Kapitel 20

Unsicher spielte ich an meinen Fingern herum. Immer mal wieder sah ich zu Sirius herüber, der mir gegenüber saß und friedlich seine Hausaufgaben machte.
„Carolin? Was ist los?" Der Junge sah von seinen Hausaufgaben auf.
„Wir haben dein Geburtstag schon wieder nicht gefeiert."
„Ich weiß. Das war das einzige Geschenk, was ich haben wollte. Das ihr alle meinem Geburtstag ignoriert. Also mache es jetzt bitte nicht kaputt."
„Aber ich habe ein schlechtes Gewissen. Du hast mir eine so schöne Geburtstagsparty organisiert und als Gegenzug habe ich deinen ignoriert." Der Junge lächelte leicht.
„Weil ich es genauso will, Prinzessin. Ich hatte einen wunderbaren Geburtstag, so wie ich ihn mag." Er lächelte mir beruhigend zu, doch irgendetwas in mir, riet mir, dem Jungen nicht zu glauben.
„Darf ich dir wenigstens nachträglich einen Kuchen backen?"
„Nein, darfst du nicht."
„Eine Torte?"
„Du darfst meinen Geburtstag vergessen und dir die Arbeit sparen. Du hast schon genug Stress. Mir ist übrigens auch nicht entgangen, dass du wieder schlechter schläfst, seitdem du Alkohol probiert hast. Wenn du unbedingt irgendetwas machen willst, um mir eine Freude zu machen, dann sollten wir eine Lösung finden, damit du mal wieder richtig zu Ruhe kommst. Einverstanden?" Nein, ganz und gar nicht.
„Nur wenn ich dir nächstes Jahr einen Kuchen backen darf."
„Aber nur einen Kleinen. Ohne Kerzen." Ich nickte langsam. Wenigstens durfte ich nächstes Jahr.

Schweißgebadet wachte ich auf. Sirius hatte sich neben mich aufgesetzt. Vorsichtig strich er mir über die Wange.
„Ist alles in Ordnung?"
„Ich wollte dich nicht –"
„Ist schon in Ordnung. Ich weiß doch, was in letzter Zeit mit dir los ist. Du konntest nicht mehr schlafen und wenn dann doch, dann schlecht. Es war doch nur eine Frage der Zeit, bis du wieder Albträume hast." Erschöpft kuschelte ich mich an meinen Freund.
„Glaubst du, dass es irgendwann wieder besser wird?"
„Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es. Ich hoffe es wirklich. Vielleicht solltest du mal mit Madame Pomfrey reden. Sie weiß bestimmt etwas, das ich ruhig schlafen lässt."
„Das löst nur die Auswirkung nicht das Problem."
„Was schon ein Anfang wäre." Ich seufzte leise. Vielleicht hatte Sirius recht und ich sollte einfach etwas gegen die Albträume nehmen und fertig.
„Du musst es ja nicht tun, aber denke darüber nach."
„Das werde ich. Versprochen."
„Und morgen werden wir das ganze Training mal ausfallen lassen."
„Das können wir nicht, Sirius."
„Doch, das können wir. Du brauchst mal wieder ein bisschen Ruhe. Du drehst komplett am Rad. Das tun wir alle. Es wird uns guttun, mal wieder einen Tag auf dem Sofa zu liegen und nichts zu tun."
„Das wird Professor Allaire nicht erlauben. Aus gutem Grund."
„Er will, dass wir uns verteidigen können. Das können wir nicht, wenn du dir die Nächte um die Ohren schlägst, weil du nicht mehr zu Ruhe kommst. Also wird er nichts dagegen haben. Außerdem ist und bleibt es unsere Entscheidung, ob wir seine Hilfe wollen."
„Und ich will sie und er hat uns angeboten, uns zu trainieren. Allerdings nur wenn wir voll dabei sind. Jeden Tag Training, damit wir schnell Fortschritte machen."
