Kapitel 22
Gedankenverloren trommelte ich mit meinen Fingern auf dem Tisch. Es war gar nicht so einfach, sich ein Geschenk für eine Dreijährige auszudenken, wie man immer meinte. Klar, ein Kuscheltier ging immer, aber irgendwie war ein zehntes Kuscheltier nicht das richtige. Und gerade beim ersten Weihnachten zu viert sollte das Fest doch unvergesslich werden.
Seufzend wandte ich mich einem anderen Namen auf meiner Liste zu. Sirius. Der Junge war lieb, doch seine Aussage, ich bräuchte ihm nichts zu schenken, machte es nicht einfacher, etwas zu finden. Es machte die Sache nur noch komplizierter. Einfach irgendwelche Scherzartikel waren mir zu doof, ein neuer Besen, den er haben wollte, war viel zu teuer und irgendwie viel mir nichts Besseres ein. Als seine Freundin konnte ich ihm schließlich nicht irgendetwas schenken. Warum liefen die Leute nicht herum und hatten ein Schild mit Wünschen um den Hals? Wenn man ihm etwas davon schenken wollte, verschwand dieser Wunsch einfach, so dass auch niemand anderes die Sache noch einmal verschenken würde. Wäre doch irgendwie wesentlich einfacher.
„Prinzessin, worüber denkst du nach?" Ich zuckte zusammen. Sirius hatte sich von hinten an mich herangeschlichen und versuchte gerade meine Liste zu lesen. Schnell drehte ich das Blatt Pergament um. Er sollte nicht wissen, dass ich noch keine Idee für ihn hatte, dafür aber für jedes Mädchen aus meinem Schlafsaal.
„Weihnachtsgeschenke?" Ich merkte, wie ich rot wurde. Na toll, jetzt hatte er doch die Liste gelesen. Ich nickte unsicher.
„Streich meinen Namen einfach durch." Er küsste mich auf die Wange.
„Ich will dir aber was schenken."
„Dann schenke mir, dass du dir keinen Stress mit meinem Geschenk machst."
„Es ist immer stressig ein Geschenk zu finden."
„Dann darfst du mir wohl nichts schenken." Er wirkte sehr zufrieden mit dieser Feststellung.
„Schenkst du mir etwas?"
„Wahrscheinlich schon."
„Dann schenke ich dir auch etwas."
„Ich habe doch alles, was ich haben möchte. Ich brauche nichts mehr."
„Du willst einen neuen Besen." Der Junge verdrehte die Augen.
„Ja, aber das kannst du dir nicht leisten. Es reicht mir, dass du zurück bist. Wirklich." Sirius ging um das Sofa rum und setzte sich neben mich.
„Darf ich gucken, was du schon hast? Für mich steht ja eh noch nichts auf der Liste." Ich reichte ihm mein Zettel.
„Tobe dich ruhig aus. Du weißt eh schon, dass ich nichts für dich habe."
„Du bist meine Freundin. Was will ich mehr?" Ich seufzte. Irgendetwas sollte ich ihm schenken. Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.
„Es reicht mir wirklich, wenn wir in den Ferien zusammen wegfahren. Sieh das als mein Weihnachtsgeschenk an."
„Das ist kein Weihnachtsgeschenk. Das habe ich dir vor Monaten versprochen."
„Dann überlege dir, was wir zusammen in den Osterferien machen."
„Da ist die Hochzeit von David und Saleema."
„Ja, aber die ist schon in der ersten Woche. Wir könnten die zweite Woche also noch irgendwo anders hin." Ich konnte Samuel nicht auch noch in den Ferien mit Jean und Elaina alleine lassen. Und irgendwann wollte ich ihn auch mal sehen.
„Wir könnten zu fünft durch Amerika reisen."
„Zu fünft?"
„Glaubst du wirklich, ich würde glauben, du verlässt in den Ferien deine Familie? So naiv bin ich nicht. Von mir aus können wir auch noch deine Blondine mitnehmen. Und James, dann müsste Lily aber auch mit, sonst ist er traurig."
„Du willst wirklich zu Weihnachten einen Urlaub mit mir und meiner durchgeknallten Familie?"
„Wir könnten mit eurem Auto durch Amerika fahren und irgendwo campen. Oder wir fahren mal nach Schottland. Der Loch Ness See ist wirklich schön."
„Wenn du mir schon vorsagst, was ich dir schenken soll, sag mir nicht noch das Ziel vor. Irgendwas muss ich doch machen." Er lachte leise.
