Kapitel 19

Shawn Mendes - Fallin' All In You

Zwei Stunden Englisch erwarten mich gleich. Müde und demotiviert ziehe ich mir den weißen Rollkragenpullover an, den ich eigentlich verfluchen sollte, seit dem letzten Mal, den ich ihn anhatte. Ich muss an die Nachhilfe von Gestern denken ... das war schon schön. Wäre ich doch ein wenig länger geblieben ... oder nicht? Ich weiß nicht so recht. Was hätten wir denn noch gemacht? Vielleicht ein wenig ferngeschaut? Ach, das ist doch egal. Hoffentlich hält sich Ardan an meine Bitte und lässt es geheim, denn das wäre sonst sehr unangenehm für mich. Ich nehme mir meine hellblaue Hose raus und brauche heute länger bei der Auswahl meines Parfüms. Wenn ich weniger Auswahl hätte, dann wäre es vielleicht viel einfacher. Ob Amir heute Zeit hat? Irgendwie wünsche ich mir, dass er keine Zeit hat und sich mehr auf seine Klausuren konzentrieren muss - damit hätte ich kein Problem. Mit Tasche und Jacke laufe ich nach unten, als ich mich endlich für ein Parfüm entscheiden konnte und esse Kelloggs mit Adam und Aiman. Wenn die beiden nur wüssten, wo ich gestern war ... oh Gott, das dürfen sie niemals erfahren. Es ist schon heftig, was ich jetzt schon alles gemacht habe: Pöbeleien, Kloppe, komische Gefühle und Gedanken, ich war bei einem Jungen, habe mich mit ihm getroffen und meine Mama deshalb angelogen. Wegen ihm habe ich sogar zwei Stunden geschwänzt und lag stattdessen schlecht gelaunt im Bett. Das alles ist echt untypisch für mich. Nur noch heute und dann ist es auch endlich vorbei.

Ich steige etwas zügiger als die Jungs aus dem Auto, weil ich sie nicht bei mir haben will - warum auch immer. Vielleicht ist Ardan schon da, ich weiß es nicht. Ob er mit seinem Auto gefahren ist, von seinen Eltern oder mit dem Bus zur Schule gefahren wurde, weiß ich nicht. Am Samstag mache ich mit allen den Erste-Hilfe-Kurs und dann kann ich schon mit den Theoriestunden beginnen, um irgendwann Auto fahren zu dürfen. Noch ist niemand da, weshalb ich alleine auf der Bank sitze, bis meine Brüder sich zu mir gesellen. Seit der letzten Auseinandersetzung mit Didem sind sie bei mir und wachen ein wenig über mich. Nicht immer, weil ich auch keine Lust auf sie habe, aber schon oft. Ich schaue mich auf dem Hof um und sehe, Dilan und Miran kommen. "Na?", begrüßt Dilan mich. Lächelnd wackele ich mit meinen Augenbrauen, als Begrüßung. Nebenbei höre ich, wie sich Ardan zu uns stellt und meine Brüder begrüßt. "Wie war das Lernen gestern mit deinem Bruder?" Oh Mann, das ist mir schon unangenehm. Ich bin in einer Gasse gefangen, weil Adam und Aiman womöglich wissen, dass Amir mir nicht helfen konnte. Ich darf nicht nervös werden. "Geht ihr heute trainieren?", fragt Ardan meine Brüder, wofür ich sehr dankbar bin, denn er wickelt sie in ein Gespräch ein. Puh, sie können mir nicht dazwischenreden. "Ganz gut, aber es wird trotzdem keine gute Note." Ich zucke mit meinen Schultern. Ich war eigentlich bei Ardan alleine zu Hause und er wollte eigentlich ausgiebig duschen und andere Dinge tun, die Jungs unter der Dusche machen. Hoffentlich fragt sie nicht weiter nach. "Gibt er dir heute wieder Nachhilfe?" Ahnungslos zucke ich mit meinen Schultern. "Vielleicht, ich weiß es nicht." Eine Lüge ist es nicht, denn ich weiß ehrlich nicht, ob Amir heute Zeit für mich hat. Ich hoffe, er hat keine Zeit.

