Kapitel 60

Ella Mai - Naked

So sehr ich auch nicht an Ardan und den Streit denken wollte, so sehr habe ich es getan. Es kam mir immer und immer wieder in den Sinn. Ich wurde immer wieder wütend, habe alles um mich herum vergessen und mir neue Szenarien dazu ausgemalt. Ich bin oft kurz davor gewesen, ihm zu schreiben, meinen Senf dazuzugeben oder ihn anzurufen, aber immer wieder hat mich mein Stolz zurückgehalten. Wann werden wir wieder miteinander reden? Muss ich mich zuerst melden? Wieso macht er es nicht? Ich will jetzt schon wieder zu ihm, aber seine Abweisung sitzt immer noch tief. Da bin ich nachtragend. Wie geht es ihm seitdem? Ich hoffe nur, dass es nicht auf seine Psyche geht. Ramzi ist auch wieder zurück. Gestern war er den ganzen Tag bei Miran. Yasmin stößt mir unauffällig in die Seite, da sie bemerkt, dass ich immer noch an Ardan denke. Hoffentlich fällt es nicht den anderen auf. "Sollen wir heute was unternehmen?", fragt Ramzi, nachdem er seine Kelloggs-Milch aus seiner Schüssel getrunken hat. "Was denn?", will Dilan wissen. "Keine Ahnung. Wir könnten bei uns im Garten chillen oder bei wem anders. Ardan hat auch Lust drauf." Oje. Mein Magen bildet einen Knoten. So schnell wollte ich ihn nicht wiedersehen. Ob er das geplant hat? Er weiß doch, dass ich die Tage bei Yasmin übernachte. "Wir können zu Ardan, bei ihm ist es komplett frei", schlägt Ramzi vor. Ich will widersprechen, aber was soll ich als Grund nehmen? Ich will nicht zu ihm, das kann er vergessen!

"Ich habe echt keine Lust zu laufen." Ramzi schnalzt dramatisch mit seiner Zunge. "Das Leben ist kein Ponyhof, junge Dame." "Ich verzichte gerne auf den Ponyhof", schmunzele ich. "Wir gehen zu Ardan." Hat Yasmin das jetzt gerade wirklich gesagt? Was soll das? Was hat sie vor? "Ja, ich habe Ardan ziemlich vermisst", grinst Dilan. Na, wenn Adam das mitbekommt. Und wieso guckt sie so breit grinsend? "Was?", frage ich sie. Sie summt nur dümmlich das kurdische Wort für Penis unverständlich. Das ist gerade das Letzte, was ich von ihm will ... glaube ich. Ach, was rede ich da? Aber man kann es ja anders sehen. Lieber habe ich seinen Klotz bei mir als seine dummen Aussagen. Mann, ich will nicht zu Ardan! Trotzig lege ich meine Schüssel und mein Glas in die Spüle und lege mich oben auf meine Matratze. Hat er mir geschrieben? Nein. Sein Status ist aber immer noch derselbe. Die kleine Blume gehört nun meinem Schutz an. Ich verkneife mir meine nachtragenden Kommentare lieber. Sein Profilbild ist immer noch das mit dem schwarzen Hemd und dem Apfel in der Hand. Er sieht so gut aus. Ein gut aussehendes Arschloch ist er. Wieso meldet er sich nicht? Ich murre unzufrieden. Ich habe ihn immer noch nicht auf Instagram angenommen und ganz aus dem Prinzip der Abweisung, lehne ich seine Anfrage ab. Die Mädels kommen wieder hoch, also verlasse ich Ardans Instagramseite lieber schnell. "Freust du dich schon auf Ardan?", grinst Dilan. "Nein." Ich drehe mein Gesicht zum Kissen. "Aber du freust dich sehr. Das sollte ich Adam mal erzählen."