„Falls es dich tröstet. Du hast mir auch vorgesagt, was ich dir schenken soll." Wann hatte ich ihm bitte gesagt, dass er mir irgendwas schenken sollte?
„Wenn du andauernd vor irgendwelchen Schaufenstern stehst und sehnsüchtig herein starrst, ist das eine große Hilfe."
„Ich fühle mich nicht besser, wenn du mir sagst, dass du so mein Geschenk gefunden hast." Sirius schüttelte nur lächelnd den Kopf.
„Erstens habe ich noch nichts und zweitens machst du dir viel zu viele Gedanken, Prinzessin." Da hatte er Recht. Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter.
„Ich will einfach das perfekte Weihnachten haben."
„Weil es das Erste ohne deine Familie ist?" Ich nickte traurig. Ja, genau aus diesem Grund, sollte Weihnachten perfekt werden.
„Thema Familie, Euphemia und Fleamont wollen wissen, ob ihr an Weihnachten zum Abendessen kommen wollt. Lily und ihr Dad kommen vielleicht auch." Ich merkte, wie ich rot wurde. Es war eine Sache über Sylvester bei den Potters zu sein, doch Weihnachten mit ihnen zu feiern, war noch etwas anderes.
„Jetzt gucke nicht so, als hättest du Angst gefressen zu werden, wenn du diesen Vorschlag annimmst."
„Stören wir nicht?"
„Am liebsten hätten Fleamont und Euphemia euch bei sich behalten. Glaube mir, die freuen sich, wenn ihr da seid. Eigentlich wollten sie wesentlich mehr Kinder als James. Hat nur nicht geklappt, also adoptieren sie alle Leute, die nicht bei drei auf dem Baum sind." Ich kratzte mich am Hinterkopf.
„Ich kann ja mit Samuel darüber reden." Der Junge nickte zufrieden.
James und Lily saßen zusammen auf einem Sessel und tuschelten über irgendetwas.
„James?" Unsicher trat ich vor die beiden.
„Ist es wegen Sirius Geschenk oder wegen Weihnachten?" Meine Wangen wurden mal wieder warm. Offensichtlich hatte Sirius gepetzt, dass ich noch keine Ahnung hatte, was ich ihm schenken sollte.
„Wegen des Geschenks." Er klopfte auf die Lehne des Sessels.
„Komme zu Weihnachtsmann James und Weihnachtsfrau Lily." Ich ließ mich auf die Lehne fallen.
„Weihnachtsfrau?", kicherte Lily.
„Wenn es einen Weihnachtsmann gibt, ist seine Frau wohl die Weihnachtsfrau. Aber jetzt gehen wir wieder zu unserer liebsten Carolin über. Also Schatz, was ist dein Problem?"
„Ich weiß nicht, was ich Sirius schenken soll."
„Ich dachte, du schenkst ihm einen Urlaub in den Osterferien." Ich seufzte leise.
„Ich kann ihm doch nicht zu Weihnachten schenken, dass er auf meine Cousine und meine Großcousine mit aufpassen muss." James tätschelte mir liebevoll die Hand.
„Du weißt doch, wie Sirius ist. Alles Materielle interessiert ihn kaum. Geld hat er nämlich zu Genüge. Habe ich dir schon vom letzten Jahr Weihnachten erzählt? Oder hat er dir schon mal erzählt, warum er kein Geburtstag feiert?" Ich schüttelte den Kopf. Er feiert keinen Geburtstag und auch Weihnachten war für ihn unwichtig. Eine Begründung wollte er mir nicht geben. Beim besten Willen nicht.
„Es sind Familienfeste, Carolin. Den Rest kannst du dir doch denken, oder?"
„Weil er keine Familie hat, mit der er feiern kann. Aber er hat doch jetzt uns. Dann soll er es mit uns feiern."
„Wenn er so weit ist, wird er mit Sicherheit mit uns feiern. Aber weißt du, was ihn freuen würde."
„Ein Familienurlaub? Mit seiner richtigen Familie?" James nickte lächelnd.
„Also freut es ihn, wenn Elaina den ganzen Tag um ihn herumspringt?" Der Braunhaarige streichelte mir über die Schulter.
„Glaube mir. Du wirst ihn anders nicht glücklicher machen können." Ich seufzte leise. Der Jäger zog mich vorsichtig in eine Umarmung.
„Mach dir nicht so viele Gedanken. Er will wirklich nichts anderes, als eine Familie zu haben, und familientypische Dinge mit ihnen machen." Ich nickte.