Während den ganzen sieben Stunden habe ich mich nicht getraut, Ardan zu fragen, ob wir wieder gemeinsam lernen. Na ja, ich lerne und er schaut mir zu, weil er schon alles kann. Wir waren auch die ganze Zeit mit der Gruppe, da konnte ich ihn nicht lockerflockig fragen, ob er mir heute wieder Nachhilfe geben kann. Ich frage ihn einfach gleich per WhatsApp, das ist am sichersten. Ich fahre bei Dilan und Miran mit, die von Yusef abgeholt werden und steige dankend aus. "Melde dich, wenn Amir doch nicht kann." Ich nicke Dilan zu und bin dankbar, dass Yusef nichts sagt, da er anscheinend auch nichts weiß. Zum Glück studiert Yusef nicht auch Psychologie. Als ich die Haustür betrete, schreibe ich Ardan direkt an und gehe in die Küche, um zu essen. Diesmal vergesse ich es durch die Hektik nicht. Aber Moment, vielleicht geht Ardan heute trainieren. Er hat doch heute mit meinen Brüdern darüber geredet. Vielleicht war das kein Ablenkungsmanöver. Oh Mann, wenn er mir absagt, dann werde ich mich komisch fühlen. Aber jetzt konzentriere ich mich auf mein Essen. Das ist gerade wichtiger als Ardan. Ich hoffe, dass ich zwischen ihm und Miran sitzen kann, damit ich abschreiben kann, denn ich weiß, dass ich durch die Aufgabenstellung durcheinanderkomme und unsicher werde. Irgendwie habe ich Lust, bei ihm Kakao zu trinken. Das wäre doch nicht verwerflich, oder? Ist ja nur Kakao. Mit Kakao ist Mathe sicherlich erträglicher ... und mit Ardan an der Seite ist es am erträglichsten. Wieso braucht er so lange zum Antworten? Packt er gerade seine Sporttasche fürs Trainieren gleich? Egal, ich habe ihn nur mit seinem Namen angeschrieben und nicht mit der Frage. Ah! Mein Handy hat vibriert.

'Möchtest du wieder mit mir lernen?' Oh, dass er schon Bescheid weiß, lässt meinen Körper erhitzen.

'Wenn du nicht zum Sport gehen musst.' Ich beiße kurz auf die Unterlippe und atme tief durch. Hoffentlich kann er.

'Nein, das war nur ein Ablenkungsmanöver.' Puh, doch nur eine Ablenkung.

'Gut, danke dafür. Wann kann ich kommen?'

'Diesmal brauchst du keine Stunde zu warten.' Oh, er neckt mich. Davon lasse ich mich aber nicht beirren - ich versuche es zumindest.

'Gut, dann komme ich in einer halben Stunde. Habt ihr Kakao da?'

'Ja, Popcorn auch und sogar Liebesfilme.' Das Augenpaar am Ende seines Satzes lässt seine Nachricht irgendwie lustig erscheinen. Ich muss schmunzeln.

'Mir reicht Kakao.'

'Und was ist mit mir? Denkst du auch mal an den Besitzer des Kakaos?'

'Hast du Patent auf Kakao?'

'Alles eine Frage der Perspektive.' Ich muss kichern.

'Das können wir vielleicht in Ruhe ausdiskutieren, aber jetzt konzentriere ich mich auf mein Essen, und dann später auf Mathe.' Ich lege mein Handy weg und esse weiter. Rocky und Tyson kommen auf mich zu und schmiegen sich an meine Beine. Mein Handy vibriert und als ich die Nachricht auf meinem Bildschirm lese, bleibt mir der Mund leicht offen.

'Und auf mich.'

