Kapitel 59

Sia - Fire Meet Gasoline

Als ich aufwache, liegt Ardan nicht im Bett. Komisch, sonst schläft Ardan immer länger als ich, es überrascht mich. Kurz summend strecke ich mich ausgiebig, bevor ich mich im Bad frisch mache und unten in die Küche gehe. Habe ich so lange geschlafen? Nein, die Uhr sagt mir, dass wir 10:21 Uhr haben. "Ardan?" Roxy ist ebenfalls hier und tapst auf mich zu. "Guten Morgen, Roxy." Sie kurbelt meine Laune auch immer mit ihrem goldenen Fell und ihrem goldenen Lächeln an. Ich laufe weiter in die Küche. Mein Lächeln fällt dabei. "Was ist los?" Ardan denkt nicht einmal daran, seinen Blick anzuheben. Er ist auf das Schneiden der Gurken fokussiert. Ich merke ihm an, dass er etwas hat. Sonst hat er diesen zufriedenen, friedlichen Ausdruck im Gesicht, aber jetzt sehe ich Stress und Verärgerung. Ich helfe ihm beim Anrichten. Wieso redet er nicht mit mir? "Soll ich übernehmen?" Er schüttelt den Kopf. Der Kuss auf meine Stirn beruhigt mich diesmal nicht so, wie sonst. Was ist passiert? Hat er sich mit seinen Eltern gestritten? Den Teller mit den Gurkenscheiben setzt er auf dem Tisch ab und zieht den Stuhl für mich zurück. Er lässt sich neben mir nieder und nicht gegenüber von mir. Das tut er sicherlich, weil er nicht will, dass ich ihn mustere. Das macht es jedoch noch deutlicher, dass etwas bei ihm nicht stimmt. Ich streichele seinen Schenkel, um ihn ein wenig Trost zu spenden. "Ist irgendetwas passiert?" Er zieht den Schafskäse näher zu mir. Wieso möchte er nicht mit mir reden? Im Moment habe ich das Bedürfnis, ihn zu zwingen, mit mir zu reden und ihm Schokobons zu geben.

Vorab lasse ich es sein, mit ihm eine Konversation aufzubauen, weil er gerade sowieso nicht reden will. Vielleicht ist er ja nach dem Essen williger, zu reden. Gestern war er nicht so. Gestern war alles noch gut und schön. Ich kann mir echt nicht vorstellen, was passiert sein könnte, außer, dass er sich vielleicht mit seinen Eltern gestritten hat. Ich schneide ein Stück Schafskäse ab, biete es ihm an, doch er lehnt ab. Gestern hat er noch gerne Schafskäse gegessen. Schweigend frühstücken und räumen wir ab. Diese Stille ist erdrückend! "Willst du jetzt darüber reden?" Ich lege meine Hände instinktiv auf seine Brust. Entweder kommt es mir nur so vor oder er wirkt sichtlich gestört. "Wenn ich darüber reden mag, dann tue ich es auch. Du siehst doch, dass ich nicht darüber reden möchte, also belasse es dabei." Er nimmt meine Handgelenke, um meine Hände von seiner Brust zu nehmen. Das hat mich sehr getroffen, aber so richtig. Meine Kopfhaut prickelt, mein Bauch zieht sich zusammen und das allbekannte, elektrisierende Gefühl breitet sich in meinem Brustkorb aus. Ich spüre es sogar in meinen Handballen. Wieso tut er das? Ich will ihm doch nur helfen. Den schweren Klos schlucke ich hinunter, aber es bildet sich sofort noch einer. Wie ein Trottel stehe ich am selben Fleck, während ich verdrängend mit meinen Fingern spiele. Mich verletzt es sehr, dass er mich abweist. Es tut weh, es lässt mich so unwohl fühlen. Wieso will er das nicht? Wieso weist er mich so harsch ab? Niemand redet so mit mir! Ich habe immer sofort etwas sagen können ... aber wen habe ich bitte so geliebt, wie Ardan?