„Kommt ihr dann auch mit?" Der Schulsprecher sah fragend die Schulsprecherin an.
„Ich hätte nichts dagegen ein bisschen in den Ferien raus zu kommen", erklärte die Rothaarige.
„Du kannst mit uns rechnen."
„Danke." Ich lächelte die beiden an.
Ich durchblätterte neugierig mit Lily und Marlene die Reisekataloge des kleinen Reisebüros in Hogsmeade. Da sowohl die Schulsprecherin als auch die blonde Nymphe mit in den Urlaub kommen würden, hatten wir beschlossen, das Wochenende zu nutzen, um ein Urlaubsziel für Sirius Weihnachtsgeschenk rauszusuchen. James hatte es übernommen, seinen Bruder abzulenken, was so viel hieß, dass er ihn wohl drei Stunden lang in Zonkos beschäftigte.
„Guck mal. Das sieht doch gut aus." Marlene hielt mir eine Seite mit einem teuren Luxushotel unter die Nase.
„Marlene, ich habe kein Vermögen für Sirius Geschenk. Du musst wohl am besten im zweistelligen Bereich für die Unterkunft bleiben."
„Wir können doch alle zusammenlegen und deinem Black seinen ersten Familienurlaub finanzieren." Ich schüttelte den Kopf.
„Selbst wenn die Rumtreiber und ihr alle was dazugibt, wären es immer noch ein Vermögen. Wie viel kostet dein Traumurlaub?"
„Nur 551 Galleonen. Das sind ungefähr 2700 Pfund." Lily sah Marlene neugierig über die Schulter.
„Was willst du denn?" Die Blondine zeigte auf ein paar Dinge, dann fing Lily an zu lachen.
„Das ist für uns alle pro Nacht." Meine beste Freundin kratzte sich am Hinterkopf.
„Vielleicht solltet ihr das Suchen übernehmen. Ich glaube, ich habe zu hohe Ansprüche."
„Wie wäre es, wenn du erst mal daran denkst, dass Jungs und kleine Kinder dabei sind."
„Das Hotel hat einen riesigen Pool mit super Wasserrutschen! Sirius und James würden es liebe und Jean hätte sicher auch Spaß mit den anderen Kindern." Lily schüttelte nur den Kopf und zog einen anderen Katalog hervor mit Hotels in Schweden.
„Sirius will in den Urlaub, um Zeit mit uns zu verbringen. Da sollten wir uns überlegen, was wir zusammen machen könnten."
„Das Hotel steht am Strand."
„Wir könnten in Schweden an den See. Ist wesentlich billiger." „Und zu der Jahreszeit ist das Wetter mies."
„Wie wäre es mit Frankreich." Ich zog ein Prospekt raus.
„Frankreich ist meistens teuer."
„Wir müssen ja nicht in ein Hotel. Wir können nach einem Campingplatz gucken. Guck mal, bei dem kann man auch ein Wohnwagen mieten und das ist billiger als eine Nacht in Marlenes Traumhotel."
„Teurer geht auch nicht", kicherte die Schulsprecherin. „Ach seid doch ruhig!" Die Blondine schmollte. Ich ignorierte die beiden Mädchen und durchblätterte den Katalog.
„Guckt mal. Der Platz ist doch toll. Direkt am Meer. Und wir können einfach zwei Zelte nebeneinander nehmen. Das kostet dann 261 Pfund für die Woche."
„Wie viel?" Marlene sah mich ungläubig an.
„261 Pfund für die Unterkunft. Essen kommt noch dazu, aber das brauchen wir egal, wo wir sind."
„Dann kostet die Reise also 35 Pfund pro Person."
„Und was auch immer die Überfahrt nach Frankreich kostet."
„Wir können doch einfach apparieren."
„Aber Sirius mag doch Muggel so gerne. Dann sollten wir auch wie Muggel reisen."
„Ist das ein Muggelcampingplatz?" Lily spähte über meine Schulter. Ich nickte.
„Steht in deinem super Katalog auch, was über die Preise für die Fähre?" Ich blätterte herum. Ganz am Ende standen auch Preise für die Überfahrt.
