Kapitel 8
Lauv - Enemies
Wenn man weiß, dass gleich zwei Stunden Geschichte auf einen warten, überlegt man es sich zweimal, ob man aufsteht oder nicht. Aber ich sehe es positiv - ein wenig -, denn im Gegensatz zu Dilan, Yasmin und Amal, habe ich mittwochs - generell nie - in den ersten beiden Mathe. Das wäre viel zu schlimm für mich. Morgen beginnt der September, den ich nicht will, weil ich so dem Winter immer näherkomme. Na ja, fliehen kann ich vor natürlichen Dingen leider nicht. Angezogen und mit geputzten Zähnen laufe ich nach unten, bereite mir Kelloggs zu und scrolle auf meinem Handy herum. Heute habe ich zwei Stunden Sport und davor noch zwei Stunden Chemie. In beiden Kursen ist Didem, das Miststück. Seufzend verdrehe ich meine Augen. Ich bin heute echt demotiviert - fällt mir gerade so auf. Ich will die acht Stunden einfach totschlagen und mich ins Bett legen. Das Gute ist, dass meine Mathelehrerin bis jetzt keine Hausaufgaben aufgegeben hat - vielleicht bleibt das so für immer. Die Schüssel lege ich in die Spüle und setze mich ins Wohnzimmer, warte, bis Adam und Aiman fertig sind und werde dann zur Schule gefahren. "Ich habe keinen Bock auf diese Klausuren", seufzt Adam. "Junge, wenn ich wieder an diese Frau in Englisch denken muss, will ich wieder abbrechen." Ich schmunzele. Englisch ist doch zu einfach. "Egal, bald sind wir in Spanien." Beide machen Ottergeräusche und scheinen sich auf ihre Abifahrt zu freuen. "Erstmal paar Spanierinnen klären", grinst Adam. Ich räuspere mich. "Vergesst Mamas Tests nicht." Und sofort murren beide, weshalb ich lachen muss.
Ich steige mit beiden aus dem Auto und laufe auf den Hof. Ramzi, Yasmin, Elyas, Dilan und Miran sitzen schon da. Fehlt nur noch Amal. Da ist auch er ... Ardan. Ich fühle mich so müde. Seufzend steige ich die Treppen hoch und lasse mich auf denselben Platz nieder, wo ich gestern auch saß und mir den dummen Kommentar von Didem anhören musste. Dieses Miststück. "Na, Cana? Motiviert und bereit für den Geschichtsunterricht?", fragt Ramzi, der sich euphorisch die Hände reibt und mir gegen die Stirn haut. "Auf jeden Fall", murmele ich. Ardan ignoriere ich so gut es geht und seufze. "Was ist los?", will Dilan wissen. Ich winke ab. "Müde." Zwei Stunden Geschichte können ja echt mal was werden. Die Tür wird unten aufgeschlossen. Wir begeben uns hinein und warten, bis wir in unsere Räume dürfen. Amal tritt jetzt zu uns und läuft mit dem Rest, außer Ramzi und Ardan, eine Etage höher, weil sie jetzt zwei Stunden Biologie haben. Ich lehne mich gegen die Wand und muss die Luft tief einziehen, wieso auch immer. Liegt es an der stickigen Luft hier im kleinen Flur, durch die ganzen Menschen oder an Ardans tollem Duft? "Ardan", säuselt Didem. Nicht die auch noch. Ich schließe meine Augen, mache mich bereit für einen möglichen Angriff. Sie sagt irgendetwas auf Türkisch. Keine Ahnung, was es sein soll. Vielleicht lästert sie ja gerade vor meinem Gesicht, vielleicht will sie auch nur etwas wissen. Na ja, ich weiß es nicht. Aber ich weiß jetzt, dass Ardan Türke ist. Ich wusste gar nicht, dass es diesen Namen und diesen Nachnamen auch im Türkischen gibt. Aber jetzt bin ich schlauer geworden. Ardan ignoriert ihre Aussage nur und schaut weiter durch die Gegend. Ich muss schmunzeln.