"Ich will dir nur zur Seite stehen", blaffe ich. Ardan, der auf dem Sofa sitzt, schaut zu mir. "Du brauchst mich nicht so abzuweisen, nur weil ich dir helfen will. Das macht man in Beziehungen und das ist selbstverständlich. Ich will so etwas nicht von dir hören!" Am Ende werde ich lauter. Wenn ich eines hasse, dann das, dass man mich auf diese Weise abweist, wie Ardan es gerade getan hat. Ardans Augenbrauen ziehen sich streng zusammen. Das verpasst mir ein mulmiges Gefühl, aber gerade habe ich echt keine Lust, klein beizugeben. Ich bin auch zu ihm gekommen und habe ihm meine Probleme erzählt. "Soll ich mich noch einmal wiederholen, dass du mich zu nichts drängen sollst oder kannst?" Es Stich im Brustkorb, mein Bauch bildet einen Knoten bei seinen Abweisungen. Ich will nicht, dass es mich verletzt! Seine Stimme hebt sich und er auch. Wieder kommt dieses mulmige Gefühl in mir hoch, doch ich verdränge es, so schnell mein Herz auch schlägt. "Soll ich mich noch einmal wiederholen, dass du mir vertrauen kannst und ich möchte, dass du mir etwas über dich erzählst? Ich habe mehr Fragen über dich, als ich über dich weiß!" "Cana, sieh es doch einmal vernünftig. Wir sind nicht einmal ein halbes Jahr zusammen." Mich stört diese Aussage so sehr. Sie stört mich und ich kann es nicht richtig erklären. Es trifft mich einfach. "Willst du ein halbes Jahr warten, bis du mir erzählst, was dir alles fehlt?", rufe ich wütend. Ich weiß nicht, was los mit mir ist, aber dass er mich so zurückgewiesen hat, sitzt mir so schwer auf dem Herzen und dass er jetzt auch noch solche Dinge sagt, macht es noch schlimmer. Alles, was er sagt, trifft mich einfach. Es attackiert mich.

"Ich verbitte mir diesen Ton, Cana." "Wenn du nicht das tust, was ich mir wünsche, wieso sollte ich es tun?" Er kann mich überhaupt nicht nachvollziehen und ich ihn ebenso wenig. Seine Augenbrauen ziehen sich wieder zusammen. Sein Kiefer zuckt schon leicht. "Willst du in dieser Beziehung eine Anarchie einführen oder was? Hör auf damit, Cana. Du weißt nicht, was du da von dir gibst." Jeder Satz macht mich noch wütender. "Tu doch nicht so, als ob du es weißt!" "Stelle ich mich gerade so an oder du?" Das hat er nicht gesagt! Vor Wut schubse ich ihn, auch wenn er nicht wirklich weit nach hinten geschritten ist. Meine Hände zittern. Ich bin einfach so wütend, dass ich vor Wut weinen könnte. Versteht er denn nicht, was ich möchte oder fühle? "Sonst verstehst und weißt du doch auch sofort, was ich meine, aber wenn es zu deinen Geheimnissen kommt, verstehst du mich gar nicht mehr?" "Schrei nicht so." Dass er mich jetzt auch noch Befehle erteilen will, macht mich noch wütender. Er hat mir gar nichts zu sagen! "Ich schreie so laut, wie ich will!" "Cana!", ermahnt er mich lauter. "Was?", blaffe ich ihn an. Es tut mir so weh, dass er mich abblockt. Ich kann es nicht ab, wenn man mir so etwas antut. Vor Wut steigen mir schon die Tränen auf. Ich will ihm doch nur helfen. Ich weiß doch, dass Schreien da nichts bringt, aber meine Irrationalität hat gerade die Macht ergriffen. "Ich muss mir so etwas nicht geben. Ich verbitte mir deine Heimlichtuerei." "Was bringt es dir, wenn ich dir mein Leid erzähle?", brüllt er schon fast. Mein Brustkorb zieht sich zusammen. Er hat mich noch nie angebrüllt. "Los, beantworte mir meine Frage!" Mehr und mehr Gefühle brausen sich in mir auf. Mein Nacken füllt sich mit Druck, mein Hals wirkt leicht trocken, meine Beine zittern schon.

