum das Schiff an dem Tag über das Meer gesegelt ist. Eigentlich sollte es noch eine Woche länger in dem Hafen liegen, damit die Waren verkauft werden können", erzählte Hermes, welcher mittlerweile ziemlich nachdenklich wirkte. Er wackelte an seiner Krone, während er gedankenverloren Löcher in die Luft starrte. Die drei Frauen sahen hilfesuchend zu dem Gott des Krieges herüber, welcher allerdings nur leicht mit den Schultern zuckte.
„Wie wäre es, wenn ihr beide euch erstmal setzt. Die Reise war doch sicherlich sehr anstrengend für euch. Gerade für dich Otrere", stellte Ares fest und schob seine Freundin auch schon zu seinem Stuhl. Kaum saß die Schwangere, wurde ihr auch schon von dem Kriegsgott mit einem breiten Grinsen in den Bauch gepikst. Als Antwort gab es einen leichten Tritt.
„Ares, ich bin nur schwanger. Kein Grund besorgt zu sein oder mich zu verhätscheln", widersprach Otrere sofort, auch wenn sie wusste, dass es nichts bringen würde. Aphrodite hatte ihr vor der Weiterreise gesteckt, dass der Kriegsgott ein ziemlich schlechtes Gewissen hatte, dass sie trotz ihrer Schwangerschaft noch seinen Auftrag beenden wollte. Ihm war durchaus bewusst, dass eine Schwangere eigentlich entlastet werden sollte. Daher würde er sich jetzt wohl extra fürsorglich zeigen wollen, um die vergangenen Monate wieder gut machen zu wollen.
„Ich weiß, aber bald wird unser Baby da sein", stellte der Kriegsgott glücklich fest und pikste ein weiteres Mal in den dicken Babybauch seiner Freundin.
„Hör auf unser Baby zu ärgern. Es tritt schon wieder", beschwerte sich die Schwangere.
„Es lässt sich halt nichts gefallen", erklärte Ares stolz und ging dazu über, den Bauch zu streicheln. „Ganz wie Mama und Papa, nicht wahr kleiner Halbgott?"
„Solange es sich weniger mit Zeus streitet als sein Vater", bemerkte Otrere.
„Zeus wird sein Enkelkind lieben. Er wird ein toller Großvater", bestimmte der Kriegsgott und seine Augen fingen an, richtig zu strahlen. Auch wenn er eigentlich nie eigene Kinder hatte haben wollen, war er jetzt doch sehr froh darüber, eines zu kriegen. Jetzt gerade hatte er das Gefühl, das Baby würde aus ihm, den anderen Göttern und Otrere eine richtige Familie machen.
„Lass ihn das nur nicht hören. Er will nicht Großvater sein, sondern Onkel", ermahnte Otrere ihren Freund, welcher die Bedenken der jungen Frau allerdings nur abwinkte.
„Wenn er nicht Großvater sein will, soll er sich nicht immer wie mein Vater benehmen", stellte der Gott nur schulterzuckend fest, bevor er sich an Hermes wandte, welcher noch immer ziemlich in Gedanken schien.
„Aber du darfst auf jeden Fall Onkel für unseren Halbgott sein", erklärte Ares ihm und pikste dem Gott des Handels in die Seite. Dieser schreckte endlich aus seinen Gedanken hoch und sah etwas verwirrt zu seinem alten Freund herüber.
„Was ist los?", wurde er verwirrt gefragt.
„Du wirst Onkel von meinem Baby. Jetzt sag uns schon endlich, was deine Aufmerksamkeit so sehr erfordert. Du wusstest doch schon vorher, dass wir hier keine neuen Erkenntnisse erlangen werden." In diesem Moment fing Ares an zu grinsen. Ihm wurde gerade klar, dass es die klügere Entscheidung gewesen wäre, hätte Hermes nur kurz geschrieben, dass die Akte niemanden weiter brachte. Doch das hatte der Gott des Handels nicht.
„Du hast mich vermisst!", rief der Kriegsgott überglücklich. „Deshalb hast du mich auch hierherkommen lassen, obwohl es gar nicht notwendig war. Das erklärt aber nicht, warum du jetzt so in deinen Gedanken bist, obwohl ich hier bin."
„Vermutlich liegt es eher an deiner Reaktion, wenn man dir etwas erzählen will. Hättest du den Brief gelesen oder dir zur Sicherheit die Augen ausgestochen, damit du es eindeutig nicht kannst?", kam es von Nefeli, welche noch immer auf dem Thron saß und auf die anderen hier herabsah.
„Ich muss gestehen, meine zukünftige Schwippschwägerin gefällt mir, Ares. Aber sie hat unrecht, ich habe es dir nicht gesagt, weil ich wusste, dann würdest du nicht mit Otrere kommen. Dabei wollte ich gerne die Gelegenheit nutzen, meine Schwägerin kennenzulernen."