"Was lachst du jetzt?", faucht Didem. Sofort erwache ich aus meiner Müdigkeit und stütze mich schnell von der Wand ab. "Was interessiert dich das? Willst du etwas dagegen unternehmen?", fauche ich wütend und schubse sie unwillkürlich. Sie schaut mich empört an. Das ... ich wollte doch keinen Streit. Ich zittere jetzt schon vom ganzen Adrenalin. Habe ich das jetzt wirklich getan? "Ey, nerv woanders weiter, los", blafft Ramzi sie an und stellt sich leicht zwischen uns. Didem schaut eingebildet und unsere Mitschüler neugierig. Ich habe diesmal viele Schritte aufeinander gemacht, obwohl ich nie wirklich gewaltbereit war. War doch schon gewalttätig? Ich habe sie geschubst, aber es war ein Impuls. Ich konnte es nicht steuern. Ich hätte nicht gedacht, dass ich sowas machen würde. Wenigstens bin ich wach und das Miststück weg. Ich darf doch wohl lachen, also bitte. Das werde ich Mama erzählen, die dann freudig tanzen wird. Ich schaue zu Ramzi, der sofort zurückspringt und sich wie ein Boxer positioniert. "Komm, versuch es doch." Seine linke Faust zieht sich vor und zurück, genau wie seine Rechte. "Links, rechts, links, recht. Cana Tyson, Sie haben keine Chance. Komm, los, trau dich doch." Ein Schmunzeln umspielt meine Lippen, ehe ich ihm auf den Kopf haue und er gespielt in Ohnmacht fällt. Lachend drehe ich mich um und spitze meine Lippen. Ardan erwidert mein Lächeln, was mich sofort mitlächeln lässt. Oh Gott, wieso habe ich mich umgedreht?
"Okay", seufzt Ramzi erschöpft, der seinen Arm um mich legt. "Sei mein Meister, Meister." Ich lege belustigt meinen Arm um ihn und mache meiner Geschichtslehrerin Platz, damit sie die Tür aufschließen kann. Was Didem wohl zu Ardan gesagt hat? Ich will ihn nicht fragen, auch wenn ich neugierig bin. Egal, ich muss mich halbwegs auf Geschichte und die Germanen konzentrieren. Ich sitze am Fenster und freue mich, dass neben mir auch die Heizung ist, an die ich mich im Winter kuscheln werde. Wieso hat Ardan das Miststück ignoriert? Nicht, dass ich mir anderes gewünscht hätte, aber ich will seine Gedanken dazu gerne erfahren. Ramzi sitzt neben mir und neben ihm Ardan. Wie es wohl wäre, wenn ich einfach in der Mitte sitzen würde? Okay, das wäre zu banal. Das macht ja keinen Unterschied, wo ich sitze. Aber genug davon, ich muss mich konzentrieren. Zum Glück vergehen diese zwei Stunden schnell, weil ich gut mitgearbeitet habe. "Cana, wann sollen wir ein Date haben?" Ich zucke schmunzelnd mit meinen Schultern. "Willst du mich erst, wenn ich richtige Muskeln habe? Bist du so oberflächlich?" Ramzi schluchzt und schmeißt sich an Ardan, der ihn verdutzt hält. Seine Arme ... sie kommen in diesem weißen Oberteil so schön zur Geltung. Seine Muskeln sind zwar nicht wahnsinnig ausgeprägt, aber die Oberarme haben schon etwas an sich. "Ardan, liebst du mich?" Hach, Ramzi. "Klar, wenn du darauf bestehst." Ardan lächelt und tätschelt seinen Kopf. Ramzis Blick wird lüstern und er bewegt seine Hand langsam über Ardans Bauch. Oh Gott, ich schaue schnell weg und sehe zur Treppe, wo die anderen runterkommen.
