Kapitel 28

DYSN ft. Prelow - IRL

Der heutige Tag verspricht Gutes. Gestern konnte ich schwer einschlafen, weil ich an Ardan und mich denken musste, an die vergangenen Stunden, die wir bei ihm verbracht haben und die wunderbaren Augenblicke. Ich will jetzt am liebsten zu ihm und in seine Arme geschlossen werden, weil ich ihn so vermisse. Seufzend lasse ich mich im Kunstraum nieder und hoffe, dass er kommt. Meine Jacke ziehe ich aus und spiele an seinem Armband herum ... das Armband, welches er mir geschenkt hat. Ich fühle mich so besonders! Hat er auch gestern viel über mich oder uns nachgedacht, nachdem ich nach Hause gegangen bin? Ob dieses Mal sein Herz schneller geschlagen hat? Irgendwie lässt das meine Laune sinken, denn ich weiß trotz des schönen Tages nicht, wie ich fühlen soll. Ich will mich nicht verlieben ... zumindest nicht einseitig. Aber ich will mein Abitur machen und mich dann verlieben. Wenn Mama das hingekriegt hat und ich mir vorgenommen habe, es so wie sie zu machen, dann muss es mir doch gelingen. Ich weiß, dass ich so etwas nicht kontrollieren kann, aber ich würde es gerne verschieben, so schön es sich auch anfühlt. Wo ist er? Muss er heute wieder zum Arzt? Wann treffen wir uns wieder? Ich würde am liebsten heute wieder zu ihm und kann es gar nicht abwarten, bis es Mai ist und wir auf Klassenfahrt sind. Den Mädels höre ich gar nicht zu, weil ich auf ihn warte. Da ist er ja! Er tritt lachend mit Amal rein, was mich schon etwas stört ... nicht, dass ich eifersüchtig bin, es ist einfach nur kalt und ich habe meine Tage - das reicht als Rechtfertigung.

"Cana?" Ich schaue zu Yasmin und dann zu Dilan. "Ja?" "Wieso hörst du uns nicht zu, du Miststück?" Yasmin grinst dreckig. "Was denn?" "Heute fallen die letzten zwei aus und wir dachten uns, wir gehen zu mir. Kommst du mit?" Ich bestätige es Yasmin, die es Amal noch einmal sagt und schaue Ardan dabei zu, wie er sich die Jacke auszieht. Bei der Auswahl seines heutigen Oberteils halte ich erschrocken die Luft an. Das ist sein grüner Pullover! Ich ... ich bin baff. Ist das ein Liebesgeständnis? Ach, was rede ich da? Aber er trägt den Pullover genau nachdem ich in ihm zurückgegeben habe. Er ist bestimmt nicht gewachsen ... ich hoffe, er ist nicht gewaschen. Ich lasse die Haare zur Seite fallen, damit die anderen nichts sehen und schaue ziemlich auffällig auf den Pullover. Mein Herz schlägt schon ein bisschen schneller, aber nur ein bisschen wirklich. Ardan schaut auf die Schnürungen seines Lederarmbands, die aus meinem Ärmel hervorlugen und lächelt sanft. Schüchtern senke ich den Blick und lege meinen Kopf in meine ineinander geschränkten Arme. Er trägt den Pullover. Er trägt den Pullover, den ich davor getragen habe! Mein Duft hängt noch bestimmt am Stoff und ich denke gerade an die Momente in Büchern, wo einer der beiden Verliebten am Oberteil des anderen riecht. Mein Bauch zieht sich sofort zusammen und das herrliche Gefühl der Glückseligkeit macht sich in meiner Brust breit. Der wunderbare Moment unserer Umarmung kommt mir wieder in den Sinn, seine Wärme, das Gefühl, was er mir vermittelt hat.

