Kapitel 94
Kayden - For A Moment
Ich sitze nachdenklich im Chemieunterricht und tippe mit meinem Bleistift auf meiner Unterlippe herum, nachdem ich die Aufgaben beendet habe. Mama musste gestern Überstunden leisten, weshalb ich sie nicht fragen konnte. Zwar konnte ich die restlichen Stunden bei Ardan abschalten, aber zu Hause hatte ich wieder die verschiedensten Gedanken gehegt und gepflegt. Wie geht es ihm heute? Macht er gut in Physik mit? Natürlich macht er das. Was ist das für eine Frage? In der Pause werde ich ihn sehen können, aber dann trennen sich unsere Wege auch wieder, weil er Deutsch hat und ich eben nicht. Das stört mich, aber mich stört es ebenfalls, dass ich Kayas Blicke immer auf mir spüre - mal abgesehen von den länger anhaltenden Unterleibsschmerzen. Wenn ich mich zu anderen aus dem Kurs umdrehe, dann erwische ich ihn immer dabei, wie er mich beobachtet. Heute ist wieder eine SV-Sitzung und wir beide werden natürlich dabei sein. Wenigstens ist sie in der dritten Stunde, sodass ich kein Geschichte machen muss. Wann genau ist der Termin für sein Belastungs-EKG? Ist es eine gute Klinik mit guten Ärzten? Man weiß nie. Mama kommt heute früher, also kann ich sie diesmal wirklich fragen - hoffentlich. Zurzeit ist viel im Krankenhaus los. Mama hat von vielen Menschen berichtet, die Herzprobleme haben. Anfangs habe ich wegen Ardan nur Grünes gesehen und kaum weiß ich von seiner Herzkrankheit, höre ich so vieles über Herzen. Das ist echt nicht normal.
Ich verlasse seufzend und mit Unterleibsschmerzen den Chemieraum mit Ramzi. Würde Ardan ihm von seiner Krankheit erzählen? Immerhin hat Ramzi ihm ja auch etwas ziemlich Intimes anvertraut. "Cana?" Was zum? Ich drehe mich argwöhnisch zu Kayas Stimme um. Was will er jetzt von mir? "Gleich ist das SV-Treffen." Ich nicke mit zusammengezogenen Augenbrauen. "Weiß ich." "Auch wo?" "Im Sportbüro." "Dann können wir ja jetzt schon mal dahin." Ich schüttele den Kopf. "Wieso sollte ich zwanzig Minuten zu früh dort sein?" Er hält inne und ich laufe mit Ramzi weiter. Was sollte das jetzt? Ich sehe Ramzi mit einem spöttischen und gleichzeitig fragenden Blick an, welchen er erwidert. "Was wollte er jetzt?" "Frag mich nicht. Ich weiß es nicht", antworte ich Ramzi. Wollte er mit mir sprechen? Wenn er es jetzt nicht tun konnte, dann sicherlich, wenn wir uns auf den Weg zum Sportbüro machen. Darauf habe ich echt keine Lust. Ardan würde sich sicherlich über dieses Aufeinandertreffen ärgern. Ich will es ihm nicht erzählen, weil es ihn belasten könnte. Seit dem Schwächeanfall, den er am Wochenende gehabt haben soll, will ich ihn nicht unnötig belasten. Wir laufen in den Raum, der nie abgeschlossen wird, wo sich die anderen schon befinden. Ich lächele Ardan an, bevor Ramzi sich in seine Arme schmeißt. "Mein Held. Mein Date." "Ich freue mich auch, dich zu sehen", schmunzelt Ardan, der Ramzis Rücken tätschelt. Ich muss wieder an Kaya und seinen unnötigen Versuch denken. Was war seine genaue Intention? Ich schaue nachdenklich auf den Boden, als ich mich auf den Stuhl setze.