"Ich habe Didem geschubst", erzähle ich und kriege sofort die neugierigen Blicke der Mädchen ab. "Das hast du sehr gut gemacht. Ich will alles wissen", fordert Yasmin. Ich gebe ihr und den anderen ein Zeichen, dass ich es gleich tue und laufe mit ihnen in die Mensa, nachdem wir uns etwas zu essen geholt haben. "Sie hat Ardan halt angesprochen und er hat nicht geantwortet", gebe ich leise von mir, weil ich nicht will, dass die Aufmerksamkeit der Jungs - vor allem Ardan - zu mir gelenkt wird. "Und dann?", hakt Amal nach. "Dann habe ich geschmunzelt, weil ich das so lustig fand und sie hat gestresst und wollte wissen, wieso ich lache. Dann habe ich zurückgepöbelt und sie geschubst, aber das war aus Versehen." Ich kann es mir nicht erklären. Es war einfach ein Mechanismus. Schulterzuckend spiele ich an meinem Armband herum. "Wollt ihr?" Ardan hält uns Schokobons hin. Ich finde das unglaublich süß und ich kann es mir nicht erklären. Ich nehme mir eins und bedanke mich. "Ich habe auch Schokobons, nur in größer", grinst Ramzi, der von Miran einen Schlag auf den Hinterkopf bekommt. "Die will ich sehen", raunt Adam, der sich mit Aiman zu uns an den Tisch setzt. Oh Gott, die beiden sind doch gestört. Ich entferne die Folie vom Schokobon und genieße ihn sehr, obwohl es nicht das erste Mal ist, dass ich diese Süßigkeit essen darf. Dieser Junge hat etwas an sich, was ihn verdammt niedlich macht. Ich weiß nicht, was es ist, aber er ist verdammt süß. Er macht nur eine kleine Geste und schon finde ich es süß und kriege manchmal sogar Mitleid.
Der Sportunterricht ist wie immer anstrengend. Seufzend mache ich eine Pause und hebe die Arme an, weil ich Seitenstiche habe. Ich gehe ganz entspannt, versuche meine Atmung zu regulieren und sehe wieder auf Didems Brüste, die einfach nicht wackeln wollen. Push-up-Bitch. Eigentlich ist an gepolsterten BHs nichts verwerflich, nur macht es die Person verwerflich, die über andere Brüste lacht. "Ihre Brüste ersticken bestimmt. Die Kissen saugen den ganzen Schweiß auf", spottet Yasmin, die neben mir läuft. Dilan und Amal sind noch ganz motiviert dabei zu laufen. Meine Arme nehme ich runter und schmunzele. "Die Stufenfahrt wird bestimmt interessant. Abgesehen von dir und Ardan, da ihr euch schön ein Zimmerchen teilen werdet." Ich ziehe empört die Luft ein und gebe ihr einen Klaps. "Geh du doch mit ihm auf ein Zimmer." "Wer geht mit wem hier auf ein Zimmer?", will Ramzi prüfend wissen, den wir schubsen und weitergehen. "Ich finde euch echt süß. Wir haben immer noch keinen passenden Namen für euch. Es sind so verdammt viele und mir sind letztens noch mehr Variationen eingefallen", erzählt sie mir. "Behalt sie bei dir. Ich will sie nicht hören." Ardan läuft an uns vorbei, oje. Hoffentlich hat er nichts gehört, sonst wäre das sehr peinlich. Dilans kurdischen Äußerungen kann er aber zum Glück nicht verstehen, denn das wäre eine Schippe peinlicher. Dilan hält sich oft nicht zurück, aber das ist ja kein Problem mehr. "Mädels! Los, hop, hop!", ruft Herr Rinke, woraufhin wir quengelnd zu laufen beginnen.
