Kapitel 12
Auf dem Bild sind Orion und Walburga Black.
Ich stieg durch das Porträtloch aus dem Gemeinschaftsraum. Die anderen folgten mir. Lily hatte sich bei James untergehakt und tuschelte mit ihm, was natürlich jedem auffiel.
„Wo ist Sirius?"
„Er war doch gerade noch hinter uns." Alice drehte sich um 360° und suchte unsere nicht wirklich kleine Gruppe nach dem Jungen ab. Seufzend drehte ich mich zur fetten Dame.
„Ich müsste noch einmal kurz rein."
„Passwort?"
„Ernsthaft?"
„Ohne Passwort kommt hier niemand rein."
„Na gut: Flos lectum esurientem." Die fette Dame schwang bei Seite. Seufzend stieg ich wieder in den Gemeinschaftsraum.
„Ihr könnt ruhig vorgehen", rief ich noch meinen Freunden zu, bevor das Porträt wieder zuklappte.
Ich brauchte nicht lange um Sirius auf einem Sessel zu entdecken. Gedankenverloren starrte er aus dem Fenster nach draußen auf das Schlossgelände.
„Sirius? Wir wollen frühstücken gehen."
„Warum bist du dann hier?"
„Weil du hier sitzt. Mit wir meinte ich auch dich."
„Ich habe kein Hunger." Man hörte, wie sein Magen knurrte.
„Ja, hört man."
„Na gut, ich habe Hunger, aber ich will da nicht runter."
„Hatten wir das Thema nicht schon?"
„Du hast mir keine andere Wahl gelassen, als nachzugeben."
„Du kannst sagen, dass du dich wegen deiner Familie wie ein Baby Verhalten willst."
„Ok, ich will ein Baby sein, mich in meinem Bett verstecken und dort erst wieder raus kommen, wenn sie weg sind." Er sah mich wie ein kleines Hündchen an, dass Angst hatte, gleich geschlagen zu werden.
„Sirius, du weißt, dass du zum Unterricht musst?"
„Kann ich schwänzen."
„Und Frühstück gibt es hier auch nicht."
„Kannst du mir bringen."
„Wenn du dich jetzt vor ihnen versteckst, bekommen sie doch genau das, was sie wollen. Sie ruinieren dein Leben. Du schwänzt wegen ihnen, du verhungerst wegen ihnen und was ist später? Du meintest immer, dass du nach der Schule in den Widerstand gegen die Todesser eintreten willst. Was ist, wenn du dann noch mal auf sie triffst? Willst du dann auch vor ihnen weglaufen?"
„Warum bist du so schlau?"
„Weil ich mit vielen kleinen Kindern Übung habe, die vor etwas Angst haben."
„Du bleibst den ganzen Tag bei mir."
„Wenn ich Alte Runen habe, werde ich dich wohl alleine lassen, aber James, Alice, Dorcas, Peter und Maélys sind da. Ich bitte unseren neuen Psycho, deine Eltern zu vierteilen, wenn sie dir zu nahe kommen." Ein leichtes Lächeln bildete sich in Sirius Gesicht.
„Die Idee mag ich."
Sirius spähte vorsichtig um die Ecke. Er scannte die Eingangshalle ab, in der in einer Ecke, ein paar Schüler zusammenstanden und tuschelten, bevor er mir ziemlich verunsichert folgte.
Wir hatten gerade die halbe Halle durchquert, als das Eingangsportal geöffnet wurde. Sirius fuhr sofort herum. Im nächsten Moment wurde er leichenblass. Neugierig drehte ich mich um.
Professor Dumbledore kam mit einem Ehepaar rein. Die Frau hatte ihren schwarzen Haare zu einem strengen Zopf zurückgebunden, der wahrscheinlich sogar McGonagall Kopfschmerzen bereiten würde. Ihr Umhang war perfekt an die Figur der Frau angepasst. Der Stoff wirkte teuer und war aufwendig verziert worden. Wahrscheinlich kostete der Umhang schon mehr als meine gesamte Kleidung in meinen Schrank. Dazu kamen noch der teure Schmuck, die Schuhe mit 10 Zentimeter Absätzen und die Handtasche. Von dem Ehering ganz zu schweigen. Er war aus Gold. Ein Wappen aus Edelsteinen war darin eingelassen worden.