Gerade stelle ich mir vor, wie ich krank bin und er sich um mich kümmert, weil er gestern so verdammt verständnisvoll und süß war. Oh Mann, wieso bin ich nur am Träumen von Ardan? Träumt er auch so viel von mir? Nein, bestimmt nicht. Sofort kommt mein Trotz aus mir, weshalb ich zu den Mädels schaue, die unsere Bilder verteilen. Ramzi setzt sich neben mich und stößt seine Schulter gegen meine. "Wie geht es dir?" "Gut." Er schürzt seine Lippen kurz. "Nur gut?" "Heute gehen wir pumpen." Er zuckt mit seinen Schultern. Er ist immer noch nicht ganz weg, aber hoffentlich geht das schnell. "Ardan, du kannst heute, oder?", fragt er ihn, was mir leichtes Unbehagen bereitet, denn ich war ja gestern noch bei ihm, trage sein Armband und er den Pullover, den ich zuvor getragen habe. Wenn Ramzi das wüsste, dann würde er sich super scheiße fühlen. Ardan nickt lächelnd und nimmt einen Bleistift in die Hand. Wieso sieht das so unfassbar elegant und männlich aus? Er kann Dinge bestimmt sehr gut festhalten ... ich sollte aufhören, Erotikbücher zu lesen. Diese Gedanken werden ja immer verrückter, ich muss aufhören! "Was wollen wir heute bei dir machen?", versuche ich mich abzulenken. "Ach, wir finden schon eine Beschäftigung. Stoff zum Lästern und Reden haben wir genug." Ouh. Sie schaut mich grinsend an und sofort senke ich den Blick. Haben sie etwas bemerkt? Aber wie? Ich will nicht ausgefragt werden. Ich werde nichts verraten ... noch nicht. Wenn es nichts wird, will ich diese Demütigung nicht ans Tageslicht bringen. Aber wieso sollte es nichts werden? Wieso zerbreche ich mir darüber überhaupt den Kopf?

Etwas zu still verabschiede ich mich von Ardan und Miran und steige zu Elyas ins Auto, der uns fährt. "Cana, gehen deine Brüder heute ins Fitnessstudio?" "Weiß ich nicht, aber Ramzi geht ja." Elyas guckt seinen Bruder an und fährt dann ein wenig schneller. Yasmin wohnt viel weiter weit von Ardan. Ihre Hausnummer ist 22 und Dilan wohnt nur zwei Häuser weiter weg. Wir ziehen unsere Schuhe aus und laufen hoch in Yasmins Zimmer, wo ich mich sofort aufs Bett schmeiße. Das habe ich echt nötig, nach sechs Stunden Unterricht im Februar. "So, Cana, du brauchst dich jetzt nicht zu verstecken und so zu tun, als ob du gleich einschläfst." Ich murre unzufrieden, weil ich echt keine Lust habe, mich den Fragen zu stellen, die gleich kommen werden. "Los, raus mit der Sprache!" "Was soll ich sagen?", frage ich Yasmin, die mich ungläubig ansieht. "Tu mal nicht so. Du und Ardan." Ich schlage ihr auf den Oberarm und zische, damit sie leise ist. Ramzi ist direkt nebenan! Sie schaut mich verdutzt an, weil Ramzi ihr anscheinend nichts erzählt hat. Ich hoffe, dass er das nicht mitgekriegt hat. "Wofür war das?" Ich schüttele einfach nur den Kopf und lege die Decke wieder ganz um mich. Ich will nicht über ihn und mich reden und vor allem nicht, wenn mein bester Freund nebenan ist, der immer noch Gefühle für mich hat. Das ist mir total unangenehm. "Schrei doch gleich", gebe ich ironisch von mir. "Oh", versteht sie nun und nickt. "Aber da läuft doch was", gibt Dilan prüfend von sich, die ihre Augenlider zusammenkneift. "Und wie steht es mit dir und meinem Bruder?" "Da ist gar nichts!" Ist klar, Dilan. Ich verdrehe meine Augen und summe ungläubig.

