Kapitel 13
Ich sah dabei zu, wie Elaina und Rachel mit Meggie Marshmallows und Fleischstücke rösteten. Der kleine Drachen-Occamy saß neben Elainas Teller und spukte immer mal wieder Feuer, um das Essen zuzubereiten. Sie hörte immer genau im richtigen Moment auf. Danach aßen die beiden jungen Erwachsenen die Süßigkeiten und der Drache das Fleisch.
Sirius, auf dessen Schoß ich saß, strich mir liebevoll durch die Haare, während er sich mit Jean, ihren Ehemann und Michael Cruz leise unterhielt. Die Kinder des Ehepaars lagen schon in ihren Betten, wo sie friedlich schliefen. Ein Babyfon stand auf dem Tisch, doch daraus waren keine Geräusche zu hören.
Mary und Kira saßen mit den Hunden auf dem Boden. Ein Teil von den Tieren war schon eingeschlafen, andere hielten nur noch mit Mühe und Not die Augen auf. Auch die beiden vierzehnjährigen Mädchen schienen mittlerweile wirklich müde zu sein.
„Wie wäre es, wenn ihr Mal ins Bett geht, Kinder. Ihr seid allesamt müde aus. Außer ihr wollt gleich bei den Hunden auf dem Boden übernachten", schlug Remus vor.
„Wir sollten wohl wirklich mal ins Bett gehen", murmelte Kira müde. Sie rappelte sich müde auf, Marianne machte es ihr nach. Ihr Blick glitt zu mir. Ich hatte mich noch immer nicht bewegt und es auch nicht vor. Sirius hatte es schon richtig bemerkt, dass ich sehr gerne bei ihm schlief. Das wollte ich auch heute machen.
„Ich darf hierbleiben, oder?", fragte ich meinen Vater zur Sicherheit.
„Natürlich. So wie immer. Allerdings bin ich mir sicher, es im Bett gemütlicher ist. Willst du vielleicht schon mal in meines gehen? Ich komme dann später nach." Ich wurde fragend angesehen, weshalb ich leicht den Kopf schüttelte.
„Dann werden wir uns aber wenigstens die Bank krallen, damit du deine Beine ausstrecken kannst, mein Welpe. Marlon und Michael kriegen wir von dort schon vertrieben." Mein Vater sah auffordernd zu den beiden Männer. Marlon stand breit grinsend auf und ließ sich einfach auf Kiras ehemaligen Stuhl fallen. Auch Michael stand amüsiert auf.
„Ich sollte auch mal langsam ins Bett. Morgen früh fahre ich nach New York. Marlon konnte mir dort eine Stelle als Lehrer besorgen und eine Wohnung. War schön, euch alle mal wieder zu sehen und danke, dass ich hierbleiben konnte."
„Du musst uns nicht dafür danken. Wir hatten dich gerne zu Besuch, Michael."
„Ich melde mich, wenn es in New York etwas Neues gibt. Wir werden Natasha mit Sicherheit bald finden, Patricia. Mache dir deshalb nicht allzuviele Sorgen. Und denke darüber nach Hogwarts zurückzugehen. Voldemort ist gefährlich und dort bist du in Sicherheit." Ich sah verunsichert zu dem Mann.
„Wenn man Natasha findet, würdest du sie dann nach Hogwarts schicken?", fragte ich vorsichtig nach.
„Ja, natürlich. Sie ist dort sicher", erklärte der Mann bestimmt. Seinem Gesichtsaudruch nach zu urteilen, überlegte er es sich allerdings noch beim Reden anders.
„Nein, würde ich nicht. Ich würde es nicht übers Herz bringen, sie wieder wegzuschicken, wenn ich sie gefunden habe. Ich würde versuchen, sie woanders in Sicherheit zu bringen. Irgendwo, wo sie bei mir bleiben kann. Sirius, ich weiß echt nicht, wie du es schaffst, deine Kleinen bei Marlon und Samuel zu lassen und sie dann monatelang nicht zu sehen. Egal, wo Natasha hin will, wenn wir sie gefunden haben, ich will sie definitiv mindestens einmal die Woche sehen."