Der Mann hatte schon graue Haare bekommen. Ein paar schwarze Strähnen waren noch in ihm. Auch sein Umhang wirkte perfekt an seinen Körper angepasst. Die Verzierungen waren wesentlich schlichter, doch auch hier konnte man schnell erkennen, dass für den Umhang ein paar Galleonen drauf gegangen sind. Beide liefen so gerade wie die ganzen Prinzessinnen aus den Filmen, die beim Laufen Bücher auf dem Kopf balancieren konnten.
„Warum starrst du in Richtung meine Erzeuger? Sie gucken, deshalb noch hier rüber. Du kannst doch eh nichts erkennen! Außer du nutzt deine – aber das würdest du nicht–", flüsterte Sirius entsetzt.
„Ich komme nicht näher ran und will wissen wie sie aussehen, also doch ich nutze mein bisschen Extrapower." Ich zog ihn weiter. Dass wir wie angewurzelt in der Mitte des Raumes standen, war wohl das Auffälligste, was wir machen konnten. Da Sirius aber unauffällig und unsichtbar sein wollte, sollten wir lieber weiter gehen.
Mein Freund seufzte leise, während ich ihn hinter mir her schleifte. Er brauchte noch ein paar Sekunden, bevor er aufhörte mir hinterher zu stolpern und stattdessen auf gleicher Höhe mit mir ging. Seine Hand hatte meine so fest umklammert, dass es schon fast wehtat, doch ich wagte es nicht, ihn zu bitten, meine Hand wieder loszulassen. Er klammerte sich so fest an sie, als wäre es sein letzter Rettungsanker und ohne diesen unmöglich weiter zu laufen. Also gingen wir weiter Richtung große Halle, während Sirius still und leise betete, dass seine Eltern nicht zu uns sahen.
Erleichtert sackte mein Freund auf der Bank zusammen. James sah besorgt von seinem Essen auf.
„Alles in Ordnung, Tatze?"
„Ja, natürlich. Alles ist super."
„Das ist gut. Warum habt ihr denn länger gebraucht?" Der Gryffindor schien von Sirius Antwort genauso überzeugt zu sein, wie davon, dass getrocknete Kakerlaken lecker waren.
„James, dafür bist du noch zu klein."
„Daran wird es liegen, dass du mich anlügst." Mein Freund sah beschämt zu Boden. James seufzte leise, bevor er Sirius den Kaffee hinschob. Dieser nahm ihn wortlos entgegen, doch man konnte Dankbarkeit in den Augen des grauäugigen sehen. Man hörte die Schulglocke läuten. Lily und Remus sahen beide gleichzeitig von ihrem Frühstück auf.
„Geschichte!" Damit waren die beiden auf den Beinen, während Peter und Maélys etwas gemächlicher folgten.
„Und was machen wir Hübschen jetzt?" Alice sah fragend in unserer wesentlich kleineren Runde herum.
„Ich denke, Sirius und ich genießen mal wieder ein bisschen Zeit zu zweit, richtig Tatze?"
„Nicht heute, James. Ich bleibe bei Carolin." Der Gesichtsausdruck von James sprach Bände. Es gefiel ihm nicht, dass Sirius jetzt nicht bei ihm sein wollte, sondern lieber bei mir blieb.
„Ich muss eh noch Hausaufgaben machen."
„James, warte!"
„Ich habe zu tun." Sirius sah mich hilfesuchend an.
„Los, geh ihm hinterher. Ich bin nicht die einzige Person, die sich Sorgen um dich gemacht hat und auch sicherlich nicht die einzige, die sich jetzt gerade welche macht. James fühlt sich wahrscheinlich gerade ersetzt und fallen gelassen. Außerdem habt ihr noch ein paar Männergespräche zu führen. James hat auch ein paar Sorgen."
„Ich bin ein Egoist."
„Du tickst vor allem aus, wenn es um deine Familie gibt. Los jetzt. Geh zu deinem Krone."
„Wir sehen uns zum Mittagessen."