"Erzähl doch von dir und Ardan", zischt sie leise. "Da ist wohl Ärger im Paradies", ziehe ich sie schmunzelnd auf. Ich weiß, dass da etwas ist. Ich habe Adam oft genug erwischt, wie die beiden telefoniert haben. Mir und den anderen beiden Mädchen muss sie nichts vormachen. "Mama freut sich sicherlich auf dich als Schwiegertochter." "Wie sie von sich ablenkt." "Dilan, du lenkst ab." Trotzig schüttelt sie ihren Kopf und schlüpft ebenfalls unter die Decke. "Also, Cana. Da läuft doch sicherlich etwas zwischen dir und unserem Sweety Ardan." Ich schüttele den Kopf, obwohl Yasmin so goldrichtig liegt. "Ganz sicher?" "Ja, was soll da laufen?" Außer, dass wir gestern einen wunderbaren Tag miteinander verbracht haben und er mir etwas anvertraut hat. "Du kommst mir die letzte Zeit so verträumt vor." "Ich habe schon immer geträumt." Neckend zieht sie ihre Augenbraue hoch und nimmt mein Handgelenk. Nein! Aber, wenn ich mein Handgelenk zurückziehe, dann wird es noch auffälliger. "Seit wann trägst du außer dem Bettelarmband andere Armbänder? Und dann noch Lederarmbänder, wie Ardan sie trägt?" Sie hat mich, aber ich habe meine Ausrede parat. "Mein Vater hat auch Lederarmbänder. Was willst du mir damit sagen?" "Also ist das nicht sein Armband?", fragt Dilan. Ich verneine es, obwohl es gelogen ist. "Wieso sollte ich sein Armband tragen?" Ich fühle mich so unwohl und will nicht, dass sie mich weiter darüber ausfragen. Noch will ich nichts preisgeben, einfach, weil noch nichts Festes steht. Am liebsten würde ich wieder bei ihm sein, damit ich von dieser Fragerei wegkomme.

"Na ja, ich weiß nicht. Es hat seinem Armband geähnelt", gibt Yasmin schulterzuckend von sich. "Heute hatte er aber auch ein Lederarmband an", meint Amal, die heute mit ihm gelacht hat. Über was sie wohl gelacht haben? "Wieso shippt ihr nicht Ardan mit Amal? Heute sind sie zusammen in den Raum gekommen und haben gelacht." Amal prustet und wird von Dilan und Yasmin kreischend hin und her geschubst. "Nimmst du Cana ihren Lover weg?", fragt Dilan mit gespielter Empörung. "Er hat mich geneckt, weil ich ausgerutscht bin und dann ist er selber fast ausgerutscht. Da haben wir uns gegenseitig geneckt." "Was sich neckt, das liebt sich", grinse ich glücklich zu sehen, dass mein Ablenkungsmanöver klappt und die beiden auf Amal draufgehen. "Und du, Yasmin?", fragt Amal, die sich ihre zerzausten Kringellocken zu einem Zopf bindet. Sie zuckt mit ihren Schultern. "Los, Mama", grinse ich. "Ja, du bist die Älteste von uns und musst deshalb als Erste heiraten." "Da ist niemand, aber ich würde mich freuen, wenn mal einer kommen würde." Verlegen zuckt sie mit ihren Schultern. "Sehnst du dich nach einem Freund?" Sie nickt mir leicht zu. "Wieso?" "Das ist echt schön. Ich habe doch einmal von diesem Jungen erzählt. Cana, es war so schön, dass jemand da war, der dir das Gefühl von mehr gegeben hat." Ich weiß, Yasmin. "Du liest doch tausend Bücher, da musst du doch wissen, wie schön es sich anfühlt." "Ja, ich weiß, aber ... keine Ahnung." Ohne zu wissen, wie ich meinen Satz weiterführe, zucke ich mit meinen Schultern. Plötzlich fühle ich mich wieder ein wenig traurig, weil ich ein wenig pessimistisch werde.

"Was ist, wenn er nicht der Richtige ist? Da ist es doch der totale Herzschmerz, wenn er dich gut behandelt hat, es aber komplett gelogen hat." Vielleicht ist es bei Ardan ja auch so. Dieses verdammt unangenehme Gefühl in meiner Brust breitet sich auf, bis hin zu meinen Handballen. Es tut sogar leicht weh in der Brust. Es kann gut möglich sein, dass ich es falsch aufnehme, wie diese Michelle. Oh Gott, nein, nein, nein. Dieser starke Druck legt sich auf meinen Nacken und ich spüre ihn auch leicht auf meinen Augen, als ich den Blick senke, weil die Tränen meine Augen bedecken. Vielleicht sehe ich alles anders, als es ist. Vielleicht ist alles nur ein riesiger Schein, damit auch ich zu spüren bekomme, dass man sich nicht aussuchen kann, wann und in wen man sich verliebt. Ist es nur gelogen? Ist es nur seine Warmherzigkeit? Ich spüre wirklich einen Stich im Herzen, der mich zusammenzucken lässt. Was war das? Instinktiv halte ich mir meine Brust und schaue überrascht in Yasmins überraschte Augen. "Was ist los?" Ich keuche leise, weil dieser Schmerz so überraschend kam. "Hey, was ist passiert?" Sie legt ihren Arm um mich und mischt damit die Gefühle und Gedanken auf, die zu diesem Stich geführt haben. Mir steigen noch mehr Tränen auf, weil ich an das Vergangene denken muss. Vielleicht ist es doch nur eine Lüge, ein Missverständnis oder nur etwas von kurzer Zeit. Vielleicht bildet Ardan es sich nur ein, aber was soll er sich einbilden? Ich schluchze unwillkürlich, drücke mir aber schnell die Hand auf den Mund.

