Kapitel 18
Marlene musterte kritisch Maélys neuen Umhang.
„Ich bin dagegen. Absolut dagegen. An Jungs sieht das Ding echt heiß aus, aber an Mädchen will ich dieses Ding nicht sehen! Es versteckt all ihre guten Seiten!" Die Blondine warf angewidert das Quidditchtrikot von der Kriegsnymphe in eine Ecke. Lily sah genervt von ihrem Buch auf.
„Seit wann interessiert dich, was die Quidditchspieler anhaben, Marlene?"
„Seit Maélys Quidditchspielerin ist. Ich lasse meine Freunde nicht in so etwas rumrennen."
„Du kannst die Trikots nicht ändern." Seufzte das rothaarige Mädchen und legte ihr Buch bei Seite. Es hatte eh kein Sinn, bei diesem Lärm weiter zu lesen. Marlene grinste breit.
„Und ob ich das kann!" Sie ging zu ihrem Kleiderschrank und holte Nähsachen heraus. Dann schnappte sie sich das Trikot und warf es der braunhaarigen Nymphe an den Kopf.
„Anziehen."
„Merlin, McKinnon. Ich will am Samstag Quidditch spielen und nicht zur Modenschau."
„Und ich muss dir zusehen. Also zieh dich um."
„Dir ist klar, dass wir in einer halben Stunde losmüssen?" Alice und Dorcas wurden natürlich sofort wieder hellhörig.
„Wo müsst ihr denn noch hin?"
„Wir sind mit den Rumtreibern verabredet", meinte ich schnell.
„Die werden es überleben, wenn ihr zehn Minuten später kommt." Sie schon, aber Professor Allaire nicht. Er erwartete, dass wir pünktlich kamen. Und ich mochte es auch nicht zu spät zu kommen. Es war nun einmal unhöflich.
„Mir reichen fünfzehn Minuten. Los jetzt!"
Sirius ließ sich neben mich wieder aufs Bett fallen. Marlene hatte Recht. Sein Quidditchtrikot stand ihm wirklich gut.
„Du genießt den Anblick oder?" Mein Freund tippte mir auf meine Nase.
„Ja, das Trikot steht dir."
„Und dir erst." Er musterte mich mal wieder mit seinem dreckigen Grinsen. Ich merkte, wie ich rot anlief.
„Allerdings hätte ich es doch gerne wieder." Er stürzte sich auf mich. Mit einem lauten Quietschen versuchte ich, mich von ihm wegzudrehen. Er fing an, mir lachend in die Seite zu piksen.
„Leute! Wir sind auch noch im Raum. Also Sirius, wenn du dein Trikot wieder haben willst, gib Carolin etwas anderes zum Anziehen und lass sie sich im Bad umziehen!", hörte man Frank rufen.
„Im Bad? Bei Krone?" Tatze zog mich an seine Brust ran.
„Wenn James nicht mehr im Badezimmer ist, Sirius. Jetzt beruhige dich wieder. Merlin, seid ihr immer nervös vor Quidditchspielen. Das geht ein auf den Keks." Mein Freund vergrub sein Gesicht an meinem Hals.
„Gut. Dieses Mädchen gehört nämlich nur mir. Mir ganz alleine. Die Teile ich nicht mit euch."
„Gut, dass das auch niemand will."
Ich vergrub mein Gesicht in Remus Umhang.
„Und das war ein guter Schlag von Treiberin Duffy auf Potter!"
„Ist es vorbei?"
„Nein, ist noch nicht vorbei, aber ich glaube, Mary macht dem hier bald ein Ende." Ich sah zwar nicht, worauf er zeigte, doch wahrscheinlich war ich es.
„Marlene? Du musst Remus ersetzen."
„Ich möchte das Spiel sehen." „Lily?" Ich bekam keine Antwort.
„Lily?" Ich sah mich nach der Rothaarigen um. Sie saß ein paar Plätze weiter und starrte das Spielfeld an. Alice und Dorcas musste ich gar nicht erst fragen. Die beiden klebten an der Absperrung der Tribüne, um alles genau verfolgen zu können.
