Prolog
Und der zweite Teil beginnt. Das Mädchen auf dem Foto ist Louisanne.
Maélys P.o.V.:
Ich hatte die Hand von Louisanne fest umklammert, während wir durch den Wald rannten. Mit der anderen Hand umklammerte ich das Medaillon, das mir den ganzen Ärger eingebracht hat. Oder besser gesagt uns, denn Louisanne hatte ich da irgendwie mit reingezogen. Eigentlich ein ziemlich normaler Tag, wenn man es von der Seite aus sah. Der Unterschied zu allen anderen Tagen war dafür besonders groß. An normalen Tagen wollte uns niemand umbringen.
„Nicht langsamer werden!", rief der blonde Typ aus dem Medaillon. Der hatte gut Reden. Schließlich rannte er nicht durch einen verdammten Wald, während Todesser einen umbringen wollten. Ich hörte, einen Fluch neben mir in den Baum einschlagen. Meine beste Freundin wimmerte leise.
„Kann man die abstellen?"
„Halt die Klappe! Wir hätten dich einfach wegwerfen sollen. Schließlich hast du uns den Ärger eingebrockt", fuhr ich den Mini-Menschen an.
„Deine Großmutter ist schuld. Sie ist weggelaufen und hat diesen verbissenen Reinblutfanatiker geheiratet. Wäre sie bei ihrer Familie geblieben, hätten wir das Problem hier nicht. Dann wäre von Anfang an klar gewesen, dass du die Nachfolgerin von Minette wirst, und du hättest eine vernünftige Ausbildung bekommen." Ein paar weitere Flüche flogen an mir vorbei. Meine beste Freundin wimmerte wieder. Ich drückte ihre Hand fester und zog sie nach links hinter einen Baum. Ein Fluch krachte in diesen und brachte ihn gefährlich zum Schwanken.
„Wollt ihr euch nicht wehren?" Der blonde Typ lugte an mir vorbei zu unseren Angreifern.
„Wir wollen leben."
„Angriff ist die beste Verteidigung."
„Halte einfach die Klappe!", giftete ich ihn an.
„Lasst euch nur keine Tipps vom Kriegsgott geben. Wäre ja auch nur sinnvoll." Er verschränkte beleidigt die Arme.
„Ach, halte doch die Klappe!" Ich klappte das Medaillon zu. Dieser blonde Typ ging mir auf die Nerven. Egal ob er ein Gott war oder nicht, er war eine wandelnde Plage. Wahrscheinlich war er als Kind zu oft auf den Kopf gefallen, weshalb er jetzt auch davon überzeugt war, dass er ein Gott war oder so. Ich zog meine beste Freundin hinter den nächsten Baum. Ein Fluch flog nur ein paar Zentimeter an ihr vorbei.
Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir schon durch diesen Wald rannten. Ich hatte die schlimmsten Seitenstiche meines Lebens und Louisannes Gesicht war schon rot angelaufen. Immer wieder schossen Flüche an uns vorbei, denen wir mit Mühe und Not auswichen oder sie abblockten. Na ja, Louisanne wich ihnen mit Mühe und Not aus, ich schien immer vorher zu wissen, wohin der nächste Fluch gehen würde. Es war wie ein sechster Sinn. Rein aus Intuition wusste ich, wie ich ausweichen musste.
„Inciampare." Ich wich den Fluch gerade noch so aus, doch meine Freundin hatte nicht so viel Glück. Sie wurde von ihm am linken Bein getroffen und viel unsanft auf die Nase. Schnell versucht sie, sich wieder aufzurappeln.
„Avada Kedavra!" Der Fluch kam genau auf sie zugeflogen. Ohne zu zögern, warf ich mich gegen sie, doch es war zu spät. Der totbringende Zauber traf sie am linken Schulterblatt.
Ich hatte das Gefühl, mein Herz würde herausgerissen werden. Louisanne war meine älteste Freundin gewesen. Unsere Väter waren schon während ihrer Schulzeit in Beauxbatons Freunde, sodass wir eigentlich wie Schwestern aufwuchsen. Wir haben immer nur uns beide gebraucht, um glücklich zu sein. Und jetzt, wo dieses dumme Medaillon mein Leben zerstört, war sie auch die einzige Freundin gewesen, die zu mir hielt. Alle anderen hatten einfach zu gesehen. Waren still geblieben, teilweise haben sie sich sogar auf die Seite unserer Angreifer gestellt und sie? Sie war mit mir fortgelaufen.