"Gerade hat Kaya mit Cana geredet." Ramzi, musst du das ansprechen? Ich verziehe leicht das Gesicht. "Was meinte er?", fragt Ardan direkt. Da ist sein ernster Blick. Seine Augenbrauen sind leicht zusammengezogen, er wirkt konzentriert und sein Kiefer zuckt leicht. "Er hat sie daran erinnert, dass sie ein SV-Treffen haben, hat sie gefragt, wo genau es ist und dann wollte er indirekt, dass sie jetzt mit ihm zum Sportbüro geht." Ardan schaut mich an, doch ich sehe schnell zu Yasmin rüber. Ich wollte doch gar nicht, dass er es herausfindet. Es tut ihm nicht gut. "Es ist ja vorbei", murmele ich dann. "Wenn er was in der SV-Sitzung zu dir sagt, dann gib uns Bescheid", sagt Ardan etwas abwesend. Mir wird warm, weil das eine Art Zuneigung von ihm ist und wir uns in der Öffentlichkeit befinden. Amal und Dilan grinsen schon zweideutig. "Okay?", hakt Ardan nach. Das lässt meine Körpertemperatur nur noch höher steigen. Ich werde sicherlich rot. "Ja", murmele ich verlegen. Ich tue so, als ob ich etwas in meiner Tasche suche und fische einfach meine Flasche raus, um aus ihr zu trinken. Vielleicht kühlt es mich ja irgendwie ab. Ardan spielt an seinem Silberarmband herum und fährt mit seinem Daumen über den Karabiner und das darunter eingravierte Mopsi. Wieso ist es so still hier? Sonst reden die Mädels immer so viel und so gern. "Gleich wieder Didems Stimme ertragen müssen. Das wird die Hölle!", stöhnt Yasmin genervt auf. Zum Glück bin ich ja nicht da. Ihre Stimme zu hören ist das Letzte, was ich will. Mann, diese Unterleibsschmerzen sind echt nervig!
"Es gibt voll viel Sale und ich habe totale Lust, einkaufen zu gehen. Cana, wollen wir am Freitag in die Stadt?", fragt Dilan mich. "Ja, wieso nicht? Ich habe echt viele schöne Sachen im Sale gesehen. Im Zara wurde eine rote Lederjacke reduziert und die will ich haben. Warte, ich habe ein Foto." Ich hole mein Handy aus meiner Hosentasche und zeige das Foto den Mädels. "Ja, die ist echt schön. Mit deinen Kreolen und deiner Kette würde es sehr gut harmonieren", schmunzelt Yasmin am Ende. Instinktiv fahre ich über meine Phiole und muss unwillkürlich schmunzeln. Die karminrote Lederjacke würde wirklich mit dem Schmuck harmonieren. Dann würde ich sie auf mein Lieblingsoutfit anziehen. "Jeans sind auch im Angebot", erzählt Amal. Ich stöhne auf. "Ich brauche dringend neue Jeans." Meine sind kurz vorm Reißen zwischen den Schenkeln und so etwas ist nicht gerade prickelnd im Winter. Als es klingelt, zieht sich mein Bauch zusammen. Erheben tue ich mich nicht. Ich warte noch etwas. Immerhin haben wir noch fünf Minuten, bevor der Unterricht beginnt, also muss ich Kaya nicht sofort sehen. Vielleicht ist er ja schon losgegangen. Wer weiß? Wir planen jetzt schon, wann genau wir am Freitag gehen, ehe ich mich auf den Weg ins Sportbüro mache. Gerade trete ich aus dem Raum raus, da schaue ich sofort in Kayas braunen Augen. Wieso muss er ausgerechnet hier im Flur mit seinen Freunden warten? "Cana." Ich drehe mich zu Ardans Stimme um. Er nimmt meine Hand, weshalb ich unwillkürlich zusammenzucke, und legt mir den Schlüssel für den Aufzug in die Hand. Dass er mich vor anderen so berührt, lässt mich erröten. "Dankeschön", murmele ich. Sein Blick will mir etwas sagen, doch ich kann nicht entziffern, was er mir genau sagen will.
