Kapitel 39
Macy Kate - Stay
Wir stehen auf dem Hof, wir fahren gleich los. Meine Ferien wurden mir vergrault und meine Mutter hatte echte Bedenken, was diese Herzstiche angehen. Na ja, wenn nicht, dann nicht - Ardan. Ich will ihn gar nicht sehen, aber ich werde ihn sehen oder zumindest hören. Hören werde ich ihn, weil er in meiner Nähe sitzen wird. Yasmin und die anderen versuchen schon öfter bei mir zu bohren, aber ich lehne ab. Ein Stolzbruch, so nenne ich das. Das ist erniedrigend, aber das Gefühl müsste ja schon lange willkommen sein. Akzeptanz. Er hat etwas mit der Akzeptanz, aber mich lässt er außen vor, was sein Geheimnis angeht - wie ich es bei meinen Freundinnen mache. Aber was soll ich machen? Es kommt mir nicht über die Lippen, etwas in mir will einfach nicht. Wenn es nicht rauskommt, dann bin ich noch nicht bereit für das Beichten, Punkt. "Meine Kleine ist gleich weg", nuschelt meine Mutter, als sei ich immer noch fünf. Baba wirkt nicht so begeistert, aber er lässt es sich nur halb ansehen. "Dann trinkt sie dort und ist alleine mit Jungs und-," "Ihr Vater sticht die Reifen des Busses ab", unterbricht Baba sie im Singsang. Ich pruste. Mama drückt mich an sich. "Hach, ich fühle mich einfach wieder wie in der elften Klasse, wenn ich sehe, dass sie wegfährt. Weißt du noch, Can? Unsere Busfahrt." Er schmunzelt, schüttelt den Kopf. "Du und deine Sprüche." "Du und deine Taten." "Eine Tat hast du perfekt ausgeübt." Mama schnappt erschrocken nach Luft. "Aus!" Seinen imaginären Reißverschluss am Mund schließt er.
Ich schaue mich um, viele sind schon da, aber noch nicht alle. Mama hat schon vorgestern die Route von zu Hause bis hierhin geplant, damit ich die Fahrt auch ja nicht verpasse. Sie hat uns echt angemeckert, weil wir zwei Minuten zu spät aus dem Haus gegangen sind. Wären meine Freunde schon hier, dann hätte ich wenigstens Unterhaltung - wenn ich überhaupt Redebedarf habe. Seit dem letzten Besuch bei Ardan zu Hause, habe ich nur zu Hause gehockt und Trübsal geblasen. Mal habe ich geweint und mal habe ich Wutanfälle bekommen. Meine Ferien waren zusammengefasst nicht wirklich prickelnd. Ich verstehe ihn einfach nicht. Erst sucht er nach Berührungen und dann weicht er zurück. Hat ihm irgendjemand das Herz gebrochen und er reagiert deshalb so empfindlich? Das würde dann auch die fehlende Akzeptanz erklären. Vielleicht hat er auch nur gelogen, was diese Michelle angeht. Vielleicht ist sie die Herzensdiebin. Dieses Miststück, wegen ihr leide ich. Und wie es ihm wohl ging? Nach der Sache mit Michelle und nach meinem Abgang? War er auch wie ich in einer Phase der Trauer? Sicherlich, er wollte doch nicht, dass ich gehe. Aber wieso hat er sich zurückgezogen? Ich kann es mir nicht so ganz erklären. Es hat irgendetwas mit fehlender Akzeptanz zu tun. Aber was es ist, weiß nur er und Gott. Ob er wohl gläubig ist? Wirklich fromm wirkt er ja nicht, aber das tue ich ja auch nicht. Wann er wohl kommt? Ach, das kann mir ja egal sein. Das kleine Etwas zwischen ihm und mir ist erloschen. Ich schaue vom Boden - auf den ich unbewusst gestarrt habe - durch die Gegend. Und schlucke.