„Ich weiß auch nicht, wie ich es schaffe", gab mein Vater zu. Er bedachte mich mit einem liebevollen Lächeln, bevor er weitersprach.
„Wahrscheinlich nur, weil ich nicht will, dass meine zwei Kleinen ihre Leben wegwerfen. Sie sollen etwas aus sich machen. Das können sie nicht, wenn sie mit ihrem Dad auf der Flucht sind. Dann gibt es keinen Schulabschluss und auch keinen Job später mal. Keinen netten Partner. Es gibt nur das Gefühl, jederzeit aufgespürt werden zu können. Im falschen Moment kommt irgendein Auror vorbei und mein Leben ist vorbei. Meine Töchter sollen – Das will ich nicht für sie." Ich schluckte schwer. Das hörte sich eher nicht nach einer gemeinsamen Zukunft für Sirius und mich an. Meine Optionen hießen wohl weiterhin, Hogwarts oder Marlon.
Es waren keine schlechten Optionen. Wirklich nicht. Ich lebte gerne bei Marlon. Sehr gerne sogar. Ich hatte meinen Onkel sehr gerne und ich konnte es mir wirklich nicht vorstellen, eines Tages nicht mehr bei ihm zu wohnen. Vielleicht kam ich ja doch dem Wunsch meines Vater nach und lebte nach dem Familienkonzept der Kriegsnymphenfamilie und der Familie meiner Mutter, blieb für immer bei meinem Onkel und meinem Vater leben. Jedenfalls wenn beide irgendwann wirklich mit mir zusammenlebten.
„Also bleiben wir doch nicht zusammen?", stellte ich traurig und enttäuscht fest. Nach den Worten meines Vaters hatte ich wirklich gehofft, wir würden von nun an zusammenbleiben.
„Welpe, meine kleine liebste süße Patricia Primrose, ich will wirklich gerne mit dir zusammenbleiben. Ich habe dich sehr sehr gerne bei mir. Aber das werden wir nur, wenn ich dich dadurch nicht in Gefahr bringe. Das will ich nicht", erklärte mir mein Vater. Er sah hilfesuchend zu meinem Onkel. Dieser kam doch wieder zu Sirius und mir auf die Bank. Mir wurde beruhigend über die Schulter gestrichen.
„Wir werden in Ruhe herausfinden, wie die Lage in England ist, Welpe. Ich rufe in Frankreich an, sobald ich mir sicher bin, dass jemand wach ist. Momentan haben wir hier Mitternacht, dann haben wir dort sieben Uhr morgens. Wir warten besser noch ein oder zwei Stunden, bevor wir anrufen. Wenn die Lage es zulässt, werden wir uns darum kümmern, dass wir in der Nähe von Hogwarts ein abgelegenes Haus kaufen, wo wir hinziehen können und sich Sirius gefahrlos als Mensch drin bewegen kann. Wenn du willst, kann ich auch gerne mit Dumbledore reden, ob du nach Hogwarts als Schülerin wiederkehren darfst, auch wenn du weiterhin bei uns lebst. Ansonsten werden wir zusehen, dass du trotzdem guten Unterricht kriegst. In Ordnung?", versuchte Marlon, mich zu beruhigen. Ich nickte leicht.
„Sehr gut. Dann denken wir morgen früh in Ruhe weiter nach, wenn wir mehr wissen. Jetzt versuche zu schlafen. Du siehst müde aus, Welpe." Mir wurde ein Kuss auf die Schläfe gedrückt und noch einmal aufmunternd zugelächelt, bevor sich mein Onkel wieder auf seinen Stuhl verzog. Sirius zog mich wieder näher an sich, weshalb ich mich wieder an ihn kuschelte.
Antiope bewegte sich leicht an meinen Füßen. Das braune Fell strich über meine nackte Fußsohle, weshalb ich anfing, leise zu kichern. Ich wollte nur sehr ungern Sirius durch meine Laute aufwecken. Mein Vater lag noch friedlich schlafend neben mir im Bett. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht, während er immer mal wieder etwas vor sich hin murmelte.