„Und die machen wir alle. Ich rede morgen früh mit ihm. Er wird bestimmt nichts dagegen haben, wenn wir einmal nicht auftauchen. Jetzt versuche noch ein bisschen zu schlafen. Du bist vollkommen erledigt." Seufzend kuschelte ich mich noch enger an die Brust meines Freundes. Er strich mir vorsichtig über meine verstrubbelten Haare.
„Ich habe dich lieb, Prinzessin." Ich nickte müde.

Seufzend ließ ich mich neben Lily auf das Sofa fallen. Diese sah verwundert auf ihre Uhr.
„Ist jetzt nicht Zeit für euren Sport?"
„Sirius und ich haben heute frei bekommen." Sofort bildete sich eine tiefe Falte auf Lilys Stirn.
„Warum denn das?"
„Ich schlafe die letzten Nächte nicht mehr durch. Sirius und unser Trainer sind der Meinung, ich soll erst mal wieder zu Ruhe kommen und dafür sorgen, dass ich durchschlafe. Solange bin ich vom Training ausgeschlossen." Lily wirkte etwas unsicher.
„Du hast nie von der Nacht erzählt."
„Ich werde nicht über die Ermordung meiner Familie reden. Nicht mit Sirius. Nicht mit Marlene und auch nicht mit dir. Verstanden?"
„Vielleicht würde es dir helfen." Ich sprang wütend auf. Ich würde nie wieder freiwillig an die Nacht zurückdenken.
„Carolin, ich meine ja nicht, dass du unbedingt jetzt mit uns darüber reden sollst, aber so kann es nicht mehr weiter gehen. Wenn es dir den Schlaf raubt, müssen wir eine Lösung finden." Unschlüssig stand ich vor dem Sofa.
„Carolin, jetzt beruhige dich. Wir wissen alle, dass du es nicht willst. Deshalb musst du Lily nicht so anfahren. Sie meint es nur gut." Sirius griff nach meiner Hand und zog mich auf seinen Schoß.
„Jetzt komm mal wieder runter. Wir wissen alle, dass du Probleme hast, aber deshalb wollen wir dir schließlich helfen. Also mache es uns nicht unnötig schwer." Ich sah unsicher zu Lily, die ihr Buch, welches sie gerade las, bei Seite legte.
„Ich meine nur, dass du darüber nachdenken solltest, mit jemanden darüber zu reden. Egal ob du willst oder nicht. Wir unterstützen deine Entscheidung. Das weißt du, richtig?"
„Ja, das weiß ich." Das Mädchen nickte erleichtert. Unsicher stand ich auf.
„Ich geh mal ein bisschen an die frische Luft."
„Sollen wir mitkommen?"
„Ich wäre gerne ein bisschen alleine."
„Klar doch."

Ich strich Bubble über das Fell. Die kleine Katze kuschelte ihren Kopf friedlich mauzend an meine Schulter. Ich hörte Schritte hinter mir. Automatisch fuhr ich herum.
„Hallo, Carolin." Frédéric setzte sich neben mich.
„Hast du nichts zu tun?"
„Das Mädchen, welches ich mit Luce trainiere, hat heute frei."
„Ich habe eher ein Trainingsverbot."
„Ich weiß. Onkel Felicien meinte, du schläfst in letzter Zeit nicht mehr."
„Das ist übertrieben. Ich schlafe nur nicht mehr durch."
„Kein Wunder. Das mit deiner Familie ist sicherlich nicht einfach." Das Thema schon wieder.
„Hat Sirius dich geschickt?"
„Non, wie kommst du darauf?"
„Weil er immer will, dass ich mit ihm darüber rede."
„Solltest du auch. Also zumindest mit irgendjemanden. Das hilft wirklich und ich kenne mich da aus."
„Hast du Psychologie studiert?"
„Nein, meine maman." Ich biss mir auf die Lippe. Warum frage ich überhaupt solche Dinge. Es gab eh keine gute Antwort darauf.
„Deine Mutter ist also der Psychotherapeut eurer Familie."
„Jetzt versuchst du abzulenken." Erwischt. Ich ignorierte den Kommentar. Stattdessen beschloss ich, den Jungen noch weiter über seine Familie auszufragen. Es interessierte mich doch, wie die andere Nymphenfamilie so war.