„Also. Wenn wir alle in unserem Auto fahren kostet es 131 Pfund. Dann haben wir aber eigentlich kein Platz mehr für Gepäck. Das wird wahrscheinlich ziemlich eng, weil wir die hintere Sitzbank nutzen müssen und der Kofferraum, dann echt winzig ist. Außer der auf der Rückbank will sich diese mit Koffern teilen, aber das ist nicht so lustig, wenn man durch eine Kurve fährt und die zu hoch gestapelt sind. Wenn wir mit noch einem Motorrad fahren, kostet es 15 Pfund mehr."
„Also 407 Pfund insgesamt. Aber für uns acht ist das wirklich günstig."
„Um die Jahreszeit will nun mal kein normaler Mensch zelten gehen. Wahrscheinlich frieren wir uns unsere hübschen Ärsche ab."
„Dann kannst du mit Samuel kuscheln." Die Schulsprecherin zwinkerte, der Blondine zu, die diesen Gedanken wirklich zu mögen schien.
„Sag ihm, du bist eine Frostbeule und er ist dafür verantwortlich, dass du nicht frierst. Dann wird er dir ganz viele dicken Pullover mitbringen, die du ihm nach und nach klaust und nach Hogwarts entführst." Meine beste Freundin gab lächelnd nach.
„Dann verbringen wir eine Woche zu acht in der französischen Sonne. Sie scheint wohl, oder?" Ich nickte lächelnd. Zu der Zeit sollte es dort schon wärmer als bei uns sein. Jedenfalls nach Maélys Erzählung, die gerne wegen des Wetters quengelte.
Zu dritt verließen wir das kleine Reisebüro von Hogsmeade wieder. Einen Katalog von dem Campingplatz in Frankreich hatte ich eingepackt. Zufrieden mit unserem Entschluss gingen wir die kleine Gasse entlang. Die Spuren des Angriffes waren schon lange verschwunden. Nun sah Hogsmeade wieder genau so hübsch und magisch aus, wie als ich das erste Mal hier war. Würde ich es nicht besser wissen, hätte ich nie vermutet, dass vor knapp zwei Monaten das ganze Dorf in Schutt und Asche lag.
Wir brauchten nicht lange, um wieder zurück zur Hauptstraße zu kommen. Sie war wie immer mit Schülern gefüllt, doch man merkte, dass es weniger waren als vor dem Angriff. Wahrscheinlich wollten die meisten nicht das Risiko eines zweitens Angriffes eingehen.
Wir ließen uns von der Masse einfach mittreiben in Richtung drei Besen. Sirius Geschenk war das Letzte gewesen, was wir noch gebraucht haben. Ich war meinen beiden Freundinnen echt dankbar dafür, dass sie mich begleitet hatten. Nicht nur, weil sie Mitspracherecht haben sollten, da sie mitfuhren, sondern auch, weil sie mehr Urlaubserfahrungen hatten als ich. Das war auch nicht schwer, da ich bisher nur in Amerika bei den Scamanders gewesen war. Wirklich im Urlaub war ich noch nie gewesen. Wozu auch, wenn man nie länger als drei Wochen an einem Ort gewesen war? Dann hatte man irgendwie nicht die Sehnsucht in den Urlaub zu fahren. Doch jetzt, wo wir in einem Haus wohnten und jeden Tag am selben Ort wohnten, freute ich mich darauf, mal wieder etwas Neues zu sehen. Bei dem Gedanken das erste Mal in den Urlaub zu fahren, musste ich automatisch grinsen. Es würde bestimmt ziemlich aufregend werden.
„Du strahlst ja richtig." Marlene stupste mir in die Seite.
„Ich freue mich auf meinen ersten Urlaub."
„Erster Urlaub?" Die Blondine sah mich verstört an.
„Ja, mein Erster. Wir sind nie in den Urlaub gefahren. Warum sollten wir auch? Schließlich sind wir immer unterwegs gewesen."
„Dann freuen wir uns, dass du ausgerechnet mit uns in deinen ersten Urlaub fahren willst." Die Rothaarige legte mir einen Arm um die Schulter.
„Dann kennst du ja noch gar nicht das Beste am Urlaub!" Marlene hakte sich bei mir unter.
„Und das wäre?"
„Natürlich die Mode des jeweiligen Landes! Wir gehen shoppen!"
Ich ließ mich neben Sirius auf die Bank fallen. James musste ihn irgendwann aus Zonkos herausgelassen haben, weshalb die beiden vor uns bei unseren anderen Freunden im drei Besen angekommen waren.
„Wir dachten schon, ihr kommt nie wieder zu uns zurück." Mein Freund umklammerte mich.
„Wir waren gerade mal zwei Stunden unterwegs, um alle Geschenke zu kaufen."