„Mary? Darf ich ihn behalten?"
„Wenn du ein bisschen Platz machst." Ich rutschte ein Stück bei Seite. Mary lehnte ihren Kopf an Remus Schulter.
„Und du guckst jetzt wieder weg, ansonsten klappst du uns gleich zusammen." Der vernarbte Junge hielt mir die Augen zu, damit ich gar nicht erst auf die Idee kam, zu gucken, was Sirius gerade anstellte.
„Oh! Der Klatscher hat gesessen!"
„Ist jemand gestorben?"
„Nein, Carolin. Alle Leben noch."
„Reeves verliert den Quaffel! Sie schießt hinterher. Andrews versucht ebenfalls, den Quaffel zu ergattern!" Vorsichtig sah ich zum Feld. Die Fünftklässlerin schoss auf den Ball zu. Von der anderen Seite kam William Andrews angeschossen. Ich sah schnell wieder weg. Gleich würden beide in einander krachen. Es würde einen Laut Knall geben.
„Reeves erobert den Quaffel! Passt zu Burrows. Burrows fängt. Sie wirft zu Potter. Dieser fliegt aufs Tor zu. Hunter versucht, ihn aufzuhalten. Er passt zurück zu Burrows. Sie wirft und Tor! Gryffindor wirft ein Tor. Damit steht es 70:30 für die Löwen." Erleichterung machte sich in mir breit. Die beiden waren nicht zusammengekracht.
Sirius fiel mir um den Hals.
„Wir haben gewonnen! Wir haben gewonnen!" Lachend wirbelte er mich herum.
„Ich weiß." Ich wurde wieder auf den Boden gestellt.
„Jean! Hestia!" Er umarmte meine kleine Cousine und ihre beste Freundin, die ebenfalls von der Tribüne herunter gekommen waren. Sie trugen beide Hufflepuffschals.
„Na, wie fandet ihr euer erstes Quidditchspiel?"
„Super!" Die Augen meiner Cousine glänzten glücklich.
„Nur Schade, dass wir verloren haben." Hestia sah ein wenig enttäuscht aus.
„Ach, das Nächste gewinnt ihr bestimmt." Mein Freund lächelte das Mädchen freundlich an.
„Black! Schwing dein Hintern hier her!", hörte man James rufen. Ich musste lachen. Da hatte jemand Sehnsucht nach seinem Bruder.
„Ich glaube, dein Schatz vermisst dich. Lass ihn nicht so lange warten." Ich grinste meinen Freund an. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
„Du kommst später in den Gemeinschaftsraum, richtig?"
„Natürlich. Ich lass dich heute nicht alleine da rein gehen." Ich wandte mich wieder an die beiden Mädchen, während sich mein Freund zu James durchschlug.
„Was ist im Gemeinschaftsraum?"
„Eine Siegesparty. Schließlich haben wir gewonnen."
„Und warum darf Sirius da nicht alleine hin?" Weil da viele Schlampen rumlaufen, um sich an ihn ranzumachen.
„Das ist kein sicherer Ort für ihn."
„Hast du etwa Angst, dass er dir fremd geht?" Ich dachte an die erste Party dieser Art, die ich miterlebt hatte. Damals hatte Sirius sich vollkommen betrunken und wollte mit irgendeinem Groupie die Nacht verbringen. Die Zweite hatte er im Krankenflügel verbracht und die nach dem Sieg über Hufflepuff hatte ich durch meinen Aufenthalt in Amerika verpasst. James hatte allerdings durchblicken lassen, dass er damals total betrunken gewesen war. Also würde ich heute auf ihn aufpassen.
„Sirius und diese Art von Party verträgt sich meistens nicht gut."
„Weil er dann immer zu viel trinkt und danach eine andere hat?", fragte Jean neugierig. Ich wurde rot.
„Woher?"