Schwitzend sprühe ich mich ein und gebe mein Deospray an Dilan weiter. Mein kleines Säckchen hole ich aus meinem BH hervor und binde mir mein Bettelarmband wieder drum. Gleich kann ich einfach in meinem Bett liegen und entspannen. Meine Hose ziehe ich mir über meine leicht schwitzigen Beine und springe etwas, damit die Hose über meinen Po kommt. "Fettarsch", kommentiert Amal. Belustigt drehe ich mich zu ihr und kann mir einen Spruch nicht verkneifen. "Kein Push-up." Wir fangen an zu lachen. Der musste sein. "Könntest du obenrum gebrauchen", schnaubt Didem. Ich schaue sie trocken an. Heute können mir ihre Worte nichts an. Ich glaube, Mama ist mental bei mir. "Du kannst mir ja einen deiner BHs geben", gebe ich hochmütig von mir. Didem schaut mich finster an und kommt langsam auf mich zu. Ich lasse mich nicht einschüchtern und nähere mich ihr ebenfalls. Miststück, du kannst mir nichts! Einige Mädchen stellen sich zwischen uns und ziehen uns vorsichtig zurück. "Im Gegensatz zu dir habe ich schon so große Brüste, Flachland. Kannst lange darauf warten, bis jemand dich will", faucht sie und verschwindet aus der Kabine mit ihren zwei Kötern. In mir zieht es sich leicht zusammen. Flachland ... hmm. Ich binde mir die Haare zu einem Zopf, ignoriere die Beleidigungen meiner Freundinnen und gehe mit einem einfachen Ciao. Flachland. Als ob sie größere Brüste hat! Ich atme tief durch. Nein, gerade war ich noch super selbstbewusst und unerschütterlich. Dieses beschissene Wort kann mir nichts an! Bedrückt laufe ich raus und rempele aus Versehen Ardan an, bei dem ich mich trocken entschuldige und mich auf einen der großen Steine setze, bis Amir mich abholt.
Dieses Miststück, argh! Ich ärgere mich über mich selber, weil ich zugelassen habe, dass mich dieses bescheuerte Wort irgendwie angreift. Und ich wollte es heute noch stolz Mama erzählen. Wieso bin ich nicht so kalt wie Mama, was sowas angeht? Wieso habe ich so viel ihrer Sensibilität? Ich spiele mit leicht hervorstechender Unterlippe an meinen Anhängern herum, bis vor meiner Nase ein Schokobon schwebt. Ich hebe den Blick an und schaue in Ardans warme Augen. "Etwas zu essen tut bei Frust doch immer gut oder?" Ich nehme zögernd den Schokobon an und esse ihn. "Du kamst mir traurig vor. Magst du reden?" Ich schüttele den Kopf. Mit einem Jungen rede ich ganz sicherlich nicht über dieses Problem. "War es zwischen dir und Didem?" "Das ist doch scheißegal", fauche ich und sehe ihn wütend an, weil mich Didem so wütend macht. Er weicht leicht zurück und verzieht zweimal leicht das Gesicht. Seine Brust hebt sich leicht. "Ich wollte doch nur helfen", gibt er leicht wütend von sich. Oh nein. "Nicht einmal hier kann man angenommen werden", faucht er leise und dreht sich um. Scheiße! "Ardan!", rufe ich, doch er steigt ins Auto. Das wird mir zu viel. Ich wollte ihn nicht anherrschen, aber ich bin so wütend und aufgewühlt. Das Unterdrückte kommt hoch und dass ausgerechnet jetzt Amir kommt, macht es nicht besser. Ich steige hinten ein und versuche den Druck im Nacken zu mindern. "Hey, was ist los?" Ich antworte nicht, sondern wische mir die aufkommenden Tränen weg. Erst kommt diese eingebildete Schlampe und jetzt habe ich Ardan ohne Grund verletzt, obwohl er mir nur helfen wollte. "Cana?" "Fahr einfach", blaffe ich leicht brüchig und atme tief durch.