"Vertrauen bringt es mir." Ich schlucke, meine Stimme wird leiser. Er lässt seinen Kiefer wieder zucken, ich wische mir die kleinen Tränen meines linken Auges weg. "Ich vertraue dir meine Gedanken und Gefühle an, aber wenn du dasselbe nicht tust, habe ich nicht das Gefühl, dass du mir vertraust." Er rauft sich frustriert sein Haar. "Sei doch nicht so stur, Cana!" Ardan wird wieder zorniger. "Du kannst mich nicht dazu zwingen, dir etwas zu erzählen, was ich nicht will!" "Warst du nicht derjenige, der zu mir meinte, dass das Reden guttut? Und? Wieso tust du es nicht, statt dich und deine Psyche weiter zu belasten, die schon sowieso instabil ist? Los, sag es mir!" Abermals verfinstert sich sein Blick. Meine Atmung stockt deshalb und ich habe leichte Angst, dass er ausrastet. "Es reicht jetzt, Cana. Ende, der Diskussion." Sein Ton ist eisig. Schon wieder trifft es mich. Das muss ich mir nicht antun. "Fein", blaffe ich. Fast wäre meine Stimme gebrochen, aber ich habe meine Fassung noch halten können. Mir fällt erst jetzt die liegende Roxy auf, die uns traurig anschaut. Ich laufe die Treppen hoch, weil ich mich umziehen will. Dann gehe ich nicht am Nachmittag, sondern jetzt. "Cana." Er kommt die Treppen hoch. Mein Herz schlägt schneller, als ich die Tür abschließe. Nein, er bleibt hinter der Tür! Mir egal, wie viel er klopft und noch klopfen will. "Cana, mach die Tür auf!" Ich verdrehe nur die Augen, statt ihm zu antworten. Schnell schlüpfe ich mit zitternden Gliedern in meine Hose und in mein Oberteil, ziehe mir meine Socken wieder an und schließe dann die Tür auf. "Wohin?" Ein weiteres Mal zieht er seine Augenbrauen zusammen. "Ist es nicht offensichtlich?", fauche ich ihn an. Ich will zu den Treppen laufen, als er mich festhält. "Lass mich los." "Du wirst jetzt nicht einfach so gehen, nur weil wir eine Auseinandersetzung hatten." Mir reicht es hier!

"Lass mich verdammt noch mal gehen! Wer gibt dir das Recht, mich hier einzusperren?!", schreie ich schon. Wenn ich noch länger hierbleibe, dann wird es umso schlimmer. Roxy rennt schon bellend die Treppen hoch, um zwischen uns zu kommen. Ich will seine Hände von mir befreien, aber er ist nun mal stärker als ich. "Cana, komm doch zur Vernunft!" "Wer nötigt mich, hierzubleiben? Fass dir doch an die eigene Nase!" Ich reiße mich von ihm los, renne schnell und mit erhöhtem Herzschlag die Treppen hinunter. Dass uns so etwas mal passiert, hätte ich niemals gedacht. Ich wäre nicht darauf gekommen, dass es so entartet, dass Ardan so reagieren kann. Ich zittere immer noch wegen dieser Auseinandersetzung. Es stört mich beim Binden meiner Schnürsenkel. Zum Glück kann ich das dennoch schnell zu Ende bringen und das Haus zügig verlassen. Ich weiß, dass er hinter mir stand und ich weiß auch, dass er mit mir bis zur Tür kommt. Trotzdem drehe ich mich nicht um. Was hat er denn so Schlimmes zu verbergen, dass er es mir nicht erzählen möchte? Was hat er denn früher gemacht? Ich seufze frustriert. Yasmin schreibe ich, dass ich jetzt schon komme. Sofort stellt sie mir Fragen, die ich aber nicht beantworte. Das war unser erster, richtiger Streit. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, hätte ich mir mehr Tränen zugetraut, aber jetzt war ich eher solider, was meine Emotionalität angeht. Es muntert mich auf, dass ich in einer Situation so gehandelt habe, wie Mama es getan hätte ... Mama hätte aber vieles nicht so getan, wie ich es getan hätte oder habe. Ich will mich nicht noch depressiver machen.

Ich hätte noch mehr sagen sollen, aber in dem Moment haben mir einfach die Worte gefehlt. Am liebsten würde ich jetzt zurück zu ihm laufen und alles, was mir jetzt gerade in den Sinn kommt, Ardan an den Kopf schmeißen. Ich bleibe sogar stehen, weil ich es wirklich in Erwägung ziehe, doch ich verwerfe den Gedanken, weil ich zu stolz dafür bin. Am Ende lässt er mich wirklich nicht mehr gehen. Trotzig laufe ich weiter, bis ich von Yasmins fragenden, braun-grünen Augen aufgenommen werde. "Wieso bist du so früh zurück?", murmelt sie. Ihre Hand legt sich auf meinen Rücken, als wir die Treppen aufsteigen. Ich habe eigentlich gar keine Lust, darüber zu reden. Andererseits will ich den Frust ablassen und besser geht es für mich nicht, als darüber zu reden. Etwas, was Ardan wohl nicht so gerne tut. "Wie waren die zwei Tage bei ihm?", fängt sie vorsichtig an. Sie bemerkt, dass etwas passiert ist. Bei meinem langgezogenen Gesicht ist es auch ziemlich offensichtlich. "Der erste Tag war traumhaft, aber heute war es echt ..." Ich seufze und knurre danach leicht frustriert. "Wir haben uns gerade gestritten", maule ich leicht. Wenn ich wieder daran denke, dann werde ich schon wieder wütend! "Weshalb?" "Ich weiß es nicht so recht." Ich kratze mir meine Kopfhaut, die beim Streit am Anfang so geprickelt hat. "Er war so schlecht gelaunt. Ich habe es bemerkt und wollte mit ihm darüber sprechen. Das macht man doch, wenn man in einer Beziehung ist." Yasmin summt bestätigend. "Am Anfang hat er nicht geredet, also habe ich mir gedacht, dass ich es noch einmal nach dem Frühstück versuche." Jetzt wird es wieder unangenehm für mich. Bei jedem Rückblick an diese Abweisung, spüre ich immer das elektrisierende Gefühl in der Brust.