Ich weiß, dass es nur ein Spaß ist, aber er hat damit auch ins Schwarze getroffen ... irgendwie ... oder doch nicht? Ich weiß es nicht. Ich will ja nur Mathe lernen, aber man kann diese Aussage sofort entkräften, da ich noch Miran habe, der mir Mathe erklären kann. Wären Adam und Aiman nicht auch in ihrer Klausurphase, dann könnten sie es mir beibringen oder mein Vater, aber der hat ja Bereitschaftsdienst, aber im Dezember wird er ja Chefarzt und hat dann bestimmt keinen Bereitschaftsdienst mehr und kann mir dann bestimmt helfen. Egal, das ist zu viel Denken. Ich vergesse es einfach. Ich esse zu Ende, trinke ausgiebig und lasse wie gestern nur die Mathesachen in meinem Rucksack. Meinen Taschenrechner sollte ich mal wieder aufladen, aber für gleich reicht es noch. Ich stelle mich vor meine Kommode und nehme mein liebstes Bodyspray zur Hand. Crescent Bay wird aufgetragen und schon steigt mir der fruchtige Duft von Melonen in die Nase. Ich würde am liebsten für immer so riechen, ohne, dass der Duft irgendwie verfliegt. Sitzen meine Haare richtig? Was mache ich da eigentlich? Es ist nur Nachhilfe, mehr nicht! Vor allem ist es nur Nachhilfe in Mathe. Für Mathe brauche ich mich nicht hübsch zu machen. Aus Protest binde ich mir meine Haare zu einem Dutt und schlüpfe in Jogginghose und T-Shirt. Es ist nicht das Lockerste, aber das spielt jetzt keine Rolle. Da es so kalt ist, ziehe ich mir noch einen Hoodie an und binde mir meinen Schal um den Hals. Jetzt bin ich bereit. Die Treppen tapse ich hinunter und bin froh, dass beide Brüder noch Schule haben. Gerade will ich mir meine Timberlands anziehen, als die Tür aufgeschlossen wird. Oh nein, wer ist das? Ich schaue in Amirs überraschten Augen. Oh Gott, ich darf nicht hysterisch werden.

"Hey, wohin gehst du?" Oh Mann, ich hasse es, zu lügen. "Mathe lernen." Er hebt überrascht die Augenbrauen. "Oh, ich wollte dir doch eigentlich helfen." Toll, ich habe vergessen, Amir zu schreiben. Er wollte sich die Zeit nehmen für mich und ich gehe einfach. "Ich ... tut mir leid, ich dachte, du bist zu beschäftigt mit dem Lernen. Schließlich bist auch du in deiner Klausurphase. Konzentrier dich lieber darauf, ich komme schon klar." Ich binde mir die Schnürsenkel zu und stehe etwas versteift auf. "Okay, sicher, dass du klarkommst?" "Ja, dir noch viel Spaß." Ich drücke ihn kurz und laufe aus der Tür. Gott, das war knapp. Ich schließe seufzend meine Augen und schüttele ganz leicht den Kopf. Was ich nicht alles mache, nur um bei ihm sein zu können. Ich laufe ein wenig schneller und setze mir die Kapuze auf den Kopf, ziehe den Schal ein wenig weiter hoch zu meiner Nase, damit man mich für den Fall der Fälle nicht erkennt. Da ist schon die Hausnummer 40, also bin ich gleich da. Sofort muss ich an gestern denken, wo er nur im Handtuch vor mir stand. Er war also nackt und dann hat es geklingelt. Wie nett, sich noch ein Handtuch um die Hüfte zu binden. Vor dem Haus komme ich an und klingele. Diesmal braucht er nicht so lange und diesmal hat er auch Kleidung an - ob das bedauernswert ist, kann ein anderes Mal überdacht werden. "Hi", grinst er. Ich lächele schüchtern und trete schnell hinein. "Oh, auch in Jogginghose. Du kannst ja direkt bei mir übernachten." Oh, das wäre prickelnd. Ich atme tief durch und sehe ihn leicht angeekelt an, auch wenn ich keinen wirklichen Grund dazu habe. "Niemals bei dir." Er schmollt und das sieht so verdammt süß aus.