„Komm her, Antiope. Du musst meinen Fuß nicht mehr weiter wärmen. Ich verstecke ihn wieder unter der Decke. Komm zu Sirius und mir knuddeln. Aber wecke ihn nicht, ja?" Der Hund stand auf, weshalb das kitzelnde Fell ein weiteres Mal meine Fußsohle streifte. Ich kicherte erneut, während ich meinen Fuß unter die Decke zog. Mein Haustier kuschelte sich zur Sicherheit an meine rechte Seite, damit er weit genug von dem Animagus entfernt war, dass mein Vater nicht durch ihn wach wurde.
Ich drehte mich etwas auf die Seite, um meinen Hund richtig umarmen zu können, weshalb mein Vater leise grummelte. Auch er drehte sich ein wenig und rutschte wieder an mich ran, weshalb er mir jetzt als Rückenlehne diente. Jetzt verstand ich auch teilweise das leise Gemurmel von meinem Vater. Meistens nur einzelne unzusammenhängende Wortfetzen, doch immer mal wieder hörte ich den Namen meiner leiblichen Mutter und von Harrys Vater. Er träumte also von seiner toten Familie.
Auch Antiope schien meinem Vater beim Träumen zuzuhören. Jedenfalls sah sie ihn neugierig an, legte den Kopf schief und schien ihre viel zu großen Schlappohren auf ihn einzustellen.
„Er träumt von meiner leiblichen Mutter Carolin. Er vermisst sie. Denke ich jedenfalls. Meine Beobachtungen sagen mir, er vermisst sie sehr. Menschen beobachten kann ich gut. Er sieht sich oft Bilder von ihr an und sieht dabei traurig und nachdenklich aus. Das mache ich auch mit Mamas und Papas Foto", gestand ich dem kleinen Hund. Dieser wandte sich von meinem Vater ab und schien lieber meinen Worten zu lauschen, während ich ihr hinter den Ohren kraulte.
„Du hättest die beiden sehr gerne gehabt, kleine Antiope. Und ihren Pacco hättest du auch gerne gehabt. Er war ein lieber Hütehund, hat mir immer Pflaster herübergebracht, wenn ich hingeplumpst bin. Dir hätte er bestimmt auch wieder auf die Beine geholfen." Ich musste breit grinsen bei dem Gedanken wie der Golden Retriever zu dem kleinen braunen Fellknäuel getrapst wäre, um die viel zu langen Ohren beim Aufstehen bei Seite zu halten. Natürlich erst, wenn das Näschen, auf welches mein Haustier vorher gefallen wäre, einmal tröstend abgeschleckt wurde.
„Und Tasha, meine kleine Schwester Tyra, sie wirst du auch gerne haben, auch wenn sie dich mit ihrem Plastikzauberstab schlägt, um dich zu heilen. Na ja, hat sie jedenfalls mit fünf Jahren. Ich hoffe, ihre Magie ist mittlerweile erwacht und sie kann jetzt wirklich ein paar Heilzauber. Ich hoffe nur, sie hat sich nicht zu sehr verändert. Ich habe mir immer Mühe gegeben, sie zu beschützen, damit sie nicht so schnell erwachsen wird wie ich. Aber mit fünf Jahren war sie noch immer zu klein. Bestimmt ist sie jetzt erwachsen und braucht mich gar nicht mehr." Ich merkte, wie mir vorsichtig über die Schulter gestrichen wurde. Erschrocken sah ich hinter mich, wo Sirius noch immer lag. Mittlerweile hatte der Mann aufgehört, vor sich hin zu murmeln, und sah mich mitleidig an.
„Welpe, du hast sie fünf Jahre lang so gut beschützt, wie du konntest. Diese Erfahrung hat sie mit Sicherheit geprägt, genauso wie dich die Liebe von deinen Eltern geprägt hat. Auch wenn sie nicht mehr das kleine behütete Mädchen von damals ist, welches Menschen mit einem Plastikzauberstab schlägt, um sie zu heilen, sie wird trotzdem noch deine kleine Schwester sein. Und sie wird vor allem noch immer eine große Schwester brauchen, die sie beschützt und behütet, auch wenn sie dir vielleicht etwas anderes erzählt." Mir wurde ein aufmunterndes Lächeln geschenkt, weshalb ich schwer schluckte. Zwar hörte sich mein Vater sehr zuversichtlich an, doch ich hatte etwas Zweifel.