"Ja, vielleicht bestraft er mich dann." Oh. Gott. Wieso dreht sich heute alles um Ardan? Seine unterdrückte Dominanz kommt mir wieder in den Sinn. "Du bist widerlich." Mit gerümpfter Nase sehe ich in ihre glänzenden, blauen-grünen Augen. "Oh ja und wie", schnurrt sie. Ich will nichts über die Intimitäten meines Bruders und Dilan wissen. Das will ich noch weniger mitbekommen, als ich Ardan sehen will. Ich quengele unzufrieden. Ich habe echt keine Lust, zu Ardan zu gehen! Und dann ist noch Ramzi dabei, der überhaupt nicht weiß, was los ist. Er liebt Ardan und er liebt mich und ich liebe Ardan und Ardan liebt mich. Na toll! "Er hat bald Geburtstag. Cana, was kann ich deinem Bruder schenken?" Ardan hat auch bald Geburtstag. Ich muss ihm die Dinge kaufen, die ich mir für ihn überlegt habe, jedoch habe ich das Bedürfnis, ihm noch mehr zu kaufen. Baba hat auch noch Geburtstag. "Schenk ihm doch deinen Körper", lacht Amal, die bei Yasmin einschlägt. Statt wie ich das Gesicht zu verziehen oder irgendwie abzulehnen, fährt sich Dilan über ihren imaginären Bart. "Das wäre ein gutes Geschenk. Aber was soll er mir dann schenken, wenn ich ihm etwas so Unbezahlbares schenke?" Wir beginnen zu prusten. "Er hat nicht umsonst zwei Hände." "Oh Gott, Yasmin!" Ich halte mir die Ohren zu. "Es ist immer noch mein Bruder!" "Ich muss ehrlich zugeben, dass du hübsche Brüder hast", meldet sich Yasmin wieder. "Willst du neben Dilan ebenfalls meine Schwägerin werden?", spotte ich. Jetzt fährt sie sich auch über ihren imaginären Bart! "Ich nehme einen deiner Brüder und du nimmst Ramzi."

Oh. Das war echt nicht passend. Gott sei Dank ist Ramzi nicht hier, dass er es mitbekommen könnte. Ich lasse mir nichts anmerken, ziehe nur eine Fratze und will dann mit meinem Bettelarmband spielen, als mir wieder einfällt, dass es bei Ardan ist! Dann spiele ich halt an seinem Lederarmband herum. "Wann gehen wir zu Canas Zukünftigen?", will Amal wissen. "So um 13:00 Uhr oder so?", antwortet Yasmin. Ich spüre ein leichtes Kribbeln im Bauch, wenn ich wieder daran denke, dass wir zu ihm gehen. Wieso muss Ramzi ihn ausgerechnet jetzt anschreiben? Wann soll ich es Ramzi erzählen? Ich muss es ihm unter vier Augen erzählen, aber ich bin noch nicht mutig genug. Es könnte Freundschaften kosten. Ich will nicht, dass Ramzi wütend auf Ardan wird, aber Ardan weiß doch gar nicht, dass Ramzi mich liebt. Oder weiß er es? Ich weiß es nicht. Aber hätte Ramzi ihm dann nicht die ganze Geschichte erzählt? Es wäre zu riskant, Ardan zu fragen. Ich kann niemanden fragen, außer Ramzi. Jedoch fühle ich mich unwohl, ihn diese Frage zu stellen, also fällt auch das weg. Dann bleibt es eben ein Mysterium, auch gut. Während die Mädels über die verschiedensten Dinge reden, telefoniere ich mit Mama und schaue dann immer und immer wieder auf mein Handy, in der Hoffnung, etwas von Ardan zu erfahren. Er schreibt mir keine einzige Nachricht, ist jedoch ab und zu online. Mit wem schreibt er und was macht er stattdessen? Weiß er, dass auch ich komme? Wie hat er sich dabei gefühlt? Will er es?