Sofort kommen alle drei auf mich zu und umarmen mich. "Hey, was ist los?", fragt Amal besorgt. Der innere Druck ist wieder da und diesmal mit einer stärkeren Wucht. "Cana." Yasmins Augen schauen mich mitfühlend an. Ich sollte mich damit nicht belasten, denn ich weiß nicht einmal, wo Ardan und ich sind, aber ich will unwillkürlich auf etwas zugehen, bei dem ich nicht sicher bin, ob ich auf die Art und Weise willkommen bin, die ich mir ersehne. Wieso trage ich das Armband überhaupt? Aber er hat doch auch den Pullover angehabt, der sicherlich nicht gewaschen wurde. Ich reagiere wieder zu sehr über, aber was soll ich machen? Ich weiß nichts und ich kann ihn auch nicht fragen, weil ich keine weitere Demütigung erleiden will. Das ist ein verdammt erniedrigender Schmerz, der zu einem weiteren, mich zusammenzucken lassenden Stich in der Brust führt. "Cana, erzähl es uns", fordert Yasmin sanft, als ihre Hand über mein Haar gleitet. "Ist da etwas passiert, wovon wir vielleicht wissen sollten?", fragt Dilan. "Ich erzähle gar nichts", rutscht es mir in einem unfreundlichen Ton aus. Das wollte ich nicht, aber ... Gott, ich kann es nicht einmal erklären. "Hat es etwas mit ihm zu tun?", möchte Yasmin vorsichtig wissen. Aufgebracht wische ich mir die Tränen weg, denn gerade bin ich wütend, weil ich mir so oft den Kopf über eine Person zerbreche, von der ich überhaupt nicht weiß, ob auch Gegenseitigkeit besteht. Aber woher soll ich das wissen? Vielleicht denkt er ja an mich, aber vielleicht auch nicht. Vielleicht ist er mit anderen Dingen beschäftigt. Seufzend lege ich mich hin, kauere mich zusammen und lege die Decke über meine Schultern. "Cana, erzähl es uns doch bitte." Wieder verneine ich Yasmins Bitte.

Ich bin gerade zu stur und zu stolz, um Ardan diesen Schritt zu gewähren. Nein, ich will das alles nicht, aber ich kann mich nicht aufhalten. Ich weiß, dass ich morgen wieder dieses Kribbeln im Bauch haben werde, wenn Ardan bei mir ist und ich werde mich so sehr freuen, wenn wir uns wieder treffen, genauso werde ich es genießen, wenn wir alleine beisammen sind und danach werde ich wieder negative Gedanken in mir hegen, weil ich mich plötzlich daran erinnern werde, dass meine Eltern gar nicht stolz auf mich sein werden, dass ich komplett gegen meine Moralen verstoße und dass ich ein fatales Risiko von Gefühlen eingehe. Ich muss Gewissheit haben, ich muss mit ihm reden! Nein, ich will nicht, ich traue mich nicht. "Hey, lasst sie in Ruhe", mischt sich Amal ein. "Wenn sie nicht darüber reden möchte, dann ist sie nicht bereit und dann müssen wir warten." Gerade bereue ich es, dass es mich gestört hat, dass sie und Ardan gelacht haben. Das setzt mir alles so zu, ich brauche Pause. Ich werde Ardan einfach die Monate nicht zu nahetreten und auf kein weiteres Treffen eingehen, bis ich nicht wieder neutral ihm gegenüber bin. Das geht mir zu schnell und ich muss Mama wegen diesem Stich befragen ... oder ich reagiere über. Vielleicht war es nur ein harmloser Stich im Herzen, vielleicht war es gar nicht mein Herz. Ich hatte ja auch oft genug Seitenstechen. Erschöpft schließe ich meine Augen und genieße die Streicheleinheiten, die mich beruhigen. "Cana, du weißt, dass wir dir nur helfen wollen." Dilans Kulleraugen schauen besorgt. Sie weint schnell mit, weshalb ihre Augen schon glasig sind.