"Ich habe ihn halt gefragt, ob er jetzt mit mir darüber reden will. Dabei habe ich meine Hände auf seine Brust gelegt und er hat mich sofort abgewiesen." Yasmins Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Wie abgewiesen?" "Er meinte, dass, wenn er darüber reden möchte, dass er das auch tut. Da er es nicht tut, soll ich es dabei belassen und dann hat er auch noch meine Hände von seiner Brust genommen." Konnte er sich nicht einfach sanfter ausdrücken? "Und dann?" "Ich wurde sauer und meine Wut stieg an. Ich habe ihm klargemacht, dass ich ihm nur zur Seite stehen will und dass man so etwas in einer Beziehung tut. Ardan meinte dann, ob er sich noch einmal wiederholen soll, dass ich ihn nicht drängen soll oder kann, weil ich ihn am Tag davor Dinge fragen wollte und er sich auch am Anfang verschlossen hat." Ich beende nach vielen Wartepausen meine Erzählung und schaue Yasmin an. "Ist der Streit auf meinen Mist gewachsen? Es kommt mir nicht so vor." Sie summt nachdenklich. "Ich weiß, dass seine Aussage, die er auch nicht in einem sanften Ton geäußert hat, dich verletzt und wütend gemacht hat. Das Ding ist ja, dass Ardan sich nicht ganz öffnen möchte. Ich kann ihn deshalb verstehen, aber ich kann auch dich verstehen. Du bist seine Freundin und welche Freundin will schon, dass der Freund ihr nichts über sich und seine Vergangenheit erzählt? Es fällt ihm aber schwer, das dürfen wir nicht vergessen." Wieder summt sie nachdenklich. "Schuld und Unschuld ist auf beiden Seiten vorhanden." Yasmin lächelt mich aufmunternd an. Dabei legt sie ihren Arm um mich.

"Mach dir keinen Kopf, Cana. Jedes Paar streitet sich mal, das ist normal." Dummerweise dachte ich, dass uns das nicht passiert, weil alles doch so gut lief. "Aber so früh schon?" "Je nachdem wie kompliziert das Paar ist." Aber Ardan macht so etwas doch nicht gerne. Er vermeidet es doch. Das Geschehene liegt klar vor meinen Augen, aber trotzdem kann ich es nicht nachvollziehen und oder verstehen. Ich will es vielleicht nicht wahrhaben, aber ich weiß auch nicht genau was ich nicht wahrhaben will. Ich lasse das Thema für heute einfach ruhen. "Als du Streit mit deinem Freund hattest, wie habt ihr das dann geklärt?" "Entweder haben wir geschrieben, uns getroffen oder telefoniert oder einige Tage Funkstille gehabt." Funkstille. Wir kennen die Funkstille doch. Ich will ihm sowieso nicht schreiben, weil ich gerade zu stur bin. Am Ende fange ich wieder eine Diskussion an, weil ich es nicht einsehen will. "Aber genug zu Beziehungen. Du bist endlich wieder bei mir und ich will dich ärgern und drücken." Ich quietsche, weil sie mich so feste an sich drückt. "Wie war die Hochzeit? Gibt es Bilder? Ich will Bilder." Oje, wenn ich an den Fast-Sex denke ... ich ziehe tief die Luft durch die Nase. "Die Mutter hat ganz viele Bilder gemacht. Wenn die Funkstille vorbei ist, dann frage ich, ob er sie mir schicken kann." Ich halte kurz inne. "Wenn er sich auch ganz einfach bei mir entschuldigt, statt mich wie ein Idiot anzumaulen, dann würde es noch schneller gehen", füge ich patzig hinzu. Scheiß Junge! Mann, er regt mich so auf! "Ich will ihn am liebsten verprügeln! Er nervt mich so, argh!" Lacht Yasmin mich gerade wirklich aus? "Was?", blaffe ich. Ach, das bringt sie ja noch mehr zum Lachen. Ich bin ja eine richtige Witzfigur.

