Kapitel 11
„Prinzessin, jetzt starr nicht so böse die Wand an."
„Du bist gerade einfach zusammengeklappt."
„Ein Schwächeanfall, weil ich mich an die Belastung wieder gewöhnen muss. Mehr nicht. Ich esse noch ein bisschen mehr und lege mich gleich aufs Sofa, dann passiert das nicht noch einmal."
„Hoffst du."
„Hey, das wird alles wieder. Gib mir noch ein paar Tage Zeit, um wieder ganz auf die Höhe zu kommen." Sirius strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„In ein paar Wochen ist das alles hier vergessen." Ich biss mir auf die Lippen. Die Frage war, ob er es noch immer so entspannt sah, wenn Regulus nicht wieder auftauchen sollte. Denn bisher war der jüngere Black noch nicht wieder aufgetaucht, obwohl die Auroren auf Hochtour nach den vermissten Schülern suchten. Die meisten Vermissten waren noch immer spurlos verschwunden. Nur wenige waren gefunden worden, doch bisher nur Tote.
„Du denkst über Regulus nach."
„Woher weißt du es?"
„Du hast dann immer diesen einen ganz bestimmten Gesichtsausdruck, wenn du über meine Familie nachdenkst."
„Habe ich den?"
„Ja, hast du. Also habe ich recht."
„Du weißt, dass es schlecht für ihn aussieht, richtig?" Sirius ließ mich los.
„Die Todesser bringen nicht ihre eigenen Leute um." Und damit sprang er auf und verließ den Raum fluchtartig.
„Volltreffer", kam es von James, weshalb Remus ihm gegen das Schienbein trat.
„Ich gehe ihm nach."
„Carolin, vielleicht solltest du aufhören, mit ihm über Regulus oder einem anderen Black zu reden. Vor allem wenn er nicht ganz auf der Höhe ist." James sah mich flehend an.
„Ich werde es nicht ansprechen. Eigentlich weiß ich es ja besser." Ich stand auf.
„Trotzdem fängst du immer wieder damit an." Weil ich immer noch nicht dazu gelernt hatte.
„Und du weißt auch warum." Mit diesen Worten rannte ich aus dem Krankenflügel.
Sirius zu folgen war nicht schwer. Er war wesentlich langsamer als sonst. Außerdem konnte er genau drei Ziele haben, wenn er schlecht gelaunt war. Entweder ging er zum Stall, in den verbotenen Wald oder auf dem Astronomieturm. Durch die Richtung in die er bog, konnte ich Stall und Wald ausschließen. Demnach musste ich einfach auf den Turm, um ihn zu finden. Den Weg dorthin würde ich wohl auch im Schlaf finden.
Leise trat ich näher an Sirius. Der Junge hatte sich auf das Geländer gestützt und starrte traurig nach unten auf das Schlossgelände. Er zitterte leicht durch den kalten Wind, der hier entlang pfiff. Vorsichtig schlang ich meine Arme von hinten um ihn.
„Komm wieder rein. Du erkältest dich noch."
„Kannst du mich alleine lassen?"
„Wenn du es wirklich willst, dann ja." Der Junge seufzte leise.
„Nein, eigentlich will ich es nicht." Ich legte mein Kopf auf seinen Rücken. Durch das dünne Hemd konnte ich den muskulösen Rücken des Jungen spüren, genauso wie die verschiedenen Narben. Ich widerstand dem Drang, eine Hand zu lösen und die Narben mit den Fingern entlang zufahren. Ich wusste genau, dass er es hasste, dass ich von seinen Narben wusste. Er hasste alles an sich, was ihn mit seinen Eltern in Verbindung brachte. Seinen Nachnamen, die Narben, manchmal glaubte ich sogar, er hasste es, in den Spiegel zu gucken. An anderen Tagen schien er allerdings mehr als nur ein bisschen zufrieden mit dem Anblick zu sein.
„Warum läufst du mir immer wieder nach, auch wenn ich es nicht wirklich will? Oder doch will? Was weiß ich schon?" Er seufzte leise.
„Meistens bin ich ja diejenige, die überhaupt erst herumstochert und dich damit verletzt. Also muss ich dich auch trösten."
„Und das, obwohl ich dich nicht wirklich an mich ranlasse–" Er stockte und biss sich auf die Lippe.