„Sirius, woher weißt du das? Ich glaube, sie kann gut auf sich aufpassen. Sie hat sich vieles heimlich von mir abgeschaut, auch wenn ich es verhindern wollte. Wahrscheinlich ist sie mittlerweile genauso verdorben, wie ich es bin." Ich merkte, wie Sirius versuchte mich zu sich umzudrehen, damit er mir ins Gesicht sehen konnte. Automatisch spannte ich meine Muskeln an. Ich wollte gerade nicht seinen liebevollen Blick sehen.
„Ok, dann sieh mich nicht an, Welpe. Aber das ändert nichts daran, was ich dir jetzt sagen werde. Du bist nicht verdorben, Welpe. Sogar ganz im Gegenteil. Du bist ein wunderbarer Mensch geworden. Du beschützt Jamie und Adina. Mich hast du auch immer beschützt, hast mir Essen gebracht. Das machen keine Menschen, die verdorben sind", wurde mir bestimmt mitgeteilt.
„Ich war gemein zu allen Leuten. Zu Remus, Kira, Mary, Adina, sogar zu Jamie war ich oft gemein. Und jetzt habe ich Jay Jay alleine gelassen, dabei braucht er mich immer noch im Heim", gestand ich ziemlich kleinlaut. Ich hörte meinen Vater leise seufzen, bevor er erneut versuchte, mich umzudrehen. Dieses Mal ließ ich es allerdings zu.
„Ich glaube, dein Jay Jay kommt gut alleine klar. Er kann auf sich aufpassen, auch wenn du es nicht sehen willst. Vielleicht nicht, indem er sich herausprügelt, aber sein Köpfchen wird ihm helfen. Genauso wie du Peeves erpressen konntest, kann er es bei anderen Leuten", versicherte mir mein Vater.
„Ich war trotzdem gemein. Alle tun zwar so, als fänden sie es mittlerweile in Ordnung, aber ich war es."
„Du bist nur ein wenig ungeschickt, was soziale Kontakte angeht. Einerseits bist du sehr einsam, andererseits hast du Angst, dich auf Leute einzulassen, weil sie dich dann wie viele vor ihnen verlassen können. Deshalb macht es dir furchtbare Angst, mit Kira verwechselt zu werden. Deshalb fällt es dir auch so schwer, mit Samuel und den anderen klar zu kommen. Weil du Angst hast, sie sehen Kira in dir und weil du nicht weißt, wie du dich wie Kira verhältst, hast du gar keine Ahnung, was du machen sollst. Aber das brauchst du nicht. Alle haben Kira lieb, ja, aber sie haben auch den kleinen Welpen lieb. Man kann nämlich beide gleichlieb haben. Weil sie nun einmal zwei unterschiedliche Menschen sind", erklärte mir Sirius. Ich kuschelte mich näher an ihn. Es war wirklich schön, endlich wieder jemanden zu haben, mit dem ich über all diese Dinge reden konnte. Auch wenn ich immer wieder mit Marlon oder ihn so ein Gespräch führte.
„Sie kennen mich doch gar nicht. Oder nur kaum. Wie können sie sich dann sicher sein, mich lieb zu haben?" Es machte keinen Sinn einen völlig Fremden einfach so in sein Herz zu schließen. Andererseits war es nicht genau das, was ich mit Marlon und Sirius gemacht hatte? Sie innerhalb von wenigen Augenblicken in mein Herz zu schließen und sie zu meinem Vater und Onkel zu erklären?