„Danach wirst du mich nicht mehr los."
„Das wollte ich hören." Wir konnten beobachten, wie mein Freund seinem Bruder hinterherrannte. Dieser war allerdings schon aus der großen Halle raus. An der Tür blieb Sirius stehen und schien einmal die Eingangshalle abzuscannen, bevor er sein Weg fortsetzte und damit aus unserer Sichtweite verschwand.
„Dann haben wir jetzt Zeit für uns Mädels. Was machen wir jetzt?", fragte Marlene glücklich grinsend in die Runde.
„Ich will raus. Die Sonne scheint heute richtig schön. Das werde ich nicht verpassen", verkündete ich.
„Wir können uns bis zum Unterricht an den See setzen", schlug Alice vor.
„Nein, ihr könnt euch bis zum Unterricht an den See setzen. Wir haben heute kein Unterricht." Dorcas und Alice grinsten sich an.
„Ihr seid zwei angeberische Ziegen, wisst ihr das?"
„Wir lieben dich auch, McKinnon." Meine beste Freundin warf den beiden Mädchen Kusshändchen zu, was sie nur noch mehr zum Lachen brachte.
Das Wetter war heute wirklich schön. Für Anfang Oktober war es sehr warm. Die Sonne war noch gerade warm genug, damit man gemütlich auf dem Bootssteg sitzen konnte. Mary, Alice und Dorcas hatten sich zusammen ans Ende gelegt und starrten auf den See hinaus. Sie quatschten friedlich über die verschiedensten Themen. Der neusten Mode, der neuste Tratsch oder andere Dinge, während Marlene und ich ein kleines Stück entfernt lagen. Nicht so weit, dass es auffallen würde, aber weit genug, dass wir tuscheln konnten. Schließlich hatten wir neben Sirius Familienkrise auch noch unser eigenes Problem mit einer gefühllosen Kriegsynmphe, die wir aufhalten sollten, bevor sie aus Rache irgendetwas tut, was sie im normalen Zustand bereuen würde. Wenn es dafür nicht schon zu spät war. Schließlich wussten wir nicht, wie sie ohne den Fluch war oder was sie in Frankreich getan hatte, um zu entkommen.
„Vielleicht sollten wir Sirius auf sie loslassen."
„Meinen Freund?"
„Ja, dein Freund. Er hat dir geholfen und er hat mir geholfen, vielleicht hilft er ihr ja auch."
„Ich glaube, das liegt daran, dass wir auf Sirius gestanden haben, als er uns den Kopf gewaschen hat und wenn sie auf Sirius steht, dann hat sie das Problem nicht mehr."
„Versuch macht klug."
„Oder es kostet Sirius das Leben, weil Maélys von ihm genervt ist."
„Ok, ich verstehe, dass es ein hohes Risiko ist, aber ich finde wir können es ausprobieren."
„Willst du meinen Freund opfern?"
„Es wäre für eine gute Sache." Ich knuffte ihr in die Seite.
„Du bist doof."
„Ich weiß."
„Aber jetzt mal ernsthaft, was machen wir mit ihr?"
„Ich habe keine Ahnung. Also was wissen wir über die Flüche?" Ich stöhnte leise. Dieses Spiel machte echt keinen Spaß mehr.
„Sirius hat sie gebrochen?"
„Ja, aber wie."
„Bei mir hat er mich vor die Wahl gestellt ihn in Stücke zu reißen oder meinen Fluch unter Kontrolle zu bringen."
„Er hat auf deine Gefühle abgezielt. Das ist nicht hilfreich."
„Ich weiß. Wie war es bei dir? Was war überhaupt dein Fluch? Du hast es nie erzählt."
„Na ja, weißt du, wie angeblich meine Nymphenart zu ihrem Aussehen gekommen ist?"
„Nein, aber du wirst es mir bestimmt gleich erzählen, wenn du schon so fragst."
„Angeblich hat Athene uns die Fähigkeit gegeben, dass man unsere innere Schöhnheit sieht. Wie du dir denken kannst, ist es als Teenagermädchen nicht ganz einfach, auf dem Boden zu bleiben, wenn alle anderen durch die Pubertät Pickel kriegen und man selbst die Schönheitskönigin bleibt. Ich bin ziemlich arrogant geworden, weshalb bei mir die Pubertät doch mal ein bisschen reingekickt hat. Sehr sogar."