„Wie meinst du das?"
„Ich bin aufgewacht, als du mit James über das Reinblüterverzeichnis geredet hast."
„Du hast es gehört?"
„Ja, habe ich. Und selbst wenn ich es nicht gehört hätte, wäre James Standpauke später doch sehr eindeutig."
„James Standpauke?"
„Er hat mich als riesigen Idioten bezeichnet, der endlich mal aufhören sollte seine Vergangenheit zu ignorieren, totzuschweigen und trotzdem darunter zu leiden."
„Womit er ja auch ein wenig Recht hat."
„Ich weiß, ich will es mir nur nicht eingestehen." Ich musste leicht lächeln. Sirius fing an, sich zu bewegen, weshalb ich mein Kopf von seinem Rücken nehmen musste, ob ich nun wollte oder nicht. Mein Freund drehte sich einmal um 180°, sodass ich ihn nun wirklich ansehen konnte. Gedankenverloren fing er an, mit einer Haarsträhne zu spielen.
„Orion und Walburga."
„Was?" Ich sah ihn verwirrt an.
„Die Namen meiner Erzeuger. Regulus ist auch das einzige weitere Kind von den beiden. Soweit ich weiß. Wenn sie aus irgendeinem Grund nach meinem Umzug noch ein Kind bekommen haben, dann weiß ich wohl nichts davon. Ich verstehe zwar nicht, was daran so wichtig ist, aber jetzt weißt du es." Ich kuschelte mich an ihn.
„Sirius?"
„Hm?"
„Danke, dass du es mir gesagt hast."
„Klar doch." Er trat einen Schritt zurück von mir.
„Gehen wir wieder rein? Mir ist kalt."
„Dann mal ab in den Gemeinschaftsraum oder noch besser gleich ins Bett mit dir."
„Nein, nur auf ein Sofa. Außer du kommst mit in mein Bett."
„Nein, werde ich nicht."
„Dann auf ein Sofa."
„Hauptsache du ruhst dich aus."
Sirius Kopf lag auf meinem Schoß. Mit einer Hand strich ich durch seine Haare, die andere hatte mein Freund fest umklammert. Marlene saß auf einem Sessel. Über den Rand ihres Buches beobachtete sie uns beide. Maélys saß auf dem anderen Sofa. Sie hatte ein Blatt Pergament auf dem Schoß und kritzelte irgendetwas darauf. James saß auf dem Boden vor dem Kamin. Er beobachtete von Weiten Lily, die auf einer Fensterbank saß und in einem Buch las. Sie zerbiss sich gedankenverloren die Lippe.
„James?"
„Ja?"
„Willst du sie nicht fragen, ob sie sich zu uns setzen will?"
„Warum ich?"
„Weil Marlene gerade liest, Sirius fast schläft und sie Maélys noch weniger mag als dich."
„Du könntest aufhören meinem Bruder als Kissen zu dienen und hingehen."
„James, du gehst jetzt zu Lily und machst sie darauf aufmerksam, dass wir hier sitzen. Ganz lieb, ohne zu flirten."
„Und wenn sie wieder anfängt zu schreien?"
„Dann erinnere sie daran, dass du die letzten Tage gar nicht so unerträglich warst und sie dich doch eigentlich sogar lieb hatte." Man sah, wie James Ohren rot anliefen. Langsam stand er auf und ging Richtung Lily. Bei Sirius und mir stoppte der Schulsprecher allerdings noch einmal.
„Du hast es gesehen, oder?"
„Das beim Essen?" Er nickte unsicher.
„War schwer zu übersehen, wenn man neben euch saß."
„Du sagst es doch niemanden."
„Werde ich aufgeklärt?", kam es murmelnd von meinem Schoß. Sirius hatte ein Auge geöffnet und blinzelte gegen das grelle Licht an. Ich beugte mich vorsichtig zu ihm herunter, damit es die anderen nicht mitbekamen.
„Nichts Wildes. Sie haben nur nebeneinandergesessen und Händchen gehalten. Die genauere Erklärung bekommen wir später von deinem Kumpel, wenn du nicht im Halbschlaf bist."
„Ich bin voll und ganz wach." Wer es glaubt. James ging kopfschüttelnd weiter zu Lily herüber.