„Hast du Geschwister?"
„Ja, einen Bruder."
„Einen Älteren oder einen Jüngeren."
„Wir sind ungefähr gleich alt."
„Seid ihr Zwillinge?"
„Nein, er ist adoptiert. Unser Quotenmuggel."
„Ihr habt einen Muggel adoptiert? Wie seid ihr denn auf diese Idee gekommen? Also nicht, dass etwas dagegen spricht, aber –" Ich suchten nach den richtigen Worten.
„Es ist ungewöhnlich. Gerade bei einer Familie wie meiner, wo alle zu Superhelden ausgebildet werden."
„Ja, das meinte ich."
„Marlon ist super. Er knackt jedes Schloss, ohne ein Zauberspruch zu nutzen, und kann überall einsteigen. Wir haben ihn kennengelernt, als er bei uns eingebrochen ist."
„Und dann habt ihr ihn adoptiert?"
„Oui. Hattest du Geschwister?"
„Nein, ich bin ein Einzelkind, allerdings waren die anderen immer wie Geschwister."
„Und jetzt bist du die Mutter von zwei von ihnen."
„Ja, das bin ich wohl."
„Ist sicherlich nicht ganz einfach." Ich schüttelte den Kopf.
„Bisher war ich immer diejenige, die mit ihnen die Regeln gebrochen hat. Jetzt muss ich welche durchsetzen."
„Jean macht sich gut."
„Das hoffe ich doch." Er lächelte freundlich.
„Warum mischt ihr euch eigentlich nicht in den Zaubererkrieg ein?", versuchte ich wieder etwas von dem Thema meine Familie wegzukommen.
„Es ist nicht unsere Aufgabe, alle Kriege zu gewinnen. Die Nymphe hat die Leitung über die Familie. Sie ist die beste Kämpferin, die beste Strategin. Sie weiß am besten in welchen Krieg wir wann einsteigen sollten und in welche gar nicht. Maélys muss sich entscheiden, ob wir in diesem Krieg mitkämpfen und auf welcher Seite wir stehen."
„Hast du dazu keine eigene Meinung?"
„Natürlich habe ich die."
„Und welche wäre das?"
„Voldemort ist Hades Nymphe. Er stellt eine Gefahr für uns alle da. So wie wir jetzt aufgestellt sind, haben wir keine Chance. Die Stärke der olympischen Götter war immer ihr Zusammenhalt. So konnten sie Hades besiegen und so sollten wir auch gegen seine Nymphe vorgehen. Nur wenn wir alle olympischen Nymphen vereint bekommen, können wir uns gegen ihn wehren. Also sollten wir die anderen heimlich aufspüren, uns mit ihnen verbünden und Hades Nymphe dann gemeinsam zur Strecke bringen, um die dunklen Zeiten endgültig zu beenden. Aber wie gesagt, es ist nicht meine Aufgabe, das zu entscheiden."
„Es ist Maélys."
„Ja, aber sie ist noch nicht so weit, also sage es ihr besser nicht. Sie muss noch viel lernen, um ihren Platz einnehmen zu können."
„Meine Lippen sind versiegelt."
„Wie ist es bei deiner Familie? Bei euch entscheidest offensichtlich nicht du, ansonsten hättest du anders reagiert."
„Ich habe nicht die alleinige Entscheidungsgewalt und das finde ich auch gut –" Mein Gesprächspartner verkrampfte sich.
„Es kommt jemand hier her. Ich verschwinde lieber. Offiziell war ich noch nie hier." Er zwinkerte mir zu, bevor er in der Dunkelheit verschwand. Seufzend starrte ich wieder in die Dunkelheit heraus und wartete ab, ob Schritte zu mir kamen. Es dauerte nicht lange, da hörte man welche auf mich zukommen. Unsicher drehte ich mich durch.
„Hallo, Carolin."
„Lily, was machst du hier?"
„Ich wollte nach dir gucken. Du bist seit zwei Stunden weg."
„Es geht schon."
„Sicher?"
„Ja, es ist alles in Ordnung."
