Kapitel 47

Elina - Here With Me

Die Ferien kommen immer näher und auch der Sommer. Ich freue mich schon, meine neuen Anziehsachen anzuziehen, nur weiß ich nicht, ob ich mich mit den Röcken in die Schule traue. Vielleicht außerhalb der Schule. Gerade ziehe ich die verschiedensten Kombinationen an und bin der Meinung, dass der blaue Jeansrock gut auf mein weißes Oberteil mit den Kirschen passt. Der schwarze Rock passt auf das schwarze Oberteil mit den kleinen Sonnenblumen. Ist es eigentlich schlimm, dass man sich hübsch für jemanden machen will? Eigentlich nicht, aber irgendwie kommt es mir wie eine Veränderung vor oder ein leichter Zwang. Ardan findet mich sogar in meiner Periodenkleidung wunderschön, da brauche ich mich eigentlich nicht so herauszuputzen. Anfangs habe ich mich auch dagegen entschieden, aber jetzt geht das irgendwie nicht mehr. Vielleicht ist das nur eine Phase. "Cana?", ruft meine Mutter mich. Ich laufe die Treppen hinunter und habe nicht damit gerechnet, dass Baba hier ist. Er war doch gerade eben aus dem Haus. Seine Augen weiten sich. Oje, ich fühle mich unwohl und kreuze meine Beine. "Das ist viel zu kurz!" Mama schlägt ihn. "Shana, du weißt selber, dass das zu kurz ist", schimpft er sie leicht an. Sie seufzt nur. "Ich weiß, aber ..." Sie zuckt mit ihren Schultern. Baba zieht streng die Augenbrauen zusammen. "Cana, das geht nicht. Das ist viel zu freizügig." "Wieso?" "Keine Widerrede." "Can", setzt Mama an. Ich setze mich zu ihr und verstecke mich hinter ihrem Rücken. "Ihre ganzen Beine sind frei." "Sie trägt eine hautfarbene Strumpfhose, dann hat es sich auch." Aufmunternd fährt sie mir über mein Bein. Hätte ich gewusst, dass er hier ist, dann hätte ich mir etwas anderes angezogen.

Jetzt ist mir die Lust auf die Kleidung und das neu Kombinieren vor meinem Spiegel vergangen. "Can, du stinkst. Geh duschen." Ich schaue leicht vor und sehe, wie Baba an sich riecht. "So schlimm?" "Sehr, mein Gesicht ätzt gleich weg." Murrend steht er auf und holt sich neue Sachen, ehe er ins Bad geht. "Zieh dich am besten um, bevor deine Brüder auch noch meckern." Sie tätschelt lächelnd meinen Kopf. Ich tue, was sie mir empfohlen hat und komme in Jogginghose und T-Shirt wieder runter. "Das Essen ist gleich fertig." Gut, ich wollte nämlich gerade fragen, wie lange es noch dauert. Meine Brüder kommen nach unten. Ich drücke mich stärker an Mama. "Uh, rieche ich Hähnchen?", säuselt Adam, der sich auf Mamas Schoß niederlässt. "Du hast an Muskelmasse gewonnen. Das steht dir." Mama pikst ihm lächelnd in die Brust. "Ja, die Frauen im Fitnessstudio fahren voll auf mich ab, aber ich sage immer, dass ich keine Beziehung mit ihnen führen will. Schule geht vor und Mama weiß alles." Außerdem hast du Dilan. Lachend drückt sie Adam an sich. "Was hattest du gerade überhaupt an?", fragt Aiman streng. Wie? Ich dachte, keiner hätte mich gesehen. "Was interessiert dich das?", fauche ich. "Hey, hört auf damit." "Was soll das eigentlich?", ruft er nun in Mamas Richtung, die sichtlich schockiert ist. "Du erlaubst ihr alles. Du verwöhnst sie regelrecht und Baba ist da kein Stück besser! Wir müssen warten und gute Noten ins Haus bringen, damit wir das bekommen, was wir uns wünschen und sie kriegt alles, was sie will, nur weil sie traurig ist?!" Mamas Mund öffnet sich schockiert. Ich drücke mich fester an sie.