Zögernd setze ich meine Schritte nach hinten an, kann meine Blicke aber nicht schnell von Ardan abnehmen, weil seine grünen Augen irgendetwas in sich tragen. Kaya ist schon losgelaufen - besser für mich. Ich stecke den Schlüssel ins Schloss, damit ich den Aufzug rufen kann und fahre nach unten, wo er schon auf mich wartet. Kann er nicht einfach weiterlaufen? Er hält mir die Tür auf, weshalb ich ein leises Danke von mir gebe. Es ist so verdammt komisch, dass ich neben ihm laufe. Es stört mich einfach. "Tut mir leid, dass ich in Sport so aufdringlich war", kommt es urplötzlich von ihm. Ich schaue ihn nicht an, halte aber überrascht inne. Damit hätte ich auf gar keinen Fall gerechnet. Als Antwort nicke ich einfach nur. Mir ist die Situation echt unangenehm und ich will einfach nur so schnell wie möglich in diesem Sportbüro sein, damit ich nicht mehr mit Kaya alleine bin. "Bist du mit Ardan zusammen?" "Das hat dich nichts anzugehen", antworte ich dann klar und trocken. Am Ende schnüffelt er nur für Didem. Den restlichen Weg ist er still, aber diese peinliche Stille macht mir nichts. Sie ist angenehmer, als ein Gespräch mit ihm. Wieso will er wissen, ob ich mit Ardan zusammen bin? Er und Didem hängen zwar nicht miteinander rum, aber ab und zu reden sie miteinander. Das Ganze macht mich ziemlich misstrauisch, aber ich erzähle später oder Morgen Yasmin davon und höre zu, was sie davon hält.
Kaya geht nach der langweiligen SV-Sitzung hinter die Sporthalle, um dort zu rauchen - das meinte er zu mir, auch wenn ich es nicht wissen wollte. Ich laufe durch den Trakt runter in die große Pausenhalle, wo meistens die Schüler der Sekundarstufe 1 herumlungern und sehe, wie Didem aus der Toilette kommt. Mein Herz macht kurz einen Satz, aber ich lasse mich nicht von ihr ablenken und laufe stur weiter. "Cana." Was haben heute alle mit meinem Namen? Ich drehe mich mit einem trockenen Blick zu ihr. Ihre Augenbrauen stören mich unfassbar. Wie viel Pomade hat sie da auf den zwei, drei Augenbrauenhärrchen? Sie kommt mit verhehlender Schadenfreude auf mich zu. Egal was sie auch sagt, ich lasse mir nichts anmerken. "Du und Ardan seid ja zusammen", setzt sie an, ehe sich ein perfides Lächeln auf ihre Lippen setzt. Was kommt jetzt? Mein Herz schlägt schneller, aber ich hebe dennoch spöttisch mein Kinn an, um ihr zu zeigen, wie wenig ich sie doch ernst nehme. "Ich habe unter anderem gehört, dass Ramzi in dich verliebt ist." Mein Herz rutscht mir in die Hose. Nein. Nein, das kann nicht sein! Wie hat sie das erfahren? Wie kann das sein? Dieses Miststück! "Was willst du schon wieder von mir? Hast du nichts Besseres in deinem Leben zu tun, als dich mit mir zu beschäftigen? Ist dein Leben so uninteressant?" Ich werde richtig wütend, weil sie es weiß. Was will sie mit dieser Information anfangen? Ich kann ihr alles zu trauen. Didem geht gar nicht auf meine Aussagen ein, dieses billige Miststück! Sie verschränkt eingebildet ihre Arme vor ihrer gepolsterten Brust.