„Und Sirius hat dann was gemacht?"
„Er war seine Pickel wieder los und hat sich bei mir auf seine Art dafür bedankt, dass ich ihn immer mit seinen aufgezogen habe. Also mit anderen Worten, er hat mich ziemlich wegen meines Aussehens geärgert, was mich tatsächlich ziemlich gekränkt hat. Mein ganzes Selbstvertrauen war vorher auf meinem Aussehen aufgebaut. Das es nicht mehr da war, war nicht hilfreich. Ich bin langsam wieder auf den Boden gekommen, Sirius und ich wurden ein Paar. Die Situation im Zimmer wurde auch wieder entspannter. Ich machte wieder mehr mit den Mädchen." Meine beste Freundin fing an, zu lächeln bei dem Gedanken an die vergangene Zeit. Mir wurde mal wieder klar, dass ich erst viel später zu der Gruppe dazu gestoßen bin. Sie teilten viel mehr Erinnerungen miteinander, sahen vieles als selbstverständlich an, was für mich gar nicht so selbstverständlich war und auch anders herum.
„Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte Marlene und ließ mich dadurch aus den Gedanken hochschrecken. Die anderen Mädchen sahen neugierig zu uns herüber.
„Klar doch."
„Du siehst nicht so aus." Mary sah mich mit schiefgelegtem Kopf an.
„Mir wird nur mal wieder bewusst, dass ich eigentlich nie hier sein sollte, sondern – na ja, ich vermisse einfach meine Familie."
„Aber jetzt sind wir deine Familie. Eine Kleinere, Durchgeknalltere und vor allem Buntere, aber wir sind für dich da und so schnell wirst du uns auch nicht mehr los." Alice stürzte sich auf mich. Das Mädchen fing an mich durch zu kitzeln. Kreischend rollte ich mich zur Seite, um der Attacke meiner Freundin zu entkommen.
„Sie will entkommen!" Dorcas stürzte sich auch auf mich. Ich fing an, um mich zu schlagen. Marlene versuchte, mir lachend zu helfen, doch ohne viel Erfolg, da Mary sich ihr in den Weg stellte.
Schnell rollte ich mich nach links. Alice und Dorcas hatten nicht aufgepasst, sodass sich mir auf dieser Seite eine Gelegenheit zur Flucht ergab, die ich natürlich sofort auch nutzte. Erst als es schon zu spät war, bemerkte ich, warum diese Seite unbewacht war. Der Steg war vorbei und ich rollte mit viel Schwung und einem lauten Schrei in den See hinein.
Das Wasser brach über meinem Kopf zusammen. Zwar schien die Sonne heute noch einmal ziemlich warm, doch die letzten Tage war dies nicht der Fall gewesen. Deshalb war der See kalt. Für einen Moment lang war ich bewegungsunfähig, doch dann riss ich mich wieder zusammen. Während mich das kalte Wasser nach unten zog, fing ich an, dagegen anzupaddeln. Mit ein paar kräftigen Schwimmzügen kämpfte ich mich zurück an die Wasseroberfläche, auf die meine Freundinnen schon gespannt starrten.
„Alles in Ordnung?", fragte Alice mit einem breitem Grinsen im Gesicht.
„Das Wasser ist kalt."
„Carolin!" Hinter den vier Mädchen erschienen Sirius und James. Der Treiber war leichenblass. Ängstlich sah er auf mich herab.
„Helft mir bitte raus."
„Sofort, Prinzessin. James? Könntest du einmal ganz kurz mit anfassen?"
„Wenn ich es nicht tue, erfriert deine Prinzessin nur. Das will ich lieber nicht miterleben." Die beiden Jungen griffen nach meinen Armen und zogen mich auf den Steg.
„Wie bist du überhaupt in den See gekommen?", fragte mich Sirius besorgt.
„Alice und Dorcas haben mich gekitzelt und dann bin ich weggerollt, doch da war dummerweise der See." Ich bekam von James einen Umhang hingehalten.