"Ey, schrei nicht so", meint Amir nun, der Aiman beruhigend an seinen Schultern festhält. Dieser befreit sich aber sofort. "Nein, ich habe keinen Bock auf diesen Scheiß! Wir dürfen dies nicht, wir dürfen das nicht, aber kaum will die kleine Tochter etwas, dann muss die Welt stillstehen!" Adam geht von Mamas Schoß runter. Sie ist immer noch ruhig. "Aiman", ermahnt Amir ihn. "Was ist hier los?" Baba kommt mit nassen Haaren aus dem Bad und zieht sich sein T-Shirt an. "Ihr! Ihr verwöhnt eure Tochter und wir müssen büßen, weil wir sie etwas erziehen wollen!" "Das stimmt nicht", sagt Mama dann in einem strengen Ton. In meinem Hals bildet sich ein leichter Klos. Wieso sagt Aiman denn nicht meinen Namen? Das sagt er, weil er mich verspottet. Ich blinzele gegen meine Tränen an. "Natürlich stimmt das!", ruft er. "Schrei deine Mutter nicht an!", zischt Baba. "Wieso behandelt ihr uns nicht gleich?" "Das tun wir, Aiman. Hör auf damit." Mama drückt mich an sich. Ich weiß, dass sie sich verletzt fühlt. Ihre Augen sind glasig. "Das tut ihr nicht!", zischt er Mama an. "Sie muss das Beste haben, sie kriegt ohne Diskussion den Führerschein bezahlt, sie darf auch sicherlich eine Beziehung führen, während wir wie Höhlenmenschen leben!" Ich halte inne. Baba wirkt sehr wütend, er wirkt total verspannt. Mama senkt nur seufzend den Blick. "Bei Cana war genau dieselbe Diskussion um den Führerschein. Die Reglung gilt für alle und ihr lebt in Luxus und das wisst ihr", sagt sie ruhig. "Nur weil ihr nicht alles sofort kriegt, heißt es nicht, dass ihr benachteiligt seid. Ich werde euch alle nicht, auch wirklich gar nicht mit Geschenken verwöhnen, ihr müsst alle dafür etwas tun, mein Sohn." Aiman schaut sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Die Stille ist erdrückend.

"Wo fühlst du dich benachteiligt?", fragt nun Baba. Ich will weg. Mein Bruder hasst mich, ich will weg. Ich löse mich mit Mühe von meiner Mama und stehe mit tränenden Augen auf. "Cana?" Ich habe keine Lust. Ich will nicht hierbleiben, ich fühle mich unwohl. "Hey, nicht. Wohin willst du?" Mama nimmt mich in den Arm, aber ich ziehe mir trotzdem die Schuhe an. "Ich gehe zu einer Freundin", flüstere ich. "Willst du nicht mit mir reden?" Mit bebende Lippe schüttele ich den Kopf. "Vielleicht später." Ich will ihr nicht einmal ins Gesicht schauen, weil ich ihre Trauer nicht sehen will. Mein Kopf dröhnt leicht von dem Druck, der immer bei Trauer entsteht. "Lass dir Zeit, meine Süße." Ich nicke. Tränen tropfen schon hinab. Rocky und Tyson kommen auf mich zu. Ich streichele sie, nehme sie aber nicht mit. Niedergeschlagen laufe ich raus und will von ihm einfach nur in den Arm genommen werden. Mit laufender Nase und tränenden Augen stehe ich vor seiner Haustür und sehe Roxy im Garten. Eilig wische ich mir die Nase sauber und klingele. "Weiß ich nicht", höre ich Ardan sagen. Als er die Tür öffnet, weiten sich seine Augen. "Komm her, was ist passiert?" Wimmernd lasse ich mich in seine Arme fallen. Ich brauche es gerade so sehr. "Hey, nicht weinen." "Ich kann nicht anders", flüstere ich schniefend. Langsam schließt er die Tür und fährt mir über den Kopf, küsst meine Schläfe und Wange. "Wer hat dir das angetan?" Gerade kann ich nicht einmal reden, weil ich schniefen muss und mein Inneres bebt. "Streit, es wurde gestritten." "Komm, wir gehen auf mein Zimmer." Er legt seinen Arm um mich und führt mich hoch.