Oje, bei dem Gedanken, dass er nicht will, dass ich komme, spüre ich wieder das elektrisierende Gefühl in meiner Brust. Zwar habe ich mir innerlich die ganze Zeit gesagt, dass ich nicht zu ihm will, aber im Endeffekt will ich bei ihm sein. Nur ist es für mich unangenehm, nach der Auseinandersetzung. Wir haben gleich 13:00 Uhr, ich sollte mich umziehen. Zwar könnte ich auch einfach im Pyjama bleiben, aber ich will meine Rundungen betonen. Ich krabbele zu meinem Koffer, nachdem ich die Jeans aus meinem Rucksack genommen habe, die ich bei Ardan anhatte, und nehme noch ein graues T-Shirt raus. Grau betont doch immer. "Cana, deine zwanzig Euro sind aus deinem Rucksack gefallen." Meine zwanzig Euro? Verwirrt drehe ich mich zu Yasmin, die mir das Geld hinhält. Moment mal! Oh nein, das hat er nicht getan. Das ist nicht sein Ernst! Schnaubend ziehe ich mich an. Jetzt habe ich einen Grund, zu Ardan zu gehen. Was denkt er sich dabei, mir Geld unterjubeln zu wollen? Sein gottverdammter Zwang! Wann hat er mir das Geld in den Rucksack gesteckt? Ich werde mir mein Bettelarmband nehmen und ihm seine zwanzig Euro wiedergeben. Nein, ich spiele die Zahnfee, schlage ihm einen Zahn raus und lege ihm dann die zwanzig Euro unter sein Kissen. Dämlicher Ardan. Ich will sein Geld nicht! Ich kriege schon zu viel von Baba. Gerade kommt mir der Geistesblitz, dass ich jetzt schon Ardans Geschenke bestellen kann, aber alles mit der Zeit. Die anderen machen sich schnell fertig und necken mich, indem sie über Ardan und mich reden.

Beim ersten Schritt aus dem Haus wird mir schon wieder mulmig. Meine Kopfhaut prickelt wieder. Ramzi ist gerade das Gegenteil von mir. Er hampelt munter durch die Gegend, während ich mir Gedanken um das Gleich mache. Ardan wird sicherlich nichts sagen oder tun, aber sein Schweigen oder seine Blicke würden mir reichen. Ich atme tief durch. Nein, ich will nicht gekränkt erscheinen, das würde Mama nicht gefallen. Mit neuem Selbstbewusstsein strecke ich meinen Rücken zu einer geraderen Haltung durch. Selbstbewusst, furchtlos, das muss ich sein. Ich will mich nicht zu sehr verunsichern lassen. Mama meinte, dass ich mich niemals von jemanden einschüchtern lassen sollte und wenn es nicht anders geht, dann soll ich sofort nach Hilfe fragen. Yasmin ist die mir helfende Person, zu ihr kann ich. Wir kommen dem Haus immer näher, ich spüre ein immer mehr zunehmendes Kribbeln im Bauch. Oh Gott, wir stehen schon vor der Tür und oh Gott, Ramzi klingelt. Ich höre Roxy bellen und an die Tür schlagen und dann höre ich seine Stimme. Ich sehe sofort in seine grünen Augen, schöne Smaragde. Das komische Gefühl macht sich in mir breit. Es ist eine Mischung aus Ziehen und Prickeln. Abweisen. Stimmt, ich wende den Blick sofort ab. Er hat mich abgewiesen, also weise ich ihn ebenfalls ab, indem ich einfach hineinlaufe. Roxy ist ganz wild drauf, mich zu sehen. Sie dreht sich, springt mich an und will mich ablecken. "Hallo, Roxy", schmunzele ich. Verdammt, ich hätte ihren Namen nicht sagen dürfen. Das fällt sonst auf.