„Weil jeder von ihnen das sieht, was du in dir selbst nicht sehen kannst. Einen guten Menschen, der eine viel zu große Last die letzten Jahre tragen musste, weshalb man jetzt nur noch besser auf ihn aufpassen muss und ihm nur noch mehr Liebe schenken muss. Ich bin stolz darauf, was aus meinem kleinen Mädchen geworden ist, auch wenn ich dir gerne den schweren Weg erspart hätte. Wenn Natasha wirklich deinem heutigen Ich ähnlich geworden ist, dann macht das nichts, Welpe. Dann ist sie heutzutage ein wunderschönes, starkes und eigenständiges Teenagermädchen mit einem guten Herzen. Ich habe dich so unglaublich lieb, mein süßer Welpe." Mir wurde ein liebevoller Kuss auf die Stirn gedrückt.
„Ich dich auch, Sirius." Ich rollte mich auf dem Schoß meines Vaters zusammen, welcher mir liebevoll über die Haare strich. Am liebsten würde ich gerne für immer hier bei ihm im Bett bleiben.
Es klopfte an der Tür, weshalb ich widerwillig den Kopf hoch. Von mir aus, hätte ich einfach den ganzen Tag auf Sirius Schoß verbringen können, ganz ohne, dass jemand zwischenzeitlich hierher kam. Doch anscheinend war jetzt der ruhige Teil des Tages vorbei.
„Herein", rief mein Vater gutgelaunt. Ihm schien es gar nichts auszumachen, dass wir bei unserer Zweisamkeit gestört wurden. Stattdessen sah er neugierig zur Tür, durch die gerade Elaina eintrat. Meggie saß mal wieder auf ihrer Schulter und gab ein freundlichen Quietschlaut von sich, als sie uns erblickte.
„Guten Morgen, ihr beiden. Ich wollte sehen, ob ihr vielleicht mit runter zum Frühstück kommen wollt." Die Rothaarige sah zwischen uns beiden hin und her. Ihr schien sehr wohl bewusst zu sein, dass Sirius und ich extra hier oben geblieben sind, um ein wenig Zeit zu zweit zu haben. Ein wenig Vater-Tochter-Zeit.
„Ich kriege langsam hunger. Du doch sicher auch, Welpe." Mir wurde leicht in den Bauch gepikst, weshalb ich erschrocken quietschte. Eigentlich hatte ich nicht mit diesem Angriff gerechnet. Mein Vater fing an, leise zu lachen, aufgrund meiner ziemlich übertriebenen Aktion.
„Habe hunger", nuschelte ich schließlich kleinlaut. Vielleicht sollten wir doch diesen gemütlichen, einsamen Ort verlassen. Obwohl wir von mir aus auch gerne zu zweit frühstücken könnten.
Sirius musterte noch immer immer ziemlich Aufmerksamkeit meinen Gesichtsausdruck. Er schien zu merken, dass ich eigentlich nicht scharf darauf war, runter zu gehen, um mit der Großfamilie zu frühstücken.
„Na komm, Welpe, Marlon weiß bestimmt schon, ob wir nach England können oder nicht. Und wenn wir nicht zusammen nach England können, werden wir uns trotzdem noch ganz oft sehen. Immer wenn es sicher ist. Mache dir nicht so viele Sorgen, ja?" Ich gab ein leises zustimmendes Quietschen von mir, weshalb mein Vater zufrieden nickte.
Im Erdgeschoss des Hauses herrschte schon ein reges Treiben. Kian spielte mit den Hunden Fangen, wobei er durch sämtliche Räume rannte. Die Älteren musste nicht aufpassen mit ihm oder seinen Spielgefährten zu kollidieren, während sie das Frühstück herüber in das Esszimmer brachten.
Marlon saß seelenruhig vor dem Kamin, als würde das ganze Geschehen um ihn herum gar nicht existieren. Er plauderte lieber mit Frédéric, wessen Kopf im Feuer zu sehen war. Auch der zweite Mann schien es nicht wirklich zu interessieren, dass das Kind und die Hunde immer mal wieder durch den Raum rannten.
„Guten Morgen, Marlon und Frédéric." Mein Vater steuerte auf die beiden Männer zu. Da er um mich schützend einen Arm gelegt hatte, wurde ich automatisch mitgezogen, was ich auch sehr gerne zuließ. Der Flüchtige setzte sich neben Marlon auf den Boden, ich ließ mich zwischen die beiden fallen.