Ardan. Da steht er. Hübsch, wie immer und müde. Na ja, es ist auch 07:25 Uhr. Seine Haare wirken nicht wie immer frisiert, aber sie sehen trotzdem wie sonst auch aus: schön. Man will durch sie durchgreifen, wuscheln und an den Längen ziehen. Als ich an Körperkontakt denke, zieht sich meine Brust zusammen. Es war nur eine Illusion, ich sollte aufhören. Er schaut mich ja nicht einmal an. Bevor ich noch zu emotional werde, wende ich den Blick ab, als Mama auf die Mutter zuläuft. Sie hat sich so gefreut, als ich bei ihnen zu Hause war. Dass meine Mutter jetzt zu ihr geht, bereitet mir Schuldgefühle. "Hey, was ist los?" Baba hebt mein Gesicht an. Ich zucke mit meinen Schultern und schlinge meine Arme um ihn. "Wer hat meiner kleinen Prinzessin wehgetan?" Sein Kosename lässt mich schmunzeln. Mopsi. Kaum vernehmbar seufze ich. Ich werde ihn nicht los. Ob ich ihn nicht loswerden will oder kann, weiß ich nicht. Vorsichtig schiele ich zu meiner Mutter, die sich prächtig mit der Mutter versteht. Wo wohl der Vater ist? "Brauchst du noch mehr Geld?" Ich schaue zu Baba hoch und verneine es. "Sicher?" "Ich habe schon zu viel Geld bekommen." Unzufrieden zucken seine Mundwinkel. "Vielleicht noch ein Fünfziger?" Ich lehne ab. "Ein Hunderter?" Schmunzelnd schüttele ich den Kopf. "Zwanzig?" "Nein, Baba." "Das Doppelte?" "Ich glaube nicht, dass ich überhaupt etwas von den zweihundert Euro ausgeben werde." Er wirkt nicht sehr zufrieden. Ich brauche mehr von solchen Problemen; dass mein Vater mir mehr Geld geben will, statt die ganze Zeit an Ardan und die Illusion zu denken.
Irgendwann kommen auch meine Freunde und irgendwann steigen wir in den Bus. "Vergiss die Beruhigungstropfen nicht, die ich dir gegeben habe. Bei dem leichtesten Stich schreibst du mich an und pass bloß auf, dass du keine Erdnüsse isst." Mama knutscht mein ganzes Gesicht ab und drückt mich noch einmal ganz fest an sich. "Du tötest sie ja noch", kommentiert Baba belustigt. Irgendwann lässt Mama auch von mir ab und ich kann einsteigen. Aber dann zieht mich Baba doch wieder zurück und drückt mich noch einmal. Lachend tätschele ich seinen Rücken. "Shana, sollten wir uns ein Ferienhaus dort mieten für die Tage?" "Nein", lache ich. Er sieht mich spöttisch an. "Ach, ist das so?" Ich nicke kichernd und verabschiede mich endgültig von ihnen. Die beiden Viererplätze wurden von uns belegt. Ich setze mich neben Yasmin und seufze. Dass er in meiner unmittelbaren Nähe sitzt, lässt mich unwohl fühlen. Wenn wir uns geküsst hätten, dann wäre es noch schlimmer für mich. Dann wäre es für mich eine schlimme Lüge. Wieso wurde er so zornig, weil ich gehen wollte? Wieso kann er sich nicht sofort öffnen? Ich verstehe zwar, dass Menschen beim Kennenlernen oft verschlossen sind, aber wir kennen uns doch und haben so einiges miteinander unternommen. Er hat seine Hand sofort zurückgezogen, als ich gesagt habe, dass ich mich nicht auf etwas einlassen will, was keinen Sinn ergibt. Jedoch wollte er nicht, dass ich gehe. Will ich mich wirklich auf etwas einlassen? Reichen meine Gefühle dafür? Ich würde so gerne wieder mit ihm reden wollen ... so sehr. Ich mag ihn wirklich.