"Wenn du wütend wirst, kann man dich nicht ernst nehmen. Deine Stimme wird so schrill und keine Ahnung, du bist einfach niedlich. Wie konnte Ardan dir nicht einfach in die Wangen beißen und dich küssen?" "Das wäre mir lieber", murre ich kleinlaut. Toll, jetzt will ich irgendwie zu ihm und durch seine Haare fahren. Nicht, dass er meine Hände dann wieder von sich nimmt, denke ich mir sarkastisch. Ich verdrehe meine Augen. Dann drücke ich das nächste Mal auch seine Hände von mir weg. Großer Gott, er regt mich so auf, obwohl ich gar nicht an ihn denken will! "Lenk mich ab, ich bin sauer." Sie macht bemitleidende Geräusche. "Soll ich die Mädels rufen, damit wir tratschen können? Vielleicht erzählt Dilan uns etwas über sich und Adam", schnurrt Yasmin zum Schluss. Von den beiden Turteltäubchen habe ich lange nichts mehr gehört. Um ehrlich zu sein, habe ich sie auch ziemlich vergessen, weil ich immer an Ardan denken musste. Wieso hat mir Adam eigentlich nichts erzählt? Wieso redet er manchmal nicht mit mir über sie, um sie noch besser kennenzulernen? Ich kenne sie ja wohl besser, auch wenn er ebenfalls ein Kindheitsfreund Dilans ist. Oder kennen sie sich schon sehr gut? Da sieht man einen großen Unterschied zu meiner Beziehung. Ob Adam wohl sauer auf mich sein würde? Er hat doch selber eine Beziehung mit meiner Freundin. Wieso rasten die Brüder dann aus, wenn der Freund etwas mit der Schwester hat? Im Endeffekt ist es doch dasselbe. Mama meinte immer zu mir, dass die Mädchen wertvoller sind und sie deshalb beschützt werden müssen, bis sie dann irgendwann das Wissen für die wirklich richtige Entscheidung haben.

"Ja, kannst du machen", murmele ich gedankentrunken. Würde Mama wirklich so sauer sein? Wäre sie so enttäuscht von mir? Ich bin doch ihre einzige Tochter, wir sind doch beste Freunde. Es geht mir sehr nahe, wenn ich daran denke, wie enttäuscht sie von mir wäre. Wäre sie dann für immer kalt zu mir? Wie soll ich ihr dann noch in die Augen gucken? Jetzt kann ich es noch, weil ich sie ständig anlüge. Jedoch wird es noch einmal ganz anders, wenn sie es weiß. Ich sollte erst einmal tief durchatmen. Noch ist nichts passiert und es wird auch so schnell nichts passieren. Und Ardan? Denkt er auch gerade an die Situation? Warum steigen mir ausgerechnet jetzt die Tränen auf? Jetzt, wo es doch schon gesehen ist? Wieso musste er mich so anschreien? "Hey, was ist?" Schulterzuckend wische ich mir die Tränen weg. Meine Nase läuft jetzt schon. "Komm her, Cana. Es ist nicht schlimm, dass ihr euch gestritten habt." Yasmin drückt mich an sich. So tröstend sie auch versucht zu sein, ich bin trotzdem traurig. Meine Trauer und meine Wut haben sich so in mir aufgestaut, dass sie jetzt langsam hinausquellen. Wird er sich jetzt noch weiter verschließen? Werden wir uns deshalb öfter streiten? Wird es die Beziehung gefährden? Das will ich nicht. Es soll nicht mehr vorkommen. Ich weiß doch jetzt, wie ein Streit aussieht, also weiß ich auch, wie es nicht dazu kommen kann. Er soll mich nur nicht abweisen und anschreien, dann ist alles gut. Ich fasse mir an meine Kette. Wo ist mein Bettelarmband? Mein Herz rutscht mir in die Hose. Scheiße! "Was ist los?" "Mein Armband!" Ich schaue in meinem Rucksack nach, aber es ist nicht hier. Ich habe es vor dem Schlafengehen auf Ardans Nachttisch gelegt. Verdammt!