„Sicher, dass du nicht über Amerika –"
„Lily, ich will wirklich nicht darüber reden."
„Dann komm wenigstens rein. In einer halben Stunde fängt die Nachtruhe an und es ist ziemlich kalt hier draußen. Du fängst dir noch eine Erkältung oder Ähnliches ein." Sie hielt mir die Hand hin, um mir wieder auf die Beine zu helfen. Unsicher ließ ich mir von der Schulsprecherin helfen, die mich sofort Richtung Schloss zog. Ich sah mich noch einmal um, in die Richtung in die Frédéric verschwunden war, doch nicht einmal ein wackelnder Zweig ließ darauf schließen, dass er vor kurzem dorthin verschwunden war. Lily bemerkte meinen Blick nicht. Jedenfalls sprach sie mich nicht darauf an.

„Da seid ihr ja wieder." Sirius wirkte ziemlich erleichtert, als er Lily und mich den Gemeinschaftsraum betreten sah. Er ließ die anderen Mädchen aus unserem Schlafsaal einfach links liegen und kam zu uns herüber.
„Du warst echt lange weg, Prinzessin." Der Treiber nahm meine Hand und zog mich zu meinen Freundinnen.
„Carolin, du bist ja doch nicht zu einem Eiszapfen erstarrt." Dorcas grinste mich freundlich an.
„Es ist auch schön, dich zu sehen, Dorcas."
„Ich weiß, mein Anblick ist wunderbar."
„Und ihr Ego erst", kicherte Alice.
„Ach, halte doch die Klappe."
„Ich liebe dich auch." Grinsend setzte ich mich auf Sirius Schoß, der seinen alten Platz auf einem Sessel wieder eingenommen hatte.
„Ich habe schon Angst gehabt, du würdest gar nicht mehr kommen." Er vergrub sein Gesicht in meinen Haaren.
„Ich wollte nur ein wenig Ruhe haben. Jetzt bleibe ich hier."
„Das ist gut", nuschelte er in meine Haare.
„Bist du müde?"
„Ein wenig."
„Sollen wir ins Bett gehen?" Er nickte langsam.

Ich fuhr aus dem Halbschlaf hoch. Man hörte im Bad das Rauschen der Dusche und durch die Vorhänge war ein wenig Licht zu sehen. Sirius hatte seine Arme um mich geschlungen, so dass es mir unmöglich war, von ihm wegzukommen, ohne ihn zu wecken. Nicht dass ich es gerade wollen würde. Ich fühlte mich ziemlich wohl auf meinem Platz.
Leises Gekicher war von einem anderen Bett zu hören. Na gut. Das interessierte mich jetzt doch. Vorsichtig schob ich den Vorhang ein Stück bei Seite. Lily saß auf James Bett und sah James dabei zu, wie er in Jogginghose vor dem Spiegel an seinem Kleiderschrank stand und seine Haare abtrocknete.
„Wer von unseren Schlafmützen ist wieder aufgewacht?" James drehte sich um.
„Hey."
„Hallo, Carolin. Waren wir zu laut?" Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, lag nicht an euch."
„Tatze schläft noch?" Ich sah kurz zu dem Jungen, der sich offensichtlich immer noch im Tiefschlaf befand.
„Wie ein kleiner süßer Welpe."
„Es heißt, wie ein Stein", meinte Lily automatisch, bevor sie mich verwundert ansah.
„Aber du bist bei Muggeln aufgewachsen und weißt das eigentlich. Also warum Welpe?" Weil sein Animagus ein Hund und er manchmal kindisch ist.
„Weil er mich immer an einen Hund erinnert." Das war wenigstens nicht wirklich gelogen. Ich verschwieg nur einen kleinen Teil der Informationen.
„Deshalb auch Tatze? Weil er wie ein Hund ist?" Ich nickte.
„Woher kommt dann Krone? Weil sein Ego königliche Ausmaße hat?" Lily grinste James übertrieben unschuldig an.
„Na warte." Der Junge stürzte sich auf seine Freundin, die laut quietschend unter ihm begraben wurde.