Ich nicke nur und schließe meine Augen wieder. "Wir holen jetzt Süßigkeiten und schauen einen Film oder so", bestimmt Yasmin, die mich mit der Decke hochzieht und nach unten ins Wohnzimmer bringt. "Was möchte das Nesthäkchen trinken?" Ich lächele schniefend und spüre ein unangenehmes Gefühl im Magen, als ich an ein Getränk denke. "Kakao." Amal bringt noch weitere Decken und holt Netflix auf den Fernsehbildschirm. So weitverbreitet Netflix und Kakao auch sind, es erinnert mich an ihn. Gott, wie soll ich nur von ihm wegkommen, wenn mich die einfachsten Dinge an ihn erinnern? Ich sollte ihm heute schreiben, vielleicht komme ich dann schneller von ihm weg. "Aber wirst du es uns erzählen, wenn du bereit dazu bist? Du weißt, dass wir dir helfen werden und dich nicht verurteilen." Dilans Kulleraugen schauen mich liebevoll an und ihre Arme laden mich ein, mich an sie zu schmiegen, was ich auch dringend brauche. "Komm her." Sie drückt mich an sich und haucht mir einen Kuss auf den Scheitel. Ich muss meine Sensibilität unter Kontrolle bringen. So oft man auch sagt, dass ich nach meiner Mutter komme, sehe ich mich oft wie das genaue Gegenteil von ihr. Sie hat bestimmt nicht nach einem halben Jahr wegen Baba geweint. Sie hat sich mit Händen und Füßen gewehrt, aber ich kann das nicht, denn ich habe zu viel ihrer Sensibilität und Emotionalität. Ich bin da viel weicher als sie, lasse Menschen schneller in mein Herz, was zum Herzschmerz führen kann. Dieser Kummer ist scheußlich, so nervig und nicht heilbar, aber vielleicht heilt mich die Tasse Kakao, die auf mich zukommt.

Ich bin einfach mit Mama und Baba mitgefahren, als sie zurückgekommen sind und sitze jetzt in meinem Zimmer, das Handy in meiner Hand, seine Nummer und sein Name prangen meinen Bildschirm, ziehen mich in das Hin und Her von Anrufen und Reden oder Wegschalten und Abhauen. Ich werde heute nicht schlafen können, wenn ich es nicht tue, aber ich weiß nicht, ob ich überhaupt in der Lage bin, um mit ihm zu reden. Sanft streiche ich über seinen schönen Namen. Ardan, der Feuergeber. Ardan Nemir, der Unsterbliche, der das Feuer gibt. Mein Name ist schon etwas doppelt gemoppelt, weil Cana schön heißt und Jamil ebenfalls. Also bin ich doppelt hübsch. Der dusselige Gedanke lässt mich schmunzeln. Aber mein Name hat auch eine Zweitbedeutung, denn es ist auch die Zusammensetzung der Namen meiner Eltern. Seufzend drücke ich auf das Hörersymbol und halte mir mein Handy an mein Ohr. Was ist, wenn er gerade keine Zeit hat? Aber was soll er um 20:54 Uhr schon machen? Tief atme ich durch, ignoriere mein pochendes Herz und bete, dass das hier kein Fehler ist oder sein wird, denn ich werde mich fragen, wieso ich es getan habe und wieso ich es nicht einfach sein gelassen habe. Er nimmt ab, mir wird warm.

"Hallo, Cana." Wieder einmal spricht er meinen Namen so wunderschön aus.

"Hallo, Ardan", flüstere ich. Das Licht schalte ich aus und bringe meine Lichterkette zum Leuchten.

"Was ist los? Du hörst dich traurig an." Seine Aufmerksamkeit lässt mich dahinschmelzen.

"Ich ..." Was soll ich sagen? Ich wusste, dass ich kein Wort rausbringen kann, vor allem, wenn ich mir davor keine Gedanken gemacht habe. Ich kann meine Gefühle nicht in Worte umwandeln.

"Ist heute etwas vorgefallen?"

"Ja", hauche ich.

"Erzähl es mir." Tief atme ich durch, ringe nach Konzentration und passenden Worten.