Roxy schließt die Tür, Ardan klappt die Bettdecke zurück und reicht mir ein Taschentuch. "Wenn du dich bereit fühlst, dann erzähle es mir. Möchtest du etwas trinken oder essen? Soll ich dir einen Kakao machen?" Ich nicke. "Kakao", murmele ich. "Okay." Ardan drückt meine Hände, schaut mir eindringlich in die Augen. "Ich beeile mich. Roxy, bleib." Ardan geht durch die Tür und schließt sie. "Komm zu mir", schniefe ich. Roxy setzt sich aufs Bett und hechelt nicht wie immer. Diesmal schaut sie mich traurig an. Ich lege meine Arme um sie. Niemals hätte ich gedacht, dass mir so etwas passiert. Schweigend warte ich, bis Ardan hochkommt. Er hat mir auch Kekse gebracht. "Magst du jetzt reden?" Ich nicke. Vorsichtig schiebt er Roxy zur Seite, damit er neben mir sitzen kann. "Ich habe mir halt meine neue Kleidung angezogen und das hat Aiman dann gesehen. Mit diesem Jungen stimmt etwas nicht. Er hat herumgeschrien, dass ich alles kriege, was ich will und er und meine anderen Brüder warten und gute Noten nach Hause bringen müssen, um das zu bekommen, was sie wollen, aber das stimmt gar nicht! Ich muss genauso gute Noten haben und warten. Was ist daran so schlimm, wenn man sein Kind ein wenig aufmuntern will, wenn es mal traurig ist? Aiman wurde auch schon mit Geschenken aufgeheitert." Mir steigen wieder die Tränen auf. "Er hasst mich, Ardan." Ich halte mir die Hände vor mein Gesicht. Mein Nacken schmerzt vom Druck und ich spüre das leichte Stechen in meiner Brust. Es beruhigt mich, dass er mich in den Arm nimmt. "Ich habe ihm nichts angetan. Das, was er sagt, stimmt nicht!" Ich schlinge meine Arme um ihn und gebe einen frustrierten Seufzer von mir. "Trink deinen Kakao", befiehlt er sanft. Schniefend lasse ich mir den Kakao in die Hand geben und versuche mich zu beruhigen.

"Aber ich bin mir sicher, dass er dich nicht hasst." "Doch, tut er. Er hat so abwertend über mich geredet." "Er hat überreagiert, aber er hasst dich nicht." Ich trinke meinen Kakao und seufze danach. Das warme Getränk tut gut, auch wenn es Juni ist. Ich mag Kakao. "Habe ich euch bei irgendetwas gestört?" Er verneint es. "Das Essen ist gleich fertig, hast du Hunger?" Ich nicke. "Ich hole für uns das Essen hoch." "Nein, ich will keine Umstände machen." "Ich glaube, hier würdest du dich wohler fühlen. Mama hat gesehen wie traurig du bist, ich soll mich um dich kümmern." Aufmunternd lächelt er. "Liegt dir noch etwas auf der Seele?" Meine Mundwinkel zucken kurz. "Das von gestern", murmele ich. "Was ist passiert?" Er drückt mich an sich. Als mir wieder Tränen aufsteigen, trinke ich meinen Kakao. Er ist schon gleich leer. "Ich habe einfach Schuldgefühle." Wieso erzähle ich ihm das? Es würde ihn vielleicht verletzen. Das war zu unüberlegt. Ich rede nicht weiter. "Weshalb?" Niedergeschlagen schüttele ich den Kopf. "Schon gut." "Nein, Cana, das ist nicht gut." "Ich möchte doch nicht darüber reden." Vorsichtig schaue ich in sein besorgtes Gesicht. "Hast du schon mit jemanden darüber geredet?" Ich verneine es und er seufzt. "Okay, ich kann dich nicht dazu zwingen, aber ich bin immer für dich da." Ich liebe diesen Satz. Er ist immer für mich da. Ich trinke meinen Kakao aus und nehme Ardan danach in den Arm. Dieses wunderbar geborgene Gefühl ist wieder da. Ich spüre, wie sich mein Herz beruhigt. Wie gerne ich diese Nacht bei ihm bleiben würde. "Das wird schon wieder." Ahnungslos zucke ich mit meinen Schultern.