„Dorcas hat mal so etwas erwähnt." Ich schüttelte den Kopf. Das war so typisch das brünette Mädchen. Immer am Tratschen. Ich schob die beiden Erstklässlerinnen vom Quidditchfeld. Es war schon wesentlich leerer geworden, aber immer noch ein großes Gedränge.
„Du musst uns nicht zum Gemeinschaftsraum bringen." Meine Cousine sah etwas unsicher an mir vorbei. Neugierig drehte ich mich um. Sirius wurde mal wieder von einem Haufen Mädchen belagert. Ich merkte, wie sich Eifersucht in mir breitmachte. Diese Hühner sollten ihre Finger von meinem Freund lassen. Auch wenn sie das wohl nicht verstanden. Wahrscheinlich war diese Information nicht mit ihrem IQ vereinbar. Jean zog schon den Kopf ein. Scheinbar erwartete sie, dass ich gleich ausrasten würde. Womit sie wahrscheinlich auch Recht hatte. Ich schob die beiden Mädchen noch bestimmter Richtung Schloss.
„Verliebt euch niemals in einen Quidditchtrottel verstanden? Das bringt euch nur ärger. Er wird andauernd fast umgebracht und alle Mädchen werben um ihn"
„Wen empfiehlst du denn?"
„Samuel. Er ist ganz einfach." Hestia lachte leise.
„Du empfiehlst uns also deiner besten Freundinnen den Freund auszuspannen und mit einem viel älteren Jungen zusammenzukommen." Das kleine braunhaarige Mädchen sah amüsiert zu mir auf.
„Nein, sucht euch jemand wie Samuel. Nicht Samuel. Finger weg von ihm. Er ist zu alt für euch. Verstanden?"
„Aber Samuel wird auch von vielen Mädchen angebaggert. Eine seiner Ausbildungskolleginnen steht total auf ihn."
„Anders als Sirius ignoriert er diese Tatsache, aber so gut es geht." Die beiden Mädchen sahen sich vielsagend an, dann kicherten sie los. Ich hatte das Gefühl, jemand würde mir mit einem Zahnstocher langsam in mein Herzbohren. Es war das erste Mal, dass ich nicht mitlachen konnte. Normalerweise verstand ich doch meine Cousine doch auch blind, doch diesen Blick konnte ich nicht analysieren.
„Was ist denn los?"
„Du bist total eifersüchtig." Ich verschränkte die Arme.
„Ist jetzt gerade mein gutes Recht."
„Bei Brandon hat es dich gestört, dass er immer eifersüchtig war."
„Weil es dafür keinen Grund gab."
„Außer dass du munter mit Sirius geflirtet hast", hörte ich Lily sagen. Die Rothaarige trat neben mich.
„Ich habe nicht mit Sirius geflirtet. Wir waren einfach nur Freunde", verteidigte ich mich.
„Und du bist eifersüchtig, obwohl Sirius kein Interesse mehr an den Hühnern da hat."
„Ich bin ja nicht hingerannt und habe ihn da weggezerrt. Obwohl ich das wollte, habe ich beschlossen, dass es etwas Wichtigeres gibt. Und zwar die beiden sicher zum Gemeinschaftsraum zu bringen." Die Schulsprecherin sah mich verwirrt an.
„Du willst die beiden lieber zum Gemeinschaftsraum bringen? Sirius Treue ist dir offensichtlich viel wert." Ich sah zu den beiden Erstklässlerinnen. Wenn jemand an mich ran wollte, war meine kleine Cousine und ihre beste Freundin immer eine gute Idee und dass die Slytherins nicht gerade freundlich mit Muggelstämmigen umgingen, haben sie auch schon oft genug bewiesen.
Lily sah noch einmal zurück zum Quidditchfeld. Das Team wurde immer noch belagert. James und Sirius waren immer noch mit einem Haufen Mädchen beschäftigt, welche die beiden anhimmelten.
„Weißt du was? Ich komme mit." Sie wirkte ziemlich wütend auf Grund des Treibens auf dem Feld. Jean und Hestia fingen wieder an zu kichern.
„Was ist so lustig?"