War es das wirklich? Ich habe ihm ja gesagt, dass er nachdenken soll. Wie lange muss er denn noch nachdenken? Ich glaube, es ist vorbei. Ich schaue aus dem Fenster und blinzele langsam gegen die Tränen an. Verdammt! Dieser scheiß Junge. Sein Armband habe ich abgenommen, aber es ist immer noch bei mir. Gerade ist es in meiner Jackentasche. Vielleicht brauche ich einfach mehr Geduld. Aber ich will jetzt eine Antwort! "Was ist los hier? Seid ihr alle noch am Pennen?", fragt Ramzi. "Die Schlafmütze neben mir sicherlich." Yasmin stößt mir in die Seite und lächelt. "Was ist los?", fragt sie fürsorglich. Abwinkend schüttele ich den Kopf. "Nichts, nur noch etwas müde." Ich hoffe einfach, dass ich mich während der Fahrt wieder erhole. Ich will nicht mit angeschlagener Laune die Tage mit meinen Freunden verbringen. Bedeute ich ihm denn nichts, dass er sich gar nicht mehr gemeldet hat? Ach, ich will es lieber nicht erfahren, sonst schmerzt mein Herz nur wieder. Einfach tief durchatmen und weiterleben. Es ist ja nicht so, dass ich ihn liebe ... hoffe ich zumindest. Ich will gar nicht weiter darüber nachdenken. "Was wird das Erste sein, was wir machen werden?", grübelt Ramzi. "Womöglich aussteigen." Ich will echt nicht schmunzeln, aber Ardans Satz lässt mich nicht kalt. "Tut mir leid, Herr Oberschlau. So weit habe ich nicht gedacht." Ramzi schaut beleidigt weg. Wie er wohl Ardan gegenüber ist, wenn er irgendeinmal Bescheid weiß, was er und ich erlebt haben? Ich will es ihm nicht sagen, weil ich mich schäme. Na ja, gezwungen werde ich ja nicht.
"Ich hoffe, das Essen schmeckt da auch", meint Amal. "Du hast sowieso den schlimmsten Geschmack. Ich will dich nicht an das Diner erinnern", murrt Miran, weshalb wir lachen und Amal schmollt. Die Bilder im Doris Diner ... unsere sich neckenden Finger, oh Mann. Ich vermisse es. "Ich freue mich richtig auf diese dreieckigen Häuser. Ich hoffe, es ist eng und wir müssen auf einem Bett schlafen." Ramzi fährt Mirans Arm hoch und schaut lüstern zu Ardan. Sein schüchternes Lächeln lässt mich dahinschmelzen und dieses Grübchen erst! "Ich freue mich echt auf unser Häuschen", raunt Ramzi. Seine Augen wandern bei Ardan hinunter. Oh Gott, meine auch! Schnell schaue ich weg. Meine Wangen fühlen sich warm an. "Hätten wir mal ein Spiel oder so mitgenommen, das wir während der Fahrt spielen könnten." Nachträglich seufzt Dilan. "Wir fahren nur zwei Stunden, beruhig dich mal", spottet Miran. "Ein Spiel hätte sicherlich nicht schaden können", mische ich mich leise ein. "Es gibt ja Tabu als App und da wir dort WLAN haben, können wir es herunterladen und dann spielen." Ardans Stimme beruhigt einen sehr. Man könnte sicherlich gut mit ihr einschlafen ... vor allem, wenn man auf seiner Brust noch liegt. "Oh Ardan, du bist immer so schlau", schwärmt Ramzi. Seine Hände hält er ineinander verschränkt an seine Wange und dreht seinen Kopf zu Ardan, der wieder lächelt. Er freut sich sicherlich darüber. Es hat etwas mit Akzeptanz zu tun. Was ist früher nur passiert? Er ist ein sehr sanftmütiger, sensibler Mensch. Oh Mann, diese sanfte Seite ist so anschaulich, so schön, so rein.
Nach zwei Stunden und einigen Minuten kommen wir dann vor dem Resort an und nachdem wir uns die Rede von Lehrern und Mitarbeiter anhören mussten, kriegen wir die Schlüssel und laufen auf unsere Häuser zu. "Wir sind Nachbarn", säuselt Ramzi, als er seinen Arm um mich legt. "Ich wechsele mal den Schlüssel." "Gut." Ramzi tauscht seinen Schlüssel gegen meinen. Wegen seiner Idee muss ich lachen. Was ein Idiot er doch ist. "Was ist los?", murmelt er. Ich seufze. "Nichts, nur müde." Skeptisch sieht er mich an. Ich kriege ein schlechtes Gefühl - mal wieder. Ich werde es ihm niemals beichten können. Ich hätte zu große Angst vor seiner Enttäuschung, auch wenn er kein Recht dazu hätte, enttäuscht zu sein. Aber gegen die menschliche Natur kann man nichts machen. "Du weißt, dass du es mir erzählen kannst?" Ich nicke, versuche keine verräterischen Tränen hervorzurufen. "Danke, Ramzi." Ich lächele und schließe die Tür auf. Hinter mir höre ich irgendwann die Mädels kreischen. "Party!", säuselt Yasmin. "Es gibt ein Ehe- und Hochbett. Wer schläft wo?" Ich ignoriere Dilans Frage leicht, als ich mir die schlichte Innenausstattung ansehe. Es sieht von draußen hundertmal schicker aus, aber es nicht wirklich verschimmelt oder sonstiges. Es ist schlicht mit weißen Wänden und viel Holz hantiert worden. "Das Ehebett ist genau vor dem Fenster!", ruft Yasmin von oben. "Ich will im Ehebett schlafen", meint sie dann, woraufhin eine Diskussion entsteht. Seufzend laufe ich nach oben und schmeiße meine Tasche einfach auf die Seite, die genau am Fenster ist. "So, ich schlafe da. Wer von euch neben mir schläft, soll mit einem Blutkampf beschlossen werden." Schmunzelnd hole ich meinen Koffer hoch und sehe den Mädchen bei ihrer Einteilung zu.