„Und ich habe dich vermisst." Ich zog Sirius Butterbier zu mir ran. Er löste meine Finger um das Glas.
„Aber nicht so sehr, dass ich dir von dem etwas abgebe. Da ist Alkohol drin. Ich besorge dir eins ohne." Er stand auf.
„Das musst du doch nicht." Er küsste mich auf die Stirn.
„Ich will aber, Prinzessin."
„Bringst du uns beiden dann auch was mit?" Marlene lächelte ihn freundlich an und klimperte mit ihren Wimpern.
„Wie könnte ich deinen Augen widerstehen? Ich bringe euch drei, etwas zu trinken." Er schob sich an mir vorbei und dann weiter bis zu der Bar, wo Madam Rosmerta gerade dabei war Gläser mit dem Bier zu füllen. Ich sah Sirius dabei zu, wie er sich an die Bar stellte. Die Wirtin wandte sich an ihn. Die beiden Sprachen kurz miteinander. Schließlich ging die Barfrau lachend zu dem Schrank mit Gläsern und holte drei Krüge heraus. Diese gab sie an meinen Freund weiter, der bezahlte.
„Na, wie lange willst du deinen Freund noch anstarren?" Alice war unbemerkt zu mir auf gerutscht.
„Weiß ich noch nicht."
„Immer diese ganzen verliebten", kommentierte die Kriegsnymphe.
„Warst du anders mit deinem ersten Freund?" Ich hörte auf, den Quidditchspieler anzustarren, und wandte mich an Maélys.
„Wahrscheinlich war ich genauso."
„Du hattest mal einen Freund?" Dorcas sah neugierig zu der Kriegsnymphe.
„Ja, zwei um genau zu sein." Sie wirkte kurz extrem traurig, doch dann schien sie den Gedanken bei Seite zu schieben und lächelte wieder.
„Aber jetzt nicht mehr und ehrlich gesagt, kann ich gut auf die Typen verzichten. Ein Freund bringt am Ende doch nur ärger." Damit war für die Braunhaarige das Thema abgeharkt, doch Alices und Dorcas Neugierde war dadurch erst recht befeuert worden.
„Wie waren deine Typen denn so?"
„Typen halt. Eingebildet, reich, in reines Blut vernarrt."
„Und warum habt ihr euch getrennt?" Das Mädchen wurde blass.
„Hört auf, Maélys auszufragen. Ihr seht doch, dass ihr das Thema unangenehm ist", ging Frank dazwischen.
„Aber es interessiert uns." Die Blicke ruhten auf der Kriegsynmphe, die in Gedanken versunken war. Sie schien selber nicht zu wissen, ob sie darüber reden sollte oder lieber den Grund für die Trennungen für sich behalten sollten. Schließlich gab sich die Französin sich geschlagen.
„Mit meinem Ersten hat es halt einfach nicht geklappt. Am Anfang war es schön, dann war die Luft halt einfach raus. Na ja und mein zweiter – er wollte halt nicht mit einer wie mir zusammen sein. In der Nacht, in der Louisanne getötet worden ist – er gehört zu den Angreifern." Sie starrte traurig in ihr Butterbier. Betretendes Schweigen war am Tisch entstanden.
„Na ja, jetzt bin ich Single und ich habe auch keine Lust, das so bald zu ändern." Die Nymphe lächelte mal wieder gespielt zufrieden. Sie gehörte wohl zu den Leuten, die versuchten sich selber einzureden, dass sie mit ihrem Scherbenhaufen von Leben klar kamen. Das alles in Ordnung war, obwohl es eigentlich nicht so war. Ein Charakterzug, den ich auch schon von Sirius kannte. Kein Wunder, dass James Maélys ins Herz geschlossen hatte.
„Ach weißt du, irgendwann kommt ein Typ, der dein Herz im Sturm erobert. Natürlich wird er nicht so gut aussehen, wie ich, aber bestimmt kommt er nah dran." Der Schulsprecher legte dem Mädchen einen Arm um die Schulter und grinste sie an. Automatisch grinste die Braunhaarige zurück.
„Ich will doch hoffen, dass er besser aussieht James. Ansonsten kann ich mich mit ihm nicht in der Öffentlichkeit blicken lassen."
„Willst du damit sagen, dass ich nicht der heißeste und hübscheste Junge auf Erden bin?" „Du gehörst zu den Jungen, mit denen man sich gerade so in die Öffentlichkeit wagen kann."