"Hey, willst du etwas essen gehen?", fragt er mich sanft. Ich schüttele den Kopf und schnalle mich an. "Ich will einfach nur nach Hause", flüstere ich und schniefe. "Cana, was ist passiert?" "Amir, bitte. Ich will einfach nur schlafen." Frustriert seufze ich und kriege Schuldgefühle, weil sein verletzter Blick vor meinem geistigen Auge erscheint. Ich will mich bei ihm entschuldigen. Amir seufzt und fährt los. Die Fahrt über versuche ich mein Schniefen leise wie möglich zu machen und wische mir die Nase und die Augen an meinen Ärmeln sauber. Schnell steige ich aus und schließe die Tür auf. Als würde ich mich nicht schlecht genug fühlen, höre ich meine Eltern streiten. "Du wirst es nicht machen, Can. Ende der Diskussion!" Mama ist total aufgebracht. Ich will mich eigentlich hinlegen, doch ich wische mir meine Augen ganz trocken und lehne mich an die Wand, damit ich ein wenig sehen kann. "Shana, daran ist nichts verwerflich", faucht Baba, was Mama künstlich lachen lässt. "Nichts verwerflich? Daran ist nichts verwerflich? Erinnerst du dich nicht mehr an die Vergangenheit, Can?" Baba schaut schnaubend zur Seite. "Wie könnte man diese Aktion auch vergessen?" Mamas Ton ist sarkastisch. Was ist los? Ich spüre Amir neben mir, der ebenfalls zuschauen will. "Der scheiß ist über zwanzig Jahre her!" "Und wenn er schon über hundert Jahre her ist! Du. Wirst. Keinen. Gottverdammten. Schein machen, Can! Ich will keine Erinnerungen hervorrufen, ich will diesen Scheiß weder sehen noch hören. Du hast damals meine Konsequenz zu spüren bekommen, Can. Unterschätze mich nicht." Baba geht sofort einen Schritt zurück. "Was ist das Problem?", flüstere ich zu Amir.
Sofort schauen beide zu uns. Na toll, wir wurden ertappt. Mamas Blick sagt, dass es gerade kein guter Zeitpunkt ist. "Geht auf eure Zimmer und lauscht nie wieder", kommt es kalt von ihr. Und das versetzt mir einen Stich. Tyson und Rocky kommen zu mir, die ich mit auf mein Zimmer nehme und sie ordentlich durchknuddele. Mein Gefühlschaos ist wieder da und damit auch Ardan. Didem schiebe ich direkt beiseite, weil mir Ardan mehr am Herzen liegt. Rocky bemerkt meine Trauer und nimmt meine Hand in seinen Mund, um mich in den Garten zu führen. Ich habe ein wenig Angst, weil da gerade eben noch gestritten wurde. Langsam gehen ich und die Hunde die Treppen hinunter und rennen schon fast zum Garten, wo Rocky mich zu seinem Platz neben Asmans Grab bringt. Oh nein, das macht mich noch sensibler. Rocky steckt seine Schnauze immer in sein kleines, gebuddeltes Loch neben dem Grab meines Bruders, wenn er traurig ist. Meine Hand legt er dort hinein und schmiegt sich an mich. "Oh Rocky", flüstere ich heiser und drücke meinen Hund. Das ruft mir die Tränen hervor, die ich stumm rauslasse. Ich will mich bei Ardan entschuldigen und die Worte von Didem vergessen. Im Gegensatz zu dir habe ich schon so große Brüste, Flachland. Kannst lange darauf warten, bis jemand dich will. Ich wische mir meine Tränen weg und atme tief durch. Kommt es denn wirklich nur auf die Körperproportionen an? Ich habe Bilder von Mama gesehen und sie ... sie hatte auch da schöne Brüste. Tyson legt brummend seinen Kopf auf meinen. Diese Wärme fühlt sich so gut an.