„Ihr? Warum geht ihr nicht einfach hin und sagt James und Sirius, sie sollen mit euch flirten. Machen sie bestimmt viel lieber, als sich mit ihren Groupies rumzuschlagen." Ich merkte, wie ich rot anlief. Natürlich wollte ich Sirius von den Mädchen wegzerren, aber ich wollte auf gar keinen Fall die eifersüchtige Freundin sein. Er ging mir nicht fremd. So war er nicht. Er flirtete gerne mit Mädchen und er machte auch oft dumme Dinge, vor allem wenn er Kummer hatte, aber er war eine treue Seele. Außerdem hatte ich ein schlechtes Gefühl dabei, Jean und Hestia alleine runter laufen zu lassen.
„Sie nur an, wie rot sie geworden sind", kicherte die beste Freundin meiner Cousine. Ich schielte zu Lily herüber. Ihre Wangen versuchten, mit ihren Haaren zu konkurrieren. Anscheinend war ihr die Aussage genauso peinlich wie mir.
Wir waren nur noch zwei Gänge vom Hufflepuffgemeinschaftsraum entfernt. Lily war ziemlich schweigsam. Immer wieder sah sie sich unsicher um, als würde sie darüber nachdenken, wieder zurück nach oben zu gehen. Hestia und Jean plapperten glücklich über das Quidditchspiel. Wir bogen um die nächste Ecke.
„Na, wenn das nicht eins von Hogwarts persönlichen Monstern ist." Ich sah zur Mitte des Ganges. Im ersten Moment dachte ich, dass Sirius dort stand, doch im gleichen Moment wurde mir schon klar, dass es nicht mein Freund war, sondern Regulus Black. Der jüngere Bruder meines Freundes sah uns ziemlich verächtlich entgegen. Hinter ihm standen noch ein paar seiner Kumpels. Unter anderem Avery und Gaunt.
„Ein halbblütiges Monster, dessen Blut und zwei Schlammblüter. Da hat sich eine Gruppe an Missgeburten gesucht und gefunden." Regulus sah uns hasserfüllt an. Meine Muskeln spannten sich an. Mit einer Hand zog ich meine Cousine am Handgelenk hinter mich, mit der anderen Hestia. Ich hörte, Lily wütend schnauben.
„Noch so ein Spruch und ich werde dir Punkte abziehen." Punkte abziehen? Das klang irgendwie überhaupt nicht bedrohlich. Die Slytherins fingen an zu lachen.
„Habt ihr gehört? Das Schlammblut will uns Punkte abziehen." Avery lachte laut. Unauffällig ließ ich meinen Zauberstab in meine Hand gleiten. Anscheinend hatte ich mit meinem schlechten Gefühl recht gehabt. Lily sah abfällig zu den Jungen herüber.
„Zehn Punkte Abzug für Slytherin." Die Jungen fingen an zu lachen.
„Habt ihr gehört Jungs? Zehn Punkte Abzug! Jetzt hat es uns das Schlammblut gezeigt." Avery schien vor Lachen kaum noch stehen zu können. Lily schien vor Wut zu kochen. Unauffällig schob ich die beiden Erstklässlerin zurück um die Ecke. Wenn das hier eskalieren sollte, wollte ich nicht, dass sie zwischen den Fronten waren.
„Und das Monster will den Nachwuchs an Missgeburten in Sicherheit bringen, Jungs. Ist das nicht putzig?" Gaunt sah uns verächtlich an. Die Rothaarige sah unsicher zu uns herüber.
„Herzallerliebst, nicht wahr?" Regulus sah herablassend zu uns herüber. Meine Hand verkrampfte sich um meinen Zauberstab.
„Lily, ich will, dass du mit Jean und Hestia von hier verschwindest, wenn es eskaliert."
„Das kannst du vergessen." Die rechte Hand des Mädchens schwebte auch schon über ihrem Stab, bereit sich zu verteidigen. Die Jungs musterten uns abfällig. Ich machte noch einen Schritt nach hinten. Der Klügere gibt schließlich nach.