"Du... haben-, also ..." Ich seufze. Ich kann das nicht.

"Mit wem hat es etwas zu tun?" Mit dir und mit mir, Ardan. Es hat etwas mit uns zu tun.

"Meinst du, wir könnten für eine Zeit lang nur in der Schule Kontakt haben?" Es wird still und ich bereue es, dass ich es gesagt habe. Ich höre ein leichtes Schnauben seinerseits.

"Wieso?" Ich halte inne, nachdem ich versucht habe, etwas anzusetzen.

"Ich weiß es nicht", erwidere ich leicht niedergeschlagen.

"Wieso, Cana? Es muss einen Grund geben." Ahnungslos schüttele ich den Kopf und kämpfe gegen die Tränen an.

"Es ist ... es ist in letzter Zeit ... so viel?"

"Und deshalb musst du mich abweisen?", fragt er etwas scharf. Ich kenne diesen Ton von ihm gar nicht.

"Ich ... ich", setze ich an, werde aber sofort unterbrochen.

"Was? Wieso muss man mich immer abweisen? Ist es so schwer, mit mir zu leben? Bin ich so verkrüppelt? Ist es das, Cana? Sag es mir, passe ich nicht ins Bild?" Ich halte mir schluchzend eine Hand vor den Mund. Seine Worte gepaart mit seiner Wut versetzen mich in noch mehr Aufruhr.

"Ich will doch nur etwas Zeit, um klarzukommen", wimmere ich. Grob wische ich mir die Tränen weg und schluchzte.

"Weshalb?" Ich weiß es doch auch nicht ganz.

"Wieso bist du so wütend?"

"Wieso hast du mich angerufen?"

"Das habe ich dir doch gerade beantwortet", blaffe ich und wünsche mir den Ardan, der mich mit seiner sanften Stimme beruhigen kann.

"Mich abzuweisen, damit du mit etwas klarkommen kannst? Was habe ich dir jemals getan, dass du mich so abblockst? Ich ... ich habe dir nichts getan!", flüstert er am Ende.  Doch, Ardan, das hast du.Mein Kopf dröhnt vom Druck, der sich immer so penetrant verteilt.

"Bitte", wispere ich. Meine Sicht ist verschwommen und in meiner Brust sticht es wieder. Instinktiv fasse ich mir an die Brust und atme tief durch.

"Wieso machst du sowas? Ich dachte, du kannst mich verstehen." Er atmet zitternd durch.

"Ich dachte, dass wenigstens du mich nicht abweisen würdest. Ich war mir einmal in meinem Leben mal wieder sicher! Immer ich! Ich mache nichts, freue mich einmal und schon scheißt mir das gottverdammte Schicksal wieder rein!" Ich halte mir mein Handy fern von meinem Ohr, weil mich sein Schreien so stark verletzt.

"Wieso kannst du mich denn nicht verstehen?" Er lacht verächtlich und hustet dann.

"Oh, Cana, ich habe zu oft Gutes gegeben und nichts zurückbekommen. Irgendwann reicht es auch." Ich keuche und halte mir die Brust. Es tut wieder weh, es sticht total stark. Diesmal huste ich und werde leicht hysterisch.

"Bitte, gib mir nur etwas Zeit", schluchze ich. Meine Tränen tropfen auf meine Decke und mein Herz tut verdammt weh. Ich höre ihn nur zitternd einatmen, ein Schniefen und dann wie er auflegt.