„Was ist los?" Sirius schreckte aus dem Schlaf.
„Lily, weiß jetzt warum James Krone heißt."
„Wirklich?"
„Ja, wegen seines königlichen Egos." Mein Freund wirkte erst ziemlich verwirrt, bevor er den Witz zu verstehen schien, und anfing zu lachen.
„Muss ich euch beiden auch zum Schweigen bringen?"
„Du kannst es auch lassen und es einfach genießen, dass wir gute Laune haben." Sirius hatte sein übliches freches Grinsen aufgesetzt.
„Ach weißt du..." James zog das Kopfkissen unter Lilys Kopf weg und warf es Sirius ins Gesicht.
„Was ist denn hier los?" Remus kam aus dem Bad. Da seine Haare noch tropften, hatten wir ihn wohl mit unserem Geschrei aufgeschreckt.
„Wir wissen jetzt, dass James seinen Spitznamen durch sein Ego bekommen hat."
„Frank! Warum du auch noch? Warum fällst du mir in den Rücken? Liebst du mich nicht?"
„Du hast es auf den Punkt gebracht." James sah Alices Freund entsetzt an.
„Niemand hat mich lieb. Ich bin umgeben von gefühlskalten Monstern."
„Armer James", meinte Lily sarkastisch.
„Hey, das wirst du bereuen." Der Jäger fing an die Rothaarige durch zu kitzeln. Es klopfte an der Tür. Remus, der sich ebenfalls ein Handtuch geholt hatte, um seine Haare trocken zu rubbeln, hielt in der Bewegung inne.
„Herein", rief der vernarbte Junge. Der Tür wurde schwungvoll geöffnet. Professor McGonagall kam dahinter zum Vorschein.
„Ist Ms Evans hier?" James zuckte zusammen und rollte von der Schulsprecherin runter.
„Was gibt es denn, Professor?" Die Rothaarige war krebsrot geworden. Trotzdem versuchte sie, möglichst unbemerkt ihre Haare zu richten. Die Lehrerin ignorierte überraschenderweise die Situation im Zimmer. Es war eh ungewöhnlich, dass sie nachts in den Gemeinschaftsraum kam.
„Ich erkläre ihnen gleich, worum es geht. Würden sie bitte mitkommen?" Lily sah etwas unsicher zu James und dann an sich herunter. Sie trug ein T-Shirt von James und kurze Shorts. Ihr Freund schien ihren Blick zu bemerken. Er ging zu seinem Schrank und zog einen Umhang heraus, den er seiner Freundin zu warf. Im laufen zog sich das Mädchen den Umhang über. Die Lehrerin sah besorgt der Rothaarigen beim Näherkommen zu.
„Sollen wir mitkommen?" Ich sah verunsichert zu meiner Freundin, die etwas unsicher zu der Professorin sah.
„Ich würde gerne erst mit ihnen alleine sprechen, Ms Evans. Es geht um ihre Mutter." Die Schulsprecherin wurde blass und auch James knallte die Schranktür viel zu laut zu.
„Mr Potter, sie sollten sich auch etwas zum Anziehen raus suchen und wenn sie schon dabei sind, Mr Black braucht auch etwas. Ach ja, Ms Sanders, nach meinen Informationen haben sie ein eigenes Bett. Es wird spät. Sie sollten dorthin gehen." Ich merkte, wie ich ebenfalls rot anlief. Sirius Arme um mich verkrampften sich. Er würde mich nicht in mein Bett gehen lassen. Nicht dass ich dorthin wollte, aber würde Professor McGonagall darauf bestehen, würde ich gehen. Sirius allerdings würde sich wahrscheinlich unserer Lehrerin widersetzen.
„Schlafen sie alle gut und bitte denken sie daran, morgen ist Unterricht." Professor McGonagall schloss leise die Tür hinter sich. Mein Blick glitt zu James. Er war blass geworden.
„Alles klar, Krone?"
„Ich glaube nicht."
„Was ist denn los?" Der Junge schüttelte den Kopf.