„Oh, das kleine feige Monster will abhauen."
„Das können wir wohl kaum zulassen." Avery zog blitzschnell seinen Zauberstab heraus und feuerte einen Fluch auf mich. Mit einer lässigen Bewegung wehrte ich diesen ab. Solche Angriffe konnte ich mittlerweile im Schlaf abwehren. Das tägliche Training brachte mich doch weiter. Die Slytherins wurden dadurch, dass ich so einfach den Fluch abwehrte nur noch wütender. Sie hatten alle ihre Zauberstäbe in der Hand. Weitere Flüche kamen auf uns zugeflogen. Mit einem Schutzzauber wehrte ich sie ab.
„Carolin? Kann es sein, dass du mittlerweile wesentlich besser im Umgang mit dem Ding bist?" Lily sah verwirrt zwischen mir und den Slytherins hin und her, deren Angriffe ich weiterhin abwehrte. Luce und Frédéric konnten wesentlich Stärkere ausführen und vor allem standen sie dabei nicht wie angewurzelt an einer Stelle, sondern wechselten dauernd ihre Positionen. Es machte doch etwas aus, ob jemand viel Erfahrung hatte und ordentlich trainiert wurde oder jemand nur alle paar Tage ein wenig Unterricht bekam. Weitere Flüche prasselten auf die Rothaarige und mich nieder. Die meisten wehrte ich mit Leichtigkeit ab, nur wenige blieben an Lily hängen, die es ebenfalls mit relativ wenig Mühe schaffte, die Übrigen abzuwehren.
Ich wich einen Schritt zurück, um nach Jean und Hestia sehen zu können. Jean hatte sich schützend vor ihre Freundin gestellt. Sie hatte ebenfalls ihren Zauberstab in der Hand. Ich atmete erleichtert auf. Auch bei ihr hatte das Training ziemlich gut angeschlagen. Im größten Notfall wäre sie unseren Angreifern nicht mehr schutzlos ausgeliefert. Ein wenig beruhigend.
Schritte waren im Gang zu hören, aus dem wir gekommen waren. Ich machte einen Satz nach hinten, um zu sehen, wer sich dort näherte. Ich würde mich nicht von einem Angreifer von hinten überrumpeln lassen. Ich sah Professor Allaire auf uns zueilen. Erleichtert konzentrierte ich mich wieder auf die eigentlichen Angreifer. Gezielt wehrte ich noch ein paar weitere Zauber ab.
„Würden die Herren bitte die Zauberstäbe senken?" Professor Allaire tauchte hinter uns auf. Die Slytherins sahen den Lehrer entsetzt an. Die Jungs schienen für eine Sekunde nachzudenken, bevor alle die Zauberstäbe senkten.
„Die beiden haben uns angegriffen", log Regulus, ohne zu zögern. Der Lehrer schnaubte. Er mochte es überhaupt nicht, angelogen zu werden.
„Selbstverständlich. Die beiden Damen haben sie angegriffen. Sehr überzeugend."
„So war es Professor. Wir haben nichts gemacht." Gaunt lächelte dem Professor zu.
„Nette Sichtweise. Soll ich ihnen mal meine erklären? Nun ja, die Damen haben nur Verteidigungszauber genutzt, während sie angegriffen haben. Sie sind in der Überzahl, die Damen in der Unterzahl. Sie müssten schon sehr dumm sein, sie so anzugreifen. Und dass die beiden Damen dumm sind, kann keiner behaupten. Nein, sie hätten einen Hinterhalt geplant und dann wäre mindestens einer von ihnen geschockt worden, eher zwei oder noch mehr. Ihre Reaktionsfähigkeit lässt in meinem Unterricht oft zu wünschen über." Autsch, das war eine ziemlich klare Ansage. Der Lehrer glaubte den Jungen kein Stück über den Weg.
„Aber Professor, sie haben doch gesehen, wie stark das Monster – wie gut die beiden kämpfen können."