„Stallbursche, versuche zu schlafen." Ich wandte mich von dem Schüler auf meinen Schoß ab und sah zu den beiden Schulsprechern.
James P.o.V.:
„Hey, Lily."
„James, ich lese gerade."
„Ja, das sehe ich."
„Was willst du dann?"
„Wir sitzen drüben und da wollte ich fragen, ob du dich zu uns setzen willst." Sie sah neugierig auf und zu unserer kleinen Gruppe herüber.
„Warum wart ihr solange weg?" Die Rothaarige legte ein Lesezeichen zwischen die Seiten. Dann zog sie ihre Beine an ihren Körper, damit ich mich zu ihr setzen konnte.
„Carolin und Marlene haben mir dem Professor gesprochen. Worüber haben sie noch gar nicht genau erzählt und ich verstehe es auch nur halb von dem was wir mitbekommen haben."
„Und das hat eine halbe Stunde lang gedauert?" Ich schüttelte langsam den Kopf.
„Sollte Sirius nicht direkt nach den Unterricht wieder in den Gemeinschaftsraum, um sich auszuruhen?"
„Ja–" Sie sah mich misstrauisch an.
„Was habt ihr angestellt?"
„Nichts!" Ich seufzte leise, bevor ich weiter erzählte.
„Sirius hatte einen Schwächeanfall. Er schläft jetzt." Sie sah auf meine Hände herunter.
„Und ist mit dir alles in Ordnung? Wir haben gar nicht mehr geredet, seit dem Sirius aus dem Krankenflügel entlassen worden ist." Mit Reden meinte sie wohl eher, dass wir aufgehört hatten Händchen zu halten.
„Das war ja auch erst heute Morgen."
„Klar–" Sie wirkte irgendwie enttäuscht. Ich hatte sie verletzt, damit, dass ich es als weniger schlimm darstellte.
„Ich komme mit rüber." Mit diesen Worten ging sie zu den anderen herüber. Seufzend ließ ich meinen Kopf gegen die Wand fallen. Ich sah aus dem Fenster. Ein paar Regentropfen liefen an dem Glas herunter. Wie hypnotisiert sah ich dabei zu, wie sie langsam herunterliefen, bis sie auf einen anderen trafen, sich zu einem Größeren verbanden und dann zusammen weiter liefen. Dies geschah so oft, bis ein kleiner Fluss entstand oder sie am unteren Ende des Fensters gestoppt wurden.
Carolins P.o.V.:
Der Gemeinschaftsraum war fast verlassen. Marlene und ich saßen zusammen auf einem Sofa. Uns gegenüber lag Maélys. Sie hatte ein Messer in der Hand und machte damit unter ihren Fingernägeln sauber, als wäre es vollkommen normal. Wir sahen ihr dabei zu.
„Du weißt, worum der Professor uns gebeten hat?" Meine beste Freundin sah mich fragend an.
„Vertraust du ihm?" Ein kleinwenig Zweifel war noch in mir zurückgeblieben. Ganz vertraute ich dem Lehrer nicht. Es war eine Behauptung, die jeder aufstellen konnte. Auch Marlene sah ziemlich unsicher aus.
„Wir sollten vielleicht mit dem darüber reden, der es weiß."
„Maélys?"
„Nein, ihrem Boss."
„Ares?"
„Genau den meinte ich."
„Und wie kommen wir an ihn ran?"
„Über Maélys." Ich sah unsicher zu dem anderen brünetten Mädchen. Sie war bisher nicht gegen uns vorgegangen, hatte alle unsere Fragen, ohne zu zögern beantwortet, doch wenn der Lehrer Recht hatte, war sie eine tickende Zeitbombe. Jemand, der nur auf Rache aus war und ansonsten Logik basiert dachte, würde auch irgendwann einen Grund finden sich an uns Rächen zu wollen oder etwas anderes zu tun, dass auf emotionales Ebene keinen Sinn ergab. Ich bezweifle nämlich, dass sie verstand, was Freundschaft bedeutete. Zwar glaubte ich auch nicht, dass sie im normalen Zustand, viel damit anfangen konnte, aber dort hatte ich doch eine größere Hoffnung.
„Hast du Angst, etwas Falsches zu sagen?"
„Ja, habe ich. Ich will nicht auf den dicken roten Knopf drücken, durch den sie in Hogwarts Amok läuft."