"Da ich die Älteste bin, muss ich auf das Küken aufpassen." Mit diesem Argument lässt sich Yasmin auf das Bett neben mir fallen. "Damit hat es sich geklärt", summt sie im Anschluss. "Dann schlafe ich oben." Noch bevor Amal widersprechen kann, klettert Dilan hoch aufs Bett. "Das ist für das verschwendete Geld im Doris Diner", schmunzelt Yasmin. Gemeinsam beginnen wir, Amal auszulachen, die sich mit einem übertriebenen Schmollen hinsetzt. "Ich suche mir hier einfach einen süßen Typen und frage, ob ich bei ihm schlafen darf." Wieder lachen wir. "Das macht einfach jeder von uns. Und, Cana? Wen nimmst du dir?" Yasmins Grinsen lässt mich die Augen verdrehen. "Wieso fängst du nicht an?", frage ich sarkastisch. Ihr Grinsen fällt nicht. "Du bist die Geheimnisvolle von uns. Ardana muss doch endlich ans Tageslicht rücken." "Oh Gott." Ich drücke mir das Kissen ans Gesicht, um meine echte Mimik zu verstecken. Es schmerzt ein wenig, dass sie über uns reden, weil es mit Sicherheit kein Näherkommen mehr geben wird. Ich lege mich hin, versuche mir nichts anmerken zu lassen. Wir werden auch hier Bowlen. Und draußen wimmelt es nur von Grünem. Dilans Koffer ist grün, kann es noch besser werden? Mein Gott, genug Assoziationen! Wenn er nicht will, dann nicht, fertig, Punkt! Ich weiß, dass ich mir sowieso wieder widersprechen werde, aber gerade stört es mich so stark. Heute werde ich, wenn es sein muss, auch schroff zu ihm sein. "Klopfidi-Klopf-Klopf. Hier stinkt es nach Cana." Ramzis Würgen hört man bis nach oben.
"Hallo, Nachbarn", begrüßt er uns nasal. Hinter ihm taucht Miran auf ... nur Miran. Egal, ich denke einfach nicht daran. Oh, da ist er ja schon. Unwillkürlich muss ich meine Babyhaare zwirbeln. "Cana, desgire te", singt Dilan schräg. Er ist nicht mein Freund!, murre ich sie innerlich an. Ich senke den Blick, spiele doch an meinem Bettelarmband herum, als an meinen Haaren. "Chillen wir heute draußen? Vielleicht machen wir noch ein illegales Lagerfeuer und erzählen uns Gruselgeschichten." Ramzis Bein legt sich nach seinem Satz über Mirans Schoß. "Bitte sagt ja, sonst lässt er uns heute nicht in Ruhe." Wir lachen. "Sollen wir uns nicht jetzt schon nach draußen setzen? Es ist so schön warm." Alle stimmen Ardan zu - ich bleibe stumm - und stehen auf. Ich lege meine Jacke ab und laufe als Letzte raus. Er ist vor mir, riecht so unbeschreiblich schön. Ich würde meine Hand gerne auf die freie Haut seines Trapezmuskels legen. Er wirkt viel kräftiger ... viel attraktiver. Und schon ist der Gedanke mit dem möglichen schroff werden weg. Mit den grünen - wieso ist alles grün? - Plastikstühlen, die auf der kleinen Terrasse gestapelt sind, setzen wir uns aufs Grüne. "Heute gehen wir Bowlen. Ich habe fürs Schwimmen hier extra meinen pinken Bikini eingepackt", erzählt Ramzi stolz, der tuntig seine Hände auf Ardans und Mirans Schultern legt. "Für die beiden Sahneschnittchen muss ich mich von meiner besten Seite präsentieren." Schmunzelt binde ich mir meine Haare zu einem Zopf und sehe im Augenwinkel Didem. Na toll, muss die bei mir in der Nähe wohnen? Wir sind eine so große Stufe und sie konnte sich kein anderes Haus aussuchen? "Push-up!", ruft Dilan. Sofort reagiert Didem und so sehr ich auch nicht lachen will, ich muss - vor allem, da die anderen auch lachen.