"Wow, dein Hund freut sich ja richtig über Cana", stellt Amal fest. "Ja, wir waren ja einmal bei Ardan, weil das Wetter so stürmisch war und da wurden Cana und Roxy beste Freunde", rettet Yasmin mich. Roxy und ich sind beste Freunde, aber wir kennen uns auch länger. "Roxy, ab", befiehlt Ardan. "Sie kann mich ruhig begrüßen", meine ich dann trocken. Roxy lässt von mir ab, zieht an meinen Schnürsenkeln und versucht mir mit ihren Pfoten die Schuhe auszuziehen. "Oh, wie süß. Sie hilft dir aus den Schuhen", lacht Dilan. Ich übernehme den Rest für Roxy und streichele sie danach ausgiebig. Durch Ardans Befehl macht sie die anderen Schnürsenkel auf und beschnüffelt die neuen Menschen. Ramzi schnüffelt sogar zurück. "Hey, Ardan." Er lässt sich in Ardans Arme fallen und summt genießend. "Ich habe dich vermisst." Ramzi drückt meinem Freund einen Schmatzer auf die Wange. Ich lasse mich mit den anderen im Wohnzimmer nieder, wobei mir Roxy auf Schritt und Tritt folgt. Heute ist sie ziemlich anhänglich, aber so kann ich mich gut von Ardan ablenken. Roxy ist total glücklich, mich zu sehen, obwohl wir nur einen Tag voneinander getrennt wurden. Das liegt sicherlich am Streit. Sie hat ja mitbekommen, dass ich gegangen bin und ist jetzt sehr glücklich, dass ich zurück zu ihr gekommen bin. Ich knuddele sie. Ardan bringt uns allen Wasser. Wann soll ich das Geld unter sein Kissen tun? Dafür müsste ich erst einmal nach oben und wer sagt, dass wir nach oben in sein Zimmer gehen? Ich kann ja einfach nach der Toilette fragen!

Jedem hält er ein Glas hin, auch mir. Ich fasse es oben am Rand an, damit unsere Finger sich auch ja nicht berühren. Weder Danke sagen, noch ihn anschauen tue ich. "Ihr habt einen Pool? Wieso sagst du mir das nicht, Ardan? Wir hätten uns in flotte Badehosen werfen und ein bisschen plantschen können." Ramzis Ton ist ganz nasal und verführerisch. Bei dem Pool muss ich an sein Angebot denken, mit ihm zu schwimmen. Bei den Kameras, die dort sind, werde ich es niemals tun. Na toll, jetzt muss ich wieder an meine Fummelei denken, was überhaupt nicht passend ist. Gerade möchte ich so gerne in Ardans Gesicht gucken, damit ich sein süßes Lächeln sehen kann, aber ich darf nicht! "Gerne, Ramzi." "Oh, jetzt? Wir können auch ohne Höschen rein. Miran kommt noch nach." Großer Gott. Ich will nicht an Ardans Größe denken, ich will nicht an seine Penisgröße denken! Heute sind so viele Schlüsselwörter vorhanden, die ich mit Ardan assoziiere und die sind keinesfalls angemessen. "Da passe ich lieber. Ein anderes Mal vielleicht." Fährt er sich über seinen Nacken oder durch sein Haar? Ich will ihn nicht ansehen, es interessiert mich eigentlich nicht. Roxy ist tausendmal interessanter. "Was wollen wir eigentlich machen?" Dilans dümmlicher Ton verrät so einiges. "Worauf ihr Lust habt. Wir können uns einen Film ansehen oder so." Mit Ardan habe ich schon das eine oder andere Mal etwas geguckt. Ich will ihm jetzt sein Geld zurückgeben. "Wo ist die Toilette?", frage ich. Er zeigt auf das Gäste-WC, verdammt! Wieso zeigt er nicht auf das obere WC?