"Vielleicht kann ich deine Meinung mit einem Kakao ändern." Er zwinkert, und du lieber Himmel und lieber Gott, das sah so gut aus. Ich atme ganz leise ein. Die einzige äußerliche Regung, die er sieht, ist mein beschleunigtes Blinzeln. "Hol mir meinen Kakao." "Wie herrisch, Mopsi." Lachend geht er in die Küche und lässt mich ein wenig aufgewühlt im Flur alleine. Okay, hinsetzen und seine Worte nicht zu ernst nehmen. Er macht ja nur Spaß, mehr nicht. Meine Jacke ziehe ich mir aus und winke Roxy zu, die aus ihrem Hundebett langsam zu mir tappst. "Na? Geht es dir schon besser?" Sie schmiegt sich an mich, was ich summend erwidere. Ardan kommt mit zwei großen Tassen zurück und übergibt mir eine. "Dankeschön." Ich habe echt wenig Lust, zu lernen. Der Kakao tut gut und schmeckt. Wer könnte Kakao denn auch bitte verhauen? Es ist still und das gefällt mir nicht. Es wäre besser, wenn Ardan reden würde. Er ist viel offener als ich. "Du fliegst bald nach Dubai?" Ich schaue zu ihm und nicke leicht. "Cool, weshalb?" Er lächelt und ich würde sehr gerne über sein linkes Grübchen streichen. "Meine Eltern wurden zum Medizinkongress dort eingeladen und da sie uns nicht alleine lassen wollen, werden wir im Januar mit ihnen fliegen." "Das ist echt cool. Oh Mann, hab viel Spaß dort. Nach Dubai kann nicht jeder und vor allem nicht während der Schulzeit." Ich nicke. Vielleicht komme ich da auf andere Gedanken. "Aber bis du nach Dubai fliegst, dauert es noch. Jetzt konzentrieren wir uns auf den Kakao und dann auf unsere heißgeliebte Mathematik."

Wir haben viele Aufgaben aus dem Buch, die Arbeitsblätter und die Klausur von gestern noch einmal bearbeitet. Na ja, ich habe sie bearbeitet, weil Ardan schon alles kann. "Guck, du hast denselben Fehler wie gestern begangen." Ich spitze meine Lippen und öffne meine Haare wieder. "Und du hast erst rumgemeckert, dass es nichts bringt, die Klausur wiederholt zu bearbeiten." Ich murre. "Mopsi", lächelt er. Ich schaue zu ihm hoch und muss automatisch meine Babyhaare zwirbeln. "Sind wir jetzt fertig?" Es sind schon mehrere Stunden vergangen, die ich genutzt habe, um intensiv zu arbeiten und jetzt bin ich erschöpft. "Ja, sind wir. Diesmal hast du es besser hingekriegt." Er lächelt sanft. Seine Grübchen kommen hervor. Oh Mann, das sieht so schön aus. Ich lehne mich zurück und strecke mich ausgiebig. Das habe ich verdient. "Möchtest du nach Hause?" Ich schüttele den Kopf. Vielleicht hätte ich mir beim Kopfschütteln ein wenig mehr Zeit lassen sollen. "Oder musst du irgendwo hin?" Wieder lächelt er. Sein Lächeln ist so wunderschön. "Nein, sonst würde ich doch nicht hier sein und mit dir lernen." "Man kann auch beides unter einen Hut kriegen", entgegne ich. "Das stimmt, gutes Argument, Mopsi." Mopsi, das ist ein süßer Kosename ... das ist doch ein Kosename oder ist es nur ein Spitzname? Ach, ich darf doch wohl träumen, also ist es ein Kosename. "Was machen wir jetzt?", frage ich, als ich mir meinen Hoodie ausziehe und mein T-Shirt richte. Er grinst schief. Oh mein Gott, dieses Grinsen sieht verboten gut aus. Wieso grinst er so ... so sexy? Ich schäme mich gerade ein wenig für diesen Gedanken. "Grins nicht so", murre ich. "Wieso? Ist es moralisch verwerflich?" Nein, aber meine Gedanken sind es.