"Cana?" Ich will nicht, dass Mama mich so sieht. "Cana, was ist passiert?" Ich schüttele den Kopf und drücke mich sofort an sie, als sie ihre Arme um mich legt. Mein Bauch bebt vor Trauer. "Sag mir, was die Schlampe gemacht hat", kommt es total sanft - das komplette Gegenteil von gerade - von ihr. "Es regt mich so auf, dass es mich mitnimmt", flüstere ich schniefend. Summend fährt sie über meinen Kopf und lehnt sich an den Zaun. "Musst du nicht arbeiten?", schniefe ich. "Ich habe neue Arbeitszeiten, aber das ist gerade nicht von Relevanz." Sie küsst meinen Scheitel und krault meine Kopfhaut. "Cana, so kann das nicht weitergehen. Ich rufe an deiner Schule an, denn ich dulde dieses infantile Verhalten nicht." Ich atme tief durch. "Aber ich will damit klarkommen." "Brauchst du nicht, Cana. Die Phase deines Selbstbewusstseins wird schon kommen, es dauert halt ein wenig länger bei dir. Ich werde mit deinem Vater sprechen, wenn wir uns wieder ausgesöhnt haben." "Wieso habt ihr euch gestritten?" Mama seufzt. "Er hat eine Wunde aufgemacht, die eigentlich für immer verschlossen sein sollte", flüstert sie. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sich die beiden so stark gestritten haben müssen in der Vergangenheit. Klar gab es oft Diskussionen, aber es muss wohl etwas sehr Schlimmes und Tiefes sein. "Cana, was hat sie heute gemacht?" "Nichts Neues, eigentlich. Ich war heute total anders. Ich habe sie geschubst, nachdem sie mich angepöbelt hat." "Das hast du sehr gut gemacht, mein Schatz. Hättest du ihr noch in den Kehlkopf geschlagen, wäre es noch besser." Aufmunternd drückt sie mich und streichelt Tyson. "Wieso beschützt du meine Tochter nicht, huh? Wozu haben wir dich?" Tyson hechelt und drückt sich an Mama, die freudig quietscht. "Ich verzeihe dir und auf dich bin ich stolz, Cana." Ich lächele leicht, muss trotzdem an Ardan denken. Wie soll ich mich morgen bei ihm entschuldigen? Ich spitze meine Lippen. Mir wird schon irgendetwas einfallen.
In der Küche ist es still. Baba sitzt ruhig am Tisch und Mama schaut ihn immer wieder an, während sie am Herd ist. Ich weiß, dass beide Zuneigung suchen. Ich gucke in Babas Augen, die echt schön sind. Wieso kommen mir dann meine nicht so vor? Meine sind ein wenig dunkler und Baba hat mehr graue Sprenkel. Seufzend lässt Mama den Löffel liegen und läuft auf Baba zu. Ihren Arm legt sie um ihn, platziert ihre Hände auf seiner Brust und legt ihren Kopf in seine Halsbeuge. Das Bild rührt mich. Baba seufzt und entspannt sich. Seine Hände fahren über ihre und diese liebliche Geste ruft das Verlangen nach genau demselben in mir auf. Das sieht so wunderschön aus. "Nicht sauer sein", murmelt sie, was Baba brummen lässt. "Ist ja süß", kommentiert Adam, der in die Küche tritt. Mama gibt Baba schmunzelnd einen Kuss auf die Wange und legt das Essen auf den Tisch. Wenigstens ist eine Last nun fort. Leicht unsicher sieht sie mich an und deutet auf Baba. Oje, ich weiß nicht, wie er reagieren wird. Trotzdem nicke ich. Mama räuspert sich langsam. "Can ... es gibt ein kleines Problem an der Schule." Sie legt die Gläser auf den Tisch und schaut ihn vorsichtig an. Irgendwie fühle ich mich unwohl. "Kann gar nicht sein. Die Kinder sind für den Freitag bis Dienstag freigestellt." "Das meine ich nicht. Cana ... da ist ein Mädchen, die Cana nicht in Ruhe lässt." Baba spannt sofort seinen Kiefer an und schaut zu Mama. "Wer?", knurrt er. Oje, Baba wird wieder zum Löwen. "Wer?", ruft er schon fast. "Ich weiß es nicht." Sofort schaut er zu mir. Sein Blick macht mir Angst, was er bemerkt und sofort weicher guckt. "Wer, Cana?", fragt er sanft. Ich räuspere mich. "Eine Didem." Er schnaubt und wird wieder wütend. "Was will die? Ich fick ihre ganze Familie!" "Nana, mein Großer", tadelt Mama. Baba steht auf und läuft aufgebracht ins Schlafzimmer. Was ist jetzt los? Seufzend fährt sich Mama über die Stirn und sagt uns, dass wir schon mal essen sollen. Sein Verhalten erinnert mich ein wenig an das von Ardan heute. Ardan wirke so verletzt.
Was verstecken seine grünen Augen vor mir?
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Tut mir einen gefallen und spoilert hier nicht, was Can und Shana angeht. Wie sie sich manchmal zum Beispiel aufgrund gewisser Dinge verhalten.
- Helo
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