„Carolin, hörst du das? Und du behauptest immer, sie wäre nicht geisteskrank."
„Besser geisteskrank als dumm. Mein Makel kann man wenigstens mit einer Therapie beheben." Die beiden sahen sich einen Moment beleidigt an, dann fingen beide an zu lachen. Wir stimmten alle mit ein.
„Darf ich mitlachen?" Sirius stellte die Butterbierkrüge auf dem Tisch ab.
„Maélys macht nur mal wieder deinen Bruder fertig", klärte Mary Sirius auf.
„Ohne mich? Maélys! Wir sind doch ein Team!"
„Du warst gerade deine Prinzessin vor dem Vertrocknen zu retten, da habe ich es eben ohne dich mit ihm aufgenommen."
„Mal eben? Lily? Sag ihnen, dass ich mich gut geschlagen habe." Er legte seinen Kopf auf Lilys Schulter.
„Er hat sich gut geschlagen – für ein kleines Kind."
„Hey!" Die Rothaarige drückte ihm lachend einen Kuss auf die Stirn.
Unser Schlafsaal sah so aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Eine große Bombe gefüllt mit Glitzer, Klebeband, Geschenkpapier, Schleifen und Bändern. Wir waren gerade dabei die Geschenke einzupacken. Jedenfalls die, für die Leute, die nicht in diesem Raum waren. Ich war gerade mit Samuels Geschenk beschäftigt. Die Tasse mit der Aufschrift „weltbester Daddy" war zum Glück in einem Pappkarton. Ansonsten wäre es ziemlich schwierig, sie einzupacken.
„Wo ist das Klebeband?" Ich sah mich suchend nach der Rolle um.
„Möchtest du das durchsichtige, goldene, silberne oder rote?"
„Durchsichtig?" Machte es ein Unterschied? Schließlich würde es eh in den Müll kommen.
„Zu dem Papier würde ich dir Gold empfehlen", erklärte Marlene und warf mir das entsprechende Band zu. Von mir aus. Dann halt Gold. Ich riss einen Streifen ab und klebte ihn auf das Papier. Die Tür zu unserem Schlafsaal wurde geöffnet und die siebte im Bunde betrat das Zimmer. Maélys sah mit hochgezogener Augenbraue das Chaos an.
„Und ich dachte immer, das schlimmste auf der Welt wäre dieser komische Glitzerfummel, den mir Marlene andrehen wollte."
„Der hätte dir supergestanden." Die Kriegsnymphe schüttelte nur ungläubig den Kopf. Sie warf ihre Mütze auf ihr Bett.
„Ich lasse euch hier mal wieder alleine und gehe ins Bad. Das ist keine Müllhalde oder?"
„Nein, das ist noch aufgeräumt. Du kannst also gefahrlos rein gehen." Das Mädchen wirkte zu frieden
„Dann gehe ich jetzt mal duschen."
Die Kriegsynmphe lag auf ihrem Bett und sah uns beim Einpacken der letzten Geschenke zu.
„Willst du keine Geschenke einpacken?" Lily lächelte dem Mädchen zu. Zwei Sekunden später schien ihr allerdings klar zu werden, dass die Frage ziemlich dumm war.
„Entschuldigung. Du bleibst wahrscheinlich über Weihnachten in Hogwarts, richtig?"
„Ehrlich gesagt, bleibe ich nicht hier. Ich lerne den netten Teil meiner Familie kennen. Den Teil von der ich meine Gene habe, die mich zu euch geführt haben." Sie lächelte glücklich. Sie schien sich wirklich darauf zu freuen Professor Allaire und seine Familie näher kennenzulernen. Zu Recht meiner Meinung nach. Zwar war ich bis heute nicht damit einverstanden, dass die Elfjährigen so gut kämpfen konnten und mit in Hogsmeade waren, doch ich konnte nicht bestreiten, dass sie nett und sympathisch waren. Maélys würde sich hoffentlich bei ihnen wohlfühlen. Ich würde es ihr gönnen, wenn sie in ihrer Familie ihre Seelenverwandten finden würde. Vor allem weil ihr das Grundstück gehörte, auf dem die Familie lebte und sie Boss spielen soll, wenn sie fertig ausgebildet war.
„Ich wusste gar nicht, dass du Kontakt zu deiner Familie hast." Die Kriegsnymphe wurde rot.
„Ja, hat sich irgendwie ergeben." Die Rothaarige lächelte zufrieden.
„Genieß die Zeit mit ihnen."
„Das werde ich."
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