"Das ist ein unartiges Grinsen." Sein Grinsen wird breiter. "Was? Unartig?", prustet er ungläubig. Ich nicke mit einer leicht grimmigen Mimik. "Wieso unartig, Mopsi?" "Darum, es sieht schmutzig aus." "Habe ich etwa Kakao an meinen Mundwinkel kleben?" Ich muss lachen. Bei ihm kann ich nicht einmal ernst bleiben. "Nein", schmunzele ich. Ardan verschränkt seine schönen Oberarme vor seiner Brust. Oh Mann, seine Oberarme sind so toll. Sein leicht übermütiger Blick lässt mich etwas unsicher werden. "Vielleicht ist mein Grinsen nicht dreckig, sondern deine Gedanken." Und sofort werde ich starr im Gesicht. Er hat mich ertappt. "Nein, das stimmt nicht." Ich darf nicht hysterisch werden, aber seine Blicke und seine Aussage verführen mich schon geradewegs dazu. "Wirklich? Wir haben Netflix." "Nein!", kreische ich und krabbele zur Ecke des Sofas. Meinen Schal lege ich um mich und genieße heimlich seine schöne Lache. Das ist so peinlich! Roxy kommt zu uns und hechelt freudig, weil sie Ardan lachen gehört hat. "Sei froh, dass Roxy nicht eifersüchtig wird." Ich schaue mit flehenden Augen zur Golden Retriever Hündin, die auf mich zu tapst und ihren Kopf unter meinen Schal legt. Ich konzentriere mich einfach auf sie, statt auf Ardan. Nebenbei zwirbele ich noch meine Babyhaare. Mann, ich fühle mich so komisch, wenn wir alleine sind. In Büchern nähert sich der Junge in solchen misslichen Lagen dem Mädchen. Ich danke Gott, dass Ardan das nicht tut. "Erzählst du mir deine Gedanken?" "Was willst du wissen?" "Was du so dreckiges von mir und Netflix gedacht hast." "Gar nichts", maule ich. Grimmig schaue ich ihn an.

"Also schauen wir uns etwas auf Netflix an?" Ich nicke schulterzuckend. "Dagegen habe ich nichts." Wieder taucht dieses schiefe Grinsen auf. Seine grünen Augen schimmern so toll. "Aber nur, wenn ich wieder einen Kakao kriege." "Mopsi will Süßes, also kriegt sie Süßes." Der Satz hat etwas Süßes an sich. Verlegen lächele ich ihn an und sehe ihm zu, wie er mit unseren Tassen in die Küche läuft. Er sollte öfters T-Shirts tragen, auch wenn es Winter ist. Diese Venen zu betrachten ist schon mein Hobby in Sport geworden. Es ist schon selber ein Leistungssport, Ardan im Sportunterricht zu beobachten, ohne, dass er mich erwischt. Das kriegt nicht jeder so gut wie ich hin. Darauf bin ich schon stolz. Ich helfe Roxy aufs Sofa und schmuse mit ihr. Es ist schon dunkel, aber keiner hat bis jetzt angerufen. Das ist gut, denn ich will noch bleiben. "Willst du etwas essen?" Etwas Kleines geht bestimmt. "Was habt ihr da?" "Nudeln." "Tu mir bitte ein wenig in einen Teller." "Nudeln und Kakao?" Ich schürze meine Lippen und stehe auf. "Dann nehme ich mir noch etwas zu trinken", murmele ich und öffne vorsichtig den Kühlschrank. Ich sehe, dass Ardan zwei Teller auffüllt. Das ist ja fast wie ein Date ... den Gedanken verwerfe ich sofort. Ich hole den Multivitaminsaft raus und nehme die beiden Teller an mich. "Kakao gibt es als Nachspeise", informiert er mich. Er steht hinter mir, was mich leicht frösteln lässt. Leicht beuge ich mich vor, um die Flasche, die unter meinem Arm eingeklemmt ist, auf dem Tisch abzustellen. Beide Teller liegen jetzt auch vor uns. Ardan schenkt uns den Saft ein und schaltet den Fernseher an. "Was möchtest du dir ansehen?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Spongebob?" Er schmunzelt. "Find ich gut."