Wir rutschen mehr auf das Bett und legen uns hin. Ich schmiege mich direkt an ihn, genieße dieses wunderbare Gefühl. Es ist einfach so unbeschreiblich schön, seinen Körper an meinem zu spüren. Diese Harmonie ist himmlisch. Mein Kopf liegt auf seinem Schlüsselbein, seine Hand fährt durch mein Haar und spielt damit. Ich liebe dich. Noch bin ich nicht mutig genug, es ihm zu beichten, aber er müsste es doch merken. "Danke, Ardan." "Für dich doch immer, Mopsi." Seine große Hand legt sich auf meine Wange, als er meinen Scheitel küsst. Ich drücke mich fester an ihn. "Ich würde dich am liebsten bei mir behalten", gesteht er. Wie glücklich mich diese Beichte macht. "Ich würde auch liebend gern bei dir bleiben." Ich schließe meine Augen. Vielleicht kriegen wir das auch irgendwann hin. Schweigend genießen wir die Stille, die uns einhüllt. Es ist so, als ob Ardan mich von meiner Trauer wirklich befreit hat. Wie faszinierend die Liebe doch ist. Die Liebe ist so schön, sie lässt mich schweben. Ich will mehr von der Liebe kennenlernen. Es klopft an der Tür, sofort entferne ich mich von Ardan. "Ardan? Kannst du die Tür öffnen?" Ardan steht auf und tut es. Seine Mutter steht mit einem großen Tablett in den Händen vor der Tür. "Oh, Dankeschön", murmele ich und eile ihr zur Hilfe. "Ich hoffe, es geht dir besser, meine Liebe." Ich nicke. Das Tablett nehme ich ihr ab und stelle es auf dem Boden ab. "Ich hole etwas zu Trinken", meint Ardan, der mit seiner Mutter und Roxy nach unten geht.

"Hier, wir haben wieder Pudding." Die Nachspeise legt er auf seinem Nachttisch ab. "Didem weiß von uns Bescheid", sage ich aus dem Nichts. Vielleicht sollte ich das nächste Mal keine Scheiße beim Essen erwähnen. "Wie?" Als Antwort zucke ich mit meinen Schultern. "Sie kam am Montag in meine Kabine und hat mir gesagt, dass sie Bescheid weiß. Ich habe mir nichts anmerken lassen und sie nur abserviert. Trotzdem will ich wissen, woher sie das weiß. Hat sie uns irgendwo gesehen?" "Vielleicht auf der Klassenfahrt irgendwo oder sie hat dort irgendetwas gesehen." Auch er hat keine wirkliche Ahnung. "Du hast es niemanden deiner Freundinnen erzählt, oder?" Ich verneine es. "Ich bin nicht bereit dafür." Moment, hat er es Ramzi oder Miran erzählt? "Du?", frage ich zögernd und zum Glück verneint er es. "Tu es auch bitte nicht." "Wieso?" Ich halte inne. "Das ... ich ..." Leicht zerknirscht schaue ich ihn an. "Das musst du selber erfahren, Ardan. Ich verrate nichts." Ich sehe ihm die Unzufriedenheit an. "Aber nimm das nicht falsch auf." Ohne auf meine Aussage zu reagieren, isst er sein Essen. "Ardan, bitte." Seufzend sieht er mich an. "Du verstehst das falsch. Es würde dir doch auch nicht gefallen, wenn ich ein Geheimnis von dir an jemand anders verraten würde, oder?" "Nein", murmelt er. "Siehst du? Das ist alles etwas verzwickt und ich bin sowieso noch nicht bereit dafür." Er nickt. Unser Essen verläuft recht leise, ab und zu tauschen wir Sätze aus. Mir ist auch jetzt erst aufgefallen, dass ich mein Handy nicht mitgenommen habe. Nach dem Nachtisch liegen wir wieder im Bett. Ardan spielt an meinem Bettelarmband herum.