„Damit du dich nicht erkältest."
„Danke, James."
„Kein Problem. Ich brauche ihn ja eh nicht bei dem Wetter."
„Deshalb hat auch niemand anderes einen mitgenommen, Krone."
„Halte die Klappe, Tatze. Bringe lieber Mal deine Angebetete hoch, damit sie sich duschen kann."
„Der vernünftige Schulsprecher kommt gerade sehr deutlich durch."
„Wir können nicht alle für immer drei bleiben, Sirius."
„Autsch." Mein Freund fasste sich an die Brust und machte ein übertrieben betroffenes Gesicht.
„Das hat gesessen", kommentierte Alice.
„Na komm, Prinzessin. Wenigstens du liebst mich bedingungslos und hältst mich nicht für drei." Der Junge legte mir ein Arm um die Schulter.
„Nein, tue ich nicht, Stallbursche. Ich weiß, dass du eigentlich erst zwei bist, aber ist doch schön, dass dich alle für älter halten."
„Ich schmeiße dich gleich wieder rein."
„Das würdest du nicht wagen, Black!"
„Doch genau das würde ich." James hinter uns seufzte laut auf, dann fing er an Sirius und mich mit jeweils einer Hand zu schieben.
„Los jetzt, ihr beiden hübschen."
James hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt und erzählte gerade aufgeregt von dem neusten Besen, den er hoffte, zu Weihnachten zu bekommen. Der neue Nimbus 1500 sollte noch schneller und besser sein, als James alter Besen, obwohl das Problem mit der Schlagseite zum Schweif ärgerlicherweise immer noch nicht behoben wurde. Was daran ein Problem war, verstand ich zwar nicht, aber mein höfliches Nicken reichte James völlig aus um noch weiter über irgendwelche Vorzüge des neuen Besens zu reden. Sirius hielt meine Hand fest, während er sich immer wieder umsah.
„Ist euer Männermorgen schon vorbei?", unterbrach ich irgendwann den Monolog des Schulsprechers über Besen.
„Nein, wir werden ihn fortsetzen, wenn du im Unterricht sitzt." James pikste mir in die Seite.
„Ihr unterbrecht ihn wegen mir?"
„Du hast uns mit deinem Schreianfall ein Herzinfarkt eingebracht. Wir dachten, du wirst ermordet."
„Wurde ich ja auch. Ich bin halt nur in den See entkommen."
„Wir dachten wirklich, dass du gleich stirbst", fuhr Sirius mich gereizt an.
„Hey, Stallbursche, mir geht es gut."
„Ich weiß, aber in dem Moment wusste ich es nicht. Du wirst gejagt, da habe ich halt Panik bekommen." Ich blieb stehen.
„Stallbursche, ich kann auf mich aufpassen."
„Aber nicht heute." Ich seufzte leise. Heute war das Nervenkostüm meines Freundes wirklich dünn.
„Was macht ihr Jungs denn, wenn ihr unter euch seid?", versuchte ich auf ein hoffentlich wesentlich weniger explosives Thema zu kommen.
„Das wüsstest du wohl gerne", meinte James mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Die Anspannung wich sofort ein wenig aus Sirius Gesichtsausdruck, verschwand aber nicht ganz.
„Ja, das wüsste ich sogar sehr gerne."
„Erfahren wir dann von einem Mädelsabend?"
„Alles was ich über die weiß."
„Hört sich doch fair an, oder?" Der Schulsprecher sah unsicher zu seinem Bruder herüber.
„Ist fair", nuschelte der Angesprochene.
„Dann schießt mal los", forderte ich sie auf.
„Wir haben über euch Mädchen gesprochen."
„Und was habt ihr da genau besprochen?"
„Das geht dein neugieriges Näschen nichts an." James tippte mir auf die Nase.
„Habt ihr über eine gewisse rothaarige Freundin von mir geredet?" Man sah, wie Röte in das Gesicht des Jägers kroch.
„Ihr habt über sie gesprochen. Habt ihr auch über mich geredet?" Jetzt kroch auch Röte in Sirius Gesicht.