"Weiß er, dass du mit Ardan zusammen bist?", fragt sie mit leichtem Spott in ihrer schiefen Stimme. Ich will sie umbringen! Mein Herz schlägt sehr schnell und mir wird ganz warm vor Aufregung. Ich zittere schon. "Das geht dich einen Scheiß an, Didem! Was willst du immer von mir?" Ich will sie am liebsten auf den Boden schubsen, aber ich beherrsche mich noch. Ihr selbstgefälliger Blick und diese zugekleisterte linke Augenbraue, die jetzt in die Höhe geht, machen es mir so schwer, ihr nicht schon wieder den BH aufzuschneiden. "Ich frag ja nur." Sie zuckt trotzig mit ihren Schultern. Ich will sie nicht darum bitten, es für sich zu behalten. Das würde sie sich sicherlich zu nutzen machen. Ich hasse dieses Weib unfassbar! "Woher willst du die ganzen Sachen eigentlich wissen?" Sie schwingt kurz ihren Kopf in leichten Bewegungen hin und her. "Wände haben Ohren. Ich weiß, dass es stimmt. Es kam von Ardan und dir selber. Wenn Ramzi das erfährt, dann glaube ich nicht, dass er noch etwas mit Ardan zu tun haben will." Das reicht mir! Ich ziehe instinktiv an ihren Haaren, sodass sie aufschreit. "Wenn du auch nur ein Wort irgendwie an jemanden erzählst, Didem, dann wirst du nicht nur von mir und seiner Schwester geschlagen, nein, ich sorge dafür, dass du endgültig von der Schule fliegst!", zische ich und ziehe wieder an ihren Haaren. Ich will sie gar nicht mehr loslassen und reiße ihre Finger von meinem Arm weg, welcher von ihren Scheißnägeln strapaziert wurde. "Nimm meine Warnung zu Herzen." Ein letztes Mal ziehe ich ganz fest an ihren Haaren, sodass ihr Kopf fast zu Boden kommt und laufe wutentbrannt aus dem Altgebäude.
Meine Hände zittern vor Wut, ich habe so viele Szenarien im Kopf, wie ich Didem verprügeln könnte, die eigentlich hinter mir sein müsste, da sie ebenfalls in den Geschichtsunterricht muss. Ich drehe mich abrupt um, woraufhin sie auf der Stelle stehenbleibt. Ich will auf sie losgehen, aber irgendetwas hält mich davon ab, sie zu schlagen. Ich bin so verdammt wütend, dass sie es in Erwägung ziehen würde, Ramzis Geheimnis weiterzusagen. Das geht niemanden etwas an! "Ich mache nichts!", kreischt sie schon fast. "Merk dir meine Worte." Ich laufe zum Aufzug, wo ich mich versuche zu beruhigen, ehe ich einsteige. Ich bin immer noch verdammt wütend und hoffe, dass ich mich beruhigt habe, bevor ich zu Ardan gehe, damit ich konzentriert lernen kann. Die Aufzugfahrt kommt mir noch kürzer vor, weil ich in Gedanken wieder bei Didem bin. Zudem bin ich auch urplötzlich im Geschichtsraum. Da sieht man, wie sehr Gedanken die Aufmerksamkeit einschränken können. Ich muss Ardan noch seinen Schlüssel geben, aber das kann ich gleich tun, wenn er in seinen drei Freistunden nach Hause geht - der Geschichtsunterricht ist sowieso gleich vorbei. Yasmin bemerkt, dass ich nicht bei mir bin, weshalb sie mir die Notizen hinüberschiebt, sodass ich mich melden und was dazu sagen kann, bevor auch dieser Unterricht endlich endet. Am liebsten würde ich mich in Ardans Arme schmeißen, als ich zu ihm in den Raum trete, um ihn seinen Schlüssel zu geben, aber ich halte mich zurück. "Alles in Ordnung?", murmelt er. Zum Glück ist Miran gerade mit anderen Schülern beschäftigt. "Erzähle ich dir später", flüstere ich. "Soll ich dir etwas mitbringen? Hast du Hunger?" Ich verneine es. "Hast du eine Binde bei dir?", flüstert er mir zu, was ich bestätige.