"Ich war wütend, als ich dich am Montag so aufgelöst gesehen habe." "Das hat man dir aber nicht angesehen." "Ich weiß." Seine Augen schielen kurz zu mir. "Aber in mir hat sich Druck aufgebaut. Sonst wäre es zu auffällig." Da hat er recht. In dem Moment war er professioneller als ich, denn ich war diejenige, die sich in seine Arme geschmissen hat. "Wärst du nicht da, dann hätte ich mein Armband nicht mehr." "Dieses Mädchen ist echt dumm. So etwas habe ich lange nicht mehr gesehen." So etwas möchte man nicht sehen. Ein richtiges Miststück. Wie die Mutter dann wohl ist? Mama kann ja beide nicht ab. "Dein Geburtstag kommt immer näher." Ich werde dann siebzehn. Wie weit sind Ardan und ich bis dahin? Habe ich bis dahin meinen ersten Kuss verloren? Wann genau verliere ich ihn? Ich will, dass mein erster Kuss wunderbar wird. Es soll wie in einem Traum sein. "Bleibst du die Ferien über hier?" Ich nicke. "Ich glaube schon und du?" Er nickt. "Meine Eltern sind für einige Tage auf einer Fortbildung während der Ferien. Die Tage bleibe ich dann alleine zu Hause." "Roxy bleibt aber?" "Roxy würde mich niemals verlassen", schmunzelt er. Roxy ist ein wahrer Schatz. "Gibt es etwas, was du überhaupt nicht magst?", frage ich ihn. "Kürbisse. Die Dinger schmecken nicht." "Ich habe noch nie Kürbis probiert." "Lohnt sich nicht, glaub mir. Was ist mit dir?" Ich muss überlegen. "Weiß ich gar nicht. Spargel und Rosenkohl." "Das ist wirklich widerlich, so bitter." "Ja!" Ich nicke heftig. "Und trotzdem gibt es Leute, die es wirklich irgendwie genießen." Gleichzeitig schütteln wir uns.

"Hättest du jemals gedacht, dass du mit mir im Bett landen würdest?" Dreckig grinst er, weshalb ich ihm tadelnd auf die Brust haue. "Widerling." "Komm, der war lustig." Ich muss bei seinem dümmlichen Grinsen schmunzeln. "Nein, ich hätte es niemals gedacht." Schließlich wollte ich das anfangs nicht. "Ich auch nicht." Sein Lächeln wird kleiner. "Das ist ein ernster Schritt. Ich weiß gar nicht, ob ich irgendetwas falsch mache." "Da bist du nicht alleine." Ob er schon seinen ersten Kuss verloren hat? Bestimmt, Ardan ist sehr hübsch. Aber ich bin auch hübsch und immer noch ungeküsst. Nachdenklich spitze ich meine Lippen. Ob er wohl gut küssen kann? Wie übt man das Küssen? Muss man beim Küssen irgendwie saugen? Ich sollte es mal mit meinem Handrücken ausprobieren. Ardan beugt sich plötzlich über mich, weshalb ich mich unwillkürlich weiter in die Matratze drücke und mit aufgerissenen Augen quietsche. Schmunzelnd sieht er mich an. "Ganz ruhig, noch falle ich nicht über dich her." Lachend beugt er sich quer über mich und öffnet die Schublade seines Nachttisches. "Okay", gebe ich piepsig von mir. Noch fällt er nicht über mich her. Noch nicht. Es ist noch zu früh. Er holt ein kleines, schwarzes Büchlein raus und reicht es mir. Ich habe eine Vermutung, als ich mich aufsetze. "Die ganzen Zitate?" Er nickt lächelnd. Vorsichtig schlage ich die erste Seite auf. Dort steht das Zitat, welches er mir am Strand zitiert hat. Ängstigt euch nicht vor dem Tod, denn seine Bitterkeit liegt in der Furcht vor ihm. Ich blättere weiter. Unter den Zitaten stehen auch immer die Namen der Philosophen.