Ich schenke ihm beim Aufstehen einen finsteren Blick. Na toll, ich muss nicht pinkeln! Dann kommt das Geld eben hier in den kleinen Schrank hinein. Bitteschön, Ardan, denke ich mir zynisch. Nachdem ich einmal die Klospülung betätigt habe und durch das Händewaschen noch mehr Wasser verschwende, trockne ich mir die Hände ab und laufe aus dem Bad. Ich schreibe ihm dann heute ... nein, ich will ihm nicht schreiben! Er soll mir mein Bettelarmband wiedergeben! Aber er denkt gar nicht dran, mir irgendwie irgendetwas mitzuteilen. Okay, es wäre auch ziemlich verratend, wenn er sagt, dass ich mein Bettelarmband bei ihm gelassen habe, aber kann er mir das nicht auch einfach unterjubeln? Mit dem Geld hat er das doch prima hinbekommen. Miran kommt auch und es wird sogar überlegt, ob meine Brüder und Ramzis großer Bruder auch kommen. Ich habe echt keine Lust auf sie, aber Dilan ist begeistert von dieser Idee. Verdammt, ich will Aiman nicht hier haben! Wieder kann ich mich nicht äußern, ohne etwas verraten so wollen. Deshalb bin ich gezwungen, es still über mich ergehen zu lassen. "Was wollt ihr dann essen und wann?" Ich mag die Linsensuppe deiner Mutter. Natürlich muss ich wieder schweigen. "Was kannst du denn essen?", fragt Ramzi, der es sich gemütlich auf Ardans Schoß macht. Es ist ein schöner Ort, nicht wahr, Ramzi? "Wir können ja separates Essen haben, sodass ihr keine Einschränkungen beim Essen eingehen müsst." "Nein, nein, wir essen das, was du auch essen willst", wendet Yasmin ein. Das Essen, was er bis jetzt immer gegessen hat, war ziemlich lecker. Es würde den anderen ebenfalls gefallen.

Als die restlichen Jungs kommen, fühle ich mich weniger wohl. Jetzt sind hier noch mehr, die nichts wissen. Adam grinst Dilan an, die gar nicht mehr aufhören will, zu grinsen. Können sie das so einfach tun, ohne irgendwelche Gedanken zu haben? Oder wissen einige schon Bescheid? Okay, außer Miran, Ardan und Elyas wissen es doch alle, oder? Das ist verrückt. Ich würde Ardan niemals anschauen, wenn meine Brüder hier wären. Ich habe schon Probleme damit, hier zu sein, als meine Brüder noch nicht gekommen sind. "Ich habe gehört, dass du am Freitag wieder zum Training kommst?" Aiman lächelt und Ardan bestätigt es. War er schon beim Arzt? Dort wollte er doch zur Kontrolle hin. Wie die Freundschaft der beiden wäre, wenn er von der Beziehung Bescheid wüsste? Ich kann es mir nur negativ vorstellen. "Hast du Spiele da, Ardan?", fragt Amal. "Wir haben Twister da." "Ja!", kommt es zu euphorisch von Dilan. Sie will bestimmt ganz viel Körperkontakt mit Adam haben. "Ich drehe das Ding dann. Ich habe noch Muskelkater von gestern", sagt Aiman. Na toll, er wird eine Sicht auf alles haben und ich weiß, dass er kontrollieren wird. Jetzt will ich gar nicht mitspielen. "Ich hole es dann mal." Ardan steigt die Treppen hinauf. Roxy beschnüffelt die neuen Besucher, kommt aber dann wieder zu mir. Ihr Lächeln ist echt entspannend und zufriedenstellend. Was wohl in ihrem Köpfchen losgeht? Um sie noch glücklicher zu machen, kraule ich sie. "Ja, das gefällt dir", schmunzele ich. Sie legt sich auf den Rücken, damit ich ihren Bauch kraule. Ich vermisse meine Hunde, die bei Oma und Opa sind.