"Okay, dann sehen wir uns später." Ich nicke mit einem demotivierten Lächeln. Noch bevor er mich auf mein Problem ansprechen kann, gehe ich zurück in den Flur, wo ich mit Yasmin und Dilan warte. Ramzi, Miran und Amal haben Philosophie schriftlich und sind deshalb im anderen Kurs. Ramzi läuft mit Amal in den Klassenraum, aus dem Ardan tritt. Er schaut mich besorgt an, weshalb ich den Blick senke. "Was ist?", murmelt Yasmin. Dilan wird auch aufmerksam, aber ich hätte es Yasmin sowieso nicht erzählen können, weil es um Ramzi geht. Ich will mir keinen Stress machen, aber wenn ich an sein Geheimnis denke, welches Didem weitererzählen könnte und dass Ramzi dann noch herausfindet, dass ich mit Ardan zusammen bin, dann vergesse ich schon alles um mich herum, weil mich diese Gedanken so stressen. Ich spüre ein leichtes Ziehen in der Brust. An diesem Punkt muss ich aufhören mit den Gedanken. Dieses Stechen ist das Letzte, was ich gebrauchen könnte. "Schon gut", murmele ich. "Unterleibsschmerzen", füge ich noch hinzu, als ich meinen Hinterkopf seufzend gegen die Wand lehne und meine Augen schließe. Philosophie mit Kaya wird nervig, auch wenn er nicht viel sagt. Ich bin einfach nur sauer und will meine Wut irgendwie, irgendwo rauslassen. Am liebsten würde ich jetzt sofort zu Ardan, aber ich muss durch diese vier Stunden. Dass sich mein Philosophielehrer immer Zeit lässt, stört mich nicht. So haben wir weniger Unterricht und so muss ich weniger Aufmerksam sein, aber irgendwann kommt auch er leider, weshalb ich die Gedanken doch in den Hintergrund verschieben muss.
Meine Laune hat sich in den letzten Stunden ein wenig verbessert, aber ich bin trotzdem demotiviert, was Ardan bemerkt, als ich mich auf seinem Bett hinsetze. "Was ist los? Geht es dir nicht gut?" Ich drücke auf der Wärmeflasche herum, die Ardan für mich geholt hat. "Nein, das ist es nicht", murmele ich. Wenn ich wieder an diese skrupellose Didem denke, wie sie Ramzis Geheimnis ausplaudern könnte, dann habe ich sie wieder vor meinem geistigen Auge und das verprügelt auf dem Boden. "Sondern?" Ich brumme zufrieden, als er seinen Arm um mich legt und meinen Oberarm krault. "Didem ... ich bin so sauer." "Hat sie wieder etwas gegen deine Brüste gesagt?" Ich verneine seine Frage, indem ich mit meiner Zunge schnalze. "Sie weiß von Ramzis Geheimnis Bescheid", flüstere ich seufzend. "Wie?" Ardan schaut mich schockiert an. "Ich weiß nicht, wie sie es erfahren hat, aber als ich von der SV-Sitzung zurückkam, dann war sie auf den Weg zum Unterricht, hat mich gesehen und mich darauf angesprochen. Sie hat gefragt, was Ramzi davon halten würde, wenn er wüsste, dass wir zusammen sind. Ich habe ein wenig die Kontrolle verloren, sie an den Haaren gezogen und bedroht", nuschele ich am Ende. Dieses Gewalttätig-Werden kommt mir immer so fremd vor, weil ich vor Didems Existenz noch nie in so eine Situation wirklich kam. Danach zittere ich immer so. Ardan wirkt schockierter als ich. Ich bin auch eher wütend und will Didem schlagen, was Ardan niemals tun würde. "Wird sie ... ? Aber sie würde es doch nicht herumerzählen, oder?" In Ardans Stimme schwingt ein wütender Unterton, seine Augenbrauen sind zusammengezogen und seine Haltung angespannt.