„Ich habe Lily versprochen, nicht darüber zu sprechen. Tut mir leid. Ich gehe in den Gemeinschaftsraum und warte auf sie. Wenn sie wieder kommt, wird sie sich bestimmt über ein bisschen Gesellschaft freuen."
„Sollen wir uns zu dir setzen?"
„Nein, ich will erst alleine mit ihr reden. Wenn das für euch in Ordnung ist." Ich nickte.
„Sag Bescheid, wenn sie zurück ist." Der Jäger nickte.
„Und ihr versucht, ein wenig zu schlafen. Ja?" Wir nickten alle.

Lilys P.o.V.:
Unsicher folgte ich der Lehrerin aus dem Raum. Schweigend stiegen wir die Treppe in den leeren Gemeinschaftsraum herunter. Das Feuer im Kamin war wohl schon länger erloschen, auf jeden Fall war der Raum schon gut abgekühlt. Ich zog James Umhang etwas fester um meinen Körper, um mich vor der Kälte zu schützen. Wir kamen beim Ausgang an. Die Professorin öffnete diesen. Unsicher stieg ich durch die entstandene Öffnung. Ich wusste, was mir die Professorin sagen wollte, doch etwas in mir weigerte sich, diese Vermutung laut auszusprechen. Eine innere Stimme verbat mir sogar, überhaupt daran zu denken, dass meine Vermutung stimmen könnte.

Wir kamen schweigend beim Büro der Lehrerin an. Ich setzte mich auf einen der zwei Stühle vor ihrem Schreibtisch, während sich die Professorin auf die Vorderkante setzte.
„Wie ich ihnen schon mitgeteilt habe, geht es um ihre Mutter." Ich nickte langsam, immer noch unfähig zu sprechen.
„Ich muss ihnen leider mitteilen, dass ihre Mutter verstorben ist." Genau das, was ich nicht aussprechen wollte, wurde mir gerade von Professor McGonagall mitgeteilt. Ich merkte, wie sich mein Hals zuschnürte. Eine Träne rollte über meine Wange. Die Professorin griff hinter sich und reichte mir ein Taschentuch.
„Danke", brachte ich schluchzend heraus.
„Wenn sie wollen, können sie morgen früh nach Hause apparieren. Sie sind selbstverständlich für die Zeit ihres Aufenthalts dort vom Unterricht befreit." Ich nickte wieder.
„Kann ich zurück in den Gemeinschaftsraum?"
„Natürlich. Ich bringe sie."

Carolins P.o.V.:
Ich schreckte wieder aus dem Halbschlaf hoch. Das kurze Aufblitzen des Strandes in Amerika hatte schon gereicht, um mich aus meinem Zustand zu reißen. Unruhig drehte ich mich wieder um, sodass mein Gesicht jetzt wieder an Sirius Brust lag. Mein Freund lag regungslos neben mir. An seinem Atem konnte ich allerdings hören, dass auch er nicht schlief, sondern ebenfalls wach lag.
„Carolin? Ist alles in Ordnung?"
„Ich kann nicht schlafen."
„Ich kann es auch nicht." Der Junge setzte sich auf, weshalb mein Kopf auf sein Schoß landete.
„Wir sollten die anderen schlafen lassen. Nicht das wir sie noch aufwecken." Seufzend setzte ich mich ebenfalls auf. Nur zu gerne würde ich im Bett liegen bleiben, um endlich zu schlafen, doch solange ich nicht wusste, dass es Lily gut ging, würde ich sicherlich nicht friedlich einschlafen. Mein Freund zog ein T-Shirt aus der Schublade und dann zwei Umhänge. Den einen reichte er an mich, den anderen zog er sich über, nach dem er sein Oberteil angezogen hatte.
Zusammen verließen wir den Schlafsaal der Jungen. Wir setzten uns auf die Treppe. Schließlich wartete unten James auf Lily und wollte erst mit ihr alleine reden. Dann wollten wir nicht stören. Sirius legte seine Arme um mich.
„Warum kannst du nicht schlafen?" Vorsichtig streichelte er mir über die Stirn.
„Ich mache mir Sorgen wegen Lilys Mutter." Der Junge verdrehte seine Augen.