„Guten Morgen, ihr beiden. Ich soll dich von meinem beiden Töchtern und Arienne grüßen, Patricia. Sie freuen sich darauf, dich bald wieder zu sehen. Sue meint, sie ist jetzt stark genug, um dich in einem Zweikampf zu besiegen, aber sie spukt nur mal wieder große Töne. Wie ich sehe bis du noch immer mit Krücken unterwegs. Verheilt dein Fuß denn langsam?", wurde mir von dem Kopf im Feuer freundlich mitgeteilt.
„Samuel meint, in ein oder zwei Tagen kann ich wieder ohne Krücken laufen, ohne dass die Wunde wieder aufgeht", berichtete ich. Die Wunde verheilte laut Mariannes Vater sehr gut, viel schneller als gedacht.
„Das freut mich, zu hören. Ich habe gerade Marlon berichtet, was momentan in England los ist. Alle sind in heller Aufregung, aufgrund der Todesser bei der Quidditchweltmeisterschaft."
„Das hört sich nicht so an, als könnte der Welpe in England bei mir bleiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand es herausfindet, ist viel zu groß, wenn überall Auroren nach mir suchen", stellte mein Vater fest.
„Nein, es hilft uns sogar. Fudge war es so peinlich, dass du entkommen bist, dass er seitdem deinen Namen aus der Zeitung hält. Er hat auch versucht, weitgehend den Vorfall in Hogwarts unter den Teppich zu kehren. Die Auroren haben zwar noch deinen Namen auf der Fahndungsliste, doch die Prioriät liegt auf dem Angriff. Die Weltmeisterschaft war die erste große Veranstaltung seit dem dunklen Lord in England. Dass sie so eskaliert ist, hat wieder großes Misstrauen in die Gesellschaft gebracht. Vor allem, da in Hogwarts dieses Jahr das trimagische Turnier stattfinden wird. Eine weitere internationale Großveranstaltung. Fudge will unbedingt glänzen, weshalb unbedingt die Todessser gefunden werden sollen. Und um noch ein wenig mehr den Leuten das Gefühl zu geben, er habe alles unter Kontrolle, hat er uns um Unterstützung gebeten. Wenn Marlon, Claire und ich mit den Kindern nach England kommen, wird also niemand Verdacht schöpfen und ein zweiter Hund bei uns wird auch nicht auffallen." Dem finsteren Gesichtsausdruck meines Vaters nach zu urteilen, sah er das aber ganz anders.
„Wenn ständig Auroren bei uns sind, wird es irgendwann auffallen, dass euer zweiter Hund eigentlich ein Animagus und ein gesuchter Massenmörder ist. Dann haben wir alle ein richtiges Problem. Ich will euch da nicht mit reinziehen. Bei euch kann eine Tochter halbwegs normal aufwachsen, das werde ich nicht auf diese Weise gefährden." Mein Vater sprang von seinem Platz auf und begann im Raum herumzutigern. Marlon zog mich näher an sich, während ich traurig den Boden anstarrte. Bevor Sirius freigesprochen war, würde er niemals zustimmen, dass ich bei ihm wohnen dürfte.
„Ich habe mit Fudge ausgemacht, dass wir die Kinder möglichst daraus halten wollen. Er hat es mir lustigerweise abgekauft. Daher wird es keine Auroren bei uns geben und auch keine anderen Zauberer. Und wenn Patricia oder eines der anderen Kinder nach Hogwarts zurückkehren will, wird es ihr auf die Art ermöglicht, die sie will. Fudge will unbedingt wieder jemanden von uns in Hogwarts sehen, um es den Franzosen unter die Nase zu reiben. Glaube mir, er würde niemals auf die Idee kommen, Sirius Black könnte bei uns sein."
Der Flüchtige hörte auf herumzutigern. Stattdessen starrte er gedankenverloren einen Fleck an der Wand an. Er schien einen inneren Kampf mit sich zu kämpfen. Schließlich nickte er leicht.