Manchmal reicht nur eine kleine Blume, statt eines ganzen Waldes. Hier steht kein Name. "Hast du das geschrieben?" Er nickt schüchtern lächelnd. "Und auf was ist das bezogen?" "Was kannst du dir darunter vorstellen?", fragt er mich. Ich grübele kurz. "Dass man nicht unbedingt viel braucht, um glücklich zu sein? Vielleicht macht dich die kleine Blume glücklicher als ein ganzer Wald." Er nickt. "Ja." Ein Lächeln wächst auf seinen Lippen. "Und die Blume und der Wald stehen für Personen. Eine gute Person als Freund ist besser, als ganz viele, bei der du die Übersicht verlierst", fügt er hinzu. Wow, Ardan hat so wunderschöne Facetten. "Ich mag dieses Zitat. Es ist echt schön." Das Büchlein drücke ich an mich und genieße sein sanftes, kleines Auflachen. Beim Weiterblättern lese ich wieder Zitate von Philosophen und finde wieder eins von ihm. "Lust, die mich umstreifte, begleitet mich ins Weite, schnell durch Hoch und Tief, bis in heiße Weiche." Mein Mund öffnet sich leicht verdutzt. Das ist leicht vulgär. "Du Lüstling." Er schmunzelt verlegen. "Ich mag es." "Ich auch, aber das ist etwas zu schmutzig für dieses Büchlein. Damit ist Sex gemeint, oder?" Er nickt. Oh. "Aha", grummele ich forschend und schaue wieder ins Buch, luge dennoch einfach hoch zu ihm. "Du Lümmel." Er grinst. Ich blättere weiter. "Lass uns hinfort zum Ort, wo Leid unerwünscht, wo Liebe Pflicht ist. Ardan, deine Gedanken sind wunderschön, selbst die Schmutzigen!" Er bedankt sich lächelnd bei mir. Mit einem Lächeln auf meinen Lippen lese ich weiter. "Meinen Namen aus deinem Mund zu hören, war ein Gedicht der Engel, ein Gesang der Götter." Ich lese das Datum darunter. Montag, 1. Februar. Ich halte kurz inne. War ich nicht bei ihm? Im Februar war ich bei ihm, da wollten wir reden. Da habe ich seinen Namen erwähnt und er hat gesagt, dass er sich gut fühlt, weil ich seinen Namen gesagt habe. Ein leichter Schauder überkommt mich.

Langsam hebe ich den Blick an. Er nickt. "Ich meine dich damit." Leise ziehe ich die Luft ein. Ich fühle mich überaus geschmeichelt. Damit hätte ich niemals gerechnet. Das ist wunderschön. So etwas kriegt nicht jeder. Das ... ich habe keine Worte dafür. "Ich fühle mich geehrt", lächele ich. Er wirkt ganz stolz und das zurecht. Auf so eine Gabe sollte man auch wirklich stolz sein. Ich schaue auf die Uhr an seiner Wand. Wie lange bin ich hiergeblieben? "Ich muss los." Sein Mundwinkel zuckt unzufrieden. Ich würde ja auch gerne hierbleiben, Ardan. Sein Büchlein lege ich schweren Herzens zurück in die Schublade und begebe mich mit ihm nach unten, hebe verlegen die Schultern an, als die Mutter und sogar den Vater im Wohnzimmer sitzen sehe. "Ach, du gehst schon?" Der Vater sieht mich überrascht an. Ich erröte sicherlich. Er steht auf und kommt auf mich zu. "Wir hatten gar nicht das Vergnügen. Schön, dich kennenzulernen." Verlegen schüttele ich seine Hand. "Ganz meinerseits", murmele ich. Jetzt habe ich beide Elternteile kennengelernt. Ich weiß gar nicht, wem Ardan mehr ähnelt. Seinem Vater oder seiner Mutter. "Vielleicht könnt ihr ein anderes Mal plaudern. Mopsi ist sehr schüchtern und muss nach Hause." Mir wird ganz warm, weil er mich vor seinen Eltern Mopsi nennt. "Mopsi? Wie süß!" Seine Mutter lacht. "Bis zum nächsten Mal dann", meint Ardans Vater freundlich. Stumm und mit einem kleinen Lächeln winke ich dem Vater und der Mutter. Roxy kommt wieder zu mir, als ich mir die Schuhe zubinde. "Ciao, Roxy." Ich umarme sie und gebe ihr einen Kuss auf den Kopf, ehe mir Ardan aufhilft und mir die Tür öffnet. Diesmal lasse ich mir weniger Zeit mit dem Zögern, als ich ihn in den Arm nehme. "Bis Morgen, Ardan und danke für alles." Er setzt mir einen Kuss auf die Schläfe und drückt mich fester an sich.