"Hast du es verloren?" Sie weiß, wie viel es mit bedeutet. "Nein", gebe ich halbwegs erleichtert von mir. "Es ist bei Ardan", schniefe ich. Yasmin versteht und verzieht dementsprechend ihr Gesicht mitfühlend. "Soll ich ihn für dich anschreiben?" Ich verneine es murrend. Das wäre schon für mich eine Art Kontakt, der von meiner Seite kommt. Wieder muntert es mich auf, dass ich Mamas Züge in mir sehe. Sie hätte auch so stur reagiert, aber anders kann ich gerade wirklich nicht. Wenn er mich schon abweist, dann bitte! Ich bleibe abgewiesen. "Bist du dir aber sicher, dass es bei ihm ist?" "Ja, bevor wir schlafen gegangen sind, habe ich es auf seinen Nachttisch gelegt. Da bin ich mir sehr sicher." Wieder schniefe ich. Ihre Lippen spitzen sich. "Nimm erst einmal ein Taschentuch." Ich tupfe mir die Tränen weg und schnäuze den ganzen Rotz ins Taschentuch. Jetzt muss ich mir wenigstens nicht die ganze Zeit die Nase hochziehen. Im Spiegel kontrolliere ich noch einmal, ob es auffällt, dass ich geweint habe, was nicht der Fall ist. "Mach dich nicht verrückt, Cana." "Du weißt doch, wie es ist. Wenn man verliebt ist, wird man immer emotionaler." Sie seufzt. "Das stimmt auch wieder, aber nun-," Sie steht auf, um mir einige Snacks aus ihrem Schrank zu zeigen und zu bringen. "werden wir uns den Rest des Tages schön machen und quasseln, aber nicht über Ardan natürlich." Sie zwinkert mir zu und ich muss schmunzeln. "Und lästern", wird es von Yasmin hinzugefügt. Es klingelt. "Da sind sie ja. Anscheinend haben sie sich wenig Zeit gelassen. Vielleicht ist ja auch etwas bei ihnen passiert." Yasmin gibt einen schockierten Laut von sich, während sie ihre Hand vor ihrem offenen Mund positioniert, um dem Ganzen noch mehr Ausdruck zu verleihen.

Dilan rennt grinsend die Treppen hoch, um mich dann in eine stürmische Umarmung zu ziehen. "Du bist aber gut gelaunt." "Oh ja und wie", summt sie. "Hat es etwas mit meinem Bruder zu tun?" "Oh ja und wie." Ich verziehe leicht angeekelt das Gesicht. "Will ich es wissen?" "Oh ja und wie", schnurrt sie. Oh Gott. Sie zieht mich aufs Bett, dabei kuschelt sie sich an mich. "Du scheinst es ja ganz wild darauf zu sein, es erzählen zu wollen", schmunzele ich. Die beiden anderen kommen auch ins Zimmer. "Ja, dein Bruder ist nun mal echt süß und so hübsch und so gut gebaut", summt sie am Ende zweideutig. Ardan ist es auch, wenn er mal kein abweisendes Arschloch ist. "Wir haben gestern den Tag miteinander verbracht. Oh Gott, es war so schön!" Kreischend hält sich die rot anlaufende Dilan ihre Hände vor ihr Gesicht. "Er hat für uns etwas zu essen aus eurem Restaurant geholt und dann sind wir an den See gefahren und es war einfach so wunderschön. Er hat mir Komplimente über meine Augen gemacht!" Dilan zeigt wie verrückt auf ihre Augen. "Na toll, du treibst unser Restaurant in den Ruin." Mein dümmliches Grinsen sorgt dafür, dass sie mir murrend mein Haar zerzaust. "Versau es mir nicht! Ich habe die ganze Zeit an seine Komplimente denken müssen und habe deshalb die ganze Zeit so gegrinst. Mir ist deshalb fast eine Wespe in den Mund geflogen. Aber Adam hätte mir sicherlich eine Mund zu Mund Beatmung gegeben." Schnurrend ziehen sich ihre Lippen zusammen. Sie waren also am See. Am See, wo Ardan und ich ebenfalls waren. Auch wenn es nicht am selben Tag war, kommt es mir komisch vor. So, als ob wir es knapp hatten und irgendwie kommt mir die Situation so vertraut vor. Aber was war es denn noch?

Was sollte ich verzeihen und wem?

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Bief, Ardana hat Biieeeef

Wer hat ihnen ihren Frieden nicht gegönnt?

- Helo

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