Ardan kommt wieder hinunter. Roxy steht auf und will ihm das Spiel aus der Hand nehmen. "Nein, Roxy", lächelt er. Oh Mann, was ein schönes Lächeln. Artig macht sie sitzt vor ihm. "Vielleicht will sie mitspielen", sage ich. Eigentlich wollte ich gar nicht mit ihm reden, aber das kam einfach so. "Ja, das will sie wirklich. Sie hat uns einmal zugesehen und seitdem will sie immer mitmachen." "Wie süß", gluckst Yasmin. Wir gehen in den Garten, Ramzi hilft Ardan beim Ausbreiten der Spielmatte. Roxy springt ganz freudig und stellt sich schon auf die Matte. Sie ist so süß. "Roxy, runter", befiehlt Ardan sanft. "Lass sie mitspielen", meint Adam. Dazu sagt er nichts mehr. Die Spielmatte ist echt groß. "Wieso ist die Matte so groß?", fragt Dilan. "Keine Ahnung, das Spiel ist aus den Niederlanden." Wir stellen uns alle auf die Matte, daraufhin bilden wir die Teams. Meine Gegner sind Ramzi, Miran, Amal, Dilan und Elyas. Da wir zu viert sind, gehört Roxy zu unserem Team. Ardan ist ebenfalls in meinem Team. Ich sehe unangenehme Posen schon kommen. Zum Glück ist Yasmin noch zwischen uns. Wir stehen gegenüber des anderen Teams und warten auf Aiman, der gerade dreht. "Rechte Hand auf Rot." Ardan zeigt Roxy, wohin sie muss, woraufhin sie sich auf einen der roten Punkte setzt. "Hey, ich will auch sitzen", schmollt Ramzi. "Rechter Fuß auf Grün." Adam stöhnt angestrengt. "Moment." Ardan legt zuerst Roxys rechte Pfote auf eine der rot markierten Kreise und dann versucht er ihre rechte Hinterpfote auf einer der grünen Kreise zu bringen. Es klappt nicht ganz, aber Roxy bleibt ganz brav in dieser Position.

Nach vier weiteren Ausführungen wird es langsam anstrengend. Ich will meinen linken Arm von der grünen Stelle wegbekommen. Ich liege quer unter Yasmin, nah an Ardan. Er riecht ganz gut, Arschloch. "Linke Hand auf blau." "Endlich!", seufze ich. Oh Gott, fühlt sich das gut an. Ardan ist mir jetzt noch näher. Unsere Gesichter sind genau voreinander. Ich schaue ihn nicht an. Er kann mir gestohlen bleiben, auch wenn er gut riecht. Erst weist er mich ab, dann schreit er mich an und dann legt er noch Geld in meine Tasche, welches ich gar nicht wollte! "Mann, ich muss furzen." "Ich schlage dich zusammen, wenn du dein Arschloch nicht zusammengekniffen hältst!", droht Elyas Ramzi. "Aber ich kann nicht mehr." "Ramzi", droht er. "Es ist ein ganz kleiner, ein leiser Schleicher." "Ramzi, ich töte dich." Elyas meint es komplett ernst. Sein Gesicht ist genau vor Ramzis Hintern. Wir prusten. "Ich glaube, ich bin Laktoseintolerant." Er wedelt kurz mit seinem Po herum und dann zieht er die Luft ein. "So, ich habe meinen Furz erfolgreich zurückziehen können. Es besteht keinen Grund mehr zur Panik." Wir beginnen zu lachen. "Hey, Roxy steht von ihrem Platz auf!", meckert Dilan. "Roxy hat mehr Privilegien als wir", schmunzele ich. Hechelnd kommt sie auf Ardan und mich zu, um uns abzulecken. "Nein, Roxy." Ardan presst seine Lippen aufeinander und dreht sein Gesicht weg. "Ja, mach weiter Roxy!", jubelt Adam. "Roxy, aus." Sie stellt sich mit ihren Vorderpfoten auf unsere Rücken. "Roxy", lache ich. Sie ist so glücklich, dass sie über uns springt. Fast wären wir zusammengebrochen. Nun bellt sie und leckt mich ab. Prustend presse ich meine Lippen aufeinander, als sie mir über meinen Mund schlabbert. "Roxy, aus!" Sie schaut mit ihrem wedelnden Schwanz zu Ardan. Er schaut sie tadelnd an, aber das interessiert die Golden Retriever Hündin herzlichst wenig.