„Aber das ist noch nicht alles, richtig?" Ich biss mir auf die Lippe. Nein, das war noch nicht alles.
„Warum redet ihr andauernd über meine Familie? Ich will nicht darüber reden. Ich will nicht daran denken, aber..."
„Wenn du Albträume von ihnen bekommst, wirst du immer wieder an sie erinnert."
„Und wenn ihr darüber redet, passiert das noch öfter." Sirius seufzte leise.
„Es wird dir aber helfen, wenn du darüber redest." Ich verschränkte wütend die Arme.
„Das musst du gerade sagen. Du redest auch nicht über deine Probleme."
„Ich habe auch nicht andauernd Albträume." Ich seufzte leise. Da hatte er natürlich Recht.
„Erzählst du mir, woher deine Narben auf dem Rücken kommen?" Er zuckte zusammen.
„Ich spreche..."
„Wenn ich über Amerika reden soll, will ich auch wissen, woher deine Narben kommen." Der Junge seufzte leise.
„Du erzählst von Amerika und ich von meinen Narben." Ich schluckte schwer. Eigentlich hatte ich gehofft, dass er diesen Deal ablehnen würde, doch da hatte ich mich offensichtlich geirrt. Wir schwiegen beide. Keiner von uns hatte Lust, als Erstes anzufangen zu reden. Stattdessen warteten wir darauf, dass der andere anfing.
„Also, Amerika? Was ist passiert?", ergriff schließlich Sirius das Wort. Ich merkte, wie ich mich anspannte. Unsicher griff ich nach der Hand meines Freundes.
„Die Ferien haben begonnen. Wir sind nach Hause appariert. Na ja, an den Rand unseres Grundstückes." Ich wurde durch ein heftiges Schluchzen geschüttelt.
„Ist schon gut, Prinzessin. Ich bin da." Er zog mich auf seinen Schoß.
„Das dunkle Mal – es war – wir waren zu spät." Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust.
„Es schwebte über eurem Haus, nicht wahr?"
„Ja, Samuel wollte fliehen. Wir sind zu spät, hat er gesagt und er hatte Recht. Wir waren zu spät. Ich bin dorthin gerannt. Samuel und Marlene wollten mich aufhalten, aber – ich wollte jemand finden, der lebt. Jemand retten, aber – es war zu spät." Ich merkte, wie mir ein Stein von der Seele fiel. Es tat gut mir alles von der Seele zu reden. „Es haben welche überlebt. Ihr wart nicht zu spät. Jean und Elaina haben dank euch überlebt." Ich schüttelte den Kopf. Sie hätten auch ohne uns überlebt. Die Auroren hatten sie schon gerettet.
„Die Auroren hatten alles erledigt. Elaina hatte sich im Zimmer der 4P versteckt. Wir haben sie dort aufgespürt und wollten sie mitnehmen, aber –" Ich brach erneut in Tränen aus.
„Ihr wurdet erwischt. Das hat mir Euphemia erzählt."
„Wären es keine Auroren gewesen – wegen meiner Sturheit wären Marlene und Samuel gestorben." Sirius streichelte mir über den Kopf.
„Du wolltest nur deiner Familie helfen. Das hätte jeder tun wollen, wenn er in deiner Situation gewesen wäre."
„Marlene und Samuel wollten das Richtige tun."
„Es gab kein richtig oder falsch. Du kannst schließlich nicht behaupten, dass dein Leben mehr Wert ist, als das von Elaina, Jean oder wem auch immer."
„Aber das Überleben meiner Blutlinie ist wichtig. Ansonsten gibt es bald niemand mehr wie mich. Und bei Marlene ist es noch schlimmer. Nach ihr gibt es keine Weitere mehr. Sie hat keine weibliche Verwandte, die ebenfalls ihre Fähigkeit besitzen kann und trotzdem wollte ich uns beide opfern, um meine Familie zu retten, die nur gerettet werden musste, weil ich in Hogwarts nicht vorsichtig genug war." Mein Freund schien ziemlich überfordert. Unsicher strich er mir weiter über die Haare.