„Wenn ihr euch absolut sicher seid, dass es nicht auffällt, wenn ich bei euch wohne, auch wenn ich nicht den ganzen Tag als Hund herumlaufe, ist es in Ordnung." Ich sprang von meinem Platz auf.
„Heißt das, wir bleiben zusammen?", fragte ich Sirius freudestrahlend. Ein erneutes Nicken war die Antwort. Anders als ich wirkte mein Vater dabei allerdings nicht glücklich, sondern ziemlich traurig und in Gedanken.
Ich biss mir auf die Unterlippe. Eigentlich hatte ich mit einer ganz anderen Reaktion gerechnet. Ich hatte erwartet, dass er sich genauso darüber freuen würde, dass wir wie eine richtige Familie zusammenleben konnten, wie ich es tat, doch stattdessen wirkte er deshalb eher unglücklich.
„Ich geh mal den anderen beim Tischdecken helfen." Sirius drehte sich um. Im Vorbeigehen strich er mir einmal kurz durch die Haare und er nickte Frédéric kurz zum Abschied zu. Ich sah verwirrt zu den beiden Männern.
„Ich dachte, er würde sich freuen", gab ich verunsichert zu.
„Ich bin mir sicher, das tut er, Welpe. Lass ihm ein wenig Zeit, die ganzen Neuigkeiten zu verarbeiten."
Unsicher lief ich in Richtung Küche. Marlon und ich hatten uns von Frédéric verabschiedet und waren danach zu Kiras Familie ins Esszimmer gegangen. Die meisten hatten dort auch schon am fertig gedeckten Tisch gesessen. Kian hatte aufgehört, durch die gesamte untere Etage zu rennen, sondern tobte nun mit den Hunden dort, während er ungeduldig auf den Beginn des Frühstücks wartete. Von Elaina und meinem Vater fehlte allerdings noch jede Spur. Daher hatte ich mich auf die Suche nach ihnen gemacht.
„Sirius, was ist denn los? Ich dachte, du freust dich, wenn deine Tochter bei dir bleiben kann. Gerade eben konntet ihr euch doch kaum voneinander trennen", hörte ich Elainas Stimme aus dem Raum.
„Das ging jetzt einfach verdammt schnell. Ich habe einfach nicht damit gerechnet, dass wir wirklich zusammenbleiben können, ohne dass ich sie in Gefahr bringe. Jetzt geht es wirklich. Also wenn Marlon und Frédéric recht haben." Ich blieb im Flur stehen. Wenn ich noch einen Schritt weiter machte, würde man mich von der Küche aus sehen können und ich wusste gerade nicht, ob ich die beiden stören sollte.
„Hast du wieder Angst, du würdest es nicht schaffen, ein guter Vater für sie zu sein?", kam es misstrauisch von der rothaarigen Frau.
„Ein wenig. Der Welpe ist zwar eigentlich pflegeleicht, aber – ich denke, ich erwarte einfach zu viel von mir selber. Ich will ihr genauso gut helfen, wie Carolin mir damals geholfen hat, aber – ich bin nun einmal nicht sie. Was ist, wenn ich am Ende, ein Zeichen übersehe? Wenn ich sie doch irgendwie verletze und es nicht merke." Ich konnte hören, wie mein Vater, während er sprach, wieder anfing, auf und ab zu tigern.
Ich fing wieder an, auf meiner Lippe herum zubeißen. Ich wollte wirklich ungern meinem Vater mit unserem Zusammenzug belasten. Ich wollte ihn nicht mit meinen Eigenheiten belasten.
„Sirius, wenn du sie mal verletzt, geht sie zu Marlon und ihr klärt das und wenn Marlon es tut, geht sie zu dir. Und wenn ihr beide mal Mist baut, dann hat sie noch immer Remus und ihre Freunde. Azura hat mir erzählt, dass sie mittlerweile sehr gut mit ihrer kleinen Schwester und Frédérics Töchtern auskommt. Letztere beiden werden auf jeden Fall mit nach England kommen. Mit irgendjemand wird sie sprechen und dieser jemand wird sie wohl ermutigen mit dir zu sprechen. Also mache dir nicht so viele Sorgen."