"Ich hoffe für sie, dass sie still ist. Ich habe ihr schon irgendwie gedroht. Das ... es macht mich einfach sauer, je mehr ich daran denke. Ich will es Ramzi nicht erzählen, aber er muss es wissen. Was sollen wir machen? Ich will nicht, dass er traurig wird." Frustriert fahre ich mir über meine Stirn. "Hey, stress dich nicht. Wir essen später etwas, machen Mathe und irgendwann danach können wir darüber reden. Leg dich doch hin." Er schlägt mir die Decke zurück. Liegen, mit einer Wärmeflasche an meinem schmerzenden Bauch, ist gerade sehr angemessen. Sonst habe ich nie so lange Unterleibsschmerzen. Ich murre deshalb, als ich mich auf den Bauch lege. "Was ist, Mopsi?" "Schmerzen", nuschele ich. "Magst du eine Massage haben?" Eine Massage von ihm würde ich niemals ablehnen. Ich brumme nickend, woraufhin er sich auf meine Schenkel setzt und mein Oberteil hochzieht. Seine warmen Hände bringen mich ein weiteres Mal zum Brummen, als sie meinen Rücken massieren. "Bin ich zu schwer?" "Nein, alles gut", murmele ich. Er soll bloß nicht aufhören, mich zu massieren. Ich muss heute duschen, fällt mir nebenbei wieder auf. Seine Hände fahren ganz sanft hinauf, ehe sie zu meinem Bauch streifen und ich mich deshalb kichernd winde. Ardan legt seine Hände auf meinen Unterbauch, weshalb ich die Hüften anhebe und seinen Druck genieße, den seine Finger ausüben. Ich beginne ganz automatisch, meine Hüften zu kreisen. "Mopsi", warnt er mich sofort. "Was?" "Mach mich nicht gefügig, wenn ich nicht über dich herfallen darf." Ach ja, Mist! Ich vergesse immer wieder, dass er auch keinen Sex haben darf.
"Brauchst du noch etwas? Wir haben Schmerzmittel da." Das hört sich sehr verlockend an. "Wenn ich es nicht mehr aushalte, dann greife ich darauf zurück." "Sind es wirklich wie Messerstiche?" Sein Interesse belustigt mich. "Nein, bei mir zumindest nicht. Der Schmerz erinnert mich eher an das Ziehen in den Schenkeln, wenn man sich dehnt, aber nur dumpfer und im Unterbauch." "Und wie lange hast du deine Periode schon?" "Nicht so lange. Zwei Jahre vielleicht?" Ich brumme wieder, als er irgendeinen Punkt an meinem Rücken trifft. "Ich habe mir das schon immer vorgestellt, wie ich meine Freundin massiere oder irgendwie anders verwöhne", murmelt er. "Machst du gut." Immerhin weiß er, wie er mich verwöhnt. "Wie war die SV?" "Langweilig. Kaya hat sich bei mir entschuldigt." Ich bemerke, dass ihm das nicht gefällt, dadurch, dass er mich etwas fester massiert. "Sonst noch was?" "Er hat gefragt, ob wir zusammen sind, woraufhin ich abgeblockt habe, aber mehr war da auch nicht." "Kann ich mir dein Handy nehmen?" Wieso das denn jetzt? "Ich schreibe nicht mit ihm." "Nicht deshalb. Ich will mir die Jacke anschauen, von der du heute geredet hast." Ach so, na dann. Ich nicke und dann nimmt er es mir aus der hinteren Hosentasche und entsperrt es. "Hast du die Artikelnummer der Lederjacke, die du haben magst?" Was? Ich ziehe skeptisch meine Augenbrauen zusammen, bevor ich mich so gut es geht zu ihm drehe. "Wieso brauchst du die Artikelnummer?" Ardan zuckt mit seinen Schultern und schaut wieder auf mein Handy. "Du findest sie doch schön. Welche Größe trägst du?" Verstehe ich das richtig? "Willst du sie mir kaufen?" Verlegen lächelt er und nickt. Ich schüttele den Kopf. "Nein!"