Ihr Blick ist finster auf mich gerichtet. Was will sie machen? Ich weiß, dass sie nur etwas gegen meine Brüste sagen kann und gegebenenfalls gegen meine Wohlhabenheit. Zwar trifft sie mich immer wieder, wenn sie über meine Brüste redet, aber im Endeffekt ist sie die Mickrige von uns. Ich schaue wieder zu meiner Bande und höre zu, was sie so zu sagen haben. "Wir gehen auch ins Sea Life und dann noch zum Hansapark", erzählt Ardan. "Darauf freue ich mich am meisten. Direkt auf die Achterbahn und Ramzi davon irgendwie runterschmeißen. Vielleicht belästigt er mich nicht mehr." Wegen Mirans Aussage schmollt Ramzi. "Warte ab, mein Geist wird dich heimsuchen und vergewaltigen." Er rutscht zu Ardan, den er umarmt. So herzlich wie Ardan nun mal ist, legt er belustigt seine Arme um ihn und tätschelt beruhigend seinen Kopf. "Alles gut, ich bin ja da." "Ja", schmollt Ramzi. Ich schaue woanders hin, weil Erinnerungen hochkommen, wie ich in seinen Armen lag. In meinem Brustkorb vibriert es. Ich werde die Verbindungen zu der Vergangenheit einfach nicht los - vor allem nicht, wenn ich nur von purem Grün umgeben bin! Würde Ramzi immer noch so gegenüber Ardan sein, wenn er mehr wüsste? Ich würde es nur zu gerne sehen. Es wäre schade, wenn es nicht mehr so wäre. Ich würde es vermissen. Die Zeit vergeht, das Mittagessen kommt und eine Stunde danach sind wir auch schon beim Bowlen, wo ich ausgelassener sein kann. Die Zeit dort vergeht schnell und jetzt mache ich mich bereit, um schwimmen zu gehen. "Kommt ihr nicht mit?", frage ich. "Ich muss mich erst rasieren." Und schon rennt Dilan ins Bad. "Okay, dann gehe ich schon mal vor."
Mit meiner Tasche gehe ich ins Entdeckerbad, gebe Bescheid, dass ich zu einer Stufe gehöre, da so der Eintritt für drei Stunden kostenlos ist und mache mich bereit fürs Schwimmen. Es ist schon etwas dunkler geworden. Im Hallenbad leuchten LEDs, was mir sehr gefällt. Erstaunlicherweise sind hier sehr wenige und diese befinden sich auch draußen. Ich tauche ins Becken, schwimme Runden und stütze mich dann am Rand ab, lege nachdenklich den Kopf in meine verschränkten Arme, schaue auf den Sonnenuntergang. Wieso braucht Dilan so lange zum Rasieren? Es wird langsam langweilig hier. Vielleicht turtelt sie noch etwas mit Adam am Handy, das könnte ich ihr zutrauen. Sie senden sich gegenseitig eindeutige Signale - sie versuchen es ja gerade sogar mit einer richtigen Beziehung oder mit dem Weg dahin. Wieso ist es bei Ardan und mir nicht so leicht? Wir harmonieren doch so gut. Was fehlt uns? Ehrlichkeit. Ja, es ist die Ehrlichkeit, die uns fehlt und der passende Mut. Seufzend lasse ich mich auf dem Rücken Richtung Plastikgrotte treiben. Vielleicht ist es doch besser, wenn Dilan nicht kommt. Ich will irgendwie meine Ruhe haben, ohne unterbrochen zu werden. Nachdenken, hypothetisch denken. Als ich der Grotte und dem dort herabrieselnden Wasser näherkomme, mache ich mich bereit, um meine Augen zu schließen und gleite unter das tropfende Wasser, als ich dann gegen etwas stoße. Ruckartig stehe ich wieder und drehe mich um. Mein Herz rutscht mir in die Hose.