„Und was hat deine Meinung geändert?", wurde Hermes ungeduldig von dem Kriegsgott gefragt. So langsam konnte der Gott des Handels endlich mal mit der Sprache herausrücken, was denn nun genau los war.
„Nichts. Ich denke, mir ist nur gerade klar geworden, dass Hades uns seit mehr als einem Jahrzehnt hintergeht. Er hat eines meiner Handelsschiffe versenkt, um Otreres Vater und sie zu töten. Die Frage ist nur, warum er es tat. Ich meine, wenn er wirklich gefährlich gewesen wäre, dann hätte er doch mit uns reden können. Was haben wir nur falsch gemacht, Ares?"
Der Gott des Handels rieb sich über die Stirn. Eigentlich hatte er Hades nicht zugetraut, alles zu zerstören, was sie zusammen aufgebaut hatten, doch jetzt gerade war er sich nicht mehr so sicher. Das hier war kein üblicher Streit zwischen Hades und Ares, welcher sich in ein paar Jahrzehnten wieder einrenken würde. Der Gott der Unterwelt war auf alle zwölf anderen Götter sauer. Dabei wusste Hermes nicht einmal, was er falsch gemacht haben könnte. Also mal abgesehen davon, dass er sich bei der letzten Sitzung nicht hinter ihn gestellt hatte. Aber dass würde nicht erklären, wieso Hades vor so langer Zeit ein Schiff voller Unschuldiger getötet hatte.

Hermes ziemlich betrübte Stimmung hielt noch fast den ganzen Tag an. Auch wenn er gedanklich nicht wieder ganz so sehr abdriftete, dachte er immer wieder darüber nach, warum Hades ihn so hintergangen hatte. Ein wirklicher Grund wollte ihm allerdings nicht einfallen.
Mittlerweile saßen die beiden Götter mit den drei Frauen beim Abendessen. Die anderen schienen Hades Verrat schon längst wieder vergessen oder wenigstens verdrängt zu haben. Sie scherzten herum, Ares erzählte alle zwei Minuten, wie glücklich er darüber war, bald Vater zu sein, und seine Otrere bat ihn regelmäßig darum, nicht in ihren Bauch zu piksen, da ansonsten das Baby trat.
„Hermes, jetzt guck nicht so muffelig", forderte Ares den Gott des Handels ein. „Das ist einer der Sachen, die ich auch nicht in hundert Jahren an Hades vermissen werde. Hole mal deine Gedanken aus der Dunkelheit. Du bist hier in der Gesellschaft von drei wirklich hübschen Damen. Na gut, Otrere ist wegen des Babys ein wenig mollig geworden, aber trotzdem ist sie noch furchtbar hübsch."
„Du bewegst dich da auf ganz dünnen Eis, Ares. Nur weil ich hochschwanger bin, heißt es nicht, dass ich dich nicht ordentlich verprügeln werde, wenn du noch so einen Spruch bringst.", drohte ihm Otrere. Nur um die Drohung zu verdeutlichen, drehte sie auch das Messer so in der Hand, dass sie damit perfekt zustechen konnte. Der Kriegsgott hob abwehrend die Hände.
„Du bist mit Baby im Bauch wunderschön. Vor allem wenn es unser Baby ist. Mehr wollte ich gar nicht sagen", gab Ares ziemlich kleinlaut zu.
„Jetzt ist zumindest klar, wer bei euch beiden in der Beziehung die Hosen an hat", stellte Hermes amüsiert fest.
„Ich", kam es sofort von Nefeli, weshalb der Gott des Handels etwas verwirrt zu ihr sah. Eigentlich hatte er an Otrere gedacht.
„Was denn? Otrere ist meine große Schwester und hört deshalb auf mich, Ares will unbedingt ihr Traumtyp sein und tut es deshalb auch."
„Ich höre gar nicht auf dich", protestierte Ares sofort.
„Du hast mir einen Granianer geschenkt", stellte die Blondine unberührt fest.
„Aber nur weil wir momentan so viel reisen und es dann praktischer ist, wenn du einen zum Reiten hast", verteidigte der Kriegsgott seine Entscheidung, auch wenn er eigentlich wusste, so unrecht hatte die junge Frau nicht. Natürlich hatte mit hereingespielt, dass die beiden so viel Zeit damit verbrachten, irgendwohin zu reisen. Sie holten die zukünftigen Amazonen von irgendwelchen Treffpunkten ab, pendelten zwischen seinem alten und jetzigen Schloss, das alles ging schon leichter mit zwei Granianern. Trotzdem hätte es gereicht, wenn er der jungen Frau eines seiner geflügelten Pferde geliehen hätte.