Langsam wurde der Schmerz in meiner Brust von einem anderen Gefühl verdrängt. Rache. Rache dafür, dass Todesser meine beste Freundin ermordet haben, Rache dafür, dass unsere eigenen Familien unter diesen Todessern waren. Langsam hob ich den Kopf, nur um in die weit aufgerissenen Augen von Louisannes Vater zu sehen. Der Mistkerl hatte seine eigene Tochter getötet, weil sie mich beschützt hat. Ohne weiter darüber nachzudenken, stürzte ich mich auf den vollkommen geschockten Mann.
Ich drehte mich von meinen Gegnern weg. Von denen würde mich keiner mehr Verfolgen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich es geschafft hatte, mich gegen meine Verfolger zu behaupten, doch ich hatte es irgendwie geschafft. Ich hatte diesen Angriff überlebt, anders als sie. Ich wartete auf mein Gewissen, das sich jetzt normalerweise melden sollte. Schließlich waren die meisten Todesser alte Freunde meiner Familie – oder meine Familie. Doch mein Gewissen blieb still. Auch als mein Blick über die Leiche meiner besten Freundin glitt, blieben Schuldgefühle und Traurigkeit aus. Nur das Gefühl sie rächen zu müssen, wurde wieder lauter. Ich ging vor dem jungen Mädchen in die Knie.
„Die Todesser werden dafür bezahlen, Lou. Das verspreche ich dir." Ich sah noch einmal zu den anderen Leichen hinter uns. Ich würde nicht stoppen, bis die Todesser ausgerottet wären. Das Medaillon in meiner Hand blinkte. Genervt klappte ich es auf, während ich weiter durch den Wald stapfte.
„Was?"
„Zeus meinte, ich soll dich nicht in so einer Situation allein lassen."
„Ich habe alles unter Kontrolle. Sie hatten keine Chance." Er blickte an mir vorbei.
„Sehe ich."
„Du kannst also wieder gehen."
„Dann meckert, aber Zeus wieder rum, weil ich verantwortungslos bin. Der ist so anstrengend."
„Da kenne ich noch einen."
„Und wie fühlst du dich nach deinen ersten Kampf als Nymphe?"
„So wie immer."
„Na toll, dann habe ich einen neuen Rekord in Nymphen kaputt machen geschafft. Ich habe keine Stunde gebraucht."
„Ich bin nicht kaputt. Siehst du doch."
„Das verstehst du irgendwann. Wo gehen wir denn gerade hin?"
„Nach England. Todesser jagen."
„Willst du nicht vorher lernen, deine neuen Kräfte zu kontrollieren?"
„Lerne ich auf dem Weg."
„So was von kaputt."
„Bist du für irgendetwas gut außer für dumme Kommentare." Ich sah den jungen Gott genervt an. Bisher hatte er mich noch nicht weiter gebracht, außer dass er mir Probleme und anscheinend neue Kräfte gebracht hat.
„Mit meiner langen Lebenserfahrung habe ich schon viel von der Welt gesehen. Ich bin ein hervorragender Ausbilder, wenn es um Kampfsport oder Kampfzauber geht, was für dich relativ unwichtig ist, da du meine Nymphe bist. Was für dich viel Interessanter ist, ist das ich weiß, wo Kämpfe entstehen. Das habe ich im Gespür. Außerdem bin ich ein guter Zuhörer, kenne mich super mit Jungs aus und mit Mode habe ich auch etwas am Hut. Zum Beispiel weiß ich, dass man normalerweise so nicht draußen rum rennt." Er zeigte auf meinen Pyjama. Dieser Blitzmerker. Man lief normalerweise nicht im Pyjama draußen herum.
„Wir werden erstmal keine Freunde, oder?" Er grinste mich charmant an. Ich zuckte nur mit den Achseln. Mein Interesse sich mit dem Typen anzufreunden war äußerst gering.
„Ich frage dich nochmal, wenn du wieder heile bist."
„Du hast gesagt, dass du spürst, wo Kämpfe entstehen."
„Also die meisten Todesser findest du in England. Da ist insgesamt im Moment am meisten los. Außer du möchtest dich am vietnamesisch-kambodschanischen Krieg beteiligen."
„Nein, ich ziehe Todesser vor." Der blonde Gott seufzte leise und murmelte irgendetwas von reparieren.
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