Dieser Schmerz ist unerträglich, es tut so verdammt weh und dieses Stechen in der Brust macht es noch schlimmer. Ich weine laut und huste, weiß nicht, was ich tun soll. Meine Handballen kribbeln stark vom elektrisierenden Gefühl, die ich an meine Brust drücke, weil es nicht aufhören will zu stechen. "Mama!", rufe ich schluchzend. "Mama!", schreie ich schon fast. Ich will jemanden bei mir haben, ich will emotionale Hilfe. "Cana?" Amir klopft an der Tür und rüttelt an der Klinke. Ich zittere, mir ist verdammt warm und ich habe das Gefühl, dass es ganz kalt am Rücken ist, als ich zur Tür laufe und sie aufschließe. Amir ist ganz schockiert bei meinem Anblick. "Was ist los? Mama!" "Was ist passiert?", höre ich Mama panisch sagen, die mit einem Mantel und nassen Haaren die Treppen hochrennt und mich schockiert ansieht. "Was ist los?" Sofort nimmt sie mich in ihre Arme und keucht erschrocken. "Cana, du bist super warm und dein Herz schlägt schnell." "Ich habe Stechen in der Brust", flüstere ich. Plötzlich fühle ich mich so schlapp und nehme nur halb auf, dass auch Adam und Aiman fragen, was los ist. "Can!", ruft sie und schaut mir in die Augen. "Cana, wir gehen ins Krankenhaus, ja?" Ich nicke und lasse mich auf Amir runtertragen. Das ist mir alles viel zu viel. Ich weiß nicht einmal, wieso ich plötzlich Schmerzen in der Brust habe. "Shana, dein Pager piept. Was ist los?" Baba kommt sofort auf mich zu und ist ganz schockiert. Ein weiteres Stechen durchzuckt mich. Es ist stärker als ein Seitenstich und lässt mich nur schwach atmen. Mama zieht sich schnell ihren Pyjama an, schlüpft in ihre Latschen und bindet sich auf den Weg zum Auto die Haare zu.

"Ihr bleib hier, ja?" Sie schaut auf ihren Pager und schnalzt mit ihrer Zunge. "Scheiße, Can, du musst schnell fahren. Ich muss mich um noch jemanden kümmern." "Aber erst um Cana", presst er hervor. Mama fährt mir über meinen Kopf und seufzt. "Hattest du schon den ganzen Tag Fieber?" "Ich wusste nicht einmal, dass ich Fieber habe." "Was hat sie?" "Ich ... ich kann grad nicht klar denken. Cana ist doch komplett gesund." Mama atmet zitternd durch und drückt mich an ihr schnell schlagendes Herz. "Mir kommt gerade nur eine Angina pectoris in den Sinn. Wie lange hat das Stechen angehalten, Cana?" "Nicht sonderlich lange, aber es hat sich schon etwas in die Länge gezogen." Wir kommen vor dem Krankenhaus an, wo wir begrüßt werden und auf die Herzstation fahren. "Susi? Ist das Zimmer für EKGs frei?" Sie zeigt auf ein Zimmer. "Nein, aber das daneben. Im anderen Zimmer wartet man auf Sie." Mama nickt nur. "Sag den anderen bitte Bescheid, dass ich den Raum nutzen muss." Mama drückt mich in den Raum und seufzt. "Cana, du musst mir alles schildern, ja? Susi macht dir die Elektroden dran und ich komme so schnell es geht zurück, okay, Süße?" Ich nicke und sehe zu, wie sie in Latschen und Pyjama ihren Kittel von Baba übergezogen bekommt und den Raum verlässt. "Was ist denn passiert? Du bist doch so jung", fragt Susi überrascht, die mich bittet, meinen Oberkörper frei zu machen. "Ich hatte plötzlich Stechen in der Brust und dann wurde mir alles zu viel und dann hat es stärker geschmerzt", flüstere ich.

Ich warte mehrere Minuten bis Mama seufzend hineinkommt und sich die Werte anschaut. Ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Was ist?", frage ich, als Susi sich zu ihr stellt. "Du bist belastet, Cana. Ich ... ich muss-, oh Gott." Sie atmet tief durch. "Soll ich Dr. Mindorf holen?" "Ich brauche sie dafür nicht, ich sehe es ja klar und deutlich, aber ... nein, das kann einfach nicht sein. Das ähnelt ja den EKGs von KHK-Patienten." Schockiert sieht sie mich an. Ich ... nein, ich bin doch nicht herzkrank. Mama versucht ihre Fassung zu halten, obwohl sie gleich losweinen könnte. "Ich muss mir das noch einmal ansehen. Ich rufe dich gleich wieder, Susi, ja? Danke für deine Hilfe." Die Schwester tritt aus dem Raum und Mama macht mir die Elektroden ab. "Cana, du musst jetzt ganz ehrlich sein." "Habe ich eine Herzkrankheit?", frage ich leicht panisch. "Noch steht nichts fest, aber was ist passiert? Hast du schon vorher solche Symptome gehabt? Warst du extrem aus der Puste, falls du die Treppen in dein Zimmer hochgestiegen bist?" Ich verneine es. "Hast du Stress?" Ich presse meine Lippen aufeinander. "Ein wenig." "Wie viel genau?" Sie hilft mir in meine Kleidung. "Ich weiß es nicht." "Cana, bitte." "Ich kann es wirklich nicht einschätzen, Mama", gebe ich schon fast brüchig von mir, weshalb sie sich an mich drückt. "Ganz ruhig, Cana. Nicht belasten. Ich hole kurz die andere Ärztin und deinen Vater und dann gehen wir nach Hause, ja? Morgen bleibst du zu Hause." Ich nicke und schließe meine Augen, als sie meine Stirn küsst und danach kurz rausgeht, aber die Tür offen lässt.