„Sagen sie ruhig Monster und Schlammblut. Sie brauchen sich nicht zu verstellen. Jetzt ab in mein Büro! Ms Sanders, Ms Evans, bringen sie bitte Ms Sanders und Ms Jones sicher in ihren Gemeinschaftsraum und dann sollten sie dringend in ihren eigenen. Sie werden schon gesucht."
„Warum müssen wir mit und die nicht?"
„Weil sie angegriffen haben und deshalb eine Strafarbeit bekommen, während die Damen sich verteidigt haben und deshalb auch keine Strafarbeit bekommen. Jetzt Ende der Diskussion!"
Erleichtert sah ich dabei zu, wie Jean und Hestia in das Fass kletterten, welches zum Gemeinschaftsraum führte. Hinter den beiden schloss sich der Deckel wieder, so dass der Eingang wieder verschlossen war.
„Ich bin ein Schlammblut. Nichts Ungewöhnliches mehr für mich. Trotzdem tut es immer wieder weh, wenn das jemand zu mir sagt. Und was ist mit dir? Halbblütiges Monster?" Ich biss mir auf die Lippe.
„Vergiss das einfach. Sie wollte uns nur verärgern. Mehr nicht." Lily verdrehte genervt die Augen.
„Sie wollten uns ärgern? Du-weißt-schon-wer hat genau das Gleiche zu dir gesagt. Er meinte, dass er mit dem Mord an euch, die Welt von zwei halbblütigen Monstern befreit. Am Anfang dachte ich, dass er damit meinte, dass ihr beide halbblütig seid, also Muggel- und Zaubererblut in euch fließt, aber das denke ich jetzt nicht mehr. Maélys ist reinblütig. Alle deine Verwandten waren Zauberer –" Sie stockte.
„Du kannst ruhig weiter reden. Sie sind Tod. Das kann ich nicht mehr ändern. Langsam komme ich damit klar." Lüge. Ich kam damit genauso gut klar, wie an dem Tag, als es geschehen war. Lily biss sich auf ihre Lippen.
„Na ja, alle aus deiner Familie, die ich kenne, waren Zauberer, aber von der Familie deiner Mutter hast du nie erzählt. Warum bist du damals nicht zu ihnen gezogen? Es hätte sich doch angeboten." Unsicher sah ich auf den Boden. Während ich mit der Familie meines Vaters aufgewachsen war, sah es bei der Familie meiner Mutter anders aus. Ich wusste nicht einmal warum. Sie hat nie eine Rolle gespielt und ehrlich gesagt, habe ich auch nie nach ihr gefragt. Vielleicht lebten sie noch und wussten noch gar nicht, dass ihre Tochter ermordet worden war.
„Carolin?"
„Hm?"
„Die Familie deiner Mutter?"
„Ich habe sie nie kennengelernt. Sie spielte irgendwie nie eine Rolle." Lily sah mich mitleidig an.
„Jetzt hör mit dem mitleidigen Blick auf. Ich hatte Großeltern. Vier Großmütter und vier Großväter. Da habe ich Paar Nummer fünf nicht vermisst. Ich fand es nur immer cool, dass ich doppelt so viele Großeltern habe wie jeder Normale. Das meine Mutter Eltern hat und die fehlen, war mir nie so bewusst. Ich kannte es nicht anders. Irgendwie hatten wir nie Kontakt zu den angeheirateten Familien gehabt." Ich zuckte mit den Schultern. Es wird schon einen Grund haben, warum meine Mutter den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen hat. Die Schulsprecherin schien noch kurz über meine Worte nachzudenken, dann fing sie wieder an, über ihr erstes Thema zu reden.
„Also was ist jetzt mit dem Spitznamen?"
„Ich habe dir doch schon gesagt, dass es nichts zu bedeuten hatte."