„Verständlich."
„Wann wollt ihr aufhören, zu tuscheln, und mir endlich offen ins Gesicht sagen, dass ihr mir eigentlich nicht vertraut?" Die Kriegsnymphe sah von ihren Fingernägeln auf und sah zu uns herüber.
„Ok, wir vertrauen keinen Leuten, die ihren Eltern und Geschwistern Briefbomben als Antwort auf einen harmlosen Brief schicken, ohne mit der Wimper zu zucken."
„Sicher, dass es nur daran liegt?"
„Könnte auch daran liegen, dass dein Timing zu gut ist und wir alle langsam an Verfolgungswahn leiden. Wir vermeiden es einfach irgendwelchen Behauptungen zu vertrauen."
„Warum vertraut ihr den anderen aus unserem Schlafsaal und vor allem warum wissen die Jungs von uns?"
„Das hat etwas mit Emotionen zu tun. Das ist nicht dein Spezialgebiet."
„Da habt ihr Recht."
„Aber im Moment ist es wichtiger, dass wir das zwischen uns dreien klären. Über die anderen Reden wir irgendwann in Ruhe, wenn du gelernt hast, was Freundschaft bedeutet."
„Ihr seid so emotional."
„Ich weiß, das ist schrecklich. Wir haben Gefühle. Echt lästig."
„Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung, nicht wahr McKinnon?" Die Ironie in meiner Aussage hörte die Kriegsnymphe.
„Genau, Acouret." Wir sahen uns beide kopfschüttelnd an. Die Kriegsnymphe hatte einen echten Schaden, doch trotzdem wuchs sie mir ein bisschen ans Herz.
„Wenn ihr den Beweis sehen wollt, dann sollten wir an einen sicheren Ort reden und nicht hier, wo jeder Zeit jemand reinplatzen kann." Ich sah unsicher zu Marlene. Sollten wir sie wirklich zum Raum der Wünsche bringen. Natürlich war es der sicherste Ort in Hogwarts, doch es war auch Marlenes und mein Versteck, dass ich eigentlich gerne für mich behalten würde. Damit wir uns dort im Notfall verstecken konnten.
„Wir können in einen unbenutzten Geheimgang. Da sind wir sicher", meinte Marlene.
„Ich vertraue euch da. Ihr kennt euch hier besser aus."
Der Boden des Geheimganges war noch genauso verstaubt wie vor einem halben Jahr, als wir hier mit den Rumtreibern gesessen haben und ihnen von den Nymphen erzählt hatten. Jetzt saßen wir zusammen mit Maélys in diesem Gang. Die Kriegsnymphe saß uns gegenüber. Ihre Kette lag auf den Boden genauso wie meine und Marlenes.
„Also du gehst zuerst, wir folgen dann."
„Das würde voraussetzen, dass ich euch vertraue." Die braunhaarige Nymphe sah uns beide durch zusammengekniffene Augen an. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass sie uns vertraute.
„Was? Dachtet ihr, dass ich euch einfach so machen lasse? Das wäre unklug und vor allem unlogisch. Eine von euch geht zuerst, dann komme ich und Nummer drei kommt zuletzt." Wir sahen uns kurz an. Gegen diese Vorgehensweise gab es eigentlich nichts einzuwenden.
„Ich bin dann mal weg." Marlene griff nach ihrem Medaillon und öffnete es. Ein helles beißendes Licht flackerte auf, weshalb wir beiden die Augen schließen mussten. Von dieser Seite habe ich das Ganze noch nie beobachtet. Bisher habe ich immer auf der anderen Seite gestanden und war in dem grellen Licht verschwunden.
„Ich bin dann auch mal weg." Die Kriegsnymphe klappte ihre Kette auf, weshalb der Raum ein zweites Mal in das grelle Licht getaucht wurde. Sobald ich wieder etwas sehen konnte, klappte auch ich den Anhänger auf.