„Wir wissen beide, dafür hättest du mir nicht einen schenken brauchen", stellte Nefeli unberührt fest.
„Aber du mochtest ihn so gerne und er dich. Außerdem war mir einfach danach, weil ich dich gern habe", murmelte Ares verlegen. Er wusste, eigentlich gab er genau das zu, was die Schwester seiner Freundin schon angedeutet hatte. Er ließ sich von ihr um den Finger wickeln.
„Sagte ich doch", erklärte Nefeli triumphierend. Sie sah zu ihrer großen Schwester, welche nur leicht mit ihren Schultern zuckte. Für sie war es nichts mehr wirklich Neues, dass ihre kleine Schwester sie bis zu einem bestimmten Punkt um den Finger wickeln konnte. Sie hatte sich vorgenommen, immer auf die junge Frau aufzupassen, das hatte nun einmal zur Folge, dass sie dadurch leichter manipulierbar war.
„Jetzt muss ich nur hoffen, dass Antheia genauso schnell einsieht, dass ein Platz an Otreres Seite nur an mir vorbeigeht."
„Die letzten paar Monate beweisen das Gegenteil", stellte das Muggelmädchen trocken fest. „Trotzdem wäre es mir lieber, wenn wir gut miteinander auskommen würden. Schon alleine, weil wir ab jetzt viel Zeit miteinander verbringen werden."
„Ich hoffe doch, ihr werdet nicht nur miteinander auskommen, sondern auch wirkliche Freundinnen. Mir persönlich –" In diesem Moment hatte Otrere das Gefühl, jemand hätte ihr einen Eimer Wasser über den Schoß gekippt. Nein, kein Wasser. „Meine Fruchtblase ist geplatzt!"
„Was deine Fruchtblase? Das Baby – es kommt! Hermes, mach etwas!", rief der Gott des Krieges aufgewühlt. Er sprang von seinem Stuhl auf, welcher dabei klappernd zu Boden fiel. Als Nächstes fing er an, aufgeregt von links nach rechts zu laufen.
„Ares, meintest du nicht noch, eigentlich bräuchte Otrere keine Hebamme, schließlich warst du schon bei der Geburt von Tausenden von Kindern dabei?", fragte Nefeli amüsiert, während sie ganz geistesgegenwärtig ihrer Schwester hoch half. Otrere, welche ganz offensichtlich gerade ein Baby bekam, sollte jetzt unbedingt in einen ruhigen Raum unter die Aufsicht eines Heilers, der wirklich bei der Geburt helfen konnte.
„Da wusste ich auch noch nicht, dass die Situation beim eigenen Kind ganz anders ist!", rief der Gott panisch, während er weiter im Kreis lief.
Hermes schüttelte nur leicht den Kopf. Manchmal machte Ares wirklich unnötig ein Drama aus irgendeiner Sache. Auch wenn die Geburt des eigenen Kindes mit Sicherheit etwas emotionaler war, als nur die von irgendeinem, doch trotzdem musste der Gott ja nicht gleich komplett den Kopf verlieren.
„Hilft es dir, wenn ich ihn Ohrfeige?", fragte Antheia. Die Muggelfrau saß tatsächlich noch relativ ruhig auf ihren Platz. Warum denn auch nicht? Gerade eine erste Geburt dauerte meistens sehr lange, gleichzeitig war die Hebamme nur wenige Minuten entfernt. Bisher schien die erste Eröffnungswehe auch noch erträglich gewesen zu sein, die zweite ließ noch auf sich warten, was auch nicht verwunderlich war.
„Antheia", kam es von Otrere in einem sehr anweisenden Ton. Die Muggelfrau stand sofort auf und ohrfeigte Ares, ohne zu zögern. Ein lautes „Klatsch" war zu hören, gefolgt von einem lauten „Autsch" des Kriegsgottes.
„Ares, du wirst jetzt nicht durchdrehen, weil du Vater wirst. Du musst nichts weiter machen, als bei mir zu bleiben, während ich das Kind kriege. Ich habe die Schmerzen, ich habe das Kind im Bauch. Also stell dich nicht so an!"
„Entschuldige, Otrere. Kann ich etwas für dich tun? Soll ich Schmerzmittel holen? Dir die Füße massieren?", sprudelte es aus Ares heraus, welcher an die Seite seiner Freundin eilte. Diese schien seine ganzen Vorschläge aber nicht wirklich zu schätzen zu wissen. Sie schien eher ein wenig genervt davon zu sein, dass der Gott ihr jetzt unbedingt etwas Gutes tun wollte, um nicht nur nutzlos neben ihr zu sitzen.