Nachdem er die erste Staffel draufgeholt hat, lehnt er sich mit seinem Teller zurück und isst. Ich schiele nur kurz auf seinen Schoß und atme tief durch. "Ist es heiß?" Was? Ich schaue ihn fragend an. "Die Nudeln." Mann, ich muss aufhören, so zweideutig zu denken! "Nein, die sind gut", murmele ich. Gezwungen konzentriere ich mich auf die leckeren Nudeln und auf die Handlung von Spongebob. Ich muss aufhören, so viel an Ardan zu denken! Ich lecke mir über die Mundwinkel und nehme mir ein Taschentuch zur Hand. Gleich ist der Teller schon leer, was echt schade ist, denn es schmeckt es gut und es ist echt viel Soße dabei, was ich so mag. Diesmal habe ich viele Nudeln um die Gabel gewickelt, also wird es zu einer Sauerei kommen. Meinen Mund öffne ich es so weit es geht und stopfe mir die Gabel in den Mund. Mann, das schmeckt echt gut. Ich lege die Gabel schnell in den Teller und halte mir die Hände unter mein Kinn, damit ich die Soße schnell wegwischen kann. Ich schaue zu Ardan, der mich belustigt ansieht. Oh Mann, das hätte ich mir auch denken können. Ich kaue zu Ende und lecke mir errötend über die Mundwinkel. Ich habe doch ein Taschentuch! "Guck mal, Mopsi", setzt er sanft an und nimmt mein Taschentuch. Er rutscht zu mir auf und hält mein Kinn sanft fest. Mein Herz! Mein Herz! "Mit diesem Taschentuch kannst du deine Mundwinkel sauber machen." Sanft übernimmt er das für mich. Oh mein Gott, das ist doch verrückt. Mein Herz schlägt ganz schnell, mir ist super warm, die Wärme läuft mir schon den Rücken runter. Wieso will ich, dass er mich jetzt küsst? Ein kleiner, sanfter Kuss ... egal ob auf die Wange, Stirn oder auf die Lippen. Meine Lippen sind schon gespalten, mein Bauch kribbelt und zieht sich zusammen. Verdammt, ich werde noch verrückt!

Das Taschentuch wird von ihm zerknüllt und in meinen leeren Teller gelegt, der von Ardan auf den Tisch gelegt wird. Als er meinen Teller genommen hat, haben seine Finger meinen Oberschenkel gestreift und das hat sich mehr als nur gut angefühlt. Er ist immer noch nah bei mir. Ich sehne mich nach so vielem mehr, was mir echt unnormal vorkommt. Meine Lippen sind immer noch gespalten, meine Augen sind ganz groß bestimmt. Wie gerne ich von ihm jetzt in den Arm genommen werden möchte. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Das ist schon giftig. Ich will mich zurückziehen, aber seine Augen halten mich auf. Trotzdem schaffe ich es, meinen Mund ein kleines bisschen zu schließen. Mein Gefühlschaos beginnt wieder. Diese Gefühle und Gedanken, die ich nicht will, mir aber ein so tolles Gefühl geben, wirbeln in mir und es wird nicht besser, als er mir über meine Haarlängen streicht. Was wird er machen? Wird er überhaupt etwas machen? Wieso fühle ich mich so zu ihm hingezogen? Dieses Gefühl ist so berauschend, obwohl wir nichts Weiteres tun, als uns tief in die Augen zu sehen. Ich will einen Kuss, aber ich will auch keinen Kuss, weil ich einen Kuss von einer Person will, bei der ich mir ganz sicher bin. Ardan ist der Freund meiner Brüder, was mache ich da überhaupt? Meine Augen weiten sich sofort, mein Verstand schlägt Alarm. Sofort stehe ich auf und ziehe mir den Hoodie und die Jacke an. Meinen Schal binde ich mir um, packe meine Sachen zusammen und laufe direkt in den Flur. Sein Seufzen entgeht mir nicht. Hoffentlich entgehen ihm aber meine feuchten Augen. Ich drehe mich nicht einmal um, weil ich mich gerade so schäme. Ich will einfach nur weg von hier. "Tschüss", flüstere ich und hoffe, er hat das Angebrochene in meiner Stimme überhört. Was stimmt mit mir nicht? Was stimmt mit meinem Kopf nicht?

Was stimmt mit meinem Herzen nicht?

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