Sobald das grelle Licht um mich herum verschwunden war, sah ich mich um. Ich stand wieder in der Mitte des Olymps. Marlene stand auf meiner linken Seite, Maélys auf meiner rechten. Uns gegenüber standen die drei Götter. Artemis, Athene und Ares. Neugierig musterte ich den dritten, mir unbekannten Gott. Er musste in unserem Alter sein. Seine blonden Haare hatte er ordentlich zurückgekämmt, damit sie nicht in sein Gesicht hingen. Er trug eine schwarze Rüstung aus Leder und Metall. An seiner Hüfte war ein Schwert befestigt worden. Ein blauer Edelstein war darin eingelassen worden und der Griff wies aufwendige Verzierungen auf.
„Na da ist ja auch Nummer drei. Artemis, deine ist langsam!", rief der blonde Gott.
„Sie ist zumindest heile."
„Wieder."
„Wir stehen neben euch, das ist euch klar." Marlene hatte die Arme wütend verschränkt.
„Ja, irgendwie ist uns das bewusst. Schließlich haben wir euch hier reingelassen."
„Hört nicht auf Ares, er hat mal wieder seine Tage."
„Muss ich euch ehrlich den Unterschied zwischen Jungen und Mädchen erklären?"
„Den kennen wir schon, aber danke für das Angebot."
„Ähm, könnten wir jetzt zu unserem eigentlichen Anliegen kommen? Wir haben morgen Schule und würden gerne noch irgendwann schlafen", versuchte ich die Aufmerksamkeit der drei Götter auf uns zu lenken.
„Eure Nymphen sind so ungeduldig und was soll das heißen: Wir haben morgen Schule? Einmal kann man die doch auslassen."
„Ares, halte die Klappe. Die beiden sind einfach nur vernünftig. Was wollt ihr denn wissen?", kam es von Athene.
„Wir wollen über Professor Allaire sprechen."
„Felicien? Seid froh, dass ihr ihn habt? Wenn nicht dann freut euch mal ganz schnell! Ihr findet kaum einen besseren Lehrer."
„Also ist er vertrauenswürdig?"
„Felicien? Klar, doch. Wir hatten viel Spaß – und dann wurde er erwachsen, vernünftig und langweilig, aber das ist nun mal das Schicksal von euch! Ihr werdet alt, bekommt graue Haare, Falten–"
„Ihr solltet ins Bett gehen", flüsterte mir Artemis zu.
„Sonst redet er noch über eure Kinder oder Ähnliches."
„Und dann weint er, weil ihr erwachsen werdet und ihr irgendwann nicht mehr mit ihm feiern wollt."
„Gute Nacht."
„Passt auf euch auf." Das Licht im Raum wurde wieder greller. Ich kniff meine Augen zusammen.
Ich hob die Kette vom Boden wieder auf. Marlene hatte sich ihre schon wieder umgehängt, während Maélys ihre einfach in die Hosentasche schob.
„Du verlierst Ares noch."
„Das wäre kein großer Verlust. Er ist eine riesige Nervensäge. Ihr habt es doch mitbekommen."
„Ich fand ihn lustig." Die Kriegsnymphe musste sich gar nicht so anstellen. Der Gott war mit Sicherheit jung und verrückt, aber sie hätte es sicherlich schlechter erwischen können.
„Und er sieht echt super aus. Da gibt es kaum hübschere." Marlene hatte einen schwärmerischen Ausdruck im Gesicht.
„McKinnon!" Ich verschränkte meine Arme. Sie war mit Samuel zusammen, da sollte sie aufhören, anderen Jungen schöne Augen zu machen.
„Ich stelle nur fest, dass man ihn sich gut ansehen kann."
„Das ändert nichts daran, dass du einen Freund hast."
„Ich betrüge ihn ja nicht, also entspann dich. Außerdem scheinen wir gar nicht so fest zusammen sein." Ich sah sie überrascht an. Bisher hatte ich kein Zweifel daran, dass sie zusammen sind. Samuel war in sie verliebt und sie in ihn. Es sprach also nichts gegen eine Beziehung.
„Warum solltet ihr es nicht sein?"
„Er hat mich immer noch nicht gefragt, ob ich ihn zu der nach Amerika begleite." Maélys verdrehte die Augen.
„Ihr habt Probleme."
„Da ist ja auch noch ein bisschen Zeit hin."
„Es ist in den Weihnachtsferien. So lange dauert das nicht mehr. Und wenn er mich dabei haben will, muss mit meinen Eltern darüber reden." Sie biss sich unsicher auf die Unterlippe.