„Ich hoffe, es war nur Gutes."
„Kann man noch etwas anderes über dich sagen?" Mein Freund hatte sich wieder gefangen und grinste mich auf seine typische freche Art und Weise an.
„Soll ich dir wirklich erklären, was alles an deiner Freundin falsch ist?"
„Krone, es ist nichts falsch."
„Ich habe keine roten Haare", schlug ich scherzhaft vor.
„Zum Beispiel. Du hast auch keine grünen Augen, die immer wie Smaragde glitzern, wenn du wütend bist", ging James darauf ein, weshalb Sirius uns entsetzt ansah.
„Sie braucht auch keine Augen aus Smaragden! Oder rote Haare! Sie hat wunderschöne Augen und Haare."
„Er will sich einschleimen", flüsterte mir James zu.
„Ich weiß, aber das macht er gut."
„Ich höre euch."
„Wissen wir, Schleimer." Mein Freund lächelte leicht. Keine zwei Sekunden später gefror sein Lächeln wieder. Die Stimmen von Professor McGonagall, Professor Slughorn, einen mir unbekannten Mann und einer unbekannten Frau drangen zu uns. Die Farbe wich wieder aus dem Gesicht des jungen Blacks, während seine Augen sofort über die Wände huschten auf der Suche nach einem Ausweg.
„Sirius?"
„Das sind sie", flüsterte mein Freund entsetzt. Es dauerte noch ein paar Sekunden, dann bog die Gruppe schon um die Ecke. Mein Freund neben mir spannte sich automatisch an. Er stellte sich gerader hin und zerdrückte beinahe meine Hand. Der Blick von seinen Erzeugern glitt zu uns, doch was sie dachten, konnte man nicht genau erkennen. Doch ihr strenger, eisiger Blick war alles andere als angenehm.
Bei Professor McGonagall sah das schon ganz anders aus. Ihr Blick glitt als Erstes zu Sirius. Mitleid war deutlich in ihnen zu sehen. Dann glitt der Blick weiter zu James und mir. Amüsiert musterte sie meine nassen Haare, die mir ins Gesicht hingen und James Umhang, der meine nasse Kleidung verdeckte. Professor Slughorn war wohl der Einzige, der diese Situation wirklich erfreulich fand.
„Ms Sanders, Mr Black und Mr Potter, wie schön sie zu sehen." Sein übliches breites, schleimiges Grinsen war zu sehen.
„Guten Tag", presste Sirius hervor. Automatisch suchte ich eine Ausrede, warum wir schnell weiter mussten. Währenddessen fing Professor Slughorn an den Blacks von Sirius Erfolgen in Zaubertränke und anderen Sachen zu erzählen, was seine Eltern offensichtlich überhaupt nicht interessierte. Dies bemerkte der Lehrer natürlich nicht, doch Professor McGonagall entging es nicht. Wie beiläufig sah sie kurz auf ihre Armbanduhr, bevor sie das übliche strenge Lächeln aufsetzte.
„Sie sollten ihre Bücher holen. Ihr Unterricht fängt gleich an." James wirkte etwas verwirrt, da wir gerade einmal kurz vor zehn hatten, als wir am See losgegangen waren, doch er wagte es gar nicht, nachzufragen. Stattdessen nutzten wir die uns gegebene Gelegenheit, um den Rückzug anzutreten.
„Auf Wiedersehen." Dieses Mal schob ich James voran. Sirius blieb etwas überrumpelt stehen, doch nachdem ich ihn unauffällig einmal am Arm gezogen habe, setzte er sich in Bewegung.
Wir redeten erst wieder, als wir den leeren Gemeinschaftsraum betraten. Sirius ließ sich an der Wand herunter rutschen. Ich setzte mich links von ihn, während sich James rechts von ihm setzte.
„Sirius?"
„Mein Name." Er klang ziemlich gequält.
„Möchtest du darüber reden?"
„Nein, lieber nicht."
„Soll ich duschen gehen und dich in Ruhe lassen?"
„Wenn du willst, kannst du gehen." Ich sah etwas verstört zu James. Mit der Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Auch der andere Junge schien diese Reaktionen nicht zu gefallen.