Ich löste sich von meiner Position. Ich sollte wirklich nicht meinen Vater und Elaina belauschen. Diese Angewohnheit verunsichert vor Türen zu stehen und dann doch etwas mitzukriegen, sollte ich sehr dringend wieder ablegen.
Als ich weiter in Richtung Küche ging, sah ich, wie sich Meggie vom Türrahmen löste. Der kleine Mischling war so klein, er konnte sich problemlos auf einen meiner Finger setzen. Er segelte zu mir herunter, wo er sich auf meinen Kopf nieder ließ und sich in meinen Haaren zusammen kuschelte. Sie gab ein leises, glückliches Fiepen von sich.
„Sirius?", machte ich die beiden Erwachsenen auf mich aufmerksam, als ich im Rahmen stand.
„Was hast du denn angestellt, Patricia?", fragte mich Elaina breit grinsend.
„Gar nichts! Wie kommst du darauf, ich hätte etwas angestellt?", fragte ich ängstlich. Wenn man etwas anstellt, wurde man normalerweise danach angeschrien und bestraft.
„Meggie. Sie legt sich auf deinen Kopf, wenn sie dir sagen will, ich weiß, du hast Mist gebaut, aber ich verpetze dich nicht bei Elaina. Bei Azura lag sie ständig auf dem Kopf, wenn diese Mal wieder handgreiflich geworden ist." Die junge rotblonde Frau sah mich neugierig an. Ich sah hilfesuchend zu meinem Vater.
„Ich habe nichts gemacht. Wirklich nicht. Wir wollen frühstücken. Ich bin hierhergekommen, um euch zu holen. Dabei habe vielleicht den letzten Teil eures Gespräches mitbekommen. Ich wollte wirklich nicht lauschen! Nur aus Versehen." Der Drache auf meinem Kopf gab ein unzufriedenes Fauchen von sich, als wolle sie mir sagen, was machst du für ein Mist.
„Meggie, ich fürchte, du musst Rona nicht decken, aber es ist lieb, dass du es willst. Na komm, wir gehen schon einmal rüber. Dann können die beiden über das belauschte Gespräch sprechen." Der Mischling flog wieder von meinem Kopf herunter und landete auf Elainas Schulter. Ich sah dabei zu, wie die beiden den Raum verließen. Dann glitt mein Blick zu Sirius.
„Ich finde, du bist ein guter Vater für mich bisher. Das bleibst du bestimmt auch. Schaffe dir nur keine böse Stiefmutter für mich an. Eigentlich will ich überhaupt keine, aber eine liebe werde ich akzeptieren, solange ich wenigstens bei dir im Bett schlafen darf, wenn ich traurig bin. Bessere aufmunternde Worte habe ich nicht. Ich bin nicht so gut darin."
„Das macht nichts, kleiner Welpe. Ich war auch immer besser darin, mich trösten zu lassen, als andere zu trösten. Deine Mutter – Carolin..."
„Du kannst Carolin ruhig als meine Mutter bezeichnen. Das machen eh alle. Ich habe mich daran gewöhnt", unterbrach ich meinen Vater.
„Aber du siehst sie nur als deine Erzeugerin. Deine Mutter war jemand anderes. Das will ich respektieren und ich denke, das tue ich nicht, wenn ich Carolin als deine Mutter bezeichne, wenn du sie nicht, als deine anerkennst. Also reden wir von Carolin. Meiner wunderschönen, lieben Prinzessin." Sirius Augen wurden wässrig, als er von meiner Mutter sprach. Er musste sie wirklich sehr vermissen.
„Sie hat dich lieb, Welpe. Sie hat ihr kleines Baby so unglaublich lieb, auch wenn du sie nur Carolin nennst, und ich habe dich auch lieb. Jetzt lass uns frühstücken gehen. Langsam kriege ich echt hunger und mein Kaffee wird kalt. Dabei hat Samuel extra für mich welchen besorgt."
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