"Sie können doch nicht einfach so einen Raum für sich beanspruchen, wenn hier noch Betrieb herrscht." Mama wirkt sichtlich unbeeindruckt von der älteren Ärztin. "Hier herrscht die ganze Zeit Betrieb, aber darum geht es nicht und falls Sie sich beschweren wollen, können Sie sich an den Chefarzt wenden." Sie zeigt auf Baba. Ich muss schmunzeln, weil Mama tun und lassen kann, was sie will. Schließlich steht sie im Pyjama hier und hat mich und wen anders so behandelt. "Da ich sonst auch angemeckert werde, wenn ich Ihnen nichts mitteile, dürfen Sie einen Blick auf die EKG-Werte werfen und dann noch auf die des Langzeit-EKGs." Susi tritt wieder zu mir in den Raum und schließt schmunzelnd die Tür. "Deine Mutter hat es mit der Zicke echt einfach, seitdem dein Vater der Chefarzt ist." Ich ziehe mir wieder das Oberteil und ziehe den BH tiefer, als Susi neue Elektroden an meiner Brust befestigt. "Hatte sie es davor etwa schwer?" "Nein", prustet sie. Dachte ich mir schon. Als ob Mama sich etwas von jemanden sagen lässt. Kurze Zeit danach darf ich mir vorsichtig mein Oberteil wieder anziehen. Das Gerät hängt mit an einem Band um meinen Hals und die Elektroden wurden mit Band noch einmal fixiert. "Can, ganz ruhig." Mamas Stimme beruhigt mich und hoffentlich auch Baba, der ganz besorgt das Auto fährt. "Hätte ich mich mal auch krankschreiben lassen." Mama prustet mit mir. "Gleich nimmst du etwas Fiebersaft zu dir und liegt im Wohnzimmer mit uns herum, ja?" Ich nicke.

Ich nehme im Wohnzimmer Platz und sehe Baba zu, wie er mir in Scheiben geschnittene Gurken und Wasser serviert. Er ist total besorgt und schaut leicht gequält, denn er hasst es, wenn wir leiden. Er ist super sensibel, auch wenn er überhaupt nicht so aussieht, sondern eher Angst einflößend mit seinen Tattoos und seinen zwei Metern. "Can, alles wird wieder gut." Er fährt sich seufzend über sein Gesicht und setzt sich links von mir hin. Die Jungs kommen von oben und fragen, was ich habe. "Ich weiß es selber nicht. Ich warte auf die die Werte des Langzeit-EKGs und gucke dann weiter. Ich mache mir schon Gedanken, ob es irgendwie etwas mit deiner Erdnussallergie zu tun hat." Mama seufzt. "Heute werde ich nicht schlafen können", sagen meine Eltern gleichzeitig. Ich muss lächeln und lege beide Arme um sie. "Ey, ich brauche auch Aufmerksamkeit." Adam setzt sich auf meinen Vater und schmiegt sich an ihn, während Aiman sich an Mama schmiegt und Amir von Mama auf ihren Schoß gezogen wird. "Mama, du gehst unter", lacht er. "Ich brauche mein Oxytocin", murmelt sie. Tief atme ich durch und genieße die Liebe, die sich gerade breitmacht. Ich will an nichts Negatives denken. Nicht jetzt, denn meine Eltern sind schon besorgt. Ich schließe einfach nur meine Augen und beruhige mich und mein Herz.

Mein Herz und meine Seele brauchen Pause von diesem Jungen.

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ISSA PLOTTWIST MUHAHAHAHA NIEMAND KAM DRAUF WUHAHAHAAAAAAAAAAA

Dankeschön an die ganzen Ehrenfrauen, die mich so toll verteidigen ❤️❤️❤️

- Helo

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