Ardan. Meine Arme hebe ich an, sodass meine Handknöchel mein Kinn berühren. Es ist mir ein wenig unangenehm, dass er mich so spärlich bekleidet sieht. Mein Herz schlägt augenblicklich schneller. Sein Blick liegt auf meinem Gesicht. Er steht vor mir, schaut mich mit einem gemischten Blick an. Was soll ich machen? Was wird er machen? Ich schlucke, mir ist sehr warm und ich weiß nicht, ob ich laut atme oder es mir nur so vorkommt. Sein Blick zeigt mehr Sänfte. Langsam kommt er auf mich zu. Automatisch laufe ich nach hinten, wieder durch die Grotte. Was will er machen? Was ist seine Intention? Seine flinken Hände halten mich fest, drücken mich sanft an die Grotte. Oh Gott. Ich schlucke wieder, erschaudere. Sein Blick geht jetzt nun mehr ins Wehleidige. Dass seine Hände meine Oberarme festhalten, macht mich verrückt. "Cana." In mir machen sich Hoffnungen breit. Ganz, ganz, ganz viele Hoffnungen. Er nimmt meine Hand, ich spüre eine sofortige Gänsehaut. Mein Blick ist abwartend, hoffend, vielleicht zeigt mein Blick auf Verzweiflung. Ich bete, dass jetzt niemand kommt. Er hält meine Hand mit beiden Händen fest, es fühlt sich so unbeschreiblich gut an. Zögernd bewegt er sie hoch, legt sie aber nur unten am Brustkorb ab. "Bitte nicht." Wie? Was? Doch nicht? Mein enttäuschter Blick ruft Fragen auf. "Ich will dieses Band zwischen uns nicht verlieren." Doch nicht! Innerlich schlage ich Purzelbäume. Ein erfreutes Keuchen kann ich mir nicht verkneifen. Ja, ja, ja! Es geht bergauf! Ich nicke. Ich nicke ganz wild und spüre schon Tränen der Erleichterung. Ich will echt nicht weinen, aber das nimmt mir so viel Last von den Schultern. Gott, ich fühle mich so erleichtert. Sein Lächeln spricht Bände, meins muss wohl ein ganzer Film sein.
"Cana?" Verdammt, das ist Dilan! Sofort schwimme ich weg, ich schwimme am besten nach draußen. Mein Herz pocht ganz aufgeregt und ich erschaudere, weil es draußen frisch ist. So frisch wie das Geständnis. Ich muss mich beruhigen, ich muss mein Grinsen verstecken. Es geht doch weiter mit uns. Er hat sich entschieden und ich ziehe nur zu gerne mit. Am liebsten würde ich vor Freude kreischen, um meine Energie loszuwerden. Stattdessen schwimme ich hin und zurück und treffe dann auf Dilan. "Du bist aber aktiv. Warst du die ganze Zeit unter Wasser, dass weder Ardan noch ich dich finden konnten?" Ich muss kichern, nicke einfach nur. "Ich bin so hyperaktiv!" Energisch schmeiße ich mich auf Dilan, welche zu taumeln beginnt. Oh Mann, heute werde ich vor Freude nicht schlafen können. Dilans Kopf drücke ich fest an mich und sehe zu Ardan, der mich wissend anlächelt. Mir wird wieder warm, weil sein Lächeln einfach so atemberaubend schön ist. Ich schiele auf seinen Oberkörper, sehe feine Linien und Konturen. Seine Hand tätschelt seinen Oberkörper. Er hat mich erwischt, aber da ich so aufgedreht bin, interessiert es mich gar nicht. Nach den drei Stunden und weiteren Stunden liege ich komplett zufrieden im Bett. Mir wird nichts mehr die Laune verderben können, denn zwischen Ardan und mir geht es weiter. Ich kann ihn wieder voll und ganz mögen. Mag ich ihn denn nur wirklich? Nein, das kann nicht sein. Ich würde mich doch nicht so sehr freuen ... oder? Schließlich mag ich Ramzi doch auch sehr und bin froh, dass wir immer noch mit einander befreundet sind. Aber Ramzi und Ardan sind nicht auf demselben Level. Irgendwie habe ich Angst, weiter darüber nachzudenken. Ich habe ja noch Zeit. Vielleicht steht es ja schon fest, nur will ich es nicht einsehen. Eins steht jedoch fest:
Ardan ist ein Herzensdieb.
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