Durch meine rüttelnden Hüften, hebt er seine an, damit ich mich auf den Rücken drehen kann. "Wieso?" "Warum sollst du sie mir kaufen?" Ich setze mich auf. Wie kommt er jetzt auf diese Idee? "Wieso denn nicht? Das ist doch eine kleine Aufmerksamkeit." Seine Finger zwirbeln an seinem Silberarmband herum. Ardan wirkt gerade so ungeduldig. "Eine Blume wäre eine kleine Aufmerksamkeit oder Schokobons, aber so eine Jacke, die mehr als zwanzig Euro kostet?" "Ich habe dir zum Geburtstag doch auch diese Kette geschenkt." "Das war aber keine kleine Aufmerksamkeit." Wieso stört es ihn so sehr, dass ich sie mir selber kaufen will? Er schaut nachdenklich zur Seite. Sein Kiefer zuckt leicht, was seine Unruhe nur deutlicher macht. Er tippt einige Male auf meinem Handy herum und steht danach auf, um sein Portmonee hervorzuholen. Ich rutsche schon auf die andere Seite seines Bettes, als er mir zwanzig Euro hinhält. Nicht schon wieder! "Wir hatten diese Sache schon, Ardan." "Nimm es, Cana." "Nein!" "Widersprich mir nicht!", zischt er mich schon fast an. Sein Ton lässt meine Augen weiten. Was ist los mit ihm? "Hör auf damit, Ardan!" Wie gestresst er wirkt, als er lauter ausatmet. "Ich muss dich doch irgendwie bei mir behalten!", schreit er. Ich erstarre. Was meint er? Ardan schmeißt Geld und Portmonee auf den Boden, ehe er sich seine Haare rauft. Mein Herz schlägt schneller, als ich bemerke, wie er in einen inneren Konflikt gerät. Mit Geld will er mich bei sich behalten? Wie kommt er auf diesen Gedanken? Ich bin so verwirrt, dass ich eine Mischung aus verschiedenen Gefühlen fühle, wobei immer ein Gefühl im Wechsel für wenige Sekunden dominiert.
Ich bewege mich zögernd auf ihn zu, weiß nicht, wie er reagieren wird, wenn ich ihn berühren werde. "A-ardan?" Er darf sein Herz doch nicht belasten. Kein Stress, er darf sich nicht stressen. Ein frustrierter Seufzer kommt von ihm, als er sich über sein Gesicht fährt. Ich lege meine Hand vorsichtig auf seinen Rücken. "Komm, setz dich." Er lässt sich von mir auf sein Bett führen. Kaum sitzt er, palmiert er seine Augen. Sein Bein wippt vor Unruhe. Was geht in ihm vor sich? Ich fahre in großen Kreisen über seinen Rücken, in der Hoffnung, dass er sich entspannt. "Wieso fürchtest du dich so, Ardan?", frage ich sanft. Es gibt nichts, wovor er sich bei mir fürchten muss. Er schweigt noch. Wenn er sich bereit fühlt, dann soll er reden. Ich schlage vor, dass wir uns hinlegen, was wir dann auch tun. Ardan vergräbt sein Gesicht in meiner Halsbeuge, wo es augenblicklich zu prickeln beginnt. Ich schließe anschließend meine Arme um ihn, kraule Kopf und Rücken. "Ich will nicht, dass du mich verlässt", flüstert er. Ich seufze kaum vernehmbar. "Wieso sollte ich das tun?" "Ich weiß es nicht." "Liegt es an deinem gebrochenen Selbstwertgefühl?" Er hält inne, nickt am Ende aber. Seufzend drücke ich ihn fester an mich. "Es wird schon wieder, Ardan. Lass dich nicht von den Sorgen zerstören. Ich bleibe und bestehe nicht auf dein Geld." "Das ist mir oft bewusst, aber manchmal verunsichert mich irgendetwas in mir." "Wie kommt es zu dieser Verunsicherung?", möchte ich besorgt wissen. Wie kann ich ihm nur helfen? Er lacht schnaubend auf. "Der Grund ist ziemlich lächerlich." "Was ist es denn?" Um mir zu signalisieren, dass er nicht weiter darüber reden will, schüttelt er den Kopf. Ich seufze ergebend.
Die Geduld wird mir die Tore zu seinem Herzen öffnen.
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