Kapitel 22

Domenico

Alles in mir kribbelt, als ich vor Sofias Haus stehe. Seit unserer Verabschiedung gestern habe ich mich nach ihr gesehnt. 

Seitdem war die Zeit unfassbar anstrengend für mich. Das Einzige, was ich jetzt brauche, ist nur Sofia. Ich will sie in den Arm nehmen und nie wieder loslassen. Nur sie macht mich so glücklich. 

Diese Gefühle habe ich nie gehabt. Noch nie hat jemand mein Herz so berührt. Den Sinn des Lebens auf eine ganz neue Ebene gestellt. 

Mit zitternden Fingern drücke ich auf die Klingel. Aufgeregt wie ein kleiner Junge trete ich von einem Fuß auf den anderen, kann mir das dämliche Grinsen auf meinen Lippen nicht verkneifen.

Sie lässt sich echt Zeit! Will mich wahrscheinlich bewusst ärgern. Ich drücke noch mal darauf und warte weiter. 

Immer noch nichts. 

Das verstehe ich nicht. Sie müsste doch längst Zuhause sein?! 

Vielleicht wurde sie aufgehalten? Ich rufe sie auf dem Handy an, doch das einzige Geräusch, dass ich zu hören bekomme, ist das Freizeichen, bis sich die Mailbox meldet. 

Langsam überkommt mich die Panik. Es wird sicher nichts Schlimmes passiert sein, aber das muss ich mir immer und immer wieder einreden, damit ich jetzt nicht durchdrehe. 

Ich klingele nochmal und nochmal, aber sie scheint nicht da zu sein. Panisch versuche ich es nochmal auf ihrem Handy, während ich weiter voller Hoffnung an die Klingel drücke, doch diesmal geht die Mailbox früher dran. 

Was ist denn los? 

Ich versuch's nochmal, aber jetzt ist ihr Handy ganz aus. Bestimmt ist der Akku leer. 

Fuck! 

Die Einzige, die etwas wissen könnte, ist Alicia. Ich nehme wieder mein Telefon und wähle den Kontakt meiner Cousine. 

»Ciao, was ist los?«, meldet sie sich nach dem ersten Klingeln. 

»Weißt du, wo Sofia ist?« 

»Ähm, nein. Was ist passiert?« 

»Ich weiß nicht, wir waren verabredet, aber sie ist nicht da. Und ans Handy geht sie auch nicht.« 

»Komisch. Ich habe sie heute nicht gesehen. Ich hatte frei, weil ich gestern eingesprungen bin.« 

»Kannst du dich bitte melden, wenn du was hörst?« 

»Natürlich.« 

Seit mindestens zwei Stunden suche ich wie verrückt nach Sofia. In jeder Ecke, von der ich vermute, dass sie da sein könnte. Aber nein. Nirgendwo ist sie. Ich versuche es nochmal bei ihr Zuhause, aber es macht wieder keiner auf. 

Verzweifelt setze ich mich an die Treppe vor der Tür und stütze meinen Kopf in die Hände. 

»Was ist denn passiert?«, murmelte ich in mich hinein und schrecke auf, als mein Handy klingelt. 

»Alicia, hast du was von ihr gehört?« 

*****

Sofia

Zwei Stunden zuvor

Dieses laute Klingeln! Ich halte es bald nicht mehr aus! 

Zusammengerollt sitze ich auf dem Boden vor meinem Sofa und drücke mir mit den Händen die Ohren zu. Mein Körper wippt dabei vor und zurück. 

Wann hört es endlich auf? 

Mein Handy habe ich bereits ausgeschaltet, weil ich ganz sicher nicht mit ihm reden werde. 

Als es verstummt, nehme ich vorsichtig die Arme runter und wische den Wasserfall unter meinen Augen weg. Nützt natürlich wenig, denn der nächste folgt. 

Meine Augen brennen bereits und fühlen sich sehr schwer an. Seit mindestens einer Stunde kann ich mich nicht beruhigen. 

Wieso hat er das gemacht? Wieso hat er mich angelogen? Das war eindeutig die Blondine, die damals mit ihm zusammen bei Maria war. Diese eingebildete Kuh, die sich so miserabel benommen hat. Ich habe damals nichts gesagt, aber sie ist mir echt auf den Keks gegangen. Sie hat mich so herablassend angesehen. 

Und mit der ist er zusammen? Ist das sein Beuteschema? Was wollte er dann aber von mir? Ein Spielchen spielen? Sich etwas beweisen? 

Mein ganzer Körper zittert. Meine Brust zieht sich schmerzhaft zusammen. Schmerz! Dieser miese Schmerz, der mir die Kehle zuschnürt. Ich bekomme kaum noch Luft. Wie konnte es mir schon wieder passieren? Wie konnte ich mich so blind auf ihn einlassen? Diesmal bin ich auf der anderen Seite gelandet. Diesmal war ich die andere Frau. Die Frau mit welcher der Mann seine Verlobte betrogen hat. 

Hatten sich die Geliebten von Marcos auch so gefühlt? 

Wieder überkommt mich der Heulanfall. Wieder bebt mein Körper unaufhaltsam. Es tut so verdammt weh in meiner Brust. Die Erinnerungen zerreißen mein Inneres in tausend Teile. Ich rolle mich noch mehr zusammen, drücke meine Beine noch stärker an meine Brust. 

Wie soll ich mit diesem Schmerz leben? Wie soll ich das alles überstehen? 

Gefühlte Ewigkeit später beruhigt sich mein Körper ein wenig. Das Schluchzen gibt nach. Nur die warme Flüssigkeit rinnt immer wieder aus meinen Augen unkontrolliert die Wangen hinunter. 

Das stört mich aber nicht. Zumindest kann ich einigermaßen klar denken und die einzig richtige Lösung finden. 

Ich will keine Zeit mehr verlieren, also bereite ich alles vor und nehme dann schließlich mein Handy in die Hand. 

Nach dem Einschalten ploppen erstmal ein Haufen verpasste Anrufe auf, die ich absichtlich ignoriere. Nur der eine Kontakt kann mir jetzt helfen mein Leben wieder in Ordnung zu bringen. 

Das Freizeichen ertönt und gleich darauf höre ich die vertraute männliche Stimme. »Sofia?« 

»Können wir uns bitte treffen?«, schluchzte ich auf einmal wieder. Der Schmerz sitzt noch tief in mir. Doch da muss ich leider durch ... 

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847 Wörter

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