"Nein, Roxy, nein, runter!" Belustigt sehen wir zu, wir Roxy auf Ardans Rücken steigt und es sich dort gemütlich macht. "Roxy nutzt ihre Privilegien bestens aus", kommentiert Dilan schmunzelnd. Als Roxys Zunge Ardans Nacken attackiert, kann er nicht mehr und lässt sich fallen, als er nach ihrem Kopf greift. Er ist ja sehr sensibel dort. "Ja! Wir haben gewonnen!", ruft Ramzi triumphierend. "Hach, Roxy", murmelt Ardan. Sie liegt immer noch auf seinem Rücken, immer noch lächelnd. Ich kraule sie ausgiebig, bevor ich mir mein Gesicht wasche. Wir spielen noch eine Runde und reden danach lange über die verschiedensten Themen, bis die Mutter dann kommt. "Hallo, ich habe gar nicht gewusst, dass du Besuch hast. Was wollt ihr essen?" Wir geben Antworten ab, die zeigen, wie ahnungslos wir sind. "Ich wollte eigentlich Nudeln machen." "Ja!", rutscht es mir aus. Verdammt! "Nudeln sind immer gut", rette ich mich dann noch. Ich bin von Ardans Freunden die Einzige, die weiß, wie die Nudeln schmecken - vielleicht wissen meine Brüder es auch. Da sind Garnelen drin und die Soße ist so lecker von ihr. Da ist sogar Schafskäse dabei. Mir läuft das Wasser im Mund schon wieder zusammen. Die Mutter lächelt mich an, ich werde rot. "Dann mache ich mal ganz viele Nudeln." "Sind das die Nudeln mit den Garnelen?", fragt Adam, was Ardan dann bestätigt. Adam und Aiman summen zufrieden. "Die sind echt gut." Ja, das sind sie wirklich. Ich erinnere mich an das erste Mal, wo ich die Nudeln bei Ardan gegessen habe. Sie hatten so viel Soße und nachdem ich ganz viele Nudeln aufgegabelt habe und mein Gesicht mit Soße bekleckert habe, hat er ein Taschentuch genommen und meine Mundwinkel saubergemacht. Bei dieser Erinnerung kribbelt mein Bauch.

"Wollen wir gleich ein paar Übungen machen, damit du am Freitag nicht ganz so luschig beim Training erscheinst?", pöbelt Adam Ardan an. Spöttisch macht sich Ardan den Mund sauber und nickt. "Mal sehen, wie luschig ich bin." Oje, ich werde Ardan gleich in Aktion sehen. Aber zuerst esse ich meine Nudeln. Ich glaube, ich hole mir gleich noch mehr Nudeln. Der Topf, den Ardans Mutter benutzt hat, ist sehr groß, also wird es noch viel geben. Diese Nudeln sind auch zu gut! Die kleingeschnittenen, roten Paprikastücke harmonieren perfekt mit dem zerbröselten Schafskäse. Während des Essens muss ich an Ardans Oberarme denken, die gleich bestimmt beansprucht werden müssen. Seine Oberarme sind so anschaulich. Wann wir uns wohl wieder vertragen? Ich sage einfach der Mutter, dass die zwanzig Euro im Schrank liegen. Außerdem muss ich mir sowieso noch mehr Nudeln holen. Ich laufe in die Küche, fülle meinen Teller auf und lege kurz ihn dann kurz ab. "Möchtest du noch was?" Sie lächelt mich warm an, ich erwidere es sofort. "Im Gäste-WC liegen zwanzig Euro im kleinen Schrank." Nun sieht sie mich überrascht an. "Hast du sie da hingelegt?" "Das sind Ardans zwanzig Euro." "Dann gib ihm doch Bescheid." Ich ziehe leicht die Luft ein. "Wir haben uns gestritten", murmele ich leise, ehe ich mir meinen Teller nehme. Die Mutter schaut mir besorgt hinterher. Wären wir alleine, dann hätte ich es ihr erzählen können, aber jetzt würde es nur auffallen. Ich wäre am liebsten jetzt alleine mit ihm. Wir müssten nicht reden oder ähnliches, wir wären einfach nur nebeneinander. Wie widersprüchlich ich doch bin. Vorhin wollte ich doch gar nicht hier sein und nichts von ihm wissen. Zum Teil will ich es immer noch nicht, das steht fest.

Jedoch ist der Wunsch meines Herzens stärker, als der meines Verstandes.

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