„Willst du mit mir duschen gehen?"
„Nein, keine Lust." Klatsch. James hatte zugeschlagen.
„Black, hast du nicht zugehört?"
„Sie will duschen gehen."
„Ich wollte mit dir duschen gehen."
„Oh–"
„Jetzt ist deine Chance vertan."
„Sie wird nochmal kommen." Mein Freund kuschelte seinen Kopf an meine Schulter.
„Du riechst nach James."
„Liegt daran, dass es sein Umhang ist."
„Außerdem rieche ich ja wohl toll."
„Ich hab euch zwei lieb."
„Wir dich auch, Kumpel." James legte seine Arme um meinen Freund. Gleichzeitig lehnte ich meinen Kopf gegen den meines Freundes.
Unsicher klopften Marlene und ich bei Professor Allaire. Da wir nicht wirklich weiter mit unseren Überlegungen kamen, hatten wir entschieden, den Kriegsnymphenexperten zu fragen. Also hatten wir uns nach Ende unseres Unterrichts abgeseilt und sind zum Professor gelaufen
„Herein", hörte man drinnen jemanden mit einem französischen Akzent rufen. Ich sah zu Marlene herüber. Die Stimme gehörte auf jeden Fall nicht zu dem Lehrer. Unsicher öffnete ich die Tür.
Auf dem Schreibtisch unseres Lehrers saß ein junger Mann, ein paar Jahre älter als wir. Die Ähnlichkeit zu unserem Lehrer war kaum zu übersehen. Er hat ein Stapel Papiere hinter seinem Rücken versteckt.
„Kann ich euch irgendwie helfen?"
„Wir suchen Professor Allaire."
„Mein Vater ist irgendwo in der Schule unterwegs."
„Und wann kommt er wieder?"
„In ein paar Minuten. Ihr könnt gerne warten." Ich sah fragend zu meiner Freundin.
„Dann warten wir." Der Typ zuckte desinteressiert mit den Schultern. Er wandte sich allerdings nicht noch einmal seinem Lesestoff zu.
Die Zeit bis zur Rückkehr des Lehrers verbrachten wir schweigend. Deshalb war ich ziemlich erleichtert, als der Lehrer hereinkam. Als er Marlene und mich sah, fing er an zu lächeln.
„Hallo, ihr beiden. Probleme mit Maélys?" Wir nickten gleichzeitig, während der Junge fragend zu seinem Vater, der einmal kurz nickte.
„Wir haben uns schon gedacht, dass es nicht einfach wird, deshalb haben wir ein paar Informationen über sie eingeholt." Der Sohn des Lehrers holte die Papiere hinter seinem Rücken her.
„Ein bisschen ist wohl untertrieben." Er legte die Papiere neben sich auf den Schreibtisch.
„Und ist irgendetwas Hilfreiches dabei?"
„Da ihr Fluch auf ihrer Flucht ausgelöst wurde eher weniger."
„Wir vermuten, dass er durch den Tod von ihrer besten Freundin Louisanne ausgelöst wurde. Das ist auch das Wahrscheinlichste, da der Fluch in der Regel durch den Verlust einer nahestehenden Person ausgelöst wird. Da ihre Eltern die typischen Reinbluteltern sind, hatte sie wohl er kein enges Verhältnis, doch auch der Verrat durch Freunde und Familie könnte es gewesen sein. Ihr solltet erstmal versuchen, in diese Richtung zu gehen."
„Und das heißt jetzt genau?"
„Sie auf beides ansprechen und wenn sie Gefühle zeigt, nicht mehr locker lassen", kommentierte der Sohn, als wäre es das Normalste auf der Welt. Etwas, was man jedem Tag im Alltag brauchen konnte. Ich sah zu Marlene herüber.
„Hört sich ja nicht so kompliziert an. Zur Sicherheit können wir ja trotzdem Black vorschicken." Ich trat ihr gegen das Bein.
„Gegen das Knie ist wirkungsvoller", kam es gleichzeitig von der Familie der Kriegsnymphe. Ich sah fies grinsend zu Marlene.
„Wage es nicht." Die Blondine sah mich warnend an.
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