Etwas nervös laufe ich los, weil ich nicht weiß, wie es zu Hause sein wird. Was wurde alles gesagt? Wurde es lauter? Wurde es unangenehmer? Den ganzen Weg über spiele ich an meinen Fingern, bis ich mit meinem Daumen auf dem Scanner die Tore öffne und dann an der Tür klingele. Mein Herz schlägt schneller. Ich weiß nicht, welche Person die Tür öffnet, aber anhand der Silhouette weiß ich, dass es nicht Mama ist. Ich verspanne mich leicht, weil Aiman die Tür öffnet. Mir ist ganz warm und es läuft mir kalt den Rücken runter. Wieso muss ausgerechnet er die Tür öffnen? Ich möchte nicht einmal an ihm vorbeilaufen. Sein Blick sagt mir nichts. Ich sollte einfach schnell ins Haus. Leicht niedergeschlagen, weil ich doch ein wenig Hoffnung auf ein Vertragen hatte, setze ich den Schritt über die Türschwelle, spüre aber sofort Erleichterung, als er mich in seine Arme zieht. Mir steigen sofort die Tränen auf. "Es tut mir leid." Meine Hände krampfen leicht, weil ich immer noch wütend auf ihn bin. Ich bin wütend und verletzt und jetzt bin ich erleichtert, dass mir diese Last von den Schultern gefallen ist. Langsam erwidere ich die Umarmung und drücke dolle zu. Heimlich wische ich mir an ihm meine Tränen ab. Das muss ich Ardan erzählen. Es ist endlich vorbei. Es erleichtert mich so sehr. Langsam lösen wir uns voneinander. Ich bin ein wenig verlegen. Schniefend wische ich mir die Tränen weg und sehe Mama, die zufrieden Lächelt. "So habe ich es am liebsten", sagt sie. Ich bleibe bei meiner Familie im Wohnzimmer, bis wir schlafen gehen sollen. Die ganzen Klamotten liegen noch hier und beim Aufräumen finde ich mein Handy auf meinem Bett. Im Schnelldurchlauf gehe ich alle Nachrichten durch, bis ich auf die letzte Nachricht stoße und stark lächeln muss.

'Du bist die kleine Blume, die ich statt eines ganzen Waldes haben möchte.'

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IT'S SO CUTE I KNOW

Das war das letzte Kapitel

N O M I N I E R U N G

01. Lieblingsband?
Hab keine Lieblingsband

02. Von "ganz okay" bis "total super" - wie toll findet ihr mich?
Ich weiß nicht mehr, wer mich nominiert hat, aber wenn du mich magst, dann finde ich dich toll und wenn du irgendetwas an mir nicht magst, dann fuck you

03. Wenn ihr eine fiktive Person heiraten könntet, welche wäre es?
Can und Ardan - Daddy Material

04. Lieblingsspiel?
Menschen ärgern

05. Lieblingsjahreszeit?
Sommer und Flüüüühling

06. Lieblingsbösewicht?
Helan

07. Zehn Fakten über dich
1. Ich wusste gar nicht, dass ich poetisch sein kann

2. Ich mag die Filet Bites von KFC nicht, die sind ekelig

3. Bei den Jungs, die mir über den Weg laufen, bin ich echt Männerfeindlich

4. Bei den ganzen Jungs, die alle Rapper werden wollen und bei den Mädchen, die plötzlich auf Instagram als Stars groß rauskommen wollen, sinkt der Wunsch nach Kindern immer mehr

5. Beim Schreiben lenke ich mich voll schnell mit meinem Handy oder mit den Mukbang-Videos ab, die im Hintergrund laufen

6. Zum Schreiben höre ich immer meine Mukbang-Videos

7. Ich habe die schlechte Angewohnheit, mir immer zu viel von einer gewissen Sache zu kaufen, wenn ich voll darauf stehe - ich habe zu viele Highlighter und immer noch ganz viele Labellos von früher

8. Wenn ich Chemie immer noch bei meinem alten Lehrer habe, werde ich es mit hoher Wahrscheinlichkeit abwählen

9. In den Sommerferien habe ich mich getraut eine Kirsche zu essen, nachdem ich lang überlegt habe, denn bei Kirschen jucken meine Lippen ganz wild, mein Hals auch und meistens trocknen meine Lippen dann aus - DIESMAL HAT ES NUR EIN KLEINES BISSCHEN IM HALS GEJUCKT

10. Ich würde niemals meine Ansprüche runterschrauben.

- Helo

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