„Wahrscheinlich hat er die Ferien noch gar nicht richtig auf dem Schirm. In der Woche hat er seine Ausbildung und am Wochenende renoviert er immer noch das Haus. Nebenbei ist er auch noch mit Elainas Erziehung beschäftigt. So wie ich ihn kenne, hat er total vergessen, dass bald auch noch unser Ausflug nach Amerika ansteht. Also nehme es nicht persönlich. Falls es dich tröstet. Bisher habe ich mit Sirius auch noch nicht darüber geredet und ich habe vermutlich mehr Ruhe."
„Wie könnt ihr euch jetzt über eure Ferienplanung Gedanken machen?"
„Liegt vielleicht daran, dass nicht alle ihre Gefühle ausgestellt haben."
„Ich habe sie nicht einfach abgestellt. Ich lasse einfach nur noch Hilfreiche zu."
„So wie Rache?"
„Rache und Wut. Zwei wirklich hilfreiche Gefühle, wenn man jemand umbringen will."
„Und hinderlich beim Nachdenken."
„Man darf sich nicht von ihnen überwältigen lassen, aber ihr vertraut blind irgendwelchen Leuten, die ihr wie lange kennt? Sechs Jahre?"
„Wir vertrauen ihnen nicht blind. Sie haben sich unser Vertrauen verdient. Außerdem vertraust du Ares doch auch einfach und uns auch."
„Ich vertraue Ares und euch, weil es logisch ist. Wir haben alle den gleichen Feind, der uns umbringen will und den wir ohne die anderen nicht besiegen, so ungern ich das auch zugebe." Ich sah zu Marlene herüber. Da Ares die Vertrauenswürdigkeit von Professor Allaire bestätigt hatte, war ich ziemlich gespannt darauf, wer Maélys war, wenn sie nicht gerade unter einem Fluch stand.
Leise schlichen wir uns durch die Eingangshalle. Wir hatten gerade die andere Seite des Raumes erreicht, als das große Eichenportal aufschwang.
„Mist", flüsterte Marlene. Wir drückten uns gegen die Wand, um in dessen Schatten zu verschwinden. Maélys die genau hinter der Ecke stand, schielte vorsichtig um die Ecke.
„Das sind Professor Dumbledore, Professor Slughorn, zwei Erwachsene und irgendjemand auf einer Trage. Den Umhängen der zwei Unbekannten nach zu urteilen sind es Auroren."
„Sei leise! Wenn wir erwischt werden, gibt es für die nächsten drei Wochen Nachsitzen", flüsterte Marlene. Die Kriegsnymphe verdrehte mal wieder ihre Augen. Ich schlich mich in Richtung des nächstliegenden Geheimgangs. Dieser führte zwar nicht nach oben, sondern in den Keller, doch es war besser, als das wir hier erwischt werden. Durch ihn konnten wir in einen anderen Geheimgang und durch diesen dann nach oben. Ich merkte, wie die anderen beiden Nymphen mir langsam folgten, während die Gruppe mit eiligen Schritten näher kam.
Wir erreichten den Eingang zu dem Geheimgang. Vorsichtig tippte ich mit meinen Zauberstab gegen den Stein, der diesen öffnen würde, und flüsterte dabei den Zauberspruch, der benötigt wurde. Leise schoben sich die Steine auseinander und bildeten einen Eingang. Schnell schob ich mich in den Gang. Die beiden anderen folgten mir. Gerade als der Gang sich hinter uns geschlossen hatte, hörte man schon, wie die Gruppe in den Flur trat, auf den wir bis eben noch gestanden hatten.
„Wurden seine Eltern schon benachrichtigt?"
„Ja, sie wollen morgen vorbeikommen, um nach ihn zu sehen."
„Was ist mit anderen Schülern?"
„Bisher gibt es noch keine Spur von ihnen, doch wir hoffen, dass Mr Black etwas dazu sagen kann, wenn er wieder aufgewacht ist." Ich erstarrte. Black. Da Sirius hoffentlich friedlich schlafend in seinem Bett lag, musste es Regulus sein, den die Auroren gefunden hatten. Ich drehte mich um.
„Wir sollten gucken, dass wir schleunigst hochkommen."
„Auf die Idee kommst du erst jetzt?" Maélys sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Nein, aber jetzt gibt es mehr Gründe als nur dem Nachsitzen zu entgehen."