„Ares, du sollst dich einfach erstmal beruhigen. Die Mädchen gehen jetzt in Otreres Gästezimmer, wo sie Ruhe hat, wir sagen der Hebamme Bescheid", kam es von Hermes, welcher den anderen Gott einfach etwas unsanft am Arm packte und in Richtung Ausgang zog.

Zwölf Stunden. Solang dauerte es, bis man endlich die Schreie eines Babys in Otreres Gästezimmer hörte. Ares, welcher, nachdem er mit Hermes die Hebamme geholt hatte, nicht mehr von Otreres Seite gewichen war, stand von seinem Platz auf, um zu dem Neugeborenen zu laufen.
„Es ist ein Mädchen", wurde in diesem Moment von der Geburtshelferin verkündet.
„Hast du das gehört, Otrere? Wir haben eine Tochter!", rief Ares noch immer ziemlich aufgeregt.
„Eine kleine Hippolyta", murmelte die gerade gewordene Mutter erschöpft.
„Ja, unsere kleine Hippolyta", bestätigte Ares. „Hörst du kleine Halbgöttin. Du bist Mamas und Papas kleine Hippolyta." Der Kriegsgott betrachtete mit glänzenden Augen das Baby auf dem Arm der Hebamme. Jetzt war er doch tatsächlich Vater einer wunderschönen Tochter geworden.
„Wollt ihr sie halten?", fragte die Frau freundlich und hielt dem frischgebackenen Vater sein Kind hin.
Ares nickte begeistert. Er wollte nichts lieber, als dieses kleine Baby halten, welches mit großen hellblauen Augen – eindeutig von Otrere – die Welt betrachtete.
„Guck mal, Otrere. Unser kleiner Halbgott hat deine Augen gekriegt."
„Die Augenfarbe verändert sich meistens noch einmal in den ersten sechs Lebensmonaten", warf die Hebamme ein.
Der Kriegsgott gab ein leises Grummeln von sich. Eigentlich wusste er das natürlich. Ihm war auch klar, dass die Wahrscheinlichkeit höher war, dass sich seine grüne Augen durchsetzen würden, nicht die wunderschönen hellblauen von Otrere. Aber jetzt gerade wollte er nicht darüber nachdenken. Er wollte sich einfach darüber freuen, dass das Baby wie seine Mutter aussah.
„Man sollte ihm momentan nicht mehr der Realität kommen", murmelte die von der Geburt ziemlich erschöpfte Otrere.
Ares lies sich mit Hippolyta auf die Bettkante seiner Freundin fallen. Stolz präsentierte er dabei seine kleine Tochter. Die frischgebackene Mutter strich ganz vorsichtig über die Hand ihres Babys.
„Ist sie nicht wunderschön?", fragte Ares noch immer ganz begeistert.
„Das ist sie", bestätigte Otrere.
„Wenn deine Mama wieder auf den Beinen ist, kleine Hippolyta, dann werde ich euch beiden endlich allen offiziell vorstellen", erklärte der Kriegsgott voller stolz. Endlich war die Heimlichkeit Vergangenheit. Ab jetzt konnte er allen erzählen, dass es eine neue Frau an seiner Seite gab, die ihm sogar ein Baby geschenkt hatte.
„Ares, ich weiß, du bist sehr stolz auf unsere Tochter, aber angesichts der aktuellen Situation, wäre es mir lieber, wenn wir keine große Verkündung machen würden", gab Otrere etwas kleinlaut zu.
Der Kriegsgott sah etwas überrumpelt und verletzt zu ihr. Eigentlich hatte er sich schon sehr darauf gefreut, endlich die Beziehung nicht mehr verheimlichen zu müssen. Vor allem jetzt, wo seine Tochter geboren war, wollte er nicht mehr alles daran setzen, dass niemand von der Verbindung zu ihr und ihrer Mutter erfuhr. Er wollte doch ihr Vater sein.
„Du meinst, wir verheimlichen unsere Beziehung weiter?", fragte der Gott traurig.
„Nein, ich meine nur, wir hängen es nicht an die große Glocke. Wenn jemand fragt, ob du der Vater bist, sage ich ja. Ich übernachte bei dir und esse mit dir, aber bei den Amazonen bin ich erstmal eine Auszubildende wie alle anderen. Ich will keine Extrawürste oder ständig unterstellt bekommen, dass ich welche kriege. Und ich halte es auch für besser, wenn es Hades nicht auf die Nase gebunden bekommt, dass du jetzt ein Kind hast. In Ordnung?"
„In Ordnung. Aber ich darf doch jetzt raus zu Hermes, Nefeli und Antheia gehen und ihnen groß verkünden, dass ich ab jetzt eine Tochter habe."
„Ja, das darfst du."


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