„Gibst du dir immer noch die Schuld an den Tod deiner Familie?" Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, aber ich habe leichtsinnig gehandelt und die jetzige Situation damit provoziert. Deshalb ist mir das Training so wichtig. Ich möchte lernen, es besser zu machen. Maélys Familie besteht aus guten Strategen und fähigen Kämpfern. Mit ihrer Hilfe können wir den Krieg überstehen."
„Carolin, sie haben bisher keine Anstalten gemacht sich mehr in das Kriegsgeschehen einzubringen, als uns zu unterrichten, und das tun sie nur, weil sie Maélys, Marlene und dich ausgebildet wissen wollen. Ich glaube nicht, dass sie noch mehr machen werden." Ich dachte an das Gespräch mit Frédéric zurück.
„Maélys hat die Entscheidungsgewalt. Sie wird entscheiden, ob und wie sich ihre Familie in diesen Krieg einmischt – und das sollte ich für mich behalten, weil sie noch nicht bereit ist." Ich biss mir auf die Lippe. Mein Freund schien erst verwirrt, dann lächelte er ein wenig gequält.
„Ich behalte es für mich."
„Danke." Erleichtert ließ ich mich gegen ihn fallen.
„Kein Problem. Ich bin gut darin etwas für mich zu behalten."
„Danke, dass du mich dazu gebracht hast, über Amerika zu reden." Er lächelte zufrieden.
„Geht es dir jetzt besser?" Ich nickte.
„Das ist gut. Sehr gut." Wir schwiegen uns kurz an, bevor ich das Wort ergriff.
„Erzählst du mir jetzt mehr über deine Narben?"
„Muss ich?"
„Ja, musst du." Er seufzte leise.
„Du weißt, dass ich sie durch meinen Erzeuger habe." Ich nickte. Das Einzige, was er erzählt hatte. Sirius zog mich näher an sich heran, als würde er sich an mir festhalten wollen. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter.
„Ich war einfach nicht die Art von Sohn, die sie haben wollten. Sie wollten keinen rebellischen Jungen, der – sie wollten keinen Gryffindor. Niemand der von Muggeln fasziniert ist. Sie wollten mich nicht und das ließen sie mich spüren. Immer und immer wieder." Sein Griff wurde noch ein bisschen fester.
„Wenn ich in den Ferien nach Hause kam, hat mein Vater mich geschlagen. Also bin ich nur noch in den Sommerferien hin und habe die in meinem Zimmer verbracht. Sie wurde nur noch wütender. Immer und immer wütender. Irgendwann –" Er brach ab. Langsam hob ich meinen Kopf an. Über seine Wange liefen ein paar Tränen. Seine Augen wirkten glasig und abwesend. Vorsichtig wischte ich ihm die Tränen aus dem Gesicht.
„Du musst nicht weiter erzählen." Er zuckte erschrocken zusammen.
„Doch, ich habe es dir versprochen." Sirius Stimme war nicht mehr als ein unsicheres Flüstern. Er räusperte sich, bevor er weiter sprach.
„Sie haben den Zauberstab gegen mich erhoben und na ja, dann bin ich weg. Es ging einfach nicht mehr. Ich meine, was hätte ich tun sollen? Ich hätte doch nicht dableiben können, richtig?" Ich strich ihm vorsichtig die Haare aus dem Gesicht, sodass ich dieses wieder sehen konnte.
„Du kannst nichts dafür, dass deine Erzeuger für die Tonne sind, hörst du? Du konntest nicht bleiben. Wer weiß schon, was sie beim nächsten Mal gemacht hätten. Dann hätten sie dir vielleicht Schlimmeres angetan als die paar Narben." Er legte seinen Kopf auf meine Schulter ab.
„Sirius? Du bist doch erst, kurz bevor wir uns kennengelernt haben, zu den Potters gezogen, oder?"
„In den Sommerferien, ja." Ich biss mir auf die Lippe. Die Zeit, in der ich das perfekte Leben geführt hatte, hatte er damit verbracht von seiner Familie gequält zu werden.

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