„Ernsthaft? Das der Bruder deines Freundes gefunden wurde, ist wichtiger, als die Tatsache, dass wir Nachsitzen bekommen können."
„Verstehst du nicht."
„Ihr und eure Gefühle. So anstrengend."
„Besser als eine gefühlskalte Zicke zu sein", zischte Marlene. Seufzend zog ich die beiden hinter mir her.
Unsicher klopfte ich an die Tür der Rumtreiber. Von drinnen war keine Antwort zu hören. Wahrscheinlich schliefen die fünf Jungen schon tief und fest. Leise öffnete ich die Zimmertür. Ich wollte die Jungs nur ungern wecken. Leise schlich ich mich zu Sirius Bett. Bubble führte mich netterweise. Vorsichtig legte ich mich zu meinen Freund.
„Stallbursche?" Er antwortete nicht, da er wirklich tief und fest schlief. Dann würde ich ihm wohl Morgen von Regulus Rückkehr erzählen, bevor er ohne Vorwarnung seinen Erzeugern, wie er sie so treffend benannte, in die Arme lief. Sirius drehte sich zu mir um. Er kuschelte seinen Kopf in meine Halsbeuge.
„Black?" Ich versuchte, mich von ihm zu befreien, allerdings ohne viel Glück. Seufzend machte ich mich neben ihn gemütlich. Heute würde ich hier nicht mehr wegkommen.
„Sirius?"
„Lass mich schlafen", nuschelte mein Freund in meine Haare.
„Black! Wir hatten eine Abmachung."
„Ich habe die Schokolade nicht angerührt."
„Es ging um Mädchen im Schlafsaal."
„Was soll damit sein? Carolin wollte heute Nacht oben schlafen."
„Dann mach mal deine Augen auf." Ich merkte, wie Sirius sich hinter mir Bewegte.
„Ich habe sie nicht eingeladen. Sie ist ein eigenständig hochgekommen."
„Das müssen wir ihr abgewöhnen."
„James sei nicht fies, wahrscheinlich hat sie schlecht geschlafen."
„Kein Wunder, wenn sie in ihrer Schuluniform schläft."
„Ich kann euch hören, Jungs!" Ich schlug ebenfalls meine Augen auf.
„Morgen, Carolin." James grinste mich an.
„Guten Morgen, Prinzessin." Sirius küsste mich von hinten auf die Wange.
„Guten Morgen, ihr beide."
„Was machst du hier?"
„Sehr nett von dir, James", kommentierte mein Freund.
„Was denn? Die Frage ist doch berechtigt!"
„Na ja, ich war noch mit Maélys und Marlene unterwegs."
„Ohne Aufsicht?"
„Sie ist in Ordnung. Wir haben das geklärt."
„Trotzdem hätte etwas anderes raus kommen können. Zum Beispiel, dass sie eine Mörderin ist und dich umbringen will!"
„Tatze, vergiss nicht, zu atmen. Carolin, warum bist du hier?"
„Na ja, auf dem Rückweg wären wir fast Dumbledore, Slughorn und zwei Auroren in die Arme gelaufen."
„Ihr wärt fast erwischt worden?"
„Sirius! Halte die Klappe! Ihr geht es super, sieht man doch. Carolin?"
„Sie haben Regulus gefunden."
„Ich sagte doch, dass es den kleinen Idioten gut geht", grummelte der Junge hinter mir.
„Ja, deine Erzeuger wollen lieber sichergehen und kommen heute vorbei."
„Gute Nacht." Sirius hinter mir legte sich wieder auf sein Bett.
„Stallbursche! Raus da!" Ich fing an zu schieben.
„Nein, ich will nicht."
„Wenn du dich jetzt vor deinen Eltern versteckst, machst du dich lächerlich, also steh auf, sei ein Mann und ignoriere ihre Anwesenheit in Hogwarts."
„Ich will sie nicht sehen." Er sah mich an wie ein kleiner verschüchternder Junge.
„Bei den zwölf Göttern, Sirius, jetzt reiß dich zusammen. Du musst ihnen ja nicht alleine gegenüber treten. Wir sind ja bei dir." Ich zog ihn in meine Arme.
„Na gut." Seufzend stand er auf und schlurfte langsam ins Bad.
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