„Und ich glaube dir nicht. Du lügst in letzter Zeit andauernd. Ihr macht abends immer Sport? Ihr seht nie so aus, als würdet ihr wirklich hinwollen, kommt komplett ausgepowert wieder, fallt ins Bett und schlaft bis zum nächsten Tag durch, nur um euch wieder dort hinzuquälen. Dann verstehe ich nicht, warum ihr Maélys alles erzählt. Du kennst sie erst seit einem Monat und du erzählst ihr mehr als uns. Wenn du Alice und Dorcas kein Geheimnis anvertrauen willst, verstehe ich das ja, aber warum vertraust du einer völlig Fremden mehr als mir?"
„Sie ist nicht fremd, aber das ist unwichtig und kompliziert", wank ich ab.
„Doch es ist wichtig. Sehr wichtig sogar. Und weißt du auch warum? Seit ihr damals weggezogen seid, hast du dich komplett verändert. Du hältst fast alle auf Abstand und jetzt bist du auch noch zu einer 1A-Kämpferin mutiert. Du warst schon immer gut darin, aber das mit den Slytherins war neu. Ihr trainiert abends immer, oder? Deshalb bist du so viel besser geworden." Ich biss mir auf die Lippe. Damit hatte sie voll ins Schwarze getroffen. Und wenn sie weiter so viel Erfolg beim Raten hatte, würde es für uns noch eng werden.
„Lily, hör auf, in Sachen rumzustochern, die dich nichts angehen."
Der Gemeinschaftsraum war total überfüllt. Nachdem ich Lily angefahren habe, dass sie ihre Nase aus meinen Angelegenheiten raushalten soll, haben wir kein Wort mehr miteinander gesprochen. Sobald wir den Raum betraten, trennten sich unsere Wege. Während ich nach links ging, um nach Sirius zu suchen, bog das Mädchen nach rechts ab, um keine Ahnung was zu tun. Meinen Freund zu finden erwies sich als ziemlich einfach. Ein Haufen Mädchen stand um ihn herum und redeten auf ihn ein.
„Willst du mit mir tanzen?" Ein Mädchen in einem ziemlich kurzen Kleid mit tiefen Ausschnitt, klimperte mit ihren Wimpern.
„Ähm, also eigentlich – Carolin! Da bist du ja!" Mein Freund wirkte ziemlich erleichtert. Er ließ die Mädchengruppe stehen und kam zu mir rüber.
„Warum wart ihr so Lange unterwegs?"
„Das ist eine lange Geschichte, die ich dir später erzähle. In Ordnung?" Zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine Sorgenfalte.
„Was ist passiert?"
„Wir haben deinen kleinen Bruder getroffen. Reg dich bitte jetzt nicht auf."
„Meinen kleinen Bruder?" Ich nickte unsicher. Sirius Blick glitt zum Büfett.
„Und das hat euch so lange aufgehalten?" Ein weiteres unsicheres Nicken.
„Und was ist genau passiert?"
„Nichts Wildes –"
„Sirius!", hörte man James über die Musik hinweg brüllen.
„Hier drüben, Krone." James kämpfte sich mit Lily im Schlepptau zu uns durch.
„Was ist denn los?" Der Junge baute sich stinksauer vor uns auf.
„Das kleine blacksche Arschloch und seine Horde Slytherins sind passiert! Die Idioten haben einfach Lily, Carolin, Jean und Hestia angegriffen."
„Angegriffen?" Der Blick meines Freundes glitt zu mir.
„Ja, aber es ist ja nichts passiert. Also kein Grund, sich aufzuregen."
„Kein Grund – ich brauche was zu trinken." Sirius stapfte wütend davon.
„Danke, euch beiden. Habt ihr echt super hinbekommen."
„Du hast ihm noch nicht gesagt, was passiert ist?" James sah mich wütend an.
„Ja, weil er es nicht gut aufnimmt!" Ich sah zu Sirius herüber, der ein Whiskeyglas in der Hand hatte und den Alkohol herunter schüttete.
„Ich gehe ihn mal beruhigen, oder willst du es versuchen James? Hast ja immer viel Erfolg damit." Ich drehte mich um. Mit dem Spruch war ich ganz klar zu weit gegangen gegenüber James. Das wusste ich